23. Januar 2016Peter Pionke
Rote Rosen für den Schattenmann im WSV-Tor
Nicht jeder WSV-Spieler aus der glorreichen Zeit, kann unbeschwert zurückblicken. Uli Gelhard ist so einer. Der heute 71jährige, früherer WSV-Ersatztorwart kam in den drei Bundesligajahren immerhin auf 30 Einsätze, stand aber immer im Schatten von der damaligen Nummer eins, Manfred Müller. „Es war eine großartige Zeit in einer großartigen Mannschaft“, sagt der Rentner und Sportinvalide heute rückblickend. Ohne Krücken, Stock oder Rollator kann er sich nicht mehr fortbewegen.
Noch heute leidet er an den Folgen eines schweren Autounfalles, den er vor exakt 30 Jahren im Oktober 1987 erlitten hatte. Ein betrunkener Autofahrer ist mit 2,6 Promille in Vohwinkel auf sein Auto gefahren. Die Ärzte konnten seine zerquetschten Beine gerade noch retten. Seine sportliche Karriere war damit aber ebenso beendet, wie seine Tätigkeit als Diplom-Sportlehrer beim Institut für Sportwissenschaften.
Uli Gelhard war mit 25 Jahren der jüngste Fußballlehrer seiner Zeit und mit der Kölner Sporthochschule in der Rutemöller-Ära Deutscher Hochschulmeister im Fußball. Er gehörte neben Erich Miß und Detlef Webers zu den einzigen waschechte Wuppertalern in der Bundesliga-Ära der Rot-Blauen. Er wuchs in der Jugend der SG Langenfeld auf und wurde von Heiner Schaffer trainiert. Schaffer war eine Legende für sich. Er war mit dem Dresdner SC in den Kriegsjahren zweimal Deutscher Fußballmeister und zweimal Pokalsieger. Er kam 1949 zum SSV Wuppertal, dem Vorläufer des WSV, weil u.a. hier sein früherer Dresdner Mitspieler Herbert Pohl als Spielertrainer fungierte. Uli Gelhard verdankt ihm viel, aber auch dem früheren WSV-Torwart Helmut Domagalla, der ihm den Weg in den bezahlten Fußball ebnete.
Die Zeit beim WSV erlebte er in Konkurrenz zu Stamm-Keeper Manni Müller. Als Müller im entscheidenden Abstiegsspiel 1974 gegen den VfB Stuttgart nach Meinung seines Umfeldes kniff, schlug Gelhards große Stunde. Er wurde beim 2:2 im Neckarstadion zum „Helden des Tages“. Ihm wurden nach dem Schlusspfiff aus dem Publikum rote Rosen zugeworfen.
Die NRZ schrieb damals von einem WSV-Spiel zwischen Himmel und Hölle: „ …Dieter Lömmes, der (Anm.: nach 0:2-Rückstand) in der 81. Spielminute das 2:2 geschafft hatte… In den folgenden neun Minuten rollte Angriff auf Angriff auf das WSV-Tor. Jeder Schuss, jeder Fehler konnte den Abstieg bedeuten.“ Uli Gelhard damals: „Ich hatte Herzklopfen. Ich dachte immer, wenn es schon sein muss, dann ein Gegentor in den Winkel, jetzt bloß keinen Fehler machen“. Er machte keinen, der WSV schaffte den Bundesliga-Klassenerhalt.
Uli Gelhards Stationen in der Nach-Ära waren Waldhof Mannheim und Alemannia Aachen, ehe er 1980 zum WSV zurück fand. Hier ereilte ihm vor einem Spiel gegen Bayer Leverkusen erneut das Pech, als ein Ball so unglücklich vor seine Finger sprang, dass er eine schwere Handverletzung erlitt, die chronisch wurde und seine aktive Laufbahn vorzeitig beendete.
Nach all den Missgeschicken wandte sich Gelhard vom Sportgeschehen ab, weil er die Konfrontation mit seiner Vergangenheit als Berufs-Fußballer scheute. „Ein Fehler“, wie er heute meint. Inzwischen fiebert er wieder mit dem WSV und freut sich über jeden Erfolg seines Vereins, zittert aber auch mit Borussia Dortmund, zu deren Spielen seine 41jährige Tochter ihn häufig mit nimmt. Sein Urteil über den aktuellen Fußball: „Es ist Sport in Vollendung, aber die Seele geht verloren!“ Uli Gelhard lebt heute in einem schmucken Reihenhaus in Wülfrath, beschäftigt sich, wie auch seine Ehefrau, mit Antiquitäten und spricht von einem zufriedenen, erfüllten Leben.
Text: Siegfried Jähne
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