Manfred Osenberg packt aus: „Skandal um Osi“

Manfred Osenberg packt aus: „Skandal um Osi“. Der bekannte und beliebte Sportjournalist veröffentlichte ein vielbeachtetes Buch.

 

In der bergischen Sport-Szene ist er bekannt wie ein bunter Hund. Getoppt wird er – was den Bekanntheitsgrad angeht – höchstens noch WSV-Held Günter „Meister“ Pröpper. Seit 50 Jahren ist Manfred Osenberg, genannt „Osi“, als Sportjournalist unterwegs, seit 45 Jahren leitet er als Vorsitzender den Verein Bergische Sportpresse (VBS). Und jetzt packt er aus. „Skandal um Osi“ heißt sein Buch, in dem er eher Skandälchen rund um den Wuppertaler Sport ans Licht fördert. Kein investigatives Enthüllungs-Buch á la Günter Wallraff, aber ein Buch mit vielen netten Geschichten zum Schmunzeln und tollen Fotos als Zeit-Dokumente. Peter Pionke unterhielt sich mit der Sportjournalisten.

DS: „Skandal um Osi“ – der Titel Ihres Buches macht neugierig. Wie sehr haben Sie einzelne Reaktionen überrascht?

Manfred Osenberg: „Es gab viele Reaktionen, nur positive. Natürlich bekommt man in 50 Jahren als Sportreporter eine ganze Menge mit. Nicht nur auf, vielmehr neben dem Sportplatz. Meine langjährige Kolumne im General-Anzeiger, die „Dritte Halbzeit“, war neben den Tabellen jeden Montag der meist gelesene Artikel. Damals ging an den Wochenenden im Tal noch die Post ab. Dabei spielten die Fußballer die Hauptrolle. Abgesägte Torpfosten. Schlägereien. Da gab es Kicker, die von ihrer Ehefrau auf dem Fußballplatz geohrfeigt wurden oder die mit dem Motorrad nur mal eben Zigaretten holen wollten und nicht mehr wiederkamen…“

DS: Der Titel „Skandal um Osi“ ist ja ein hübsches Wortspiel. Gemeint sind ja wohl Skandale, die um Sie herum passiert sind?

Manfred Osenberg: „Es gab ja nicht wenige Fußballer im Tal, die sogar vor Gericht gestanden haben. Sogar Raubüberfälle auf die Geschäftsstelle des eigenen Vereins gab es. Und die Verurteilten haben wir im Knast besucht und gegen sie auf dem Gefängnishof Fußball gespielt. Miterlebt habe ich auch Spielerpass-Fälschungen, zum Beispiel den einer vollständigen Wuppertaler Kreisauswahl. Die Jungs wurden jünger gemacht, damit sie beim super besetzten Turnier in Frankreich teilnehmen konnten. Der Jugendleiter wurde gesperrt. Aber ein Jahr später bin ich dann mit der A-Jugend der SG Langerfeld wieder nach Cannes gefahren. Da sind wir dann auch mit einem älteren Kicker angetreten, um gegen die Meister aus Italien, Spanien und Frankreich eine Chance zu haben.“

DS: In Ihrem Buch gibt es viele Episoden und Fotos rund um den Jugend- und Amateurfußball. Wie kamen Sie zum Fußball?

Manfred Osenberg: „Bei mir persönlich spielt der Fußball seit 1954 eine Hauptrolle. Deutschland war sensationell erstmals Weltmeister geworden. Auf den Wuppertaler Straßen kickten die Jungs. Einige Achtjährige trafen sich in Langerfeld auf einem kleinen Hinterhof. Zwei Ziegelsteine bildeten die Torpfosten, die Teppichstange die Torlatte. Darunter hechtete ein Knirps, dessen Mutter ein paar Häuser weiter Regenschirme reparierte. Schon damals war beim kleinen Ulrich Gelhard, der später mein Trauzeuge wurde, das Torwarttalent zu erkennen. Von zehn Elfern von mir parierte Ulli sieben. Unter der Teppichstange wurde der Grundstein gelegt für eine große Torhüter-Karriere. Er spielte auch für den WSV in der Bundesliga.“

DS: Sie sind vor 45 Jahren zum 1. Vorsitzenden VBS gewählt worden. Welche Erinnerungen haben Sie noch an 1972?

Manfred Osenberg: Die besten. 1972 hat mir eine junge Dame aus Heidelberg in München das Frühstück gebracht, die später Königin von Schweden wurde. Ich war damals der erste Sportjournalist, der im noch nicht ganz fertigen olympischen Dorf wohnen durfte. Ich habe bei den Deutschen Meisterschaften der Schwimmer und Kanuten auch über die damals noch sehr erfolgreichen Wuppertaler berichten können. Natürlich kommen deshalb in meinem Buch neben Stories über WSV-Helden und Amateurkicker auch andere Meistersportler aus dem Tal nicht zu kurz.“

DS: Gab es neben Schulterklopfen auch Kritik?

Manfred Osenberg: „Bis jetzt noch nicht. Lob gab es von vielen Kollegen. Das besagt schon einiges. Viele Kollegen und Bekannte wurden überrascht, dass ich zum Beispiel schon vier Mal dem Tod ins Auge geschaut habe. Ich gebe zu, dass ich in meinem nun 70 Lebensjahren viel, viel Glück gehabt habe – beruflich wie auch privat. Ich bin stolz auf fünf gesunde Kinder und dass ich als Sportreporter viele wunderbare Menschen wie z.B. meinen Freund Bernd Bigge kennengelernt habe.“

DS: Wie viel Überwindung hat es Sie gekostet, dieses Titelbild auszuwählen?

Manfred Osenberg: „Das war die Idee meines ältesten Sohnes Jörn. Der hat das Foto in unserem Archiv gefunden. Es ist rund 50 Jahre alt. Es entstand, als wir für die AOK eine Gesundheits-Reportage gemacht haben und diese dicke Brille auf einem Tisch lag. Aber eigentlich habe ich keinen Hang zur Hässlichkeit… Und ich gebe zu, dass meine Ehefrau und einige Freunde entsetzt waren, als sie das Titelbild erstmals sahen.“

DS: Aus Ihrem Blickwinkel: Wie hat sich der Sportjournalismus in den letzten 15 Jahren verändert?

Manfred Osenberg: „Enorm. Zahlreiche Kollegen haben ihre Jobs verloren. Früher, als es noch keine Laptops gab, war die Arbeit schwerer. Nur ein Beispiel: Im Herbst 1973, als ich für die Agenturen, den Kicker und den GA über das UEFA-Cupspiel des WSV in Polen berichten musste, habe ich Blut und Wasser geschwitzt, weil die vor dem Spiel in Chorzow beantragten Telefonleitungen gesperrt waren. Auf der anderen Seite war es früher viel leichter an die Spieler heranzukommen. Ich konnte in der Umkleidekabine meine Interviews machen, ohne von Trainer Buhtz rausgeschmissen zu werden.“

DS: Ist dieses Buch als Art Vermächtnis Ihres beruflichen Schaffens zu verstehen – oder kommt da noch etwas nach?

Manfred Osenberg: „Eigentlich war es als Jubiläumsbuch des 50 Jahre alt gewordenen VBS gedacht. Ich bin stolz auf diesen Verein, der mir persönlich neben meinem ehrenamtlichen Engagement in mehreren Vereinen und Verbänden vieles gegeben hat. Ob noch was nachkommt? Gut möglich. Nach der Herausgabe des Buches sind mir noch viele Geschichten und Skandälchen eingefallen, die ich schon vergessen hatte.“

DS: Ist Ihr momentaner Aufenthalt auf der Insel Wangerooge eine Art Flucht vor nicht ganz so freundlichen Reaktionen?

Manfred Osenberg: „Von Flucht kann keine Rede sein. Meine Familie ist vor genau 25 Jahren in unser Ferienhaus direkt am Deich eingezogen. Dort lebe und arbeite ich rund fünf Monate im Jahr, schreibe Bücher über die Nordsee und die auf der Insel lebenden Leute, gebe das Magazin „Moin von Wangerooge“ heraus und habe vormittags immer noch Zeit für die im Bergischen Land erscheinenden Zeitschriften ‚Fußball-Report‘ und ‚Matchball‘, bevor ich mit Spaziergängen am herrlichen Strand neue Kraft tanke! So sieht Glück aus. Aber ohne meine große Familie wäre mein vielseitiges Leben nicht möglich.“

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