15. Juni 2021

Hans-Jürgen Hiby arbeitete sich künstlerisch an Covid-19 ab

Seine Kunstwerke sind für die "Ewigkeit" geschaffen. Und ihn selbst kann auch nichts erschüttern. Der bekannte Wuppertaler Maler und Bildhauer Hans-Jürgen Hiby (79) sagt immer klar seine Meinung. Worte wie in Stein gemeisselt! Auch in Corona-Zeiten hat er in seinem Atelier mit Kettensäge, Hammer und Meißel an neuen Skulpturen aus Holz und Mamor gearbeitet. Aber auch den Pinsel schwang der Künstler häufig, um sich auf der Leinwand mit dem Thema Covid-19 und dem Klimawandel auseinander zu setzen.

Bei der Arbeit: Der erfolgreiche Wuppertaler Bildhauer Hans-Jürgen Hiby – © Thomas Sänger

Auf diese Weise entstand eine Reihe von Werken mit der eindeutigen Botschaft: Die Welt befindet sich im Umbruch! “Kontaktbeschränkung“, “Kontaktsperre“, “Kalbender Gletscher“, “Eisschmelze“, so die Titel der Arbeiten in dieser Schaffensphase.

Die STADTZEITUNG hat sich mit dem Künstler Hans-Jürgen Hiby unterhalten, der sich an Corona und dem Klimawandel abgearbeitet hat.

DS: Die Corona-Pandemie befindet sich ja wohl zum Glück in der Endphase, wie hat sich Ihr Leben als Mensch und als Künstler verändert?

Hans-Jürgen Hiby: „Gegenfrage: Ist die Corona-Pandemie wirklich in einer Endphase? Ich persönlich bezweifle es, vor allem nach den föderalismusbedingten ‚Eiertänzen‘ der Regierungen und der meines Erachtens viel zu frühen Aufhebung der Priorisierung. Diese ist offensichtlich eher vom wahltaktischen und wirtschaftlichen Wunschdenken als von wissenschaftlichen Erkenntnissen und Befürchtungen (neue Mutanten) bestimmt.“

„Kalbender Gletscher“ – Mischtechnik auf Leinwand – © Hans-Jürgen Hiby

DS: Wie schätzen Sie die Solidaritätsbekundungen innerhalb der Wuppertaler Kunst- und Kultur-Szene ein?

Hans-Jürgen Hiby: „Solidarität ist immer und in jedem Einzelfall wichtig.“

DS: Welche Rolle wird Corona künftig in Ihren Werken spielen?

Hans-Jürgen Hiby: „Ich hoffe,dass Corona in meinen Werken künftig keine übergeordnete Rolle mehr spielen muss! Der Klimawandel wird uns alle längerfristig beschäftigen.“

DS: Wie hoch in Prozenten schätzen Sie den Verlust ein, den Sie durch die Coronakrise hinnehmen mussten?

Hans-Jürgen Hiby: „Einen wirtschaftlichen Verlust kann ich in Prozenten nicht einschätzen, da ich meine Kunst nicht regelmäßig und gewerbsmäßig vermarkte. Ich muss zum Glück nicht aussschließlich von ihr leben.“

DS: Wie sehr hat es sie geärgert oder gar verletzt, dass große Teile der Politik und der Verwaltung Kunst und Kultur als nicht systemrelevant eingestuft haben?

Hans-Jürgen Hiby: „Ich habe es mir abgewöhnt, mich über die Ignoranz weiter Teile von Politik und Verwaltung, was die Relevanz von Kunst und Kultur angeht, zu ärgern. Mit meinen fast 80 Jahren habe ich auch so genügend graue Haare!“

„Kontaktbeschränkungen“ – Mischtechnik auf Leinwand – © Hans-Jürgen Hiby

DS: Nach Corona: Welche Prioritäten setzen sie das als Erstes: Private oder künstlerische?

Hans-Jürgen Hiby: „Wenn es denn hoffentlich ein „Nach-Corona“ geben sollte, wird  es bei mir auch nach wie vor keine Priorisierung von Kunst oder Privatleben geben.“

DS: Haben Sie in Zeiten des Lockdowns auf Vorrat gearbeitet und Werke geschaffen?

Hans-Jürgen Hiby: „Ich arbeite grundsätzlich jeden Tag in meinem Atelier. Deshalb hatte der Lockdown keinen wesentlichen Einfluss auf einen Vorrat an Arbeiten, wohl aber auf die Themenwahl.“

DS: Viele Künstler haben die Zeit genutzt, um ihre Online-Aktivitäten auszubauen: Sprich Online-Verkäufe forciert, über die eigene Webseite oder über Online-Galerien. Inwieweit sind Sie in der Hinsicht auch aktiv geworden?

Hans-Jürgen Hiby: „Online bin ich nicht besonders aktiv geworden. Ausnahme: Die Stadtsparkasse hat einen ca. 5-minütigen Film über einen Besuch in meinem Atelier unter Kunstportal.sparkasse-wuppertal.de bei Google online gestellt.“

DS: Inwieweit war Ihre Frau Ratgeber in einer Situation, die es vorher in dieser Form noch nie gegeben hat?

Hans-Jürgen Hiby: „Meine Frau war und ist zum Glück immer noch mein guter und kritischer Ratgeber.“

DS: Demnächst gibt es endlich wieder Präsenz-Ausstellungen, wie groß sehen Sie die Gefahr, dass jetzt nach einem Jahr ohne Ausstellungen zu viele Künstler zur gleichen Zeit ausstellen, so dass der Kunst-Fan und potentielle Käufer vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sieht?

„Eisschmelze“ – Mischtechnik auf Leinwand – © Hans-Jürgen Hiby

Hans-Jürgen Hiby: „Es kann nie zu viele Ausstellungen geben, leider nur manchmal auch schlechte. Das Publikum muss schließlich entscheiden, was es sehen und gegebenenfalls kaufen will oder kann.“

DS: Was glauben Sie, in welcher Form wird das Thema Gendersprache, die nach einer repräsentativen Umfrage zwei Drittel der Deutschen nervt, in der Kunst Einzug halten?

Hans-Jürgen Hiby: „Schade, dass nur zwei Drittel der Deutschen von der Gendersprache genervt sind! Mir persönlich reicht schon die Verhunzung der deutschen Sprache durch eine Überfrachtung mit Anglizismen!“

DS: Bei allem Frust, was war Ihr positivstes Erlebnis oder die positivste Erfahrung während des Corona-Lockdowns? 

Hans-Jürgen Hiby: „Die positivste Erfahrung während des Corona-Lockdowns war, dass sich die meisten Menschen an die damit verbundenen Beschränkungen gehalten haben und meine Frau und ich auch deshalb vermutlich bisher von Corona-Infektionen verschont geblieben sind. Impfungen haben dazu wohl auch noch beigetragen.“

DS: Vielen Dank für das offene, ehrliche Gespräch

Das Interview führte Peter Pionke

Vita & Werke

Hans-Jürgen Hiby – freischaffender Bildhauer und Maler – wurde am 09. September in Wuppertal 1941. Von 1961 bis 1968 absolvierte er ein Kunsterzieher-Studium in Düsseldorf, Bonn und Mainz. Von 1964 bis 1965 besuchte er die Meisterschule für Bildhauerei bei Prof. Fritz Watruba in Wien. 1995 erhielt er einen Lehrauftrag im Bereich figurativer Skulptur an der Bergischen Universität.

1966 heiratete er seine Ehefrau Doris. Aus der Ehe ging ein Sohn Heiko hervor, der das Talent seines Vaters erbte und als Glaskünstler und Lehrer Erfolg hat.

Auszug aus der Liste der bekanntesten Werke des Bildhauers Hans-Jürgen Hiby: Skulptur „Entstehen und Vergehen“ – Standtort: Alten- und Pflegeheim Neviandtstrasse – Skulptur „Spielende Finger“ – Standort: Gutenbergplatz – Brunnenanlage „Schöpfen und Schützen“ – Standort: Wichlinghauser Markt – Skulptur „Stammbuch“ – Standort: Stadtbibliothek Remscheid – Skulptur „Ausbruch“ – Standort: Kirchhofstrasse – Doppelstele „Stammbuch mit Matrix“ – Friedrichstasse – Haan – Skulptur „Kantholz“ – Standort: Stadtgarten / Gevelsberg – Skulptur „Der Weg ist das Ziel“ – Standort: Bahnhof Bracken in Nächstebreck – Portal Lichtenplatzer Kapelle – Standort: Lichtscheid. Laut Pfarrer Jochen Streiter handelt es sich dabei um das erste Holz-Kirchentor mit Skulpturen seit dem Jahr 1400.

http://www.hiby-skulpturen.de

Die Mamor-Skulptur „Kontaktsperre“ – © Hans-Jürgen Hiby

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