6. Dezember 2021Peter Pionke
Bestatterin Neusel: Abschiednehmen auf Abstand in Corona-Zeiten
Barbara Neusel-Munkenbeck: „Wir Bestatter sind von Beginn an mit dem Virus und seinen Auswirkungen konfrontiert worden. Seit März 2020 fliegen in kurzen Abständen „Aktuelle Nachrichten“ zu den Regelungen, Vorschriften und Maßnahmen unseres Bundes- und Landesverbandes per E-mail in unsere elektronischen Briefkästen. Immer wieder hatten und haben wir den Angehörigen wechselnde Nachrichten zu überbringen.“
Und diese Regeln dann den trauernden Angehörigen der Verstorbenen zu vermitteln, war eine Aufgabe, die so manches ungläubiges Kopfschütteln und so manche bittere Träne zur Folge hatten.
Die erfahrene Wuppertaler Bestatterin: „Kein Abschied vom Verstorbenen, Schließung der Friedhofskapellen, keine Trauerfeiern, Abschied nur am offenen Grab, Abschied am Grab mit bis zu 10 Personen, Mindestabstand 1,5 m, Maskenpflicht, Anwesenheitslisten, Kapellenöffnung mit Absperrband an jeder 2. Sitzreihe. Kein Singen, jetzt Singen mit Maske, 3G-Kontrolle am Eingang, Kontrolle durch die Bestatterinnen und Bestatter, um nur einige Stichworte zu nennen, die sich wechselnd über die letzten 20 Monate ziehen.“
Körperliche und psychische Belastung
Für Barbara Neusel-Munkenbeck hat sich durch die vorgeschriebenen Corona-Maßnahmen zusätzlich zur Trauer eine weitere „Schwere“ über das Thema Tod gelegt: „Abschied nehmen auf Abstand, wie soll das gehen, wenn man in dieser besonderen Lebenslage Nähe, Schutz und Geborgenheit sucht? Aus eigener persönlicher Erfahrung weiß ich, wie schwer es ist, gerade in dieser Zeit auf Nähe verzichten zu müssen. Ich habe mich immer wieder gefragt, wie es meine in diesem Jahr verstorbene Mutter empfunden haben muss, als wir sie im Frühjahr 2020 wochenlang gar nicht besuchen durften.“
Für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter war und ist der Umgang mit den vielen Corona-Toten eine zusätzliche körperliche und psychische Belastung. Barbara Neusel-Munkenbeck: „Die ärztliche Todesbescheinigung weist auf dem Deckblatt den Vermerk Covid+ auf, damit wir alle entsprechenden Schutzmaßnahmen berücksichtigen können: Einmalanzüge, Schutzbrillen, Handschuhe, obligatorische Verschluss-Hüllen für die Verstorbenen.“
Die beliebte Wuppertalerin ist glücklich und erleichtert, dass sie in diesem Jahr wenigstens wieder ihre traditionelle Veranstaltung „Trösten und Erinnern“ in der Immanuelskirche durchführen durfte, mit harmonischer Live-Musik und einfühlsamen Wortbeiträgen. Für jede Verstorbene und jeden Verstorbenen des vergangenen Jahres wurde eine Kerze entzündet. Ein wenig Trost, ein Hauch von Frieden.
„Es hat uns und unseren vielen Besuchern gut getan, sich in einer Gemeinschaft zu trösten und zu erinnern“, lässt Barbara Neusel-Munkenbeck in ihre Gefühlswelt blicken.
Und selbstverständlich hat auch sie wahrgenommen, dass die Impf-Quote nur noch ganz langsam ansteigt und die Kampage eine große Gruppe von Impf-Skeptikern, die Nebenwirkungen und Spätfolgen befürchten oder die Wirksamkeit des Impfstoff anzweifeln, gar nicht mehr erreicht.
Dazu hat Barbara Neusel-Munkenbeck eine ganz klare Meinung: „Eine kategorische Ablehnung der Covid-Impfung ist für mich unverständlich. Es gibt nur wenige Ausnahmen (z.B. gesundheitliche), bei denen ich einen Verzicht auf den Impfschutz akzeptiere. Für mich hat das auch überhaupt nichts mit Bevormundung des Staates zu tun, wenn es darum geht, mich und vor allem auch andere zu schützen. Eine Impfung wird niemanden 100prozentig schützen können, aber das Risiko, schwer zu erkranken, reduziert sich deutlich. Es geht nicht um ein persönliches Geschmacksempfinden hierbei, sondern es geht ganz klar um Leben und Tod. Die Gesellschaft hat die Verpflichtung, alles erdenklich Mögliche zu tun, dass es kein „Corona ohne Ende“ gibt.“
Welches Leid Covid-19 verursachen kann, erlebt Barbara Neusel-Munkenbeck regelmässig in ihrem Berufsalltag. Deshalb ihr Appell: „Bitte lassen Sie sich impfen! Für sich selbst und für uns alle!“
Text Peter Pionke
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