9. August 2017Peter Pionke
Tine & Eckehard Lowisch: Halt an der „KunstStation“
Christian von Grumbkow, erfolgreicher Maler und früherer Musiker (Gründungsmitglied und Gitarrist der bekannten Wuppertaler ART-Rock-Band Höelderlin) hat sich mit Tine und Eckehard Lowisch unterhalten.
CvG: Seit wann befassen Sie sich mit dem Thema Kunst ?
Eckehard Lowisch: „Seit der 5. Klasse. Die Aufgabe hieß: Was ist Kunst? Meine ganze Familie hat sich mit dieser Hausaufgabe beschäftigt, die ein ganzes Schuljahr dauerte. Die Mappe habe ich immer noch.“
CvG: Gab es für Sie ein Schlüsselerlebnis ?
Tine Lowisch: „Ich erinnere mich noch gut daran, dass meine Eltern (Abonnenten der Wuppertaler Bühnen) nach Tanzabenden im Schauspielhaus wenig begeistert nach Hause kamen. Als 10jährige habe ich dann meiner Katze den Namen Pina gegeben und konnte es kaum abwarten, alt genug zu sein, um selbst hingehen zu dürfen.“
CvG: Führen Sie Ihre Galerie hauptberuflich oder als Nebenjob?
Tine & Eckehard Lowisch: „Weder noch, wir stellen mit der KunstStation lediglich eine Galerie dar. Unser Projekt ist ein performativer Umgang mit dem System Galerie. Wir sind ein nicht-kommerzieller Projektraum für gegenwärtige, künstlerische Positionen.“
CvG: Was muss man mitbringen, um Kunst vermitteln zu können?
Eckehard Lowisch: „Meinen Sie mit vermitteln, vermarkten ? Theoretisch kann man jedes Produkt vermarkten, wenn man ein guter Geschäftsmann ist…“
Tine Lowisch: „…da muss man auch nichts von Kunst verstehen. In der KunstStation vermarkten wir keine Kunst , wir vermitteln Kunstverständnis.“
CvG: Nach welchen Kriterien wählen Sie Künstler aus, deren Werke Sie ausstellen?
Tine & Eckehard Lowisch: „Die Arbeiten müssen uns auf Anhieb touchen.“
CvG: Gibt es Kunst, die Sie strikt ablehnen?
Tine & Eckehard Lowisch: „Ja. Kunst, die keine ist. Kunst, die also nicht von Künstlern ist.“
CvG: Ist es heute leichter, oder schwerer vom Verkauf von Kunstwerken zu leben?
Tine Lowisch: „Einigen wenigen Künstlern werden ihre Kunstwerke aus den Händen gerissen. Da wird dann schon einmal verkauft, bevor überhaupt produziert worden ist. Vielen, vielen anderen hingegen wird der Verkauf immer nur in Aussicht gestellt. Und von der Hoffnung allein, auch wenn sie zuletzt stirbt, kann ein Künstler schwer leben.“
CvG: Wie gehen Sie mit Kunden um, die Kunst lediglich als Einrichtungsgegenstand sehen – wie eine Vase, oder eine Lampe ?
Eckehard Lowisch: „Viele Kunden, die heutzutage Kunst kaufen, sehen das eben genau so. Dazu kommt, dass das meiste, was heute in Galerien, oder auf Kunstmessen angeboten wird, eben keine Kunst ist. Wir haben in der KunstStation also noch jede Menge Arbeit vor uns.“
Tine Lowisch: „… eigentlich ist es, glaube ich, nicht so viel Arbeit, wie du denkst. Die Zeiten, dass Kunst gekauft wurde, um die Haltung eines Künstlers zu stärken, sind ja noch gar nicht so lange vorbei, da kommen wir schon wieder hin.“
CvG: Wie ist es im digitalen Zeitalter um den Künstler-Nachwuchs bestellt?
Tine & Eckehard Lowisch: „Die digitalen Möglichkeiten stellen eine Zäsur dar. Heutzutage kann man am Smartphone eine Skulptur generieren. Und das kann der Nachwuchs besser als wir. Was das für einen künstlerischen Wert behält, können wir heute noch nicht einschätzen.“
CvG: Welche Art von Kunst haben Sie zu Hause an Ihren Wänden hängen?
Tine & Eckehard Lowisch: „An unseren roh verputzten, weißen Wänden hängen Lithographien, Collagen, Ölschinken, Handzeichnungen und Steine. Fotos hängen bei uns am Kühlschrank.“
CvG: Nach welchen Kriterien entscheiden Sie beim Kauf von Kunst für den privaten Bereich?
Tine & Eckehard Lowisch: „Qualität.“
CvG: Haben sie bereits einmal bei der Auswahl eines Künstlers und seiner Werke für eine Ausstellung in Ihrem Kunstraum völlig daneben gelegen?“
Tine & Eckehard Lowisch: „Ja, einmal.“
CvG: Wie überzeugen sie Ihre Kunden davon, einen großen Bogen um Fließbandkunstwerke à la IKEA, oder anderer Möbelhäuser zu machen und stattdessen entschieden mehr Geld auszugeben?
Eckehard Lowisch: „IKEA-Kunst unterscheidet sich aus meiner Sicht heute kaum noch von Kunstmarkt-Kunst. Kurioserweise habe ich letzten Sommer IKEA Wuppertal als Kunden gewonnen und konnte die Geschäftsleitung überzeugen, eins meiner großformatigen Werke, ein Original und Einzelstück, das vorher vor dem Engelshaus stand, in ihren Bestand aufzunehmen.“
CvG: Ist Galerist ein Beruf mit Zukunft, oder läuft auch ihnen das Internet irgendwann den Rang ab?
Tine Lowisch: „Das Internet sind wir alle, und nach unserer Auffassung müssen wir mit großer Expertise ausgestattet sein, um es in den Griff zu bekommen. Die Auswirkungen des Internets sind aus menschlicher Sicht nicht mehr zu bewältigen. Nach Stephen Hawking hat die Menschheit sowieso nur noch ca. 70 Jahre. Gerade einmal solange, wie es den sogenannten Kunstmarkt überhaupt gibt.“
CvG: Wie groß ist die Konkurrenz in der Galerie-Szene untereinander?
Eckehard Lowisch: „Haifischbecken. Gut, dass wir keine Galeristen sind.“
CvG: Vielen Dank für das offene, informative Gespräch
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