12. September 2021Peter Pionke
Moby Dick: Lauter Ungewöhnlichkeiten packend inszeniert
Die Zuschauer sehen sich einer überdimensionalen Bühne gegenüber, auf der Musik und Chor integraler Bestandteil der gesamten Handlung sind.
Die Geschichte ist schnell erzählt: Ahab, die männliche Hauptfigur, hasst den Wal Moby Dick bis aufs Blut und verfolgt ihn über alle Meere, nur von dem einen Gedanken geprägt, das Leben des Säugetiers, dessen Widerstand ihn ein Bein gekostet hat, auszulöschen.
Alle Seeleute ordnen sich ihm unter und legen symbolisch die das Holzbein symbolisierende Manschette an. Sie ordnen sich ihm unter – und verlieren den Kampf: Die alten weißen Männer Bernd Kuschmann, Jan Minarik, Jörg Reimers und Pierre Siegenthaler (schauspielernd), Ed Kortlandt, Jean Laurent Sasportes und Mark Sieczkarek (tanzend).
Nur eine Frau, Luise Kinner, entzieht sich dem Bann des Bösen, hüllt ihr Bein nicht ein. Ganz dicht bei ihr in einer zentralen Szene: der Violinist Alexander Balanescu, von dem man, sähe man nur flüchtig hin, nicht wüsste, ob man ihn zu den Musikern oder zu den Schauspielern zählen sollte.
Er beeindruckte den „STADTZEITUNGS“-Kritiker am nachdrücklichsten. An- und abschwellend, feinfühlig und dann wieder bedrohlich-gewaltig, symbolisiert er mit seinem Spiel die Schönheit, aber auch die zerstörerische Wucht der Gezeiten.
Zweifellos eine ungewöhnliche und beispielhafte von Robert Sturm inszenierte Produktion der Wuppertaler Bühnen und Sinfonieorchester in Kooperation mit Riedel Communications, einen großen Stoff der Weltliteratur aufgreifend, der schon beim Erscheinen parabelhaft war: die Zerstörung von Tier- und Umwelt glossierend, die ja letzten Endes die menschliche Existenz in Frage stellt, und politische Missstände, Diktaturen und Kriege karikierend.
Das nahm mit. Den gestalterischen Rahmen, das das beklemmend unfertige Bühnenbild aus Versatzstücken von Booten, Aussichtsposten, langen schweren Tauen, schuf Tony Cragg. Ohne Pause wurde gepoltert, gesungen, gewankt, geschwankt, gekämpft, bis die Kreatur den sich maßlos überschätzenden Menschen besiegt. Ahab tot, Stück zu Ende.
Am Premieren-Abend stimmte alles. Ein besonderes Wort des Dankes verdienen Musiker und der Chor, also das multinational zusammengesetzte Schönberg-Ensemble der – sperriger Name – Hochschule für Musik und Tanz Köln (Abteilung Wuppertal), sowie alle Mitwirkenden, denen das Publikum stehende Ovationen bereitete. Wenn in diesen Tagen so viel von kulturellem Aufbruch nach lähmender Coronapause die Rede ist: In der Riedel-Halle V war er zu besichtigen.
Text: Dr. Matthias Dohmen
Weitere Aufführungen:
10.09. – 11.09. – 12.09. – 17.09. – 18.09. – 19.09.
Beginn: jeweils 19:30 Uhr
Tickets unter Ticket-Hotline: 0202-5637666 oder http://www.kulturkarte-wuppertal.de
Das Plakat zu „Moby Dick
Herman Melvilles
Moby-Dick
in der Bühnenfassung von Robert Sturm
Texte: Herman Melville in der Übersetzung von Matthias Jendis
Eine Produktion der Wuppertaler Bühnen und Sinfonieorchester GmbH in Partnerschaft mit RIEDEL Communications & Co. KG
Aufführungsort: RIEDEL Communications, Halle V
Komposition: Alexander Balanescu
Bühne: Tony Cragg
Regie: Robert Sturm
Bewegung: Jean Laurent Sasportes
Kostüme: Anika Elias
Videoregie: Eva Rini May
Besetzung: Luise Kinner – Ed Kortlandt – Bernd Kuschmann – Jan Minarik,
Jörg Reimers – Jean Laurent Sasportes – Mark Sieczkarek – Pierre Siegenthaler
Live-Musik: Schönberg-Ensemble der Hochschule für Musik und Tanz Köln, Standort Wuppertal und Alexander Balanescu (Violine) unter der Leitung von Werner Dickel
Sänger: Anna Christin Sayn (Sopran) – Hasmik Muradyan (Mezzosopran) – George Clark (Bariton)
Violinen: Sofia Chelidoni – Tomas Ionescu – Sophia Oertel – Emanuel Rauch
Viola: Marina Eichberg – Maria Garcia Sanchez – Gijoon Jo – Alejandro Vega
Cello: Mufei Feng – Sebastian Lara – Ana Catarina Pimentel Rodrigues – Elektra Stevi
Bass: Carlota Ramos – Juan Sánchez Granados
Schlagzeug: Franz-Josef Staudinger
Musikalische Einstudierung: Alexander Balanescu – Werner Dickel
Regie- und Produktionsassistenz, Inspizienz: Barbara Büchmann
Technische Leitung: Manfred Marczewski
Sounddesign: Will-Jan Pielage
Lichtkonzept: Ffedy Deisenroth
Videotechnik: Sven Petersen – evs interactive
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Amrei Feuerstack
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