20. Juli 2018Peter Pionke
Christian Kahrmann: Zoo-Chef Dr. Arne Lawrenz ist sein Schwager
Er ist zwar erst 47 Jahre alt, hat aber schon mehr Kamera-Erfahrung als so manch alter Hase. Von 1985 bis 1992 spielte er den Benny Beimer in der Endlos-TV-Serie „Die Lindenstraße“. Schon vorher hatte Christian Kahrmann für kleinere Rollen vor der Kamera gestanden. Später spielte er in Hollywood-Produktionen wie „Equilibrium“ mit Christian Bale oder in „Das Tribunal“ mit Bruce Willis und Colin Farrell. Zuletzt stand er im Fernsehfilm „Klassentreffen“ (ARD) u.a. mit Annette Frier, Charly Hübner und Oliver Wnuk vor der Kamera.
Inzwischen hat sich Chrsitian Kahrmann neben der Filmerei ein zweites Standbein aufgebaut. Das sehr gut laufende Café „Kahrmann’s Own“ in Berlin. Und auch in Wuppertal lässt sich der Schauspieler häufiger blicken. Dann nämlich, wenn er seine Schwester und seinen Schwager, Zoodirektor Dr. Arne Lawrenz, mit seinen beiden Töchtern besucht. Der STADTZEITUNG gab der Wahl-Berliner ein Interview.
DS: Schon als Achtjähriger haben Sie vor der Kamera gestanden. Wie ist es dazu gekommen?
Christian Kahrmann: „Ich bin durch Zufall mal im Urlaub für einen Film gecastet worden, später dann für Kinderprogramme und kleinere Beiträge im TV, obwohl ich eigentlich durch meine Familie keinen Bezug zur Schauspielerei hatte. Meine Mutter hat dann witzigerweise in den 80’ern eine Zeit in Köln im Ensemble des damaligen Theater Cordial – von Benno Swienty (dem Professor Moser aus der „Plattenküche“) – gespielt und da durfte ich als kleiner Steppke immer mit zum Probenabend. Da es damals noch keine Agenturen für Kinder gab, sondern meistens die Kinder von gestandenen Schauspielern für Rollen genommen wurden, wurde ich dementsprechend immer wieder für Produktionen angefragt die ich dann neben der Schule drehen konnte.“
DS: Sie waren 13, als Sie in die Endlos-Serie „Lindenstrasse“ eingestiegen sind. Aus heutiger Sicht ein Glückfall oder eher eine Bürde?
Christian Kahrmann: „Anfangs wussten meine Eltern und ich ja überhaupt nicht, was da auf uns zukommt, weil das natürlich überhaupt kein Vergleich dazu war, was ich vorher schon gedreht hatte und wie das Ganze sich entwickelt. Vor allem was das für einen Einfluss auf die Bekanntheit und die eigene Privatsphäre hat. Das war ja schließlich die erste Dauerserie im deutschen Fernsehen – und es gab ja seinerzeit nur vier Programme. Natürlich war es auch während der Pubertät nicht immer leicht, schon so viel zu arbeiten, aber letzten Endes hat es mich zum Schauspieler gemacht und das bereue ich in keinster Weise. Ich liebe den Beruf immer noch, obwohl es sehr viel härter geworden ist, in heutiger Zeit in dieser Branche zu bestehen.“
DS: Haben Sie heute noch Kontakt zu Darstellern aus der „Lindenstraße“?
Christian Kahrmann: „Ja, man läuft sich halt auch oft bei Veranstaltungen über den Weg. Sybille Waury und andere Ex-Kollegen waren schon öfter bei mir im Café und Martin Armknecht sehe ich auch recht häufig.“
DS: Im Gegensatz zu vielen Serien-Stars haben Sie nicht nur das Abitur gemacht, sondern auch eine sehr fundierte Schauspielausbildung abgeschlossen, u.a. im Herbert-Berghoff Studio in New York. Was hat Sie dazu bewogen; denn eigentlich haben Sie damals schon mit beiden Beinen erfolgreich im Rampenlicht gestanden?
Christian Kahrmann: „Als ich 1991 mein Abitur gemacht habe, habe ich neben den Dreharbeiten erstmal angefangen, in Köln Theater-Film- und Fernsehwissenschaften zu studieren. Ich stellte aber relativ schnell fest, dass mir das zu theoretisch war, da ich ja schon als Schauspieler so viel Erfahrung hatte und das eigentlich mein eigentlicher Interessenbereich war. Mir war aber auch klar, dass ich auch andere Rollen spielen möchte und ich eigentlich noch mal ganz von vorne anfangen wollte und auch musste – und das nicht in Deutschland. Ich liebte die Stadt New York und schaute mich dort nach einem Platz an einer Schauspielschule um – den ich dann auch bekam. 1995 war es dann endlich soweit und ich packe meine Koffer und fing dort an zu studieren. Es war sehr befreiend und eine irre Zeit in meinem Leben weil mich dort niemand kannte und ich ganz frei „aufspielen“ konnte.“
DS: Sie haben in jungen Jahren in Hollywood-Produktionen wie „Equilibrium“ mit Christian Bale oder in „Das Tribunal“ mit Bruce Willis und Colin Farrell vor der Kamera gestanden. Wie schwer ist es, nach solchen Erfolgen mit beiden Beinen auf dem Boden zu bleiben?
Christian Kahrmann: „Als die Amerikaner Ende der 90er anfingen, öfter in Europa zu drehen, hatte ich wegen meiner Englischkenntnisse und meines Backgrounds öfter mal Gastrollen in diesen Filmen, aber das hat ja auch keine wirkliche Hollywoodkarriere bei mir ausgelöst. Außerdem merkt man, dass die auch nur mit Wasser kochen, aber natürlich viel mehr Geld haben, als Produktionen in Deutschland. Insofern bleibt man da auch ziemlich auf dem Boden und freut sich, wenn man mal so eine Rolle ergattern kann. Aber es ist natürlich als Abwechslung mal sehr spannend, mit solchen Größen gemeinsam vor der Kamera zu stehen. Ich habe insbesondere Colin Farrell als sehr netten Kollegen in Erinnerung.“
DS: Sie haben tolle Rollen im „Tatort“ gespielt, waren in erfolgreichen Fernsehfilmen wie „Das Wunder von Lengede“, „Der Untergang der Pamir“ oder „Max Schmeling – eine deutsche Legende“ zu sehen, warum ist es dann um Sie ruhiger geworden?
Christian Kahrmann: „Das hat ganz viel mit den Veränderungen der Filmbranche in Deutschland zu tun. Seit der Pleite der Kirch-Gruppe wird generell in Deutschland weniger gedreht und zu härteren Bedingungen. Es redet nur nicht jeder gerne über die Realität des Daseins als Schauspieler. Das ist halt nicht so „schick“. Früher wurde man noch auf Castings eingeladen, heutzutage muss man sich aus Kostengründen zu Hause selber mit dem iPhone filmen und das dann einschicken um zu hoffen, dass man eventuell ausgewählt wird. Außerdem habe ich in den letzten Jahren nicht mehr so viele Serien gemacht und das erweckt witzigerweise bei Vielen den Eindruck, dass es um einen „ruhiger“ geworden wäre. Ich habe aber eigentlich die Jahre immer durchweg gedreht. Wenn auch in Filmen, die nicht immer die große Öffentlichkeit zu sehen bekommt…“
DS: Sie haben eine Ausbildung zum Barista gemacht und Ihr Café „Kahrmann’s Own“ in Berlin eröffnet. War das vielleicht auch ein Stück weit eine Flucht aus dem Showbiz?
Christian Kahrmann: „Ich würde nicht sagen Flucht. Ich hatte die Idee schon sehr sehr lange, ein Kaffee zu eröffnen, weil ich Kaffee immer geliebt habe und im Urlaub in Italien immer die Arbeit der Baristi in den Straßencafés bewundert habe. Mit Mitte 30 kam bei mir dazu das Gefühl auf, dass ich eigentlich keine Lust mehr habe, ständig zu warten, ob es mit einer Rolle klappt oder nicht, sondern etwas Eigenes auf die Beine stellen möchte, wo ich selbst der Chef bin. Das hat mich letzten Endes auch viel entspannter gemacht, in Bezug auf die Schauspielerei.“
DS: Ist Ihr Café für Sie jetzt ein festes Standbein oder eher ein Platzhalter, bis wieder die großen Rollen kommen?
Christian Kahrmann: „Erstmal muss ich hier mal darauf hinweisen, dass man nicht mal eben so „ein Café aufmacht“ und das ab Tag 1 läuft wie „geschnitten Brot“. So etwas dauert und man braucht einen langen Atem, bis das Baby laufen kann. Mein Café ist sicherlich ein festes Standbein – sonst hätte ich es bis dato nicht damit sechs Jahre geschafft. Man darf nicht vergessen, dass ich totaler Quereinsteiger in der Gastronomie war. Es gibt mir eine tägliche Struktur und Aufgabe, macht mir weiterhin Spaß, ohne dass ich die Schauspielerei vernachlässigen muss. Was meine Schauspielerei angeht, bin ich eher mit der Qualität und nicht der Größe meiner Rollen zufrieden zu stellen.“
DS: Sie besitzen sicher einen Promi-Bonus, aber der greift nur, wenn einen die Gäste möglichst oft selbst im Café antreffen. Wie groß ist die Chance, Ihnen dort persönlich die Hand zu schütteln?
Christian Kahrmann: „Die Chance ist relativ groß – wenn ich nicht gerade bei Dreharbeiten bin oder andere dringliche Sachen machen muss, trifft man mich eigentlich vier bis fünfmal die Woche im Laden an. Sicherlich gibt es einige Leute, die natürlich genau deswegen dort hinkommen. Aber trotzdem wird auch mir nichts geschenkt. Ich muss genauso Qualität und Leistung bringen wie meine Mitbewerber oder Konkurrenten. Wenn nicht manchmal sogar mehr.“
DS: Wenn Sie heute noch einmal der kleine „Benny Beimer“ wären, was würden Sie in Ihrem Leben anders machen?
Christian Kahrmann (lacht): „Ich würde mir sofort einen guten Agenten/-in nehmen, die sich um meine Belange und Verträge kümmert, und es nicht so wie damals selber bzw. mit meinen Eltern machen müsste. Heute läuft das alles viel professioneller und geregelter ab.“
DS: Könnte man sagen, dass Ihre Unfallfahrt unter Alkoholeinfluss für Sie so etwas wir ein rechtzeitiger Schuss vor den Bug war?
Christian Kahrmann: „Das ist natürlich alles ganz dumm gelaufen und war ein Riesenfehler meinerseits. Hinterher ist man immer schlauer und ich bereue das Ganze unheimlich. Dennoch – nur weil ich etwas prominent bin, so etwas in Deutschland aber tausendfach am Tag passiert, bin ich völlig unverhältnismäßig dafür von den Gazetten medial „geschlachtet“ worden. Ich bin schließlich auch nur ein Mensch und mache auch mal Fehler. Das passiert mir aber sicherlich nicht noch einmal!“
DS: Welche beruflichen Pläne haben Sie in den nächsten Jahren?
Christian Kahrmann: „Ich bin eigentlich sehr zufrieden und kann nicht klagen – ich bin beruflich unabhängig, habe tolle Rollen wie z. B. im neuen Film von Jan Georg Schütte „Klassentreffen“ – einem Film der sechs Stunden improvisiert ohne Schnitt gedreht wurde. Ich habe zwei tolle Töchter auf die ich mega stolz bin, und wenn ich morgens aufwache, freue ich mich auf mein Leben.“
DS: Was würden Sie Ihren beiden Töchtern sagen, wenn Sie irgendwann auf die Idee kämen, Schauspielerin zu werden?
Christian Kahrmann: „Ich wäre sicherlich der Letzte, ihnen irgendetwas zu verbieten, aber ich glaube, ich könnte sie ganz gut anleiten bzw. begleiten. Und sie eventuell ganz gut beraten, welche Wege und Entscheidungen dazu einzuschlagen sind.“
DS: Wie wir gehört haben, haben Sie einen engen Bezug zu Wuppertal. Dr. Arne Lawrenz, beliebter Direktor des Wuppertaler Zoos, ist Ihr Schwager. Wie oft besuchen Sie denn Ihre Schwester und Ihren Schwager in Wuppertal?
Christian Kahrmann: „Ja, in der Tat ,das stimmt. Wir waren schon öfter bei meiner Schwester und meinem Schwager in Wuppertal zu Besuch und haben mit den Kindern natürlich ausgiebige Zooführungen – insbesondere Besuche im Elefantengehege – genießen können. Ich finde sowieso Wuppertal ist eine sehr, sehr schöne und außergewöhnliche Stadt und insbesondere der Zoo ist wirklich sehenswert. Wenn immer möglich, statten wir Eurer Stadt einen Besuch ab. Auf hoffentlich ganz Bald!“
DS: Vielen Dank für das offene, interessante Gespräch.
Das Interview führte Peter Pionke
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