16. Februar 2019Peter Pionke
TV-Star Uwe Fellensiek: Comeback mit ‚Kowalski‘
Er ist eine schillernde Persönlichkeit, ein richtiger Typ. Uwe Fellensiek (63) – Musiker, Schauspieler und Schlossherr. Er war das Gesicht der erfolgreichen Krimi-Serie „SK Kölsch“, spielte tragende Rollen in nahezu allen beliebten TV-Serien wie „Tatort“, „Polizeiruf 110“, „Notruf Hafenkante“, „Im Namen des Gesetzes“ oder „In aller Freundschaft“. Er ist Gründer der Wuppertaler Wave-Band „Kowalski“, die mit ihrem eigenwilligen Sound in den 80er Jahren aufhorchen ließ.
Seine Ehe mit Corinna, Mutter seines Sohnes Jonny (21), hielt nur zehn Monate. Heute ist er mit Marion liiert, die rein gar nichts mit der Showbranche am Hut hat. Sie ist jetzt – wie Uwe Fellensiek es ausdrückt – nach vielen „Alarmbräuten“ – sein großer Ruhepol. Der Künstler wechselt zwischen den Wohnsitzen in Bochum und dem Chateau de Graaf, einem Wasserschloss in Belgien, das einmal dem Adeligen und Beethoven-Freund Graf Belderbusch gehörte, hin und her.
Er denkt nicht im Traum daran, sich zur Ruhe zu setzen, sondern hat seine Band „Kowalski“ wiederbelebt und möchte als Musiker noch einmal Vollgas geben – mit dem Wuppertaler Ausnahme-Drummer Dirk Sengotta am Schlagzeug. Im Interview mit der STADTZEITUNG verriet Uwe Fellensiek die Gründe für das Comeback und vieles mehr.
DS: Sie sind 1971 vom Gymnasium geflogen, warum?
Uwe Fellensiek: „Es war mir damals zu langweilig in der Schule. Ein Kumpel und ich wollten einfach Unsinn machen und so richtig für Alarm sorgen. Unsere erste Idee war, das Lehrerzimmer komplett abzudichten und dann alle Wasserhähne aufzudrehen. In meiner Traumvorstellung hätten dann morgens die Lehrerinnen und Lehrer die Tür zum Lehrerzimmer aufgeschlossen und wären von der entgegenkommenden Wasserwelle die Treppe hinuntergespült worden. Diesen Plan haben wir aber dann aus Sicherheitsgründen fallen lassen.“
DS: Jetzt sind wir aber gespannt, welchen Streich Sie sich ausgedacht haben, der dann wirklich zum Schulverweis geführt hat?
Uwe Fellensiek: „Wir sind nachts durch ein Fenster in die Schule eingestiegen und haben alle Schlüssellöcher zugegipst – inklusive des Eingangsportals. Mit dem Rest-Gips habe ich „Der Gips-Coup“ groß auf den Schulhof geschrieben. Der Hausmeister musste morgens von der Feuerwehr durch ein Fenster aus dem Schulgebäude gehievt werden. Anhand der Fingerabdrücke wurde ich überführt. Das wurde von der örtlichen Zeitung mächtig aufgemacht und bescherte mir frühe Bekanntheit. Mein Kumpel bekam einen strengen Verweis. Und mich hat man von der Schule geschmissen. Ich war ja so etwas wie der „Strafbank-König“, musste wegen allerlei lächerlicher Vergehen dauernd nachsitzen. Ich habe dann ein Vierteljahr keine Schule gefunden, bis mich das „Auffanglager“ Goethe“ Gymnasium, wie die Schule damals auch genannt wurde, doch genommen hat. Dort habe ich dann mein Abi gemacht.
DS: Schon zu Schulzeiten waren Sie mit der Band „Bertha & Friends“ erfolgreich on Tour. Trotzdem haben Sie noch Ihr Abitur gemacht – das Produkt Ihrer Erziehung?
Uwe Fellensiek: „Bertha & Friends rekrutierten sich aus einer Hippie-Kommune in den frühen 70er Jahren. Wir sahen aus wie ZZ Top in jung und spielten ‚an jeder Milchkanne‘, wie man so schön sagt. Dass es dennoch zum Schulabschluss kam, war auch meinem Trotz geschuldet. Ich wollte es mir, aber auch meinem Vater beweisen, der Professor an der Bergbauhochschule Agricola in Bochum war und glaubte, sein langhaariger Sohn sei auf die schiefe Bahn geraten und bekäme nichts mehr gebacken.“
DS: Ihr Vater war auch Bergbau-Ingenieur und Sie haben später in Aachen Bergbau studiert? War das Ihre Art der Wiedergutmachung für den Schulverweis?
Uwe Fellensiek: „Ach, ich hatte einfach keine Idee, was ich nach der Schule machen sollte. Studieren? Einen Handwerksberuf erlernen? Mein Dad, mit dem ich mich später doch wieder recht gut verstand, riet mir zu Aufbereitungstechnik, einem Fachbereich des Bergbaustudiums, dem nach seiner Meinung die Zukunft gehörte, denn das Zechensterben war damals schon abzusehen. So habe ich nach meiner praktischen Ausbildung mein Bergbaustudium in Aachen aufgenommen, aber schon nach dem Vordiplom aufgegeben, weil ich festgestellt habe, dass die Naturwissenschaften nicht wirklich mein Ding waren und ich viel zu verwurzelt in der Musik war.“
DS: Sie haben mit der Kneipe „Spektrum“ ihr Glück als Gastronom versucht und nebenbei Sport und Englisch studiert, offensichtlich hatten Sie ja doch den Drang, einen „vernünftigen“ Beruf zu erlernen?
Uwe Fellensiek: „Seit ich 16 bin, habe ich für mich selber gesorgt, u.a. auch gekellnert. In der Kneipe ‚Spektrum‘ konnte ich nicht nur arbeiten, sondern auch ab und zu Musik machen. Dann bekam ich die Möglichkeit, das Lokal zu kaufen. Da habe ich mir Geld zusammengeliehen und bin in die Gastronomie eingestiegen. Nach knapp zwei Jahren war ich pleite. Ich kann eben mit Geld nicht gut umgehen. Außerdem war ich viel mit meiner Band unterwegs. Und dann war da noch der Ärger mit Rockern, die mir mehrmals den Laden zerlegt haben. Das hat mir endgültig den Garaus gemacht.“
DS: Trotz aller Versuche, einen vernünftigen Beruf zu erlernen, sind Sie doch in der Gaukler-Branche hängen geblieben. Hat da der Bauch über den Kopf gesiegt?
Uwe Fellensiek: „Genau so kann man es sagen. Ich hatte als Siebenjähriger schon Gitarrenunterricht, war immer der Pausenbarde und im Urlaub der Strandboy. Ich habe überall gesungen und Gitarre gespielt und war irgendwann davon überzeugt, dass ich es auch als Musiker zu etwas bringen könnte.“
DS: 1980 haben Sie die Band „Kowalski“ gegründet. Wie kam es eigentlich zu dem Band-Namen?
Uwe Fellensiek: „Nachdem ich mein Studium geschmissen hatte, habe ich weiterhin viel unter Tage malocht, weil ich mein Bergmannsbuch hatte und man dort gutes Geld verdienen konnte. Ich habe mit Türken und vielen Polen zusammen gearbeitet, Grabowskis und Kowalskis, das waren ja die ersten Fremdarbeiter. Außerdem haben mich Filme wie ‚Fluchtpunkt San Francisco‘ und ‚Endstation Sehnsucht‘ mit Marlon Brando inspiriert. Ich fühlte mich dem grobschlächtigen, aber aufrichtigen Typen, Stanley Kowalski, den Marlon Brando verkörperte, irgendwie verbunden. Wir wollten unserer Band unbedingt einen Eigennamen geben. Da lag der Name nahe.“
DS: Wie sind Sie denn überhaupt bei der Schauspielerei gelandet?
Uwe Fellensiek: „Viele meiner Freunde wie Claude Oliver Rudolph oder Ralf Richter arbeiteten bereits als Schauspieler. Ich war ja wild entschlossen als Musiker durchstarten. Aber dann bin ich gefragt worden, ob ich für ‚Duisburg-Ruhrort‘, den ersten ‚Tatort‘ mit Götz George, Rocker als Statisten besorgen könnte. Ich selbst sollte in dem Fall den Rockerpräsidenten darstellen. Da ich ja einige Rockerclubs kannte und selbst ein Freerider war, habe ich das gemacht und durfte sogar einen Satz sprechen. Von da an war ich ‚Schauspieler‘ als Autodidakt. Ich habe mich dann selbst weitergebildet, mir sehr viele Filme angeschaut, die Lehren von Stanislavski, Strassberg und David Memet studiert und dann auch das Glück gehabt, mich durch diverse Engagements ausprobieren und entwickeln zu können.“
DS: Sie mussten in Ihrem Leben auch Rückschläge wegstecken, so haben Sie sogar eine Zeit lang im Rollstuhl verbracht. Inwieweit haben Sie solche Erfahrungen geprägt?
Uwe Fellensiek: „Das war ein echter Einschnitt. Ich hatte inzwischen mit einigen Kino-Filmen und Serien-Hauptrollen im TV Karriere gemacht, eine Familie gegründet und alles lief wie geschnitten Brot. Mir fiel alles zu. Und dann kam dieser Rückschlag beim Dreh einer Folge von ‚Notruf Hafenkante‘. Bei einer kleinen Actionszene habe ich mir einen Bandscheibenvorfall zugezogen. Ich habe dann bis zum Ende der Staffel auf die Zähne gebissen und bin danach in Hamburg ins Krankenhaus gegangen. Die OP verlief komplikationslos, dennoch habe ich mir einen resistenten Krankenhauskeim eingefangen. Ich habe nach meiner vorläufigen Entlassung einige Zeit im Rollstuhl gesessen. Mir ist in der Zeit und in den schweren Zeiten danach mit einigen weiteren Operationen und einer langwierigen Reha bewusst geworden, wie relativ Erfolg ist. Gesundheit hat absolute Priorität. Ich habe herausgefunden, dass ich mir mehr Zeit für mich selbst nehmen muss, für meine Familie, meine Freunde und verspürte auch keine Lust mehr, mich weiter für Geld in das ‚Hamsterrad‘ Serien-Dreh zu begeben. Ich würde zwar gern noch den einen oder anderen Film drehen, denn der Beruf hat mir auch viel Spaß gemacht, mich aber ansonsten wieder mehr auf die Musik konzentrieren.“
DS: Mit „Kowalski“ sind Sie in den 80er Jahren musikalisch gegen den Strom der Neuen Deutschen Welle geschwommen. Ganz bewusst oder per Zufall?
Uwe Fellensiek: „Wir wollten ganz bewusst etwas ganz anderes machen. Mit Hans Maahn, Rüdiger Elze, Rüdiger Braune hatten wir eine sehr innovative und kreative Band zusammen. Wir haben damals schon elektronische Drums eingesetzt. Und Rüdiger Elze hat unglaubliche Sounds aus seiner Gitarre gezaubert. Wir haben sehr viel experimentiert, z.B. untereinander einfach einmal die Instrumente getauscht, um zu sehen oder zu hören, was passiert. Um gegen die Lautstärke der Instrumente anzukommen, musste ich schreien, dadurch ist diese verkünderische Musik entstanden. Meine damalige Freundin hat immer wieder schräge Sprüche herausgehauen, die ich dann mit Zitaten von Philosophen zu Songtexten verarbeitet habe. Alles das zusammen hat unseren ganz eigenen Stil geprägt.“
DS: Jetzt lassen Sie „Kowalski“ wieder aufleben – Nostalgie oder wollen mit der Band noch einmal richtig durchstarten?
Uwe Fellensiek: „Wir haben uns in der Vergangenheit immer wieder mal getroffen und zusammen gejamt. Ich hatte bereits 2010 nach meiner Krankheit damit angefangen, die alten Songs, die liegen geblieben waren, noch einmal im Studio aufzuarbeiten. Dadurch kam ich wieder in Kontakt zu den alten Bandkollegen. Vor gut zwei Jahren haben wir dann einen Übungsraum angemietet und beschlossen, wieder zusammen als Band Musik zu machen. Unser neues Album „Die Kowalski-Protokolle“ ist ja inzwischen fertig.“
DS: Sie haben mit Dirk Sengotta einen neuen Drummer. Wie kam es dazu?
Uwe Fellensiek: „Als unser Schlagzeuger kurz vor unserem Premierenkonzert ausstieg, habe ich mich an Dirk Sengotta erinnert, den ich schon ein paarmal live gesehen und immer gedacht habe ‚Mann, ist das ein geiler Drummer‘. Ich habe ihn dann ganz einfach angerufen. Dirk war sofort begeistert. Er hat unsere Songs in Rekordtempo einstudiert und nach einer Woche mit nur einer Probe das Konzert perfekt getrommelt. Phänomenal! Im nächsten Jahr werden wir auf diversen Festivals spielen und planen auch eine eigene Tour. Ich bin älter und erfahrener geworden, sehe viele Dinge jetzt anders. Und ich glaube, dass ich heute als Sänger authentischer sein kann, als vor 30 Jahren. Ich freue mich schon sehr auf unsere Konzerte.“
DS: Wie sehen Sie sich selbst? Sind Sie ein Musiker der schauspielt oder ein Schauspieler, der Musik macht?
Uwe Fellensiek: „Die Unterschiede zwischen den Berufen sind gar nicht so groß. Rhythmus, Authentizität und Freude an der Performance spielen in beiden Berufen eine wesentliche Rolle. Mit dieser geilen Band im Rücken bin ich sehr glücklich.“
DS: Und was macht der Schauspieler Uwe Fellensiek?
Uwe Fellensiek: „Der wird hoffentlich bald vor der Kamera stehen. Ralf Richter hat das Drehbuch für einen Kinofilm ‚Grabowski – alles für die Familie‘ geschrieben. Eine lustige Asi-Komödie im Stile von Bang Boom Bang, in der er alle Filmfiguren auftauchen, die Ralle unter seinem Pseudonym „Grabowski“ gespielt hat. Auch für mich ist ein tolle Rolle dabei. Ich hoffe, dasser das nötige Geld dafür bald zusammen hat.“ – (www.kowalski-band.de)
Text: Peter Pionke
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