Dr. Wilfried Penner schaut nicht in den Rückspiegel

In unserer Serie "Das Leben danach - Über die Zeit im Unruhestand“ besuchen wir Persönlichkeiten, die in Ihrer aktiven Zeit das politische und gesellschaftliche Leben in Deutschland entscheidend mit geprägt haben. Diesmal steht der SPD-Politiker Dr. Wilfried Penner im Fokus. Er orientiert sich an Cincinnatus und will keinen zeitlichen Rückspiegel...

Willfried Penner, ein Typ, eine Persönlichkeit – © Privat

Persönlichkeiten wie er stehen ganz oben im öffentlichen Scheinwerferlicht, üben Macht aus, genießen hohes Ansehen. Aber was machen sie, wenn sie den Zenit ihrer Leistungsfähigkeit überschritten haben und in den Ruhestand gehen müssen? Manche stürzen ab, manche gehen ihren Hobbies nach, manche übernehmen spannende Aufgaben.

Der ehemalige Staatssekretär im Verteidigungsministerium sowie Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Dr. Willfried Penner, hat alles anders gemacht. Er folgte nach eigenen Worten dem Beispiel des römischer Adligen und Politikers Lucius Quinctius Cincinnatus. Seine Dienste als Konsul im römischen Reich machten ihn einst zum Musterbeispiel für Bürgertugenden. Allerdings soll der Patrizier Cincinnatus als Diktator unterwegs gewesen sein und – er lebte 460 vor Christus.

Dass Dr. Wilfried Penner aufrechter Demokrat war, wird kaum einer bestreiten. Als Wuppertals erster Staatsanwalt zog es ihn schon früh in die Politik. Seine politische Glanzzeit hatte er, der Sozialdemokrat, unter Bundeskanzler Helmut Schmidt ab 1980. 1995 bis Mai 2000 war er dann Vorsitzender des Innenausschusses des Deutschen Bundestages.

Einem Ruf von Helmut Schmidt zum Hamburger Innensenator folgte er nicht, weil er sich – wie er damals sagte – als gebürtiger Wuppertaler seiner Heimatstadt zu sehr verpflichtet fühlte. Als er dann aber nach dem Wunsch von Helmut Kohl Deutscher Generalstaatsanwalt werden sollte, wollte er, doch da machte ihm die politische Konkurrenz einen Strich durch die Rechnung. Graf Lambsdorff (FDP) war dagegen.

Penners politische Laufbahn endete 2005, womit wir wieder bei Cinncinatus wären. Unsterblich durch Heldentaten, Edelmut, Genügsamkeit und Uneigennützigkeit legte dieser der Überlieferung nach sein kurzes Amt nach erfolgreicher Arbeit nieder (er hatte die Feinde Roms besiegt) und war in die ländliche Ruhe dahin zurückgekehrt, wo hergekommen war.

Wilfried Penner nun hat sich heute nach seiner überaus erfolgreichen Arbeit nur unweit seines einstigen Wirkungskreises des Nützenbergs, nämlich „In der Beek“, niedergelassen, wo er nach dem Tode seiner Frau Katharina jetzt mit seiner zweiten Frau Elke, einer Jugendfreundin, die Französisch studierte, in einer schmucken Eigentumswohnung seinen Lebensabend bestreitet.

Er habe einen „Schnitt“ gemacht und sich aus dem öffentlichen Leben ganz bewusst in eine selbstbestimmte Privatsphäre zurückgezogen, was ihm ohne Schmerz oder Verlustängste gelungen sei. Er habe stets nur „Funktionen auf Zeit“ ausgeübt, sagt er, der in seinem Wahlkreis für seine Partei stets über 50 Prozent der Stimmen, oft mehr Kandidaten- (Erststimmen) als Parteistimmen (Zweitstimmen) eingefahren hatte.

Zum aktuellen Niedergang seiner SPD will sich Penner aus eben diesen Gründe nicht äußern, „wenn man Off-Line ist, sollte man sich kein Urteil mehr erlauben“, sagt er. Aber Grundsätzliches zur aktuellen Lage aller politischen Kräfte, die den Anspruch erheben, eine Volkspartei zu sein, sind ihm doch zu entlocken.

„Es fehlen Themen und es fehlen Personen – Persönlichkeiten, die solche Themen mit Überzeugungskraft in das Volk hineinbringen“, konstatiert er. „Wenn auch nur eines dieser beiden wichtigen Elemente fehlt, wird man es als Volkspartei besonders schwer haben“.

Und als Politiker dürfe man den Kontakt zu denen nicht verlieren, denen man das Mandat und damit seine Legitimation verdanke. „Für mich hat ein Politiker schon dann verloren, wenn er nicht im örtlichen Telefonbuch steht und damit für seine Wähler nicht erreichbar ist“, so Penner. Allen Kritikern hält er entgegen, dass in unserem Land jeder die Chance habe, sich selber politisch zu betätigen.

Natürlich wird der heute 84jährige Wuppertaler Ehrenbürger in der Stadt von der älteren Generation noch erkannt, aber der Kontakt zur großen Schar der früheren Mitstreiter sei so gut wie nicht mehr vorhanden, was für Politiker nicht untypisch sei. Einzig mit Burkhard Hirsch von der FDP gebe es noch einen regen Geburtstagsgruß-Austausch.

Dabei vermeidet Penner alles rückwärts gerichtete und beschäftige sich lieber mit der Gegenwart. Der Kontakt zu seinen drei Kindern funktioniere, Opa ist er indessen noch nicht. Ansonsten lese er viel historische und natürlich politische Themen und liebt Spaziergänge in der näheren Umgebung. Dabei sei er sogar auf den Hund gekommen, habe seine ursprüngliche Hunde-Phobie völlig verloren. Nach seiner Gesundheit befragt, pflegt er stets zu antworten „altersgemäß“ und verweist auf die insgesamt 45 Stufen zu seiner Wohnung, die er heute stets als Herausforderung begreift.

Text: Siegfried Jähne

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