7. Dezember 2017Peter Pionke
„Ich bin der Wuppertaler Adel, den es nicht gibt“
„Ich bin keine Dragqueen, sondern spiele eine Rolle, ich spiele die Mutti oder die beste Freundin“, erzählt Kristof Stößel alias Fabienne van Straten alias die Baronin von Wupp, während sie sich die blonde Perücke zurecht zupft und ihrem Make-up den letzten Schliff gibt. „Wenn ich auf Hochzeiten oder Geburtstagsfeiern bin, erzählen mir die Frauen ihr ganzes Leben, beklagen sich über gescheiterte Ehen und Scheidungsstress.“
Elegant schlüpft sie in ihre knallroten Pumps, wirft sich das rote Regencape über und greift nach dem gerüschten Regenschirm. „So, Mutti ist fertig“, sagt sie und wirft noch einen allerletzten Blick in den Spiegel. Über ihr Alter spricht Fabienne von Straten nicht, man schätzt sie mindestens an die 50. Ursprünglich kommt sie aus Holland, hat sechs Ehemänner hinter sich gebracht und ist reich geschieden. „Ich bin der Wuppertaler Adel, den es nicht gibt“, sagt die Baronin über sich selbst.
Nichtsdestotrotz ist sie bekannt, ja fast berühmt, wird in Wuppertal mit Handkuss gegrüßt und wenn sie mal shoppen geht, hat Ladenbesitzerin Lore Duwe immer ein neues Kostüm für sie beiseite gelegt. Die Baronin fällt auf, das farbenfrohe Make-up immer passend zum Kleid, flaniert sie durch das Briller Viertel oder lädt die Bürger zum Kaffeekränzchen auf den Ölberg ein.
„Fabienne ist gerade heraus, frech und traut sich Dinge zu sagen, die Kristof sich nicht traut“, sagt Kristof Stößel, während er durch seinen Kostümfundus wuselt, um für Fabienne das passende Outfit zu finden. Mit einem lila-goldenen Kostüm in der Hand kommt er zurück. „Mein heutiges Kleid kommt aus London“, sagt der Mann, der sich unter dem ganzen Make-up der Baronin von Wupp verbirgt.
Der Wuppertaler Schauspieler fand sich in der Frauenrolle wieder, als er mit der Darstellung der Mutter in dem Musical „Hairspray“ sein Publikum überzeugte. „Alle sagten mir: ‚Das musst du weiter machen.‘ Als mich dann eine Frau auf ihren 60. Geburtstag als Frau einlud, hatte ich noch keinen Namen, bis mir eine Freundin sagte, ich sehe aus wie von der Straße“, erzählt Kristof.
Der Nachname ‚van Straten‘ stand also fest, ‚Fabienne‘ hieß eine damalige Fernsehmoderatorin – und somit war der Name gefunden. Der Zusatz ‚Baronin von Wupp‘ kam etwas später, als das Stadtmarketing Kristof ansprach, ob er nicht Stadtführungen als Fabienne van Straten übernehmen wolle.
Nach dem Düsseldorfer Vorbild der Freifrau von Kö entstand die Baronin von Wupp. Mittlerweile ist Kristof ganz in seiner Rolle als holländische Dame von Adel angekommen. Die Frage nach Fabiennes holländischen Wurzeln und ihrem markanten Akzent beantwortet er mit folgender Geschichte: „Mit 13 Jahren habe ich mich total in die holländische Moderatorin Linda de Mool verknallt. Als ihre Sendung nicht mehr im deutschen Fernsehen lief, schaute ich das niederländische Programm und brachte mir holländisch bei. Seitdem spreche ich fast akzentfrei holländisch.“
Während Kristof sich langsam in Fabienne verwandelt, erzählt er von seinen Touren. „Heute mache ich eine Shopping-Tour. Wir fangen an der Rathausgalerie an, bummeln über die Poststraße und enden bei einem Sekt im Luisenviertel. Nachmittags besuche ich mit der nächsten Gruppe die feinen Leute am Arrenberg und im Briller Viertel, gestern war die Baronin Kaffee trinken auf dem Ölberg, da haben wir eine Stunde lang nur geklönt.“
Sobald Kristof seinen Fummel an hat, sagt er, fällt ihm immer etwas ein – „Und im besten Falle ist es lustig“. Seine Stadtführungen sind bereits für Monate im Voraus ausgebucht, und auch zwei Sendekonzepte interessieren sich bereits für die Baronin. „Vielleicht seht ihr Fabienne bald bei Shopping-Queen, oder beim Perfekten Dinner“, sagt Kristof, während er Unmengen an lila Lidschatten auf seinen Augenlidern verteilt.
Seine Pumps kauft er in einem Laden für dicke Frauen in London, und von der Damenboutique Ulla Popken besitzt er bereits eine Kundenkarte. „Witzig wird es, wenn ich mit meiner Freundin bei Ulla Popken shoppen gehe – da haben die Frauen immer ihren Spaß.“
Obwohl sich Kristof in seiner Rolle wohl fühlt, darf man Kristof Stößel alias Fabienne van Straten nicht mit Dragqueens wie Olivia Jones verwechseln. „In Fabienne steckt schon viel von Kristof, aber ich bin es nicht, ich kann sie ausziehen und dann ist sie weg“, sagt er. „Wenn ich im Fernsehen Interviews gebe, dann lieber als Kristof. Und im Urlaub freue ich mich, wenn ich mich mal zwei Wochen nicht rasieren muss.“
Text: Hannah Florian
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