5. November 2021

Die Angst vorm Zahnarzt: Schicksal oder Chance?

Im großen Interview "Der Zahnarzt, der seinen Beruf nicht so verbissen sieht" haben wir den Essener Mediziner Dr. Detlef Schulz alias Dr. Det bereits vorgestellt. Er verfolgt einen anderen Ansatz als viele Kollegen und sieht sich als Gesundheitscoach. Seine Erfahrungen und seine Philosophie hat er in dem Buch "Der Zahn-Kompass" zusammen gefasst. In der ersten Folge einer Serie geht es um das Thema schlechthin: "Die Angst vorm Zahnarzt".

Zahnarzt Dr. Detlef Schulz, Autor des Buches „Der Zahn-Kompass“ – © privat

Wie kann ich meine Kindheitserfahrung auflösen? Wie lauten die 4 Stufen der Angstüberwindung? Wie kann ich meine Zahnarztangst besiegen? 

Angst und Zahnarzt – diese Assoziation fällt wohl fast jedem ein, wenn er an seinen bevorstehenden Kontrolltermin denkt. Die Angst verhindert regelmäßige Besuche in der Praxis. Die Angst lähmt. Die Angst beendet die Heldenreise zur perfekten Zahngesundheit schon frühzeitig. 

Täglich stellen sich Zahnärzte die Frage, wie es gelingen kann, diese Muster aufzulösen. Es gibt kein Patentrezept. Auf der einen Seite hat jeder Mensch seine eigene Wahrnehmung und braucht einen individuellen Zugang. 

Auf der anderen Seite greifen wir alle auf eine Geschichte der letzten 200 Jahre zurück, die den Besuch beim Zahnarzt grundsätzlich mit Elementen von Schmerz, Angst und Wehrlosigkeit verknüpft. 

Schon alte Gemälde zeigen furchtbare Situationen von Grauen und Extraktion. Die unschönen Erzählungen von Verwandten, Bekannten und Freunden, tun ihr Übriges. 

Von Natur aus ein Dramaturg, berichtet der Mensch schließlich grundsätzlich lieber von Schrecken und Unbill als von gelingenden und befriedigenden Situationen. So wird das Bild von der Zahnarztpraxis als Schreckensort von Generation zu Gene- ration weitervererbt. Die Lage erscheint dem Patienten aussichtslos. Er fühlt sich dem Doktor ausgeliefert. 

Dieses Kapitel erhebt nicht den Anspruch, sich dem Thema wissenschaftlich zu nähern. Vielmehr ist es eine Zusammenfassung meiner Gefühle und Erfahrungen rund um die Beziehung von Patient und Zahnarzt. 

Wie alles begann

Obwohl oder gerade weil mein Vater selber Zahnarzt war, hatte ich bereits als Kind ein leicht traumatisches Verhältnis zur Zahnmedizin. In den sechziger Jahren wirkten zahnärztliche Behandlungseinrichtungen angsteinflößender als heute. 

Überall roch es nach Nelkenöl, und das Bohr-Equipment wirkte vorsintflutlich. Vor diesem Hintergrund war es für mich immer ein Anliegen, auf der anderen Seite des Behandlungsstuhls sanfte Methoden und Techniken zu erlernen und an Kollegen weiterzugeben, damit dieses unangenehme Gefühl möglichst umgewandelt werden kann. Dazu später mehr. 

Welche Arten der Angst gibt es eigentlich? 

Erlebnisse aus der Kindheit wie Hilflosigkeit, Angst vor den Schmerzen, tatsächlich erlebte Schmerzen und mitunter sogar das Gefühl, dass an einem Gewalt ausgeübt wurde, brennen sich in das Gedächtnis ein. Die Atmosphäre beim Zahnarzt ist fortan im Unterbewusstsein mit diesen negativen Empfindungen verknüpft. Es ist schwierig, dieses Gefühl später wieder zu transformieren. Im Folgenden die üblichsten Formen der Angst, die mit dem Zahnarzt- besuch verbunden sind. 

Schmerzen 

Meist ist man auf den Schmerz während der Behandlung nicht vorbereitet. Umso heftiger ist der Schreck. Wieder wird ein Gefühl mit einer speziellen Situation unbewusst verknüpft. 

Die Spritze 

Spritzenangst ist nicht nur beim Zahnarzt ein Thema. Allein die Vorstellung kann Symptome wie Zittern und Schweißausbrüche auslösen. 

Das Bohren 

Das unangenehme Gefühl, wenn der Bohrer auf dem Zahn rumpelt oder der Zahn beschliffen wird. 

Sich ausgeliefert fühlen 

Immer wieder berichten die Patienten, sich ausgeliefert zu fühlen. Man ist wehrlos und harrt der Dinge, die da kommen. Es gibt keine Möglichkeit, die Situation zu verlassen, ohne sich eine Blöße zu geben. Heute ist man es gewohnt, Absprachen im Vorfeld zu treffen. Bei geöffnetem Mund und Sauger im Rachen sind diese Möglichkeiten allerdings sehr eingeschränkt. Mitunter staut sich Wut an und die Reaktionen werden noch emotionaler. 

Das Wiederholen unangenehmer Erlebnisse in der Vergangenheit

„Damals war es so schlimm, dass ich erstmal ein paar Jahre nicht mehr zum Zahnarzt gegangen bin. Ich will nicht mehr, am besten alle Zähne raus, dann kann nichts mehr wehtun.“ Solche oder ähnliche Gedanken bestärken sich selbst und bringen einen Teufelskreis in Gang. 

Dr. Detlef Schulz kann sehr gut nachfühlen, wie sich Patienten fühlen, wenn sie im Behandlungsstuhl sitzen – © Paul Coon

Der Geruch

Bis vor ein paar Jahren gab es in den meisten Praxen nelkenhaltige Präparate. Der Geruchssinn ist der beim Menschen am stärksten mit den Gefühlen verbundene Reiz. Ist ein Erlebnis einmal mit einem Geruch verknüpft, löst dieser die alten Empfindungen in Sekundenschnelle immer wieder aus. Das gilt natürlich auch für angenehme Erlebnisse. Denken Sie etwa an das Parfum eines geliebten Men- schen, den einzigartigen Geruch der eigenen vier Wände nach längerer Abwesenheit oder den spezifischen Duft der Luft eines bestimmten Urlaubsortes.

Angst vor dem, was noch kommt

Da die Vorgänge rund um die Behandlung nicht mit Alltagserfahrungen vergleichbar sind, beinhaltet jeder Schritt eine bedrohliche Ungewissheit, die das Gefühl, ausgeliefert zu sein, noch verstärkt.

Doch es gibt Hoffnung!

Die wissenschaftliche Forschung rund um die zahnmedizinischen Spezialgebiete ist so weit, dass heute im 21. Jahrhundert für fast jede Situation ein passendes Therapiekonzept existiert. Wieso dieses nicht immer zur Anwendung kommt, ist eine Kernfrage, die der Zahn-Kompass noch beantworten wird.

Doch eins nachdem anderen. 

Die Anforderungen an den Zahnarzt sind mannigfaltig. Außerdem finden die zahnärztlichen Behandlungen in der Intimsphäre des Menschen statt. Manchmal mehrere Stunden am Stück. Körperliche und emotionale Kondition sind wichtig, um dem Patienten in dieser Ausnahmesituation zu helfen. 

Wie beginnt die Kettenreaktion? 

Am Anfang steht der bleibende Zahn! Das ist der wohl wichtigste Punkt im Verständnis der lebenslangen Erfahrungen mit dem zahnärztlichen Tun. Ich halte es bewusst so einfach, damit Sie Ihre persönliche Geschichte besser verstehen können. 

Der Mensch bekommt im Allgemeinen 20 Milchzähne. Nach dem sechsten Lebensjahr werden diese durch die 28 bleibenden Zähne ersetzt. Das Lochrisiko beginnt häufig bereits im Kleinkindalter. Bakterien, die Karies erzeugen können, gelangen über den Speichel der Eltern in den Mund und besiedeln die ersten Zähne. Zuckerkonsum unterstützt diese Entwicklung. 

Das Putztraining ist für Eltern und Kind mitunter nervenaufreibend. 

Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder die Kariesbakterien (allen voran der Leitkeim Streptokokkus mutans) besiedeln die Zahnoberfläche in den Nischen sowie die Zahnzwischenräume, die Schmelzschutzschicht löst sich auf und das Loch zersetzt den Zahn von innen weiter. Oder die Inhaltsstoffe der Zahnpasta und eine gute Putztechnik versehen den Zahn mit einem Schutzfilm, bei dem die Löcher keine Chance haben. 

Das Wissen um die Zusammenhänge und eine gute Vorbeugung ist sehr wichtig, denn der Preis für Nichtwissen ist unverhältnismäßig hoch und meist auch schmerzhaft. 

Wie überwinde ich die Kettenreaktion? 

Damit es gar nicht erst zu ständigen Beschwerden kommt, können Sie sich die folgenden Methoden und Gedanken zu Herzen nehmen. 

Akzeptieren Sie die Ausgangssituation 

Die Natur hat Sie mit 28 Zähnen plus eventuell vier Weisheitszähnen ausgestattet, die spätestens ab dem 15. Lebensjahr ausgebildet sind. 

Jede Reparatur, sei es eine Füllung oder eine Krone, entfernt wieder gesunde Zahnsubstanz. 

Das Buch „Der Zahn-Kompass“, geschrieben von Dr. Detlef Schulz © Dr. Detlef Schulz

An einem Zahn kann vor einer Wurzelfüllung vielleicht drei bis vier Mal gebohrt werden. Je eher eine große Füllung gelegt wird, als desto geringer erweist sich die Lebenserwartung des Zahnes – mit allen störenden Konsequenzen. 

Füllungen halten unterschiedlich lange

Die Lebenserwartung beträgt laut statistischem Bundesamt derzeit 85 Jahre für Frauen und 79 Jahre für Männer. Die Nutzungsdauer der eigenen Zähne sollte im Idealfall mindestens 65 Jahre betragen. 

Viele glauben nicht, dass es möglich sein kann, bloß mittels der Zahnbürste, der eigenen Pflege und sinnvollen Zahnarztbesuchen, die Zähne und das Zahnfleisch jahrzehntelang gesund zu halten. Deshalb ist die Überwindung der Angst und Transformation in ein neues Denken für die Zukunft Ihrer Mundgesundheit ein Muss. 

Mit den folgenden Kapiteln öffne ich Ihnen Türen, um sich selbst besser kennenzulernen. 

Je mehr Sie zögern, umso höher ist der Preis. Sie sind der Kapitän an Bord Ihres Körpers, ich lade Sie ein, das Steuer zu übernehmen. 

Doktor Dets Praxistipp: 

Wenn Gefühl und Verstand miteinander streiten, gibt es oft ein Tauziehen. Mal gewinnt die Emotion, mal der Verstand. 

Der Verstand sagt: „Ich lasse meine alten Füllungen austauschen, denn langsam gibt es an den Rändern Risse und die Zähne sollen noch einige Jahrzehnte halten. Nach der Lektüre des Zahn-Kompass weiß ich, dass eine rechtzeitige Erneuerung sinnvoll ist.“ 

Das Gefühl sagt: „Es tut nichts weh. Ich habe doch keine Schmerzen. Daher kann ich das auch noch später machen. Außerdem ist es zu teuer. Wenn ich was merke, kann ich immer noch hingehen. Und wie schlimm war es früher immer! Falls es wehtut, halte ich das nicht aus. Und Prophylaxe? Bringt die wirklich was? Die Zähne sind danach manchmal nur unnötig empfindlich und auch das kostet wieder nur.“ 

Aufgelockerte, fast schon heimelige Atmosphäre: Das Beratungszimmer von Dr. Detlef Schulz – © privat

Genau hier ist ein Quantensprung möglich. Eine Änderung Ihres Verhaltens weg von der Angst hin zur Gesundheit. Ändern Sie Ihren alten, gewohnten Ansatz und tauschen Sie ihn gegen einen neuen aus. 

Der alte Ansatz 

Ich vermeide den Zahnarztbesuch solange es geht und betrete die Praxis nur bei Schmerzen. Den Routinecheck lasse ich nur machen, um mir den Bonusstempel zu holen und danach schnurstracks zu verschwinden. Einmal im Jahr lasse ich den Zahnstein entfernen. 

Nach dem Verlust meiner natürlichen Zähne kommen die Plastikzähne. Das ist nun einmal so. 

Der neue Ansatz 

Ich übernehme die Verantwortung für meine Zähne. Ich bin nach der Lektüre des Zahn-Kompass gut über die Zusammenhänge informiert. Falls noch nicht geschehen, erkundige ich mich aktiv über meinen aktuellen Mundgesundheitszustand und das derzeitige Risiko für Karies und Parodontitis und zwar gerade dann, wenn ich noch keine Schmerzen habe. 

Ich vermeide die selbsterfüllende Prophezeiung viel zu früher künstlicher Zähne. Ich komme ins Tun. 

Richten Sie Ihren Gesundheitskurs neu aus 

Verinnerlichen Sie, dass Sie die volle Verantwortung für Ihre zukünftige Mundsituation haben. Das Praxisteam kann nur das machen, was Sie auch zulassen. 

Akzeptieren Sie die möglicherweise unangenehmen Erfahrungen im Zusammenhang mit Ihrer Vergangenheit. Gehen Sie in die Transformation und reden Sie offen mit Ihrer Zahnärztin oder Ihrem Zahnarzt darüber, wie Sie sich fühlen. Falls nötig, vereinbaren Sie behutsame, kleine Schritte. 

Der Anteil der Zahnärzte an der Angst 

Einen nicht unwesentlichen Anteil am Dilemma unnötig schlechter Zahngesundheit haben die Ärzte selbst. Im Studium haben wir gelernt, fachlich kompetent und handwerklich geschickt Zähne in allen Schwierigkeitsgraden zu reparieren. 

Der technische Fortschritt hat in den letzten Jahrzehnten ebenfalls meist unbe- merkt in der Zahnmedizin und Zahntechnik Einzug gehalten. Die Verhaltensmuster bezüglich der Situation auf dem Behandlungsstuhl haben sich allerdings nicht immer im gleichen Maße verbessert. 

Kein Wunder – zumindest der Studienplan meiner akademischen Zeit beinhaltete keine einzige Vorlesung im Bereich zwischenmenschlicher Kommunikation. 

Heute ist der Bedarf an Aufklärung und einem guten Patientengespräch massiv gestiegen. Google und YouTube haben die Erwar- tungen an Ärzte und Zahnärzte im wahrsten Sinne des Wortes umgeschrieben. 

Das Patientenstärkungsgesetz setzt neue Rahmenbedingungen. Verlangt wird nicht weniger, als fachlich top, emotional einfühlsam, sanft in der Behandlung, immer auf gleichem Energielevel und mit der neuesten Technik vertraut zu sein. 

Ferner haben wir den gesetzlichen Rahmenbedingungen zu genügen, ausgeglichen zu bleiben, eine Entspannungsatmosphäre zu schaffen und mit einem motivierten Team um jeden Zahn zu kämpfen. 

Wer bei diesen Ansprüchen scherzhaft fragt, ob jemand gerne mit einem den Beruf tauschen möchte, erntet im besten Fall ein Schmunzeln. 

Gesundheitscoach Dr. Detlef Schulz bei seiner vielen Vorträge – © privat

Anzustreben ist eine gute Zusammenarbeit zwischen Patient und Arzt mit Vertrauen und auf Augenhöhe. Der Zahn-Kompass spart Ihnen wertvolle Ressourcen, da Sie die Zusammenhänge besser verstehen und weniger Zeit mit der Websuche verbringen.

Wenn auch nur ein Leser seine Einstellung verändert, haben sich die Wochen und Monate der Vorbereitung auf diesen Ratgeber schon gelohnt.

Nach 30 Jahren in diesem Beruf und mehr als 20.000 gezogenen Zähnen kann ich Sie an dieser Stelle nur bitten: Stellen Sie sich Ihrer Angst. Überwinden Sie Ihr Zögern und Abwarten. 

Um Sie dabei zu unterstützen, habe ich aus meiner täglichen Beobachtung ein Sicherungsnetz für Sie gespannt. Versuchen Sie, die folgenden Aspekte in Ihr Denken und Fühlen aufzunehmen … 

Übernehmen Sie die Verantwortung 

Sie haben nur einen Satz bleibender Zähne von der Natur geschenkt bekommen. Ihre familiäre Vorgeschichte, genetische Fak- toren und eventuell traumatische Erlebnisse in der Kindheit oder danach haben Ihre Beziehung zum Zahnarzt geprägt. Akzeptieren Sie das und werden Sie zugleich offen für Veränderung. 

Versöhnen Sie Verstand und Gefühl 

Stellen Sie sich die Situation einfach so vor: Im Gehirn werden zwei oder mehr Reize als fest verknüpftes Infopaket abgelegt. Das ist wissenschaftlich sehr vereinfacht, ermöglicht aber ein gutes Verständnis. 

Das Gefühl als Kind, dem Doktor ausgeliefert zu sein, der Schmerz und ein Geruch fusionieren zu einer Erlebniseinheit. 

Setzten Sie an dieser Stelle bitte Ihre persönliche Erlebniseinheit ein. 

Dr. Detlef Schulz in seiner Praxis – © privat

Die Erinnerungen und Sinneseindrücke, die sich in Ihnen zu einem scheinbar unüberwindlichen Hemmnis des aktiven, initiativen Zahnarztbesuches verschmolzen haben. 

Das Unbewusste trägt nun jedenfalls eine mächtige Verknüpfung in sich: Angst – Zahnarzt. Es wird alles unternehmen, Ihnen diese Erfahrung nochmals zu ersparen. Das Unbewusste meint es nur gut. Es will Sie schützen. 

Passiert das wiederholt, steht von vornherein für Sie fest: Den Zahnarztbesuch besser gleich vermeiden. Die vom Verstand gesteuerten Argumente haben dagegen keine Chance. Laut aktueller Gehirnforschung wird unser Erleben der Welt zu 90 Prozent von unseren unbewussten Erfahrungen beeinflusst. Sie bilden den versteckten Grund dafür, wieso es an der Oberfläche immer„rationale“ Argumente geben wird, warum eine Behandlung„noch nicht nötig“ ist. 

Darin verbirgt sich eine mächtige Erkenntnis, die nicht nur für Zahnarzterlebnisse gilt. 

Um eine Lösung für dieses Dilemma zu finden, heißt es also: Sachargumente und Gefühl zusammen ins Boot holen! 

Wie kann das gelingen?
Durch einen Grund.
Durch ein starkes „Warum?“ oder „Wozu?“ 

Fragen Sie sich: In welchem Zusammenhang haben Sie bisher schon Großes geschafft? Was spornt Sie an? Können Sie diese Energie auf das Thema Zahnarztangst übertragen? Erst wenn Sie Ihren persönlichen Grund finden, erwecken Sie in sich die Kraft, etwas zu verändern. 

Nehmen wir beispielsweise die Angst vor Schmerzen, die Sie vom aktiven Zahnarztbesuch abhält. 

Mögliche gute Gründe, sich an dieser Stelle zu überwinden, könnten lauten: Sie hatten einmal im Leben richtige Zahnschmerzen jener Art, bei der selbst nachts keine Schmerztabletten mehr helfen, und möchten diese in Zukunft gar nicht erst aufkommen lassen. 

Sie möchten Ihren Kindern unangenehme Erlebnisse ersparen und gehen daher mit gutem Beispiel voran. 

Sie haben gesehen, wie Ihre Großeltern die Zähne zum Reinigen herausgenommen haben und möchten das später nicht selbst so handhaben müssen. 

Sie haben schwere Allgemeinerkrankungen, die durch Entzündungen im Mund sehr gefährlich werden können. 

Sie haben für sich entdeckt, wie gut es tut, Ihre körperliche Fitness auch auf den Mund zu übertragen. 

Die Ausstrahlung Ihres Lächeln ist Ihr Markenzeichen oder sogar geschäftlich unabdingbar. 

Sie oder Ihre Umwelt stellt bei Ihnen Mundgeruch fest. 

Für uns hat sich Dr. Detlef Schulz in einen seiner Behandlungstühle gesetzt – gut behütet von einem Buddha – © Paul Coon

Ergänzen Sie diese Liste um Ihre ganz persönlichen, eigenen Gründe. 

Sollte Ihnen der Umschwung gelingen, werden Sie sogar ein Vorbild für Ihr Umfeld, das sicherlich ebenso ungern zum Zahnarzt geht. 

Mit Ihrer neuen Einstellung und Verhaltensweise ernten Sie bewundernde Kommentare. 

Stellen Sie sich die verdutzen Gesichter vor. 

Ihr strahlendes Lächeln steckt an und erhöht nicht unwesentlich Ihr Selbstbewusstsein. 

Trotz allem werden Ihnen in der Praxis Zweifel kommen. Sie sind hingefahren, haben die Formalitäten erledigt … doch nun im Wartezimmer schießen Ihnen wieder die Gedanken durch den Kopf, was alles passieren wird. Es wäre einfacher gewesen, den Termin abzusagen, doch jetzt ziehen Sie es durch. 

Von Seiten der Behandler und der Praxismitarbeiter erhalten Sie Informationen. Fremdwörter und Befunde. 

Land in Sicht! 

Sie fragen nach, bekommen Antworten. Man geht einfühlsam auf Sie ein. Kleine Behandlungsschritte lassen Sie Mut fassen. 

Der Kurs ist gesetzt. Halten Sie durch! 

Die vier Phasen der Entwicklung 

Sie sind nun auf Kurs, Ihre alten Ängste zu überwinden und die abgespeicherten Erlebniseinheiten zu überschreiben und durch positive zu ersetzen. Damit dieser Prozess gelingt, bereiten Sie sich am besten schon jetzt darauf vor, vier aus der Erfahrung übliche Phasen zu durchwandern. 

Erste Phase: Begeisterung 

Der Termin ist überstanden. Die Ungewissheit sinkt. Sie haben eine ungefähre Vorstellung von dem, was Sie erwartet. War doch gar nicht so schlimm wie vermutet! Das Team war empathisch und hat Verständnis für Ihre Situation. Der nächste Termin wird gemacht. Zahnstein entfernen. Röntgenbilder sollen angefertigt werden. Also auf ein Neues. 

Zweite Phase: Ernüchterung 

Das Entfernen des Zahnsteins hat trotz aller Vorsicht bei der Durchführung doch geziept. Das Röntgenbild zeigt an mehreren Zähnen Karies, obwohl sie noch nicht wehtun. Ein Zahn muss sogar gezogen werden. Sie wussten es vorher. 

Nun setzt bei vielen Menschen die Flucht vor der Realität ein. Sie finden Gründe, die Behandlung aufzuschieben. Es tut nicht weh, also hat es bestimmt noch Zeit. Vielleicht im Herbst, dann ist es nicht so heiß wie im Sommer. Und vor dem Urlaub passt es sowieso nicht. Mit anderen Worten: Es schlägt die Stunde des unbewussten Musters. An diesem Punkt zeigt sich, ob Sie bereit sind für das nächste Level – die Unterbrechung Ihres Musters. Ob Sie sich der Angst stellen und bewusst handeln. 

Dritte Phase: Ausdauer 

Sie entschließen sich, weiterzumachen und gehen durch die Angst hindurch. Wer ist der Chef im Körper? Sie! Sie wollen Gesundheit! Sie haben das Sagen! Von Termin zu Termin fassen Sie mehr Vertrauen und werden immer gelassener. Eines der möglichen Ziele, 

die bewundernden Blicke Ihrer Familie, haben Sie jetzt schon erreicht. Selbst die Wunde heilt wie von selbst. Ihr gesamter Körper fühlt sich kräftiger an. Sie fühlen sich endlich nicht mehr so matt. Ihre Energie steigt. 

Vierte Phase: Erfolg 

Alle Füllungen sind gelegt. Die Zähne fühlen sich nach der professionellen Zahnreinigung so glatt an wie noch nie. Das Team begleitet Ihren Erfolg mit Respekt vor Ihrer Leistung, denn es ist Ihr Ergebnis. 

Sie können zu Recht stolz auf sich sein und auf das, was Sie geleistet haben. Der Atem ist frisch, das Zubeißgefühl sicher, das Essen macht wieder mehr Spaß, als es der Figur gut tut. 

Sie kennen nun Ihr persönliches Risikoprofil und wissen, worauf Sie in Zukunft achten müssen. Das langfristig angelegte Erhaltungsprogramm schreckt Sie nicht länger, sondern ist ein überzeugtes Muss. Sie haben die Heldenreise erfolgreich absolviert und sind erstmals ein mündiger, selbstbestimmter Patient. 

Gibt es eine Abkürzung? 

Wir alle suchen die Abkürzung für unsere Probleme. Den schnellen Erfolg abseits der Mühen der Ebene. Die Verlockungen sind groß. Häufig höre ich bei meinen Patienten den Wunsch, in Vollnarkose behandelt zu werden. Dann sei alles schnell vorbei und man bekomme nichts mit. 

Meiner Erfahrung nach sind Behandlungen in mehreren Zwischenschritten eine bessere Option. Bedenken Sie: Das Kausystem ist so fein ausbalanciert, das wichtige Zwischenschritte ohne bewusste Mitarbeit nicht reproduzierbar sein können. 

Vielleicht wissen Sie noch wie es ist, wenn das winzige Körnchen einer Erdbeere oder Himbeere zwischen den Zähnen steckt. Diese Störung kann einen zur Verzweiflung treiben. Die Muskulatur wird sehr strapaziert und das Gelenk ist über die teils stundenlange Überlastung ebenfalls wenig erfreut. Für die Extraktion der Weisheitszähne mag die Abkürzung über die Vollnarkose sicherlich eine große Hilfe sein. 

Bei der Vorbereitung von komplexem Zahnersatz ist jedoch viel wache Mitarbeit gefragt, um nicht zu viel Zahnsubstanz während der Bearbeitung des Zahnes zu opfern. 

Ein weiterer Nachteil der„Abkürzung“ besteht darin, dass sie hinten heraus wieder Folgeleiden erzeugt. Denn es ist leider so: Die meisten meiner Patienten, die aus Angstgründen diesen Weg gewählt haben, sind vor lauter Freude, es überstanden zu haben, trotz schriftlicher Erinnerung nicht mehr zu Kontrolle oder zur Prophy- laxe-Sitzung gekommen. 

Erst als die Zähne wieder geschmerzt haben, war die Motivation hoch genug. Die Vermeidung des bewussten Weges ist und bleibt eine selbsterfüllende Prophezeiung. 

Eine in Deutschland immer populärere Methode ist die Behandlung unter Lachgas. Im englischsprachigen Raum eine Standardbehandlung, ist sie bei uns langsam auf dem Vormarsch. Von der professionellen Zahnreinigung bis zur mehrstündigen Operation bildet sie eine schonende Ergänzung und wird sehr gut angenommen. 

Die Behandlung ist ab dem 6. Lebensjahr möglich und kennt nur wenige Indikationseinschränkungen. Der Vorteil für beide Seiten besteht darin, dass man die gesamte Zeit ansprechbar bleibt. Die Wirkung des Lachgases versetzt den Patienten lediglich in einen sehr entspannten Zustand. 

Die Lachgas-Konzentration kann so fein dosiert werden, dass sich ein angenehm leichtes Gefühl ausbreitet. Außerdem verspürt man keinerlei Würgereiz mehr. Diejenigen, die unter diesem Phänomen besonders leiden, wissen diesen Effekt wirklich zu schätzen. Drei Minuten nach dem Abstellen der Lachgaszufuhr ist der Körper sogar wieder verkehrstauglich. 

Aus der naturheilkundlichen Sicht gibt es immer wieder positive Erfahrungen mit Bachblütentropfen oder Piper methysticum D2. Manche Patienten nutzen ebenfalls die sogenannte EFT-Methode. Sie vereinigt die Wirkung von Akupressur und Mentaltechniken. Natürlich gehört in diesen Kontext auch die medizinische Hypnose.

Im Gegensatz zur Vollnarkose sind all diese Formen der Erleichterung mit dem bewussten Weg zur Überwindung der Angst und Meisterung Ihrer persönlichen Heldenreise vereinbar. 

Die Stufentherapie 

Es mag eine Binsenweisheit sein, doch jede Reise beginnt nicht nur mit dem ersten Schritt, sondern besteht in Gänze nur aus Etappen. Wer den Blick hebt und stets nur den Riesenweg sieht, den er noch zurückzulegen hat, kann daran verzweifeln. Wer von Schritt zu Schritt denkt, wird sich am Ende wundern, die Zielmarkierung früher als erwartet herannahen zu sehen. 

Sieht sich als Gesundheitscoach: Dr. Detlef Schulz in seiner Praxis – © privat

Vereinbaren Sie daher mit Ihrer Praxis kleine Behandlungsziele. In der ersten Sitzung „nur“ eine sanfte professionelle Zahnreinigung. Beim zweiten Besuch eine kleine Füllung. Vereinbaren Sie ein Stoppzeichen, um die Behandlung unterbrechen zu können, wenn es Ihnen zu viel wird. Die ersten Schritte mögen mühsam sein, doch von Mal zu Mal fällt es Ihnen leichter. 

Sie werden es erleben. Nehmen Sie Ihr Musikmedium mit. Vielleicht gibt es auch einen Lieblingsduft, der Sie zusätzlich beruhigt. Es gibt nichts Gutes außer man tut es. Das gilt für besonders für dieses Kapitel. Daher füllen Sie im allerersten Schritt die Selbstverpflichtungserklärung aus. 

Doktor Dets Praxistipp: Die Angst einladen 

Arbeiten Sie den Zahn-Kompass durch und bereiten Sie sich mit den Videos auf Ihren nächsten Termin zur Behandlung vor. Sie können natürlich einzelne Kapitel überspringen. Das Kapitel rund um die Gefühlsebene ist naheliegender Weise der Master-Schlüssel für Ihre zukünftige Mundgesundheit. Seien Sie auf dem neuen Weg nicht zu streng mit sich. 

Muster, die Sie sich über mehrere Jahre oder Jahr- zehnte eingefangen haben, sind sehr hartnäckig. Sie bekämpfen zu wollen, ist wichtig und richtig, aber Sie können nicht gegen sich selber gewinnen. Der Trick lautet, bildlich gesprochen: Laden Sie Ihre Angst ein! Das liest sich im ersten Augenblick vielleicht etwas komisch. 

Was ist die Idee dahinter? 

Ihr Gefühl der Vermeidung will Sie beschützen vor Schmerzen und Verletzung. Wenn Sie es achten und sich bei ihm bedanken, verliert es seine Kraft und Sie können die nächste Stufe erreichen. Die Angst hatte in einem anderen Lebensabschnitt eine wichtige Funktion. 

Doch Sie haben sich weiterentwickelt. Was vor zehn, zwanzig oder dreißig Jahren richtig war, muss heute nicht mehr für Sie gelten. Verabschieden Sie sich von der Angst wie von einem alten Freund, der Ihnen zur Seite stand, als Sie ihn gebraucht haben. Er wird es verstehen und sogar stolz darauf sein, dass Sie nun Ihren eigenen Weg gehen. 

Gehen Sie kein Risko durch Nichtwissen ein!
Denken Sie an Ihre Mundgesundheit!
Nur ein aufgeklärter Patient ist ein mündiger Patient! 

Der Zahn-Kompass hilft Ihnen die Zusammenhänge besser zu verstehen und verantwortungsvoll zu entscheiden! 

Nutzen Sie die Anschaulichkeit des Videos! 

Dr. Detlef Schulz alias Dr. Det

 

Link zum Video „Zahnarzt-Angst“

https://vimeo.com/290715153/113bb66db6

Kommentare

  1. Vielen Dank für diesen Beitrag zur Angst vor dem Zahnarzt. Gut zu wissen, dass diese Angst noch von der Zeit kommt, als in einer Zahnarztpraxis noch mit schwerem Gerät gearbeitet wurde. Ich finde es wirklich zu begrüßen, dass auch dort jetzt der technische Fortschritt Einzug gehalten hat.

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