16. November 2018Peter Pionke
Kaya Yanars Programm 2019: Eine Familie gründen
Alles was er anpackt wird zum Erfolg. Seit 2001, als er mit „Was guckst Du“ eine wahre Ethno-Comedy-Welle los trat, ist Kaya Yanar (45) ohne Pause mit einer eigenen Comedy-Show im TV auf Sendung. Der gebürtige Frankfurter mit türkischen Wurzeln trifft mit seinen multikulturellen Programmen den Nerv der Leute.
So war es auch bei seiner neuen Live-Bühnen-Show „Ausrasten für Anfänger“ in der ausverkauften Stadthalle. Es ging um Alltagsprobleme, die jeder kennt.
Der Comedian lieferte beste Unterhaltung ab – witzig, schlagfertig, tiefgründig. Der Liebe wegen ist der ehemalige Philosophie-Student in die Schweiz gezogen. „Dort kostet ein einzelnes Haus mehr als in Deutschland ein ganzes Dorf“, witzelt er. Für 2019 hat er im Privatleben ein ganz spezielles Programm in Planung. „Da möchte ich eine Familie gründen,“ verriet Kaya Yanar lachend im STADTZEITUNGS-Interview.
DS: Wann sind Sie das letzte Mal so richtig ausgerastet?
Kaya Yanar: „Eigentlich fast täglich, wenn ich im Auto sitze. Das ist bei mir schon fast pathologisch. Meine Freundin meint, eigentlich bräuchten wir einen Scheibenwischer innen. Der Straßenverkehr bringt mich zur Weißglut. Das liegt auch daran, dass ich sehr viel unterwegs bin. Früher war ich happy, wenn ich mal mit dem Auto meiner Mutter fahren durfte. Heute sitze ich nur ungern hinter dem Steuer, fast schon wie die Taxifahrer, die meistens auch nur herummeckern. Ich habe den schönsten Beruf der Welt, aber das Herumreisen ist gar nicht mein Ding.“
DS: Inwieweit hat die Flüchtlings-Problematik Auswirkungen auf die Comedy?
Kaya Yanar: „Es ist nicht mehr so einfach wie vor 10 Jahren, Ausländer- und Türkenwitze zu machen. Zu Zeiten von ‚Was guckst Du?‘ War das alles noch sehr entspannt. Heute sind viele Menschen beim Thema Flüchtlinge und Ausländer sehr empfindlich. In Deutschland sind wir es gewohnt, dass man Witze über alle möglichen Politiker und Institutionen machen kann, ohne dafür eingesperrt zu werden. Das sieht in der Türkei anders aus und selbst in Deutschland ist man vor Erdogan nicht mehr sicher. Ich bin da angreifbarer als andere deutsche Komiker, die gar keine Verbindung in die Türkei haben. Ich habe dort noch Freunde und Verwandte.“
DS: Gibt es für Sie so etwas wie eine moralische Grenze in der Comedy?
Kaya Yanar: „Absolut. Ich verstehe mich als moralischen Menschen. Ich möchte die Leute unterhalten. Das Leben ist für jeden einzelnen aus unterschiedlichsten Gründen nicht immer einfach. Und Lachen kann das Leben ein Stück weit erträglicher machen. Das ist für mich die Idealform der Comedy. Warum sollte ich da bewusst Menschen verletzen, mich über sie lustig machen oder ausgrenzen? Das liegt mir alles fern.“
DS: „Meine Toleranz für Bullshit wird immer dünner“, werden Sie zitiert. Was ist für Sie Bullshit?
Kaya Yanar: „Idioten im Straßenverkehr, die zum Einparken zwei Parkplätze brauchen. Leute, die unreflektiert ihre Meinung aus den sozialen Netzwerken herausblubbern, die beleidigen, die sogar drohen. Mit Mitte 40 habe ich das Gefühl, dass die Deppen ständig nachwachsen. Ich bin inzwischen viel wählerischer geworden, mit wem ich meine Freizeit verbringe.“
DS: Sie gelten als Wegbereiter, da Sie als erster Künstler mit Migrationshintergrund breiten Erfolg hatten. Sind Ihnen jetzt alle nachfolgenden Comedians mit türkischen Wurzeln dankbar?
Kaya Yanar: „Dankbarkeit erwarte ich nicht. Aber ich spüre schon, dass mir viele Comedians mit Migrationshintergrund mit Respekt begegnen. Ethno-Comedy war damals eine Zeiterscheinung und ich hatte das Glück, dass ich an der Spitze der Bewegung stand.“
DS: Haben Comedians mit Migrations-Hintergrund die gleichen Karriere-Chancen wie ihre hier geborenen Kollegen?
Kaya Yanar: „Ich hatte es natürlich einfacher, weil ich damals mit so einem Bonus in Form von ‚Was guckst Du?‘ auf der Bildfläche erschien. Ethno-Comedy war eine Zeit lang modern und cool. Das hat sich aufgrund politischer Ereignisse gewandelt. Die Leute sind nicht mehr so aufgeschlossen. Deshalb sind wir gerade in einer Phase, in der es Kollegen mit Migrationshintergrund nicht so einfach haben. Das wird sich hoffentlich wieder ändern.“
DS: Sie sind Veganer – den Tieren oder der eigenen Gesundheit zuliebe?
Kaya Yanar: „Es ist so eine Mischform. Ich habe als Vegetarier angefangen – in erster Linie wegen der Tiere. Der Tierschutz war somit das Fundament. Bei meinen veganen Ausflügen hat dann aber auch der Gesundheitsaspekt eine Rolle gespielt, weil ich gespürt habe, dass es mir gut tut. Mein Bruder ist schon seit 30 Jahren Vegetarier. Er hat die Massentierhaltung angeprangert und mir geschildert, wie die Tiere zu Grunde gerichtet werden. Irgendwann habe ich dann im Internet Filme darüber gesehen und bekam die Bilder nicht mehr aus dem Kopf. Seit 12 Jahren esse ich jetzt kein Fleisch mehr.“
DS: Welche Pläne haben Sie für 2019?
Kaya Yanar: „Eine Familie gründen. Ich bin jetzt 45 und weiß natürlich, dass eine Zeugung auch in den nächsten Jahren biologisch noch möglich wäre. Aber ich möchte kein zu alter Vater für meine Kinder sein, sondern noch mit ihnen Fußball spielen.“
Das Interview führte Peter Pionke
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