24. Mai 2021Peter Pionke
Willfried Penner wurde 85: Ich war mit Leib und Seele Politiker
Jubilar Willfried Penner und seiner Lebensleistung wird parteiübergreifend großer Respekt entgegen gebracht. Bereits vorab erhielt er ein ganz persönliches Glückwunschschreiben von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, in dem es u. a. heißt: „Viele Bürgerinnen und Bürger denken heute ganz besonders an Dich. Mit deiner Bodenständigkeit, Deinem klaren Blick für das Wesentliche, Deinem Mut zu unbequemen Wahrheiten und auch mit Deiner Konsequenz hast Du Dir bei vielen Menschen und über Parteigrenzen hinweg Respekt und Anerkennung erworben. Genau dafür, für beherztes Vertreten der eigenen Überzeugung im demokratischen Diskurs, dankt Dir der Bürger Frank-Walter Steinmeier heute ebenso wie der Bundespräsident.“
Aus der politischen Landschaft erhielt Dr. Willfried Penner viele weitere Glückwünsche, darunter auch ein Schreiben der beiden SPD-Vorsitzenden Norbert-Walter Borjans und Saskia Esken.
Grund genug, einmal zurück zu schauen auf eine erfolgreiche, skandallose Karriere. Was liegt da näher, als dass ein Zeitzeuge und Duz-Freund wie der Wuppertaler Politik-Journalist Dr. Matthias Dohmen, Autor des vielbeachteten Buch m über den beliebten und quer durch die Gesellschaft geachteten Ex-Politiker geschrieben hat, ein Interview mit einer Persönlichkeit führt, die heutzutage in der politischen Landschaft rarer ist als die berühmte „Blaue Mauritius“.
Matthias Dohmen: „Es gibt Politiker, die hat man schon vergessen, wenn sie noch aktiv sind. Und es gibt Politiker, die vergisst man nicht, auch wenn sie schon lange nicht mehr aktiv sind.“ Heribert Prantl, einer der bekanntesten Hauptstadtkorrespondenten der letzten Jahrzehnte, erinnerte kürzlich in seinem Newsletter an deine Arbeit als stellvertretender Vorsitzender des Flick-Untersuchungsausschusses und als Chef des Untersuchungsausschusses zum Transfer von U-Boot-Plänen nach Südafrika. Was würdest du selbst als deine Lebensleistung bezeichnen? Was ist dir gut gelungen und hat Bestand?“
Willfried Penner: „Ich habe mir Mühe gegeben – zeitlebens. Ob das in Erinnerung bleiben wird? Eher nicht, nein.“
Matthias Dohmen: „Aber die Bilanz ist doch sehr beachtlich: Sieben Mal in den Bundestag wiedergewählt, schließlich Wehrbeauftragter, das muss erst jemand nachmachen.“
Willfried Penner: „Ich war mit Leib und Seele Bundestagsabgeordneter. Ich habe gern und leidenschaftlich meine politische Arbeit in Bonn und in Berlin verrichtet. Ich habe nie vergessen, wer mir das politische Mandat erteilt hatte. Deshalb habe ich mich immer bemüht, für die Wuppertaler und Wuppertal da zu sein und fassbar zu bleiben. Dafür habe ich gelebt, und dafür bin ich dankbar.“
Matthias Dohmen: „In diesen Jahrzehnten ist viel passiert. Wie unterscheidet sich, in drei oder vier Sätze gefasst, die Bundesrepublik der 1980er-Jahre vom Deutschland heute?“
Willfried Penner: „40 Jahre sind eine lange Zeit. Gemessen an der Gegenwart und der absehbaren Zukunft wirken die 1980er-Jahre behäbig, ja hausbacken. Deutschland ist aus der Nische der Zurückhaltung am weltpolitischen Geschehen selbst zum Player geworden. Völker und Staaten sitzen zumindest wirtschaftspolitisch an einem Tisch, den man nicht einfach verlassen kann. Das Tempo der Veränderung nimmt zu – viele können nicht Schritt halten und suchen Halt bei den ewig Gestrigen.“
Matthias Dohmen: „In die bewegten Achtzigerjahre fällt die Auseinandersetzung über die sogenannte Nachrüstung. Was hat Helmut Schmidt damals richtig gemacht, was falsch, und was hat Willy Brandt richtig gemacht und was falsch?“
Willfried Penner: „Willy Brandt hat eine zunehmend unruhiger werdende Partei zusammenhalten wollen, dabei wirkte er zögerlich und zweifelnd, wie es eben sein Naturell auch war. Eine starke Stütze für die Bundesregierung, deren liberaler Teil immer deutlicher auf der Suche nach einem neuen Partner war, konnte das nicht sein. Helmut Schmidt seinerseits verkörperte Regierungshandeln, damit konnte er allein eine im Wandel begriffene SPD nicht zufriedenstellen. Die Debatte über die Nachrüstung war dafür nur ein Symptom, mehr nicht. Schließlich gewann Kohl den ‚Raketenwahlkampf‘ glatt. Das Volk war weniger an diesem Thema interessiert, als manche dies glauben machen wollten.“
Matthias Dohmen: „Thema Bundeswehr: Auf welche Tradition konnte und sollte sie sich berufen?“
Willfried Penner: „Es war für die Bundeswehr ein langer Weg bis zu der Erkenntnis, dass auch die Wehrmacht Teil eines verbrecherischen Regimes war und damit nicht traditionswürdig sein konnte. Die Bundeswehr selbst war seit ihrer Gründung als Institution im demokratisch verfassten Staat angelegt, daran hat sich bis heute nichts geändert.“
Matthias Dohmen: „Wir springen in die Gegenwart: Inwieweit nutzt Du die moderne Technik und die modernen Kommunikationskanäle (Social Media)?“
Willfried Penner: „Gar nicht.“
Matthias Dohmen: „Warum oder warum nicht hältst du Olaf Scholz für den idealen Kanzlerkandidaten?“
Willfried Penner: „Olaf Scholz hat das Rüstzeug zum Kanzler. Bei einem erstklassigen Wahlkampf kann er es auch werden.“
Matthias Dohmen: „Was vermisst du an der heutigen SPD?“
Willfried Penner: „Politische Strahlkraft.“
Matthias Dohmen: „Wärest du, 25 oder 30 Jahre jünger, heute gern Politiker?“
Willfried Penner: „Jedes Ding hat seine Zeit. Ich beschränke mich jetzt auf die Beobachtung von Politik.“
Matthias Dohmen: „Und last but not least: Wie geht die Bundestagswahl aus?“
Willfried Penner: „Die Grünen werden am Ende des Tages an der Regierung beteiligt sein, die FDP wird eine Chance mitzuregieren nicht noch einmal verstreichen lassen. Welche Partei stärkste Kraft wird, bleibt bis zuletzt offen.“
Das Cover des Buches über Dr. Willfried Penner
Sport – Heimat – Politik
Das Willfried-Penner-Lesebuch
Wuppertal: Nordpark 2020 – 154 Seiten
ISBN 978-3-943940-70-1,
Euro 14,00.
Vita Matthias Dohmen
Matthias Dohmen wurde am 15.11.1947 in Düren als Sohn eines Arbeiters und einer Hausfrau geboren. Er besuchte zunächst die Volksschule, anschließend das Gymnasium und machte 1966 sein Abitur 1966. An der Uni Bonn studierte Matthias Dohmnen Geschichte, Politik und Philosophie.
1973 schloß er sein Studium als Magister Artium ab. 2015 erfüllte er sich schließlich seinen Jugendtraum und promovierte.
Nach Studium und Volontariat arbeitete Matthias Dohmen mehrere Jahre als freier Journalist. Danach war er als festangestelter Redakteur politischer Korrespondent in Bonn.
In der Folge redigierte er für den Kundenzeitschriftenverlag Yukom (München) verantwortlich Zeitschriften, darunter einen Newsletter für den Verlag selbst und eine Publikation der IHK für München und Oberbayern. Mit Beginn der 90er Jahre war Matthias Dohmen wieder als freier Journalist unterwegs.
Im Lauf der Jahre bekleidete er zahlreiche Ehrenämter, darunter Landesvorsitzender der Deutsch-Finnischen Gesellschaft sowie bei der Gewerkschaft „Verdi“. Dazu kamen politische Engagements: SPD-Ortsvereinsvorsitzender, stellvertretender Bezirksbürgermeister, Mitglied des Rates der Stadt Wuppertal. Von 2014 an war er fünf Jahre Schöffe.
Verheiratet ist Matthias Dohmnen mit Ehefrau Brigitte Dohmen, einer Lehrerin. (Gmeinsam haben sie einen Sohn, der als studierter Wirtschaftsgeograph) arbeitet. Seine Hobbys: Finnland, Bücher, Tischtennis.
Historiographische Schwerpunkte: Weimar, Arbeiterbewegung, DDR, Systemkonkurrenz BRD/DDR.
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