12. November 2018Peter Pionke
Wuppertal – ‚Keiner wie wir?‘
Graffiti ist nicht nur eine anerkannte Kunstrichtung, wenn es um außergewöhnliche Abbildungen in den Hinterhöfen unserer Städte geht, es sind teilweise auch philosophische Abhandlungen und Erkenntnisse, die kommunikativ auf den Punkt gebracht werden.
Kommunikation eben. Im Business sind es die Claims, die die Geschichte einer Marke schreiben und über Generationen im Gedächtnis bleiben: „Nur Miele, Miele sagt die Tante…“; „ Neckermann macht‘s möglich“ usw.
So ist es kein Wunder, dass das Graffiti „Wir stehen nicht im Stau, wir sind der Stau!“ einer Berliner U-Bahn-Station auch einen Wuppertaler nachdenklich macht. Stehen wir doch des Öfteren auch gedanklich im Stau – nicht nur in Berlin. Diesmal geht es also weniger um den Verkehrsstau, als um einen Kommunikations- und Aktions-Stau. Wer kennt ihn nicht, den Spruch „arm aber sexy!“, der in Berlin für Furore sorgte und heute noch gern zitiert wird.
Insider vergleichen Wuppertal gern mit Berlin. Etwas kleiner – zugegeben – aber im (versteckten) Detail durchaus ebenso reizvoll, energiegeladen, kreativ, dynamisch, unkonventionell und überraschend.
Da nutzt es dann auch wenig, wenn der stellvertretende Chefredakteur der Westdeutschen Zeitung, Lothar Leuschen, in seiner Kolumne vom 8. September mit Recht darauf hinweist: „Wuppertal leidet unter seinem schlechten Ruf“.
Die Erkenntnis ist nicht neu. Auch die Beweisführung, „Nur 50 km weiter westlich glaubt ein jeder, die Stadt liege im Ruhrgebiet, sei grau und ärmlich – wie Gelsenkirchen, Bochum oder Hagen“ ist nicht neu.
Es erübrigt sich, zum wiederholten Male den Gegenbeweis anzutreten. Die Fakten sind Insidern bekannt. Aber eben auch nur Insidern. Und die Schlussfolgerung, „dass in den vergangenen Jahrzehnten etwas falsch gelaufen sein muss (…)“ ist nur folgerichtig.
So ist das Plädoyer, Wuppertaler Stadt-Marketing neu zu denken und die Wuppertal Marketing GmbH finanziell handlungsfähig zu machen, nur logisch. Wir stehen nicht (nur) im Stau. Wir sind auch der Stau, wenn wir als Steuerzahler und Wirtschaftsunternehmen die Kommunikation zu gering schätzen und Stadt-Marketing in seiner Dimension und Bedeutung nicht erkennen.
Auch hier sei der Blick über den Tellerrand gestattet: „Ich liebe dieses Land“, schreibt die Erzieherin und Schriftstellerin Ouarda Saillo im „Stern“ vom 18.10.2018. Sie ist in Marokko geboren, und sie meint Deutschland damit. „Ich habe mir lange schweigend angeschaut, wie die „deutschen“ Deutschen ihr Land schlechtreden“, schreibt sie. Und weiter: „Gut, dass es uns Deutsche mit Migrationshintergrund gibt. Wir lieben dieses Land, das uns aufgenommen, ausgebildet und uns Arbeit gegeben hat (…)“.
Und weiter: “Für mich ist Deutschland das schönste Land der Welt. Es hat eine großartige, jahrhundertealte Kultur, ein angenehmes Klima und kluge, gebildete Menschen, die in großer Freiheit und Selbstbestimmung leben.“
Endlich, könnte man sagen, kommen auch die zu Wort, die Positives zu berichten haben. Es sind die Themen, die in Europa, in Deutschland, in unseren Bundesländern und auch in unseren Städten und Gemeinden zu kurz kommen.
Wie wäre es also – eine Nummer kleiner – wenn wir so, oder so ähnlich über unsere Stadt, über Wuppertal und die Wuppertaler reden würden? Wenn wir den Stau (unseren Stau!) aktiv auflösen und die Faszination und Dynamik Wuppertals in einer übergreifenden Kampagne national und international bekanntmachen würden?
Vielleicht auch als Anregung für eine Politik, die es verlernt hat, Ziele zu definieren und Begeisterung zu wecken.
Die Kräfte bündeln und auf ein gemeinsames Ziel ausrichten heißt das Rezept. In einer gemeinsamen Aktion von Wuppertal Marketing, den Wuppertaler Stadtbetrieben, den Wirtschaftsunternehmen und den Wuppertaler Bürgern beispielsweise.
Wer erinnert sich nicht an „Wir wuppen das!“ der Wuppertaler Stadtwerke oder daran, dass die Wuppertaler Stadtsparkasse „Gut für Wuppertal“ ist?
An die außergewöhnlichen Ausstellungen im Von der Heydt-Museum, die plakatiert und beworben, bundesweit für Aufmerksamkeit sorgten. An die „Pinguinale“ des „Grünen Zoos“, deren Überreste heute noch in der Stadt zu sehen sind. Es müssen also nicht immer die Schwebebahn und Tuffi, Pina Bausch und das Theater, der Skulpturenpark oder Utopia-Stadt sein.
Wenn, ja wenn, alle (Marketing-)Aktivitäten auf die Marke WUPPERTAL einzahlen würden. Auf eine gemeinsamen (Dach-)Marke, mit einer eindeutigen Positionierung und einer klaren Aussage.
Ein Anfang ist gemacht.
Die Broschüre WOW! WUPPERTAL! zeigt die Stadt von ihrer besten Seite. Mit einer 360°-Kampagne wurde Wuppertal mit seiner Historischen Stadthalle bundesweit als Kongressdestination bekanntgemacht. In einer erweiterten Neuauflage engagiert sich die Westdeutsche Zeitung als Medienpartner, eine „Initiative WOW! WUPPERTAL!“ führt das Projekt fort, die Historische Stadthalle Wuppertal erhielt den Stadt-Marketing-Preis im Rahmen des Wuppertaler Wirtschaftspreises und verteilte die Broschüre an die rund 350 Besucher. Wirtschafts- und marketingaffine Wuppertaler als Multiplikatoren.
Und nicht zuletzt: Berthold Schneider, der Intendant der Wuppertaler Oper, firmiert die Stadt WUPPERTAL kurzerhand in „WOPERTAL“ um. Zumindest in einer Plakatserie, die mit außergewöhnlichen Fotos von Jens Grossmann die Nähe der Oper zur Wuppertaler Bevölkerung zeigt. Auch daraus kann etwas werden: Vielleicht ein Graffiti: „Wuppertal – das Operntal!“
Dennoch – wir bleiben dabei:
WOW! WUPPERTAL!
Die Erlebnisstadt mit der Schwebebahn.
Ihr Vok Dams.
www.vokdamsatelierhaus.de
Weiter mit:
Kommentare
Neuen Kommentar verfassen