4. August 2021Peter Pionke
Ulli Potofski: Ein sympathischer TV-Profi auch ohne Locken
Der gebürtige Gelsenkirchener und leidgeprüfte Schalke-Fan kann auf eine bewegte, kunterbunte Vita zurückschauen: Koch, Diskjockey, Schlagersänger, Puppenspieler, Moderator, Autor, Kinderbuchverfasser und natürlich Sportreporter. Viel mehr geht eigentlich nicht.
Aber auch mit 69 Jahren denkt der beliebte, erfolgreiche Fernseh-Journalist noch lange nicht an Rente , sondern steckt noch voller Pläne.
Im Rahmen der Reihe „Hand aufs Herz“ hat „Tausendsassa“ Ulli Potofski der STADTZEITUNG ein ausführliches Interview gegeben.
DS: Facettenreicher als Ihres kann ein Berufsleben eigentlich gar nicht sein. Gibt es denn darüber hinaus noch etwas, was Sie gern noch machen würden?
Ulli Potofski: „Klar – sehr vieles. Beispielsweise eine politische/menschliche Talkshow. Außerdem habe ich gerade erst eine Karriere (?) als Verleger begonnen.“
DS: Sie waren Sportchef bei RTL, haben jahrelang live aus dem Tennis-Mekka in Wimbledon berichtet. Konnten Sie sich als Gelsenkirchener Junge und Fußball-Fan in der noblen Welt des Weißen Sports eigentlich richtig wohlfühlen?
Ulli Potofski: „Tennis war gar nicht so nobel oder gar abgehoben. Im Gegenteil: Die Weltstars im Tennis waren oft einfacher zu interviewen als ein Ersatzspieler von Schalke 04.“
DS: Welche Erinnerungen verbinden Sie mit dem Wuppertaler SV?
Ulli Potofski: „Als der WSV in der Bundesliga war, habe ich einige Spiele im Stadion am Zoo besucht – u.a. habe ich ein 1:5 gegen Bayern München miterlebt. Ich würde mich freuen, die Wuppertaler irgendwann wieder in höheren Ligen zu erleben.“
DS: Sie sind heute Field-Reporter bei SKY. Wie sehr hat sich die Arbeit eines Sportreporters in den letzten 20 Jahren verändert?
Ulli Potofski: „Die Arbeit hat sich ungeheuer verändert. Es ist alles genauestens geregelt (bei Interviews u.a.). Die Spontanität und auch das Menschliche bleiben immer mehr auf der Strecke. Für mich macht die DFL da einen großen Fehler.“
DS: Mit Ihren menschlichen Interviews im Plauderton bilden Sie eine Alternative zu Kollegen, die gleich provokante Fragen stellen und auch schon mal mitten im Gespräch stehen gelassen wurden. Was ist das Geheimnis eines guten Interviews?
Ullt Potofski: „Es gibt kein Geheimnis. Habe Respekt und behandle Deinen Gesprächspartner so, wie Du selbst behandelt werden möchtest. Und: Der Interviewte ist stets wichtiger als man selbst.“
DS: Wie sehr hat die immer stärker werdende Kommerzialisierung Ihr Verhältnis zum Fußball verändert?
Ulli Potofski: „Ich beobachte den Fußball zunehmend mit einen gewissen Abstand – und hebe warnend den Zeigefinger. Möchte aber kein Besserwisser um jeden Preis sein.“
DS: Die Spieltagsvorschau „Mein Stadion“, die Sie u.a. mit Esther Sedlaczek bei Sky moderiert haben, war bei den Fußball-Fans sehr beliebt. Wie sehr bedauern Sie, dass dieses Format, das Ihnen eigentlich auf den Leib geschneidert war, eingestellt worden ist?
Ulli Potofski: „‚Mein Stadion‘ war wirklich ein tolles Format, das mir sehr viel Freude gemacht hat. Aber alles hat seine Zeit. Und Esther, meine Fernsehtochter, macht ja eine tolle Karriere, was mich sehr freut!“
DS: Sie haben eine Staffel von „Big Brother“ kommentiert, werden als Moderator von Events und Galas gebucht. Wie bereiten Sie sich auf solche Auftritte vor, die mit Ihrem eigentlichen Job nur wenig zu tun haben?
Ulli Potofski: „Um ehrlich zu sein, musste man sich auf die Kommentierung bei ‚Big Brother‘ gar nicht vorbereiten. Das war alles total spontan. Bei Galas und Events muss man sich vorher ausführlich mit den Inhalten und Menschen auseinandersetzen. Da kommt mir aber auch meine Erfahrung mit all diesen Dingen zur Hilfe.“
DS: Gibt es irgendetwas in Ihrem langen Berufsleben, was Sie bereuen?
Ulli Potofski: „Bereuen ist zu hart, aber natürlich hat man manchmal komische Fragen gestellt oder Entscheidungen getroffen, die daneben waren.“
DS: Sie haben ein Bambi von Burda erhalten, wurden 2013 mit dem MIRA Award als Bester Sportmoderator geschmückt und waren auch schon einmal ‚Brillenträger des Jahres‘. Wie wichtig sind Ihnen Auszeichnungen?
Ulli Potofski: „Auszeichnungen sind wie Schall und Rauch. Sie verziehen sich sehr schnell wieder. Aber es waren stets lustige und emotionale Momente.“
DS: Was würden Sie tun, wenn Ihnen erneut eine Einladung für die RTL-Tanz-Show „Let’s Dance“ ins Haus flattern würde?
Ulli Potofski: „Let‘s Dance war wirklich eine e i n m a l i g e Erfahrung. Ich wäre dann wieder der schlechteste Tänzer aller Zeiten. Und das will ich niemandem mehr zumuten.“
DS: Mit Ihrem TV-Kollegen Alexander von der Groeben haben Sie die Agentur „Napasai Media“ gegründet. Was bedeutet der Name und wo liegt der Schwerpunkt Ihrer Arbeit?
Ulli Potofski: „Napasai Media heißt nichts anderes als „klarer, blauer Himmel“. Der Begriff kommt aus Thailand. Wir haben TV-Formate und Hörbücher produziert. Allerdings ist das ein mehr als schwieriges Geschäft.“
DS: Sie haben zahlreiche Bücher geschrieben. Allein sieben Jugendbücher, bei denen Ihre Kunstfigur Locke als Fußballer sozusagen im Mittelkreis steht. Inwieweit ist der Name Locke von Ihrer früheren Haarpracht abgeleitet?
Ulli Potofski: „Klar ist Locke eine Anlehnung an mich selbst. Und richtig: Als Kind und auch später noch wucherten die Locken.“
DS: Wie viel Ulli Potofski steckt in Locke – oder anders gefragt – wie autobiografisch sind Ihre Kinderbücher?
Ulli Potofski: „Ganz eindeutige 100 Prozent!“
DS: Was reizt Sie überhaut daran, Kinderbücher zu schreiben?
Ulli Potofski: „Selbst wieder zum Kind zu werden. Das Problem ist nur, dass Kinder heutzutage nur noch selten Bücher lesen wollen.“
DS: Welche Werte wollen Sie Ihren jungen Lesern mit Ihren Büchern vermitteln?
Ulli Potofski: „Freundschaft! Liebe! Fairness! Spaß!“
DS: Wie sehr hat die Corona-Pandemie den Kinderbuch-Autoren Ulli Potofski, der gerne auf Lesereise geht, ausgebremst?
Ulli Potofski: „Ich darf seit gut 16 Monaten nicht mehr in Schulen auftreten. Eine traurige Angelegenheit!“
DS: So erfolgreich Ihr „Locke“ auch durch den Büchermarkt dribbelt, besonders viel Aufsehen hat Ihr gemeinsames Buch-Projekt mit ‚Polit-Star‘ Wolfgang Bosbach „52 – ein Jahrgang – zwei Leben“ erfahren. Wie ist es dazu gekommen?
Ulli Potofski: „Wolfgang und ich haben uns einfach gesucht und gefunden. So unterschiedlich wir auch sind, das schafft Spannung und Reibung. Das kommt gerade bei unseren Lese-Talkshows gut rüber. Leider sind 47 Veranstaltungen wegen Corona in den letzten Monaten ausgefallen, das sind rund 95 Prozent. Im Herbst werden wir das Buch erweitern – und einen Neustart wagen.“
DS: Warum steht die Art Politiker, wie Wolfgang Bosbach sie verkörpert, heutzutage auf der roten Liste und ist vom Aussterben bedroht?
Ulli Potofski: „Wolfgang ist einfach ‚zu sehr Mensch‘. Das scheint in der Politik nicht wirklich gefragt zu sein.“
DS: Welches Projekt dürfen Ihre Fans als nächstes von Ihnen erwarten?
Ulli Potofski: „Fans? Na ja! Das Kinderbuch „Locke und der unheimliche Fußballtraum“. Und ich bereite ein großes Projekt vor: Das große RTL Buch: ‚Die Geschichte von Radio- und Fernsehen aus Luxemburg‘.“
DS: Last but not least: Ihre 1969 erschienene Single hatte den vielsagenden Titel „Ich kann an keinem Girl vorübergeh’n“. Wie sieht es denn heute damit aus?
Ulli Potoski: „Meine Lebensgefährtin Nadja passt gut auf mich auf. Und jetzt müsste der Titel auch heißen: ‚Ich krauche an keinem Girl vorbei’…“
DS: Vielen Dank für offene, spannende und unterhaltsame Gespräch.
Das Interview führte Peter Pionke
VITA Ulli Potofski
Ulrich – genannt Ulli – Potofski wurde am 07. Juli 1952 in Gelsenkirchen geboren. Nach der Mittleren Reife auf der Realschule machte er eine Ausbildung als Koch.
In den 70er Jahren probierte er sich zunächst als Puppenspieler, Diskjockey und Schlagersänger aus. Unter dem Pseudonym Ulli Mario brachte er die Single „Ich kann an keinem Girl vorübergeh’n“ heraus.
Weitaus mehr Erfolg hatte er in seiner journalistischen Laufbahn, die er 1970 bei Radio Luxemburg begann.
1979 wechselte Ulli Potofski als Sportreporter zum WDR-Hörfunk. Nächste Station war RTL plus, wo er bis 1992 als Sportchef arbeitete. Parallel moderierte er von 1988 bis 1992 die RTL-Sportsendung „Anpfiff“.
Als die Sendung eingestellt wurde, blieb der vielseitige Journalist Sportreporter bei RTL und berichtete in erster Linie über Tennis (z.B. Turnier in Wimbledon) und über Skispringen. Außerdem moderierte er die Sendung „Ein Tag wie kein anderer“ (RTL).
Von 1998 bis 2002 gab Ulli Potofski den Gastgeber bei der Sendung „Auf Schalke“ im DSF (heute SPORT1). Am Wochenende war Potofski bis 2006 als Moderator des Sportteils der RTL-Hauptnachrichten-Sendung „RTL aktuell“ im Einsatz.
Zudem kommentierte er ab 1998 zusammen mit Wolfram Kons, Moderator des RTL-Frühstücksfernsehen „Guten Morgen Deutschland“, den „Domino Day“ beim Kölner Privatsender.
Seit 2006 ist er für Sky (bis 2009 Premiere) Kommentator von Spielen der 2. Fussball-Bundesliga und des DFB-Pokals. Ein weiterer Meilenstein in seiner Karriere: Von 2012 bis 2015 moderierte er mit Esther Sedlaczek (heute ARD) und Christina Rann die beim Publikum sehr beliebte Spieltagsvorschau „Mein Stadion“ (Sky). Heute ist er auch noch als Sky-Fieldreporter in der 1. Bundesliga regelmäßig am Ball.
Im Januar 2007 gründete Ulli Potofski zusammen mit dem TV-Journalisten Alexander von der Groeben (RTL/ZDF) die Firma „Napasai Media“, die unter anderem Hörbücher und Werbefilme entwickelt und vertreibt. In der 10. Staffel der deutschen Version von „Big Brother“ war er als Kommentator am Start.
Aufsehen und auch ein wenig Mitleid erregte Ulli Potofski, als er 2016 mit Kathrin Menzinger bei der 9. Staffel der RTL-Tanz-Show „Let’s Dance“ antrat. Er schied bereits in der ersten Runde aus, feierte aber ein Comeback, als Kontrahentin Franziska Traub verletzt ausscheiden musste. Obwohl er beim Publikum lange Zeit „Tanz-Hero der Herzen war“, wurde er nach der 9. Sendung endgültig aus der Show gewählt.
Auszeichnungen: 1989 erhielt Ulli Potofski den Burda-Preis „Bambi“. Im Januar 2013 gewann er den „MIRA-Award“ als „Bester Sportkommentator 2012“. 2002 wurde er außerdem zum „Brillenträger des Jahres“ gekürt.
Ulli Potofski ist ein häufig gebuchter Moderator bei Galas und anderen Events.
Auch als Buchautor hat er sich einen Namen geschrieben. Besonders sein gemeinsames Werk mit dem CDU-Politiker Wolfgang „52 – ein Jahrgang, zwei Leben“ sorgte für Schlagzeilen.
Bislang sind von ihm erschienen:
Locke bleibt am Ball – cbj – 2004 – ISBN 978-3-57012-787-2
Locke stürmt los – omnibus TB – 2006 – ISBN 978-3-57021-864-8
Locke greift an – cbj – 2008 – ISBN 978-3-57013-011-7
Locke und der Voodoo-Zauber – BVK Buch Verlag Kempen – 2010 – ISBN 978-3-86740-193-7
Die große Fußballbox (2010)
Locke und die Zickengang – BVK Buch Verlag Kempen – 2011 – ISBN 978-3-86740-290-3
Lockes Matchplan – Fußballprofi – BVK Buch Verlag Kempen – 2013 – ISBN 978-3-86740-460-0
Locke und die magischen Fußballschuhe – BVK Buch Verlag Kempen – 2018 – ISBN 978-3-86740-737-3
Leselauscher Wissen „Fußball“ – BVK Buch Verlag Kempen – 2018 – ISBN 978-3-86740-814-1
(mit Wolfgang Bosbach) 52 – ein Jahrgang zwei Leben – L100 Verlag – Kempen – 2020 – ISBN 978-3-947984-06-0
Leselauscher Wissen „Fernsehen“ BVK Buch Verlag – 2021 – ISBN 978-3-86740-946-9
Weiter mit:
Kommentare
Neuen Kommentar verfassen