19. Dezember 2015Jan Filipzik
Uni-Rektor & Wuppertal: Liebe auf den zweiten Blick
Prof. Dr. Lambert T. Koch, mehrfach ausgezeichneter Rektor der Bergischen Universität, fühlt sich in seiner neuen Heimatstadt Wuppertal längst zuhause. Der Ökonom und seine Ehefrau Carola nehmen engagiert und voller Überzeugung am gesellschaftlichen Leben teil. Als „Wuppertal-Botschafter“ ist der 50jährige ein gefragter Ideengeber. Sein exzellenter Ruf in der deutschen Hochschul-Landschaft strahlt auch auf die Bergische Universität aus. Und wenn es um Bildung und Bildungspolitik geht, nimmt Prof. Dr. Lambert T. Koch kein Blatt vor den Mund. Auch nicht im Interview mit Hanna Pfaff und Peter Pionke.
DS: Sie stammen aus der Nähe von Darmstadt, sind in Würzburg aufgewachsen. Inzwischen sind Sie sogar „Wuppertal – Botschafter“. Wie sehr fühlen Sie sich als Wuppertaler?
Prof. Dr. Lambert T. Koch: „Die Stadt ist mir sehr ans Herz gewachsen. Und ich verwende das Wörtchen „sehr“ bewusst. Vorangegangen ist ein Prozess über nunmehr 15 Jahre. Dabei spielt eine wichtige Rolle, dass auch meine Frau sich in Wuppertal sehr wohl fühlt, dass zwei meiner drei Kinder hier geboren wurden und wir uns mittlerweile das gesamte gesellschaftliche Leben erschlossen haben. Als Familie mit vielen Interessen und Engagements lernt man eine Stadt natürlich ganz anders kennen, als wenn man dort nur seinen Arbeitsplatz hat. Bei mir steht dahinter die Grundüberzeugung, dass es viel einfacher ist, ein neues Lebensumfeld schätzen zu lernen, wenn man sich über den dienstlichen Kontext hinaus einbringt – mit seinen Kompetenzen und aller Leidenschaft. Das ist im doppelten Sinne positiv, einmal für einen selbst und dann auch, weil man der neuen Heimatstadt an der einen oder anderen Stelle etwas zurückgeben kann. Ich bin im Übrigen gleich zu Beginn meiner beruflichen Tätigkeit in Wuppertal hierher gezogen, weil ich nicht – wie in früheren Stadien meines Lebens – pendeln wollte. Außerdem wollte ich so ein Vorbild für die Studierenden sein. Ich kann doch nicht sagen: ‚Zieht in diese schöne Stadt‘, wohne aber selbst außerhalb.“
DS: Also war es keine Pflichtübung für Sie, „Wuppertal-Botschafter“ zu werden?
Prof. Dr. Koch: „Nein! Ich mache das aus voller Überzeugung. Natürlich ist Wuppertal eine Stadt, die erst entdeckt werden will. Man muss zunächst ein paar Vorhänge aufziehen. Es gibt mehrere Kulissen mit Tiefenwirkung. Mit der Zeit erkennt man dann immer mehr Feinheiten und Liebenswertes an diesem Ort. Eine solche Wachstumsbeziehung hat durchaus etwas Charmantes. Ja, es gibt diese Hochglanzstädte, in denen sich alles sofort in harmonischer Eleganz präsentiert. Aber das erinnert mich bisweilen an die Models in den Katalogen, die man nach dem Wegblättern schon wieder vergessen hat. Es ist sicher eine ganz besondere Attraktivität an Wuppertal, dass man immer wieder etwas Neues, Zusätzliches, Feinsinniges entdeckt und einem die Stadt so Schritt für Schritt ans Herz wächst.“
DS: Können Sie sich eigentlich noch an Ihren ersten Besuch in Wuppertal erinnern?
Prof. Dr. Koch: „Natürlich. Ich war 1999 zum Bewerbungsgespräch eingeladen und musste einen Probevortrag halten. Unter Professoren wird das salopp ‚Vorsingen‘ genannt. Meine Frau Carola begleitete mich nach Wuppertal. Wir waren beide noch nie hier gewesen. Wir nahmen die Ausfahrt Katernberg und fuhren die schöne Einfallstraße Richtung Elberfeld hinunter. Das Wetter war gut, die Sonne schien, überall schaute das Grün zwischen den Häusern durch und ich dachte mir: ‚Gar nicht so schlecht‘.“
DS: Die Bergische Uni hat in der Außenwirkung eine wesentlich höhere Strahlkraft als die Stadt Wuppertal an sich. Ist das eine Genugtuung für Sie?
Prof. Dr. Koch: „So würde ich das nicht sehen. Die Stadt Wuppertal selbst besitzt durchaus auch eine große Strahlkraft, wenn ich nur die Alleinstellungsmerkmale nenne, die jeder kennt, die Schwebebahn, das Pina-Bausch-Tanztheater, Tony Craggs Skulpturenpark oder das Sinfonie-Orchester. Natürlich freue ich mich, dass die Universität in den letzten Jahren viel an Attraktivität gewonnen hat und ihren Teil zum Imagegewinn beiträgt. Dieser Erfolg ist ganz überwiegend den Menschen zu verdanken, die bei uns arbeiten. Sie vermehren die Reputation unserer Hochschule im In- und Ausland. Und das mit viel mehr Begeisterung und Wirkung als noch vor Jahren. So hängt die Strahlkraft u.a. mit großartigen internationalen Forschungsprojekten zusammen, an denen wir beteiligt sind. Beispielweise erforschen wir die genauere Herkunft von Kleinstteilchen aus dem Weltraum oder auch die Entstehung von ‚Schwarzen Löchern‘. In Peking sind wir an einem Projekt beteiligt, bei dem es um die Erforschung der Atmosphären-Verschmutzung und deren Auswirkungen geht. Aber auch in vielen anderen Bereichen entstehen spannende internationale Kontakte. Es macht einen stolz zu sehen, dass unsere Kompetenzen auf der ganzen Welt gefragt sind.“
DS: Wuppertal – in der Welt geachtet, in Deutschland als Pleitestadt verschrien?
Prof Dr. Koch: „Das Bild, das in Deutschland häufig von Wuppertal vermittelt wird, finde ich vereinfacht gesagt ungerecht. Da kommt bei mir durchaus Emotionalität auf. Natürlich wurde in den vergangenen Jahrzehnten nicht alles richtig gemacht, natürlich gab es einen längeren Stillstand, natürlich ist der Schuldenberg hoch. Doch sind die Zeiten der großen Skandale längst vorbei und es zeigt sich schon seit einigen Jahren eine tolle Aufwärtsentwicklung, die einfach noch nicht ausreichend wahrgenommen wird. Irgendwie klebt das alte Image wie ein Stigma an uns.“
DS: Was die Rangliste der besten Uni-Rektoren angeht, haben Sie ja offensichtlich einen Platz unter den Top 3 abonniert. Wie viel sind Ihnen diese Auszeichnungen wert?
Prof. Dr. Koch: „Für mich persönlich ist das so etwas wie ein motivierendes Schulterklopfen, das ich dankbar verspüre. Es hilft sehr, wenn offenbar anerkannt wird, dass ich etwas für die Bergische Universität tue, das nicht ganz falsch ist. Aber auch für die Uni als Institution ist es wichtig, deutschlandweit in einem positiven Zusammenhang wahrgenommen zu werden. Das knappste Gut in der heutigen Medienwelt ist bekanntlich Aufmerksamkeit.“
DS: Sie sind bereits mit 43 Jahren Rektor der Bergischen Uni geworden. Ein Vorteil oder eher eine Bürde?
Prof. Dr. Koch: „Weder noch! Ohne Frage war zu der Zeit ein so junger Rektor etwas Ungewöhnliches. Bis dahin wurde man das eher am Ende seiner Karriere. Insofern gehörte ich zu einer neuen Generation von Universitätsleitern. Dabei spielt eine Rolle, dass die relevanten Aufgabenbereiche viel breiter geworden sind. Früher haben Uni-Rektoren vor allem Grußworte gesprochen und sind sonstigen Repräsentationsaufgaben nachgegangen. Heute ist zusätzlich der Management-Bereich von zentraler Bedeutung. Man braucht aktuell deutlich breitere Schultern, angesichts komplexer hochschulpolitischer Herausforderungen und Risiken und der daraus resultierenden Verantwortung. Viele heute bei uns zu treffenden Entscheidungen lagen früher beim Ministerium. Und zuletzt hat man in Zeiten knapper Kassen auch noch die Aufgabe, an verschiedensten Fronten Mittel einzuwerben.“
DS: Stehen Ihnen als renommiertem und vielfach ausgezeichnetem Ökonom nicht manchmal die Haare zu Berge, wenn Sie lesen, wie in manchen Städten und Gemeinden mit Steuergeldern umgegangen wird?
Prof. Dr. Koch: „Ich nehme die Stadt Wuppertal ausdrücklich aus. Aber sonst gibt es ganz sicher Kommunen, in denen mehr Sachverstand notwendig wäre, um mit öffentlichen Geldern sparsamer und effizienter umgehen zu können. Zugleich muss man aber fairerweise zugeben, dass es auch die Bürgermeister und Kämmerer heute schwerer haben.“
DS: Was erwarten Sie in Ihrer Funktion als Uni-Rektor vom neuen Wuppertaler Oberbürgermeister Andreas Mucke?
Prof. Dr. Koch: „Zunächst einmal möchte ich betonen, dass wir exzellent mit Peter Jung und seinem Umfeld zusammengearbeitet haben. Er hat die Bergische Universität unterstützt, wo es nur ging. Da nun sein Nachfolger Andreas Mucke sogar hier studiert hat, was für mich ein wirklich netter Aspekt ist, gehe ich fest davon aus, dass wir die hervorragende Zusammenarbeit fortsetzen können.“
DS: Die Bergische Universität kooperiert sehr eng mit der Bergischen Wirtschaft und vielen Unternehmen im Tal, eine echte Win-Win-Situation oder zieht aus Ihrer Sicht eine Seite größere Vorteile aus der Zusammenarbeit?
Prof. Dr. Koch: „Das ist durchaus eine Win-Win-Situation, wobei Schwankungen normal sind. In jeder Kooperation profitiert mal der Eine mehr, mal der Andere. Aber im Schnitt gibt es nur Gewinner. Wir haben viele technologie- und wissensorientierte Mittelständler in Wuppertal, die gerade auch im Bereich Forschung und Entwicklung kostenbewusst agieren müssen. Diese Unternehmen können gerne an den bei uns vorhandenen hohen Kompetenzen partizipieren. Zugleich ist es für uns ein Benefit, Zugang zur Praxis zu haben – gerade dort, wo wir besonders anwendungsorientiert forschen.“
DS: Wo sehen Sie die Grenzen einer solchen Kooperation zwischen Universität und Wirtschaft?
Prof. Dr. Koch: „Wir sind natürlich der grundgesetzlich gesicherten Freiheit von Forschung und Lehre verpflichtet. Da ist es auch meine Aufgabe als Rektor, über deren Einhaltung zu wachen. Eine Grenze wäre beispielsweise dort erreicht, wo von außen versucht würde, ganz gezielt Einfluss zu nehmen. Wenn beispielsweise Geldflüsse daran gekoppelt wären, dass bei einer Studie ganz bestimmte Ergebnisse erzielt werden müssten. Doch in diese Richtung hat es meines Wissens bislang keinerlei Versuche gegeben.“
DS: Sehen Sie es auch so wie viele Experten, dass es zu leicht ist, das Abitur zu machen und dadurch zu viele Studenten in die Universitäten drängen?
Prof. Dr. Koch: „Sicher war es früher schwerer, ein Einserabitur zu machen. Das zeigen uns die nackten Statistiken. Auch werden heute, politisch gewollt, viel mehr junge Menschen zum Gymnasium zugelassen. Entsprechend ist auch die Zahl der Studierenden über die vergangenen Jahre hinweg drastisch angestiegen. Dagegen kann man erst mal nichts haben. Wir benötigen heute mehr gute Akademiker in der Arbeitswelt – gerade in den sogenannten MINT-Fächern. Doch müssen wir leider auch konstatieren, dass die Mathematikkennnisse bei den Studienbeginnern deutlich zurückgegangen sind. Gleiches gilt für die Fähigkeit, sich in der deutschen Sprache gewandt auszudrücken. Und im Übrigen muss man diejenigen Politiker, die am liebsten alle studieren sähen, auch mal daran erinnern, dass in den Ausbildungsberufen händeringend gute Bewerber gesucht werden. In Berufen, die ja auch keineswegs schlecht bezahlt werden. Ich halte es für zentral, dass wieder genauer hingeschaut wird, für wen ein Universitätsstudium geeignet ist und für wen sich eher eine Berufsausbildung anbietet.“
DS: Wie schätzen Sie überhaupt das derzeitige Bildungsniveau ein?
Prof. Dr. Koch: „Wie schon angedeutet, muss ich davon ausgehen können, dass Abiturienten in allen universitären Fächern Klausuren schreiben, die in flüssigem Deutsch formuliert sind. Das ist ein wichtiger Indikator für unser Bildungsniveau. Auch darf man erwarten, dass eine gewisse Allgemeinbildung vorhanden ist. Ich meine erst einmal ganz triviale Dinge: etwa das Wissen um geopolitische Machtkonstellationen, um die Wohlstandsverteilung in der Welt, um die sozialen Verhältnisse in Europa oder auch die Funktionsweise unseres demokratischen Systems. Das alles muss ohne Wenn und Aber vorhanden sein. Doch leider ist da – um es vorsichtig zu sagen – das Eis relativ dünn, wie Umfragen unter Abiturienten in ganz Deutschland belegen.“
DS: Macht denn nicht auch die Politik große Fehler, die jedem auf Wahlplakaten vorgaukelt, er bekomme die Chance, zu studieren?
Prof. Dr. Koch: „Das Problem ist, dass wir in unserem Bildungssystem zu viel wollen und damit manchmal eher schaden als helfen. Ich meine damit die politische Forderung möglichst jeden zum Abitur zu führen. Zugleich sollen alle Ausbildungsgänge immer kürzer werden. Von der Politik wurden sogar Anreiz-Systeme installiert, die uns zwingen, die Leute förmlich durch das Studium zu jagen – z.B. zum Bachelor in sechs Semestern. Wenn diese Mindest-Studienzeit nicht erreicht wird, erhalten wir weniger Geld. Und obwohl nach dem Willen einiger möglichst auch die Ungeeigneten studieren sollen, werden wir angehalten, Studienabbrüche in jedem Fall zu vermeiden. Dabei, das sei in Klammern gesagt, kann es für den jungen Menschen unter Umständen ein Segen sein, wenn er eine Fehlentscheidung rechtzeitig korrigiert und in einen anderen Bildungsgang wechselt. So verschiebt sich das Problem oft in die Arbeitswelt und es entstehen Enttäuschungen auf beiden Seiten, bei den Bewerbern und den Arbeitgebern. Übrigens, ich spreche nicht ausdrücklich von NRW, sondern es handelt sich auch hier um Fehlsteuerungen, die in ganz Deutschland an der Tagesordnung sind.“
DS: Aber sind gleiche Bildungs-Chancen nicht die gerechteste Sache der Welt?
Prof. Dr. Koch: „Natürlich finde ich es gut, dass wir heute ein durchlässigeres Schul- und überhaupt Bildungssystem haben. Ich stehe zum Beispiel voll hinter der Grundidee der Gesamtschulen, die auch denjenigen Optionen bieten, einen Durchmarsch zum Abitur zu machen, die zwar die nötige Begabung besitzen, aber aus ihrem sozialen Umfeld heraus sonst kaum die Chance dazu hätten. Wenn wir den Anspruch erfüllen wollen, diesen Menschen von Beginn an ein Geleit zu geben, bis sie dann hervorragend gebildet im Arbeitsmarkt ankommen, dann muss aber auch ehrlich gesagt werden: Ein solcher Weg ist wesentlich teurer. Wir müssen wieder beginnen, im Bildungssystem nicht nur „A“, sondern auch „B“ zu sagen.“
DS: Von 2011 bis 2012 waren Sie geladener Experte beim „Zukunftsdialog der Kanzlerin“. Wie oft haben Sie Angela Merkel in der Zeit getroffen?
Prof. Dr. Koch: „Mehrere Male und im Rahmen verschiedener Formate, so auch bei einer Veranstaltung unter Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürgern. Dabei hat mich jedes Mal beeindruckt, wie gut die Kanzlerin zuhören kann und wie zielgenau und inhaltlich bestens vorbereitet sie ihre Fragen stellt. Im Sport würde man sagen: Sie war immer auf den Punkt fit. Die Ergebnisse dieser konstruktiven Zusammenarbeit der einbezogenen Expertinnen und Experten haben sich hinterher übrigens in einem lesenswerten Buch niedergeschlagen.“
DS: Bei der Unterstützung von Flüchtlingen hatte die Bergische Uni eine Vorreiterfunktion inne. Wie groß war der Einfluss, den Sie persönlich darauf genommen haben?
Prof. Dr. Koch: „Ohne Frage, dieses Thema liegt mir sehr am Herzen. Zu unserer großen Freude kommen aus allen Bereichen der Universität eine riesengroße Hilfsbereitschaft und unglaublich viel Engagement. Ausdrücklich auch seitens der Studierenden. Im Rektorat kümmern wir uns vor allem darum, die vielen einzelnen Initiativen im Sinne der Flüchtlinge zu koordinieren. Ein wichtiger Bestandteil des so entstandenen Programms ist ein kostenloses Gaststudium – ganz ohne großen Papierkrieg. Wir haben einfach interessierte Flüchtlinge eingeladen und in den Fällen, in denen wir feststellen konnten, dass es eine große Motivation und eine entsprechende Vorkompetenz gibt, schnell und unbürokratisch entschieden.“
DS: Tragen eine Universität und ihre Studenten in einer solchen Situation eine besondere Verantwortung?
Prof. Dr. Koch: „Jeder Bürger trägt hier eine moralische Verantwortung. Diejenigen aber, die hauptberuflich im Bildungswesen unterwegs sind, sind in besonderem Maße aufgerufen, diese überdimensionale Integrationsaufgabe mit anzugehen. Bildung ist nun mal einer der Hauptansatzpunkte für eine Integration der Flüchtlinge in unsere Gesellschaft.“
DS: Glauben Sie, dass auch die Bergische Uni letztlich vom Flüchtlingsstrom profitieren könnte? Viele der ankommenden Flüchtlinge haben ja einen hohen Bildungsstand?
Prof. Dr. Koch: „Das ist im Moment nur eine Vermutung und steht als Frage angesichts der akuten Not weniger im Vordergrund. Grundsätzlich gibt es Argumente, die dafür sprechen, doch das wird die Zukunft zeigen. In jedem Fall kommen interessante junge Leute, von denen vielleicht der eine oder die andere an unserer Universität ihren Weg machen wird.“
DS: Wie sehen Sie die Zukunft der Bergischen Universität?
Prof. Dr. Koch: „Wir haben das Ziel, dass unsere Absolventen hinterher sagen: ‚Das war genau das Richtige für mich und obendrein hat es Spaß gemacht, wozu auch der Standort Wuppertal beigetragen hat. Für dieses Ziel arbeiten wir. Außerdem wollen wir immer noch forschungsstärker werden. Demensprechend haben wir uns aufgestellt, auch und gerade, was die Auswahl unserer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler angeht.“
DS: Wird die Bergische Uni Ihre Endstation als Uni-Rektor sein oder träumen Sie noch davon, noch einmal eine andere Universität zu führen?
Prof. Dr. Koch (lachend): „So langfristig denke ich mit Blick auf meine Person nicht.“
DS: Als Uni-Rektor hat man auch sehr viele repräsentative Aufgaben. Wie verbringen Sie eigentlich Ihre wenige Freizeit?
Prof. Dr. Koch: „Ich mache Musik, spiele Klavier und bin Aushilfs-Organist in der Gemeinde St. Michael. Zudem treibe ich sehr gern Sport und halte mich z.B. durch Laufen fit. Ferner reise ich gerne, vor allem mit der Familie.“
DS: Bleiben Sie nach Ihrem Karriere-Ende Wuppertal erhalten oder zieht es Sie dann wieder in Ihre Heimat nach Hering bei Darmstadt?
Prof. Dr. Koch: „Mein eigentliches Zuhause war ja Würzburg. Jetzt habe ich mit Wuppertal eine zweite Heimat gefunden. Nach so vielen Jahren ist es normal, dass die Erinnerungen an die frühere Zeit etwas verblassen. Es gibt neue Bilder, die in den Vordergrund treten. Mein sympathisches Wuppertal-Bild trägt, wie schon gesagt, dazu bei, dass ich derzeit keine Gedanken an eine Rückkehr nach Süddeutschland verschwende.“
DS: Vielen Dank für das Gespräch.
Prof. Dr. Lambert T. Koch, mehrfach ausgezeichneter Rektor der Bergischen Universität, fühlt sich in seiner neuen Heimatstadt Wuppertal längst zuhause. Der Ökonom und seine Ehefrau Carola nehmen engagiert und voller Überzeugung am gesellschaftlichen Leben teil. Als „Wuppertal-Botschafter“ ist der 50jährige ein gefragter Ideengeber. Sein exzellenter Ruf in der deutschen Hochschul-Landschaft strahlt auch auf die Bergische Universität aus. Und wenn es um Bildung und Bildungspolitik geht, nimmt Prof. Dr. Lambert T. Koch kein Blatt vor den Mund. Auch nicht im Interview mit Hanna Pfaff und Peter Pionke.
DS: Sie stammen aus der Nähe von Darmstadt, sind in Würzburg aufgewachsen. Inzwischen sind Sie sogar „Wuppertal – Botschafter“. Wie sehr fühlen Sie sich als Wuppertaler?
Prof. Dr. Lambert T. Koch: „Die Stadt ist mir sehr ans Herz gewachsen. Und ich verwende das Wörtchen „sehr“ bewusst. Vorangegangen ist ein Prozess über nunmehr 15 Jahre. Dabei spielt eine wichtige Rolle, dass auch meine Frau sich in Wuppertal sehr wohl fühlt, dass zwei meiner drei Kinder hier geboren wurden und wir uns mittlerweile das gesamte gesellschaftliche Leben erschlossen haben. Als Familie mit vielen Interessen und Engagements lernt man eine Stadt natürlich ganz anders kennen, als wenn man dort nur seinen Arbeitsplatz hat. Bei mir steht dahinter die Grundüberzeugung, dass es viel einfacher ist, ein neues Lebensumfeld schätzen zu lernen, wenn man sich über den dienstlichen Kontext hinaus einbringt – mit seinen Kompetenzen und aller Leidenschaft. Das ist im doppelten Sinne positiv, einmal für einen selbst und dann auch, weil man der neuen Heimatstadt an der einen oder anderen Stelle etwas zurückgeben kann. Ich bin im Übrigen gleich zu Beginn meiner beruflichen Tätigkeit in Wuppertal hierher gezogen, weil ich nicht – wie in früheren Stadien meines Lebens – pendeln wollte. Außerdem wollte ich so ein Vorbild für die Studierenden sein. Ich kann doch nicht sagen: ‚Zieht in diese schöne Stadt‘, wohne aber selbst außerhalb.“
DS: Also war es keine Pflichtübung für Sie, „Wuppertal-Botschafter“ zu werden?
Prof. Dr. Koch: „Nein! Ich mache das aus voller Überzeugung. Natürlich ist Wuppertal eine Stadt, die erst entdeckt werden will. Man muss zunächst ein paar Vorhänge aufziehen. Es gibt mehrere Kulissen mit Tiefenwirkung. Mit der Zeit erkennt man dann immer mehr Feinheiten und Liebenswertes an diesem Ort. Eine solche Wachstumsbeziehung hat durchaus etwas Charmantes. Ja, es gibt diese Hochglanzstädte, in denen sich alles sofort in harmonischer Eleganz präsentiert. Aber das erinnert mich bisweilen an die Models in den Katalogen, die man nach dem Wegblättern schon wieder vergessen hat. Es ist sicher eine ganz besondere Attraktivität an Wuppertal, dass man immer wieder etwas Neues, Zusätzliches, Feinsinniges entdeckt und einem die Stadt so Schritt für Schritt ans Herz wächst.“
DS: Können Sie sich eigentlich noch an Ihren ersten Besuch in Wuppertal erinnern?
Prof. Dr. Koch: „Natürlich. Ich war 1999 zum Bewerbungsgespräch eingeladen und musste einen Probevortrag halten. Unter Professoren wird das salopp ‚Vorsingen‘ genannt. Meine Frau Carola begleitete mich nach Wuppertal. Wir waren beide noch nie hier gewesen. Wir nahmen die Ausfahrt Katernberg und fuhren die schöne Einfallstraße Richtung Elberfeld hinunter. Das Wetter war gut, die Sonne schien, überall schaute das Grün zwischen den Häusern durch und ich dachte mir: ‚Gar nicht so schlecht‘.“
DS: Die Bergische Uni hat in der Außenwirkung eine wesentlich höhere Strahlkraft als die Stadt Wuppertal an sich. Ist das eine Genugtuung für Sie?
Prof. Dr. Koch: „So würde ich das nicht sehen. Die Stadt Wuppertal selbst besitzt durchaus auch eine große Strahlkraft, wenn ich nur die Alleinstellungsmerkmale nenne, die jeder kennt, die Schwebebahn, das Pina-Bausch-Tanztheater, Tony Craggs Skulpturenpark oder das Sinfonie-Orchester. Natürlich freue ich mich, dass die Universität in den letzten Jahren viel an Attraktivität gewonnen hat und ihren Teil zum Imagegewinn beiträgt. Dieser Erfolg ist ganz überwiegend den Menschen zu verdanken, die bei uns arbeiten. Sie vermehren die Reputation unserer Hochschule im In- und Ausland. Und das mit viel mehr Begeisterung und Wirkung als noch vor Jahren. So hängt die Strahlkraft u.a. mit großartigen internationalen Forschungsprojekten zusammen, an denen wir beteiligt sind. Beispielweise erforschen wir die genauere Herkunft von Kleinstteilchen aus dem Weltraum oder auch die Entstehung von ‚Schwarzen Löchern‘. In Peking sind wir an einem Projekt beteiligt, bei dem es um die Erforschung der Atmosphären-Verschmutzung und deren Auswirkungen geht. Aber auch in vielen anderen Bereichen entstehen spannende internationale Kontakte. Es macht einen stolz zu sehen, dass unsere Kompetenzen auf der ganzen Welt gefragt sind.“
DS: Wuppertal – in der Welt geachtet, in Deutschland als Pleitestadt verschrien?
Prof Dr. Koch: „Das Bild, das in Deutschland häufig von Wuppertal vermittelt wird, finde ich vereinfacht gesagt ungerecht. Da kommt bei mir durchaus Emotionalität auf. Natürlich wurde in den vergangenen Jahrzehnten nicht alles richtig gemacht, natürlich gab es einen längeren Stillstand, natürlich ist der Schuldenberg hoch. Doch sind die Zeiten der großen Skandale längst vorbei und es zeigt sich schon seit einigen Jahren eine tolle Aufwärtsentwicklung, die einfach noch nicht ausreichend wahrgenommen wird. Irgendwie klebt das alte Image wie ein Stigma an uns.“
DS: Was die Rangliste der besten Uni-Rektoren angeht, haben Sie ja offensichtlich einen Platz unter den Top 3 abonniert. Wie viel sind Ihnen diese Auszeichnungen wert?
Prof. Dr. Koch: „Für mich persönlich ist das so etwas wie ein motivierendes Schulterklopfen, das ich dankbar verspüre. Es hilft sehr, wenn offenbar anerkannt wird, dass ich etwas für die Bergische Universität tue, das nicht ganz falsch ist. Aber auch für die Uni als Institution ist es wichtig, deutschlandweit in einem positiven Zusammenhang wahrgenommen zu werden. Das knappste Gut in der heutigen Medienwelt ist bekanntlich Aufmerksamkeit.“
DS: Sie sind bereits mit 43 Jahren Rektor der Bergischen Uni geworden. Ein Vorteil oder eher eine Bürde?
Prof. Dr. Koch: „Weder noch! Ohne Frage war zu der Zeit ein so junger Rektor etwas Ungewöhnliches. Bis dahin wurde man das eher am Ende seiner Karriere. Insofern gehörte ich zu einer neuen Generation von Universitätsleitern. Dabei spielt eine Rolle, dass die relevanten Aufgabenbereiche viel breiter geworden sind. Früher haben Uni-Rektoren vor allem Grußworte gesprochen und sind sonstigen Repräsentationsaufgaben nachgegangen. Heute ist zusätzlich der Management-Bereich von zentraler Bedeutung. Man braucht aktuell deutlich breitere Schultern, angesichts komplexer hochschulpolitischer Herausforderungen und Risiken und der daraus resultierenden Verantwortung. Viele heute bei uns zu treffenden Entscheidungen lagen früher beim Ministerium. Und zuletzt hat man in Zeiten knapper Kassen auch noch die Aufgabe, an verschiedensten Fronten Mittel einzuwerben.“
DS: Stehen Ihnen als renommiertem und vielfach ausgezeichnetem Ökonom nicht manchmal die Haare zu Berge, wenn Sie lesen, wie in manchen Städten und Gemeinden mit Steuergeldern umgegangen wird?
Prof. Dr. Koch: „Ich nehme die Stadt Wuppertal ausdrücklich aus. Aber sonst gibt es ganz sicher Kommunen, in denen mehr Sachverstand notwendig wäre, um mit öffentlichen Geldern sparsamer und effizienter umgehen zu können. Zugleich muss man aber fairerweise zugeben, dass es auch die Bürgermeister und Kämmerer heute schwerer haben.“
DS: Was erwarten Sie in Ihrer Funktion als Uni-Rektor vom neuen Wuppertaler Oberbürgermeister Andreas Mucke?
Prof. Dr. Koch: „Zunächst einmal möchte ich betonen, dass wir exzellent mit Peter Jung und seinem Umfeld zusammengearbeitet haben. Er hat die Bergische Universität unterstützt, wo es nur ging. Da nun sein Nachfolger Andreas Mucke sogar hier studiert hat, was für mich ein wirklich netter Aspekt ist, gehe ich fest davon aus, dass wir die hervorragende Zusammenarbeit fortsetzen können.“
DS: Die Bergische Universität kooperiert sehr eng mit der Bergischen Wirtschaft und vielen Unternehmen im Tal, eine echte Win-Win-Situation oder zieht aus Ihrer Sicht eine Seite größere Vorteile aus der Zusammenarbeit?
Prof. Dr. Koch: „Das ist durchaus eine Win-Win-Situation, wobei Schwankungen normal sind. In jeder Kooperation profitiert mal der Eine mehr, mal der Andere. Aber im Schnitt gibt es nur Gewinner. Wir haben viele technologie- und wissensorientierte Mittelständler in Wuppertal, die gerade auch im Bereich Forschung und Entwicklung kostenbewusst agieren müssen. Diese Unternehmen können gerne an den bei uns vorhandenen hohen Kompetenzen partizipieren. Zugleich ist es für uns ein Benefit, Zugang zur Praxis zu haben – gerade dort, wo wir besonders anwendungsorientiert forschen.“
DS: Wo sehen Sie die Grenzen einer solchen Kooperation zwischen Universität und Wirtschaft?
Prof. Dr. Koch: „Wir sind natürlich der grundgesetzlich gesicherten Freiheit von Forschung und Lehre verpflichtet. Da ist es auch meine Aufgabe als Rektor, über deren Einhaltung zu wachen. Eine Grenze wäre beispielsweise dort erreicht, wo von außen versucht würde, ganz gezielt Einfluss zu nehmen. Wenn beispielsweise Geldflüsse daran gekoppelt wären, dass bei einer Studie ganz bestimmte Ergebnisse erzielt werden müssten. Doch in diese Richtung hat es meines Wissens bislang keinerlei Versuche gegeben.“
DS: Sehen Sie es auch so wie viele Experten, dass es zu leicht ist, das Abitur zu machen und dadurch zu viele Studenten in die Universitäten drängen?
Prof. Dr. Koch: „Sicher war es früher schwerer, ein Einserabitur zu machen. Das zeigen uns die nackten Statistiken. Auch werden heute, politisch gewollt, viel mehr junge Menschen zum Gymnasium zugelassen. Entsprechend ist auch die Zahl der Studierenden über die vergangenen Jahre hinweg drastisch angestiegen. Dagegen kann man erst mal nichts haben. Wir benötigen heute mehr gute Akademiker in der Arbeitswelt – gerade in den sogenannten MINT-Fächern. Doch müssen wir leider auch konstatieren, dass die Mathematikkennnisse bei den Studienbeginnern deutlich zurückgegangen sind. Gleiches gilt für die Fähigkeit, sich in der deutschen Sprache gewandt auszudrücken. Und im Übrigen muss man diejenigen Politiker, die am liebsten alle studieren sähen, auch mal daran erinnern, dass in den Ausbildungsberufen händeringend gute Bewerber gesucht werden. In Berufen, die ja auch keineswegs schlecht bezahlt werden. Ich halte es für zentral, dass wieder genauer hingeschaut wird, für wen ein Universitätsstudium geeignet ist und für wen sich eher eine Berufsausbildung anbietet.“
DS: Wie schätzen Sie überhaupt das derzeitige Bildungsniveau ein?
Prof. Dr. Koch: „Wie schon angedeutet, muss ich davon ausgehen können, dass Abiturienten in allen universitären Fächern Klausuren schreiben, die in flüssigem Deutsch formuliert sind. Das ist ein wichtiger Indikator für unser Bildungsniveau. Auch darf man erwarten, dass eine gewisse Allgemeinbildung vorhanden ist. Ich meine erst einmal ganz triviale Dinge: etwa das Wissen um geopolitische Machtkonstellationen, um die Wohlstandsverteilung in der Welt, um die sozialen Verhältnisse in Europa oder auch die Funktionsweise unseres demokratischen Systems. Das alles muss ohne Wenn und Aber vorhanden sein. Doch leider ist da – um es vorsichtig zu sagen – das Eis relativ dünn, wie Umfragen unter Abiturienten in ganz Deutschland belegen.“
DS: Macht denn nicht auch die Politik große Fehler, die jedem auf Wahlplakaten vorgaukelt, er bekomme die Chance, zu studieren?
Prof. Dr. Koch: „Das Problem ist, dass wir in unserem Bildungssystem zu viel wollen und damit manchmal eher schaden als helfen. Ich meine damit die politische Forderung möglichst jeden zum Abitur zu führen. Zugleich sollen alle Ausbildungsgänge immer kürzer werden. Von der Politik wurden sogar Anreiz-Systeme installiert, die uns zwingen, die Leute förmlich durch das Studium zu jagen – z.B. zum Bachelor in sechs Semestern. Wenn diese Mindest-Studienzeit nicht erreicht wird, erhalten wir weniger Geld. Und obwohl nach dem Willen einiger möglichst auch die Ungeeigneten studieren sollen, werden wir angehalten, Studienabbrüche in jedem Fall zu vermeiden. Dabei, das sei in Klammern gesagt, kann es für den jungen Menschen unter Umständen ein Segen sein, wenn er eine Fehlentscheidung rechtzeitig korrigiert und in einen anderen Bildungsgang wechselt. So verschiebt sich das Problem oft in die Arbeitswelt und es entstehen Enttäuschungen auf beiden Seiten, bei den Bewerbern und den Arbeitgebern. Übrigens, ich spreche nicht ausdrücklich von NRW, sondern es handelt sich auch hier um Fehlsteuerungen, die in ganz Deutschland an der Tagesordnung sind.“
DS: Aber sind gleiche Bildungs-Chancen nicht die gerechteste Sache der Welt?
Prof. Dr. Koch: „Natürlich finde ich es gut, dass wir heute ein durchlässigeres Schul- und überhaupt Bildungssystem haben. Ich stehe zum Beispiel voll hinter der Grundidee der Gesamtschulen, die auch denjenigen Optionen bieten, einen Durchmarsch zum Abitur zu machen, die zwar die nötige Begabung besitzen, aber aus ihrem sozialen Umfeld heraus sonst kaum die Chance dazu hätten. Wenn wir den Anspruch erfüllen wollen, diesen Menschen von Beginn an ein Geleit zu geben, bis sie dann hervorragend gebildet im Arbeitsmarkt ankommen, dann muss aber auch ehrlich gesagt werden: Ein solcher Weg ist wesentlich teurer. Wir müssen wieder beginnen, im Bildungssystem nicht nur „A“, sondern auch „B“ zu sagen.“
DS: Von 2011 bis 2012 waren Sie geladener Experte beim „Zukunftsdialog der Kanzlerin“. Wie oft haben Sie Angela Merkel in der Zeit getroffen?
Prof. Dr. Koch: „Mehrere Male und im Rahmen verschiedener Formate, so auch bei einer Veranstaltung unter Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürgern. Dabei hat mich jedes Mal beeindruckt, wie gut die Kanzlerin zuhören kann und wie zielgenau und inhaltlich bestens vorbereitet sie ihre Fragen stellt. Im Sport würde man sagen: Sie war immer auf den Punkt fit. Die Ergebnisse dieser konstruktiven Zusammenarbeit der einbezogenen Expertinnen und Experten haben sich hinterher übrigens in einem lesenswerten Buch niedergeschlagen.“
DS: Bei der Unterstützung von Flüchtlingen hatte die Bergische Uni eine Vorreiterfunktion inne. Wie groß war der Einfluss, den Sie persönlich darauf genommen haben?
Prof. Dr. Koch: „Ohne Frage, dieses Thema liegt mir sehr am Herzen. Zu unserer großen Freude kommen aus allen Bereichen der Universität eine riesengroße Hilfsbereitschaft und unglaublich viel Engagement. Ausdrücklich auch seitens der Studierenden. Im Rektorat kümmern wir uns vor allem darum, die vielen einzelnen Initiativen im Sinne der Flüchtlinge zu koordinieren. Ein wichtiger Bestandteil des so entstandenen Programms ist ein kostenloses Gaststudium – ganz ohne großen Papierkrieg. Wir haben einfach interessierte Flüchtlinge eingeladen und in den Fällen, in denen wir feststellen konnten, dass es eine große Motivation und eine entsprechende Vorkompetenz gibt, schnell und unbürokratisch entschieden.“
DS: Tragen eine Universität und ihre Studenten in einer solchen Situation eine besondere Verantwortung?
Prof. Dr. Koch: „Jeder Bürger trägt hier eine moralische Verantwortung. Diejenigen aber, die hauptberuflich im Bildungswesen unterwegs sind, sind in besonderem Maße aufgerufen, diese überdimensionale Integrationsaufgabe mit anzugehen. Bildung ist nun mal einer der Hauptansatzpunkte für eine Integration der Flüchtlinge in unsere Gesellschaft.“
DS: Glauben Sie, dass auch die Bergische Uni letztlich vom Flüchtlingsstrom profitieren könnte? Viele der ankommenden Flüchtlinge haben ja einen hohen Bildungsstand?
Prof. Dr. Koch: „Das ist im Moment nur eine Vermutung und steht als Frage angesichts der akuten Not weniger im Vordergrund. Grundsätzlich gibt es Argumente, die dafür sprechen, doch das wird die Zukunft zeigen. In jedem Fall kommen interessante junge Leute, von denen vielleicht der eine oder die andere an unserer Universität ihren Weg machen wird.“
DS: Wie sehen Sie die Zukunft der Bergischen Universität?
Prof. Dr. Koch: „Wir haben das Ziel, dass unsere Absolventen hinterher sagen: ‚Das war genau das Richtige für mich und obendrein hat es Spaß gemacht, wozu auch der Standort Wuppertal beigetragen hat. Für dieses Ziel arbeiten wir. Außerdem wollen wir immer noch forschungsstärker werden. Demensprechend haben wir uns aufgestellt, auch und gerade, was die Auswahl unserer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler angeht.“
DS: Wird die Bergische Uni Ihre Endstation als Uni-Rektor sein oder träumen Sie noch davon, noch einmal eine andere Universität zu führen?
Prof. Dr. Koch (lachend): „So langfristig denke ich mit Blick auf meine Person nicht.“
DS: Als Uni-Rektor hat man auch sehr viele repräsentative Aufgaben. Wie verbringen Sie eigentlich Ihre wenige Freizeit?
Prof. Dr. Koch: „Ich mache Musik, spiele Klavier und bin Aushilfs-Organist in der Gemeinde St. Michael. Zudem treibe ich sehr gern Sport und halte mich z.B. durch Laufen fit. Ferner reise ich gerne, vor allem mit der Familie.“
DS: Bleiben Sie nach Ihrem Karriere-Ende Wuppertal erhalten oder zieht es Sie dann wieder in Ihre Heimat nach Hering bei Darmstadt?
Prof. Dr. Koch: „Mein eigentliches Zuhause war ja Würzburg. Jetzt habe ich mit Wuppertal eine zweite Heimat gefunden. Nach so vielen Jahren ist es normal, dass die Erinnerungen an die frühere Zeit etwas verblassen. Es gibt neue Bilder, die in den Vordergrund treten. Mein sympathisches Wuppertal-Bild trägt, wie schon gesagt, dazu bei, dass ich derzeit keine Gedanken an eine Rückkehr nach Süddeutschland verschwende.“
DS: Vielen Dank für das Gespräch.
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