Werner Kreiskott: Des Champions letzter Fight

„Stehaufmännchen“ Werner Kreiskott steigt zum letzten Mal in den Ring. Der WBU-BoxWeltmeister bestreitet am 14.10. in der Unihalle seinen Abschieds-Kampf.

Werner Kreiskott geht optimistisch in den Fight – © Dirk Sengotta

Werner Kreiskott, Wuppertals WBU-Schwergewichts-Weltmeister, klettert am 14 Oktober zum letzten Mal als Profi-Boxer in den Ring. Mit einer Gala in der Unihalle beendet er seine aktive Laufbahn. Bevor er nun die Boxhandschuhe endgültig an den Nagel hängt, gab der „Panzer“, wie ihn seine Fans nennen, weil der 38jährige Fighter immer beherzt und furchtlos nach vorne marschiert, der STADTZEITUNG ein Interview – offen, schonungslos, wie man den „Streetfighter“ aus dem Tal nun einmal kennt.

DS: Ihr letzter Kampf. Welche Gefühle überwiegen bei Ihnen: Wehmut oder Erleichterung?

Werner Kreiskott: „Naja, wenn ich ans Training aktuell denke, dass zweimal am Tag absolviert wird, parallel meine Halle geführt und eine Großveranstaltung organisiert werden muss, dann wahrscheinlich eher Erleichterung. Aber ich glaube, wenn man dann eine längere Zeit auf einmal nicht mehr powern kann, werde ich vielleicht etwas Wehmut verspüren. Wir treiben aber auch Sport in unserer Freizeit, unternehmen größere Spaziergänge mit unserem Hund, fahren Fahrrad usw. Und außerdem habe ich ja täglich meinen Fight Club. Wenn mich die Wehmut überkommt, kann ich ja jederzeit mit den Jungs etwas mit trainieren.“

DS: Steht inzwischen fest, gegen welchen Gegner Sie in den Ring steigen müssen?

Werner Kreiskott: „Der Verband hat einen Kämpfer ausgewählt, der sich auch seit Wochen auch auf diesem Kampf vorbereitet. Ich denke, bald wird der Name bekannt gegeben.“

DS: Sie haben viel erreicht, Sie treten hoffentlich als WBU-Weltmeister ab. Ärgern Sie sich eigentlich, dass Sie nicht um die ganz großen Gagen boxen durften?

Werner Kreiskott: „Natürlich ist es ein Traum, allein vom Boxen leben zu können. Aber um ein Leben wie Klitschko, Mayweather etc. zu führen, brauchst du einfach die Groß-Sponsoren oder dicke Fernsehverträge. Das ist aber ein seltener Glücksgriff. Wie jeder Sportler, ob Fußballer, Radsportler, Boxer etc. wünscht man sich so etwas, aber es ist wie ein Sechser im Lotto und der wird nun mal nicht so oft gezogen.“

DS: Sie haben Danny Williams besiegt, der sogar Box-Legende Mike Tyson ausgeknockt hat. War das der eigentliche Höhepunkt Ihrer Karriere?

Werner Kreiskott: „Ja mit Sicherheit einer davon. Wie bei vielen Kämpfen gegen große Namen wirst du als Außenseiter gesehen. Wenn du dann aber dein Bestes zeigst, ist es einfach ein super Gefühl. Du spürst, wie das Publikum dann auf auf einmal hinter Dir steht. Eine tolle Erfahrung war auch mein Kampf gegen Chagaev in der König Pilsener Arena in Oberhausen. Ich war krasser Außenseiter und nicht austrainiert, da ich erst vier Tage vor dem Fight die Zusage erhielt. Ich setzte mich trotzdem sehr gut zu Wehr. Der Kampf war super. Mehrere Tausend Leute haben mich angefeuert. Doch dann wurde der Kampf vorzeitig abgebrochen und der Sieg Chagaev zugesprochen. Eine krasse Fehlentscheidung, das spürte auch das Publikum. Es gab jede Menge Buh-Rufe. So ist es eben manchmal im Boxsport. Als Andenken habe ich noch ein Foto mit Chagaev, der übrigens ein sympathischer Typ ist. Auf dem Bild sehe ich aus wie immer und er hat ein XXL-Auge.“

DS: Wenn Sie heute die Zeit zehn Jahre zurückdrehen könnten, was würden Sie anders machen?

Werner Kreiskott: „Vor fast genauso 10 Jahren habe ich meine Frau kennengelernt. Das
würde ich bestimmt nicht anders machen. Aber ich glaube, ich hätte von Beginn an intensiver ans Profiboxen herangehen sollen. Das war ja in etwa die Zeit, in der ich vom Kickboxen zum Profiboxen gewechselt bin.“

DS: Was war für Sie persönlich bisher der größte Erfolg in Ihrem Leben?

Werner Kreiskott: „Ich denke für einen persönlich ist es der größte Erfolg, wenn man nach einem Fall immer wieder aufsteht. Und das bin ich. Ich denke sportlich gesehen habe ich mir in Europa oder sogar in der Welt einen guten Namen aufgebaut. Es passiert ja nicht alles vor der Kamera oder gelangt in die Öffentlichkeit. Aber wenn man im stetigen Kontakt mit großen Boxverbänden oder Boxställen steht, darf man darauf schon stolz sein. Wenn Boxer, die von weit her kommen, Anfragen stellen, ob sie auf meinen Veranstaltungen kämpfen dürfen, weiß man, dass ich vieles richtig gemacht haben. Mein größter Erfolg privat ist meine Frau Olga.“

DS: War war für Sie persönlich bisher die größte Niederlage in Ihrem Leben?

Werner Kreiskott: „Über Niederlagen müssen wir nicht lange diskutieren, die gehören zum Sport dazu und passieren einfach. Wichtig ist einfach, dass man danach immer wieder aufsteht. Und ich werde sicher immer ein „Stehaufmännchen“ bleiben.“

DS: Was denkt eigentlich Ihre Ehefrau Olga über Ihren Abschied vom Box-Ring?

Werner Kreiskott: „Sie ist glücklich darüber. Zehn Jahre lang mit zu fiebern und Angst zu haben bei jedem Kampf, das reicht ihr.“

DS: Sie haben jetzt sicher mehr Freizeit, wie werden Sie diese nutzen?

Werner Kreiskott: „Dass ich mehr Freizeit haben werde, glaube ich gar nicht. Der Fight Club hat in der Woche täglich geöffnet, am Wochenende kämpfen oft meine Jungs. Ich werde weiter als Trainer, Veranstalter und Vermittler arbeiten. Und ich habe noch einige Projekte im Kopf, da laufen auch schon Gespräche. Ich werde alles tun, damit Wuppertal auch weiter eine Box-Stadt bleibt, auch wenn man uns nicht immer angemessen unterstützt hat.“

DS: Mit Ihnen geht jetzt ein Lokalmatador, eine Identifikationsfigur. Sehen Sie irgendjemand in Wuppertal, der Sie in dieser Rolle ersetzen könnte?

Werner Kreiskott: „Mir ist aktuell kein Schwergewichtsboxer in Wuppertal bekannt, der so viel erreicht hat. Es soll nicht arrogant klingen. Aber ich glaube, dass die Leute die mich gerne kämpfen sehen, es auch mögen, dass ich immer gerade heraus sage, was ich denke. Viele rieten mir von bestimmten Kämpfen ab oder gaben mir den Tipp, mich zu verstellen. Das habe ich nie gemacht. Ich habe jeden Kampf angenommen, auch wenn meine Chancen schlecht standen. Ich habe auch Punkt-Niederlagen in meiner Bilanz, aber das sind für mich keine richtigen Niederlagen. Ich habe ein Kämpferherz und stets bis zum bitteren Ende gefightet. Egal wie aussichtslos es war. Das hat mich von vielen anderen Boxern unterschieden. Viele wollen einfach nur nach außen hin gut aussehen und besorgen sich schwache Gegner. Blender halt. Das habe ich nie getan. Und ich denke, es ist durchaus erwähnenswert, dass es aktuell ca. 1.228 gelistete Schwergewichtsboxer gibt. Aktuell belege ich Platz 78. Als ich noch häufiger gekämpft habe, war ich immer unter den Top 50. Das habe ich sonst nie erwähnt, aber vor meinem letzten Kampf darf ich das wohl…“

DS: Sie sind ein erfolgreicher Jugendtrainer, wie überzeugen sie Kids davon, dass es fürs Leben wichtiger ist, sich im Training zu quälen, als Zuhause stundenlang vor dem PC zu zocken?

Werner Kreiskott: „Mir sind Disziplin und Respekt wichtig. Gerade Kinder und Jugendliche, die sich noch nicht richtig gefunden haben, vielleicht dazu neigen, auch mal Blödsinn zu machen, können durch meine Vorgaben auch schnell Erfolge erleben. Sie merken, dass sie, wenn sie ausgepowert sind, gar keine Kraft und auch keine Lust mehr haben, abends dumme Sachen anzustellen. Und Kinder, die vielleicht in der Vergangenheit gemobbt wurden, bekommen durch das Box-Training viel mehr Selbstsicherheit und treten dann im Leben ganz anders auf. Ich bin mir sicher: Dieses Gefühl kann eine Play/Station ganz sicher nicht vermitteln.“

DS: Was ist Ihr Wunsch für Ihren letzten Kampf?

Werner Kreiskott: „Wie immer will ich den Zuschauern, die seit Jahren hinter mir stehen, einen guten Kampf zu bieten. Ich möchte den Fight gesund überstehen und meinen WBU-Weltmeister-Titel für Wuppertal verteidigen! Ich habe tolle Jahre als aktiver Boxer erlebt und bedanke mich dafür jetzt schon herzlich bei allen Fans und Unterstützern – und natürlich auch bei allen Neidern!“

Text: Peter Pionke

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