11. Oktober 2021Peter Pionke
Dantons Tod: „Die Revolution ist noch nicht beendet“
An diesem Wochenende war im Opernhaus Premiere. Georg Büchners (17.10.1813 – 19.02.1837) Drama aus dem Jahre 1835 ist ein Klassiker der deutschen Literatur. Es zeigt, dass die Revolution gegen das absolutistische System des Königs und des Adels mit Terror und Gewalt ein anderes System hervorgebracht hat – das der Tyrannei.
Das Stück spielt im Jahre 1794 vor dem Hintergrund der Französischen Revolution. Man strebte eine radikalere Veränderung der Gesellschaft an und forderte die Einführung der Republik. Hauptprotagonisten waren Robespierre und Danton. Stefan Walz machte den Conférencier und stiegt mit dem vielsagenden politisch gemeinten Ratschlag in das Geschehen ein: „Wer einen Frosch kochen will, darf es nicht mit kochendem Wasser machen, sondern muss ihn allmählich erhitzen, dann merkt er es nicht“.
Das Drama erzählt von Danton, einer selbstsicheren Persönlichkeit die im Gegensatz zu Robespierre eigentlich eine gewaltlose Republik schaffen will, letzten Endes allerdings selbst zur Opfergabe wird.
Dargestellt wird der Konflikt zwischen den verschiedenen politischen Fraktionen, die sich im Verlauf der Revolution immer mehr verfeindet hatten. Der eigentliche Handlungsrahmen des Dramas umfasst einen Höhepunkt der so genannten Schreckensherrschaft in welche die Revolution gemündet war.
Freispruch oder Tod
Freispruch oder Tod waren die einzigen Urteilsmöglichkeiten. Die Gesamtzahl der während der Schreckensherrschaft Hingerichteten wird auf 40.000 Menschen geschätzt. Das alles vor dem Hintergrund innerer und äußerer Bedrohungen, gravierende wirtschaftliche Probleme, Hungersnöte und Aufstände sowie innere Zerstrittenheit der revolutionären Kräfte, die die Lage der Republik in Frankreich verschärften.
Zum Verständnis des Dramas und der Wuppertaler Interpretation von Anna-Elisabeth Frick ist eine grobe Kenntnis über den Verlauf der Revolution unverzichtbar. Der Zuschauer wird nämlich unvermittelt mit dem Thema „Artenschutz“ in die Gegenwart entführt. Die Wahrheit sei „Wir müssen die Welt retten, jetzt, oder alle gehen unter“.
Schon 2046 seien die Meere leer gefischt, so die Botschaft. Die Revolution sei noch nicht beendet, so dass brückenbauende Postulat, wir bräuchten Tugenden wie Moral statt Hass, Umweltschutz dürfe nicht zum Marketing verkommen. Robespierre, gespielt von Julia Meier, verfängt sich in Monologen wie: „Der Schrecken ist ein Ausfluss der Tugend, er ist nichts anders als die schnelle, strenge und unbeugsame Gerechtigkeit.“
Und Danton, gespielt von Annou Reiners, kommt zu dem Ergebnis: „Wir haben nicht die Revolution, sondern die Revolution hat uns gemacht.“ Und auch dieser Satz durfte im Wuppertaler Opernhaus nicht fehlen: „Die Revolution ist wie ein Saturn, sie frisst ihre eigenen Kinder.“
Im Zentrum der aktuellen Darstellungen steht der Mensch als Ganzes, der aus allen Schrecken der Vergangenheit nichts gelernt zu haben scheint. Der sterbendes Danton läßt Geschichtsbilder von der französischen Revolution, bis zu den Weltkriegen, die Atombomben von Hiroshima, dem 11. September 2001 bis Korea, Afghanistan und Syrien mit der Erwähnung von vielen Millionen Todesopfern beispielhaft aufblitzen.
Die kunstvolle Darstellung des Todeskampfes, gespielt von Thomas Braus ist allein das Eintrittsgeld wert.
Georg Büchners eigenes Fazit: “Am Volk zeigt sich, dass die Revolution ihre Ziele noch nicht erreicht hat. Das Volk lebt noch immer im Elend und die Unterschiede zwischen den Ständen sind nicht aufgehoben. Weil das Volk so sehr leidet, ist es anfällig für Hass und Feindbilder.“
Georg Büchner starb 1837 bereits mit 23 Jahren und gehört mit seinen Werken zu den bedeutesten deutschen Dramatikern und Erzählern. Er meinte in Dantons Tod: „Jeder muss sich geltend machen und seine Natur durchsetzen können. Jeder muss in seiner Art genießen können. Jeder handelt seiner Natur gemäß – das heißt, er tut, was ihm wohl tut.“
Text: Siegfried Jähne
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