Jürgen Hardt über Trump, Erdogan & Wuppertal

Jürgen Hardt ist überzeugt: „Wuppertal bekommt jetzt das Eintrittstor, das dieser Stadt zusteht. Der CDU-Bundestagsabgeordneter hofft auf einen fairen Wahlkampf. Hier das ausführliche Intzerview.

Der CDU-Bundestagsabgeordndete Jürgen Hardt – © CDU-Fraktion im Deutschen Bundestag / Michael Wittig

Hardt, aber herzlich! Jürgen Hardt ist ein Mann der klaren Worte. Der 53jährige wurde zwar in Hofheim im Taunus geboren, fühlt sich aber inzwischen als echter Wuppertaler. Acht Jahre arbeitete der Diplom-Volkswirt, der 1981 in die CDU eintrat, in leitender Position beim Wuppertaler Traditions-Unternehmen Vorwerk. Von 2003 bis 2014 war Hardt Kreisvorsitzender der CDU Wuppertal.

Seit 2009 bewegt er sich als Bundestagsabgeordneter der Städte Solingen, Remscheid und Wuppertal auf der Berliner Polit-Bühne, wo er seit 2014 Koordinator der Bundesregierung für die Transatlantische Zusammenarbeit und seit 2015 außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion ist. Peter Pionke sprach mit ihm u.a. über Donald Trump, Martin Schulz und die Entwicklung der Stadt Wuppertal.

DS: Es gibt im Moment kaum eine Talkshow, in der nicht Donald Trump im Fokus steht. Wie waren die ersten Trump-Wochen aus Ihrer Sicht?

Jürgen Hardt: „Es ist schon eine Zäsur in der US-Politik und der Geschichte der Demokratien, dass eine Person wie Donald Trump zum Präsidenten gewählt wird, die explizit erklärt, sie halte nichts davon, politische Entscheidungen sorgfältig untereinander abzustimmen, sondern man wolle Entscheidungen aus dem Bauch heraus fällen. Wir erleben eine relativ chaotische Präsidentschaft. Die klare Ignoranz des klassischen, politischen Prozesses, der Meinungsbildung und seine rüde Art, wie er über die Rechtsprechung und über die Pressefreiheit spricht sind extrem ungewöhnlich. In der Europa-Politik ist außer massiven Ankündigungen bislang noch nichts geschehen. Zumindest haben wir ein klares Bekenntnis der US-Regierung, was die Nato-Verpflichtungen angeht.“

DS: Wie beurteilen Sie nach der Trump-Wahl die Sicherheitslage in Europa und der Welt?

Jürgen Hardt: „Die Nato hat mit Blick auf die neuen Bedrohungslagen – IS-Terrorismus, die Lage am Südrand der Nato, den Ukraine-Konflikt und die massiven Truppen-Konzentrationen der Russen an der Westgrenze – im Jahr 2014 in Wales weitgehende Entscheidungen getroffen. Das bedeutet, dass wir mehr für unsere Verteidigungsanstrengungen tun, dass wir als Deutsche in Litauen den Befehl über ein neues Nato-Bataillon übernehmen, und es bedeutet auch, dass die Amerikaner Truppen nach Europa zurück verlegen. Dieser Kurs wird gegenwärtig konsequent umgesetzt. Das stellen die Amerikaner auch nicht in Frage, wie bei der Münchener Sicherheitskonferenz betont wurde. Und das ist ein gutes Zeichen.“

DS: Sehen Sie in Recep Tayyip Erdogan in erster Linie den Verbündeten oder eher den Unsicherheitsfaktor?

Jürgen Hardt: „Die Türkei ist nach wie vor ein demokratisches Land mit einer stark westlichen Orientierung. Allerdings führt die Präsidentschaft Erdogans dazu, dass sich das Land immer mehr von europäischen Grundsätzen, wie z.B. von der Gewaltenteilung und einem starken Parlament, entfernt. Erdogan möchte über das Referendum eine Verfassungsänderung herbeiführen, die zu einer weitgehenden Machtkonzentration bei ihm, dem Präsidenten, führen würde. Das sehe ich mit großer Sorge. Die Wiedereinführung der Todesstrafe oder eine Abkehr von der Demokratie wären Fakten, die eine Mitgliedschaft der Türkei in der EU aus meiner Sicht unmöglich machen würden. Ich gehe aber zum jetzigen Zeitpunkt davon aus, dass es längst nicht sicher ist, dass dieses Referendum zugunsten Erdogans ausgeht. Sollte das dennoch der Fall sein, muss das auch in der Nato zum Thema werden. Sie ist nämlich angetreten, um gemeinsame Werte zu verteidigen.“

DS: Hat Sie das Wahlkampf-Fieber in Sachen Bundestagswahlkampf schon infiziert?

Jürgen Hardt: „Als gewählter Politiker ist man eigentlich immer ein Stück weit im Wahlkampf. Nach der Wahl ist vor der Wahl. Ich glaube, dass Armin Laschet hier in NRW die richtigen Themen besetzt hat. Ich stelle fest, dass die Ministerpräsidentin ein wenig dünnhäutig geworden ist. Ihre Regierung hat an vielen Stellen Schwächen, besonders in Person von Innenminister Jäger. Den hätte Hannelore Kraft nach den Vorkommnissen in der Silvesternacht 2015/16 auswechseln müssen. Jetzt wird er sie als Problemfall mit in die Wahl begleiten. Die SPD hat im Moment durch die positive Aufnahme der Kandidatur Schulz gegenwärtig eine positive Grundstimmung. Das war sicher auch so kalkuliert in Hinsicht auf die Landtagswahl in NRW. Das wird sich aber in den nächsten Wochen ein Stück weit relativieren, wenn wieder über Inhalte geredet wird.“

DS: Bereitet Ihnen der Hype um den neuen SPD-Kanzler-Kandidaten eigentlich nicht doch etwas Kopfschmerzen?

Jürgen Hardt: „Nein! Nüchtern betrachtet ist Martin Schulz das einzige vermeintlich neue Gesicht auf der bundespolitischen Bühne, obwohl er ja eigentlich schon sehr lange politisch aktiv ist. Ich stehe für die Überzeugung, dass der, der arbeitet, mehr haben muss, als derjenige, der auf Hartz IV angewiesen ist. Es gibt einige Vorschläge von Martin Schulz, die in die Richtung gehen, dass sich ältere Arbeitnehmer irgendwann einmal die Frage stellen, warum sie arbeiten gehen sollen, wenn sie unter einer Regierung Schulz vielleicht die gleichen finanziellen Leistungen erhalten, ohne zu arbeiten. Wir sind in der Sozial- und Wirtschaftspolitik auf einem guten Weg. Wir dürfen jetzt nicht übermütig werden. Und bei Martin Schulz besteht die Gefahr, dass er die Brötchen der Zukunft schon verfrühstückt, bevor sie gebacken sind.“

DS: Müssen wir uns auf amerikanische Verhältnisse einstellen oder rechnen Sie in Deutschland mit einem sauberen Wahlkampf?

Jürgen Hardt: „Wir müssen auf jeden Fall damit rechnen, dass, wie in Amerika, von außen in unseren Wahlkampf hereingefunkt wird. Es gab ja bereits Angriffe auf das IT-Netz des Deutschen Bundestages, ausgehend von russischen Servern. Es hängt auch davon ab, wie sich Russland verhält. Würde Russland durch Wiederaufflammen der Kämpfe in Syrien neue Flüchtlingsströme auslösen, würde das den Wahlkampf in Deutschland entsprechend beeinflussen. Der Populismus ist bei uns ja auch kein fremdes Erscheinungsbild. Die Partei „Die Linke“ hat diese Taktik stets betrieben und jetzt die AfD auch. Das werden wir im Wahlkampf erleben. Ich setze aber darauf, dass die Parteien der Mitte, CDU/CSU, SPD, FDP und die Grünen, beim Prinzip bleiben, dass wir politisch redlich und ehrlich miteinander umgehen. Und dass wir den Wählern nicht das Gefühl vermitteln, dass in einer komplizierter werdenden Welt die Antworten plötzlich einfacher werden können.“

DS: Sie vertreten im Bundestag das Bergische Land. Wo setzen Sie Ihre Schwerpunkte?

Jürgen Hardt: „Ich habe mich dafür eingesetzt, dass die Kommunalfinanzen deutlich verbessert werden, die Verkehrspolitik ein Stück weit voran getrieben wird und dass der Bund Mittel für den Denkmalschutz und für kulturelle Projekte zur Verfügung stellt. In Sachen Kommunalfinanzen ist noch nie so viel Geld zusätzlich für die Kommunen geflossen. Wir haben zudem unser Versprechen eingelöst, dass ab 2018 die Kommunen fünf Milliarden Euro jährlich zusätzlich erhalten. Im Bereich Verkehr habe ich mich für den Erhalt der Müngstener Brücke eingesetzt. In die Renovierung sind über 30 Millionen Euro geflossen. Dabei hat sich bewährt, dass wir im bergischen Städtedreieck parteiübergreifend gut zusammenarbeiten. Weitere vom Bund unterstützte Projekte sind der Ausbau der L 418/419, der Bau des Tanzzentrums Pina Bausch und die Sanierung von Schloss Burg.“

DS: Sie Wohnen in Wuppertal. Fühlen Sie sich inzwischen als Wuppertaler?

Jürgen Hardt: „Ich lebe ja bereits seit über 15 Jahren in Wuppertal und fühle mich daher auch als Wuppertaler. Ich bin stolz darauf, dass ich die einzige formale, politische Klammer zwischen Solingen, Remscheid und Wuppertal bin. Ich vertrete ja durch mein Direktmandat im Wahlkreis 103 als einziger Bundestagsabgeordneter drei Großstädte. Das macht die Sache spannend.“

DS: Wie wichtig ist der neue Döppersberg für Sie als Wuppertaler Bürger?

Jürgen Hardt: „Besucher hatten doch nie das Gefühl, in einer der größten Städte Deutschlands angekommen zu sein. Das Umfeld des Bahnhofs wirkte eher wie ein Provisorium. Der provinzielle Eindruck wird sich durch den neuen Döppersberg total verändern. Damit bekommt die Stadt Wuppertal endlich das Eintrittstor, das ihr zusteht. Dass die Stadt auch für die Zukunft eine hohe Attraktivität aufweist, sehen wir daran, dass die Bevölkerung Wuppertals und auch Remscheids sowie Solingens entgegen der Voraussagen jetzt wieder langsam, aber stetig wächst. Da kommt uns die Nähe zu Düsseldorf und Köln zugute. Die Leute sagen: Warum sollen wir nicht in diesen schönen, grünen Städten leben?“

DS: Ihr Parteifreund Peter Jung hat ja völlig überraschend die OB-Wahl verloren und sich aus der Politik zurückgezogen. Haben Sie noch Kontakt mit ihm?

Jürgen Hardt: „Ich habe Peter Jung anlässlich der Gedenkfeier für den verstorbenen Peter Hintze getroffen. Er ist nun Vorsitzender des Sauerländischen Gebirgsvereins und hat darin eine neue Aufgabe gefunden. Ich glaube, er ist in seiner jetzigen Rolle ein glücklicher Mensch und hat seinen Frieden mit der Entscheidung der Bürger geschlossen. Was sich in Wuppertal heute Gutes tut – Haushaltsausgleich, Bevölkerungswachstum, Umbau des Döppersbergs, die Sanierung der Schwebebahn und der Kauf der neuen Triebwagen – dies alles hat er maßgeblich mitgestaltet.“

DS: Wohin führt der Weg der Stadt Wuppertal in den nächsten zehn Jahren?

Jürgen Hardt: „Ich sehe die Stadt auf einem guten Weg. Wir haben über viele Projekte heiß diskutiert und auch gestritten. Und jetzt sieht man, dass sich diese konstruktiven Auseinandersetzungen gelohnt haben und die Pläne Früchte tragen. An all diesen Entscheidungen haben auch demokratische Mitbewerber positiv mitgewirkt. Das ist eine unserer Stärken.“

DS: Vielen Dank für das Gespräch

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