19. Mai 2016

Lieber Panik-Udo (70): ‚Nimm noch lange nicht Deinen Hut‘

Der beliebte Deutsch-Rocker Udo Lindenberg hat gerade seinen 70. Geburtstag gefeiert. STADTZETUNGS-Redaktionsleiter Peter Pionke erinnert sich an sein erstes Treffen mit Panik-Udo, der lebenden Legende.

Udo Lindenberg bei einem Interview mit Peter Pionke, in den 80er Jahren  Society-Reporter des Kölner EXPRESS. – © privat

Udo Lindenberg ist 70 Jahre alt. Da fällt es mir irgendwie schon ein wenig schwer, in diesem Zusammenhang überhaupt die Zahl “70“ zu tippen. Kaum zu glauben, auch der Berufsjugendliche, der Hoffnungsträger von Generationen, das vermeintliche Evergreen, kommt in die Jahre. Selbst vor dieser Legende macht das Alter nicht halt. Aber jetzt bloß keine Panik.

„Dass ich jetzt 70 werde, ist nicht schlimm. Viel schlimmer wäre es, wenn ich erst gar nicht 70 geworden wäre“, bringt Lindenberg das Thema Alter in seiner gewohnt lockeren Art auf den Punkt. 1LIVE-Chef Jochen Rausch, seit vielen Jahren mit Udo Lindenberg befreundet, ist begeistert von seiner authentischen Art. „Wenn Udo sagt: ‚Mit dem letzten Akkord in die Gruft‘, dann meint er das so.“

Ich selbst war nie mit Udo befreundet. Aber wenn wir uns getroffen haben, sind wir immer freundschaftlich miteinander umgegangen. Unsere Wege haben sich beruflich mehrfach gekreuzt. Ich erinnere mich noch genau an meine erste Begegnung mit Udo. Es war in den 80er Jahren.

Als blutjunger Society-Reporter des Kölner EXPRESS hatte ich die Ehre, Panik-Udo während einer „Telefon-Aktion“ zu betreuen. Leser konnten mit einem ganz normalen, analogen Telefon anrufen und „Lindi“ mit Fragen löchern. Und plötzlich stand er vor mir – locker, lächelnd, gut gelaunt. Er trug einen hellgrünen Ledermantel mit rot abgesetzten Taschen. Und natürlich hatte er seinen berühmten Panik-Hut auf. Udo schüttelte mir die Hand und kam sofort zur Sache: „Ey Alter, lass uns durchstarten. Feuer frei!“

Anruf auf Anruf. Udo in seinem Element. Er beantwortete bereitwillig und geduldig sämtliche Fragen – selbstverständlich in seiner bekannt schnoddrigen, nuscheligen Art. Aber er war an diesem Tag noch schwerer zu verstehen als sonst. Das hatte einen ganz bestimmten Grund. Udo griff immer wieder in eine Tasche seines nicht gerade dezenten Ledermantels und zauberte einen Flachmann hervor. Und seine grün-rote Leder-Kutte hatte verdammt viele Taschen. Auch wenn sein Alkohol-Pegel stetig stieg, für jeden Fan hatte er ein paar nette Worte übrig.

Ich habe den „ewigen Hotel-Gast“ Udo Lindenberg in der Folgezeit häufiger wiedergetroffen, eher zufällig Backstage bei Konzerten und Festivals, aber auch ganz gezielt bei mehreren Interviews in Hamburg. Ich war auch einer der ersten, der über seine Affäre mit Sänger-Kollegin Nena berichtet hat. Keine Panik, Udo hat es mir nicht übel genommen.

Seine Musik mochte ich schon damals und mag sie auch heute noch – besonders seine wunderschönen Balladen wie „Horizont“, „Nichts haut einen Seemann um“ oder „Gegen die Strömung“. Mir gefällt sein Wortwitz in den Texten.

Udo Lindenberg ist 70 Jahre alt! Er selbst hat sich in all den Jahren überhaupt nicht verändert, außer, dass er kaum noch Alkohol trinkt und sich höchstens einmal ein „Eierlikörchen“ gönnt. Aber die Gesellschaft um in herum hat sich total gewandelt. Für viele betont konservative und seriöse Zeitgenossen war Panik-Udo mit seiner schnoddrigen Art von 20 Jahren noch ein langhaariger Bürgerschreck, „der noch nicht einmal richtig singen kann“.

Heute zählen er und sein Liedgut schon fast zum Weltkultur-Erbe. Alle lieben Udo inzwischen. Und selbst mein 86 Jahre alter Herr Papa findet ihn plötzlich ganz nett, was mich – ehrlich gesagt – fast schon ein wenig in Panik versetzt. Mich würde nicht mehr wundern, wenn selbst Angela Merkel, Barack Obama oder Papst Franziskus eine Lindenberg-CD im Schrank oder auf der Festplatte hätten.

Auch wenn einige Songs auf dem neuen, grandiosen Lindenberg-Album „Stärker als die Zeit“ ein wenig nach Abschied klingen („Wenn die Nachtigall verstummt“), hoffe ich, dass „unser“ Udo noch lange, lange nicht seinen Hut nimmt…

Text: Peter Pionke

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