25. Februar 2022Peter Pionke
Patrick Hahn gibt Einstand mit „Tannhäuser“
Regisseur Nuran David Calis’ politische Lesart des Tannhäuser-Stoffes verlagert die höfische Gesellschaft der Wartburg in eine Umgebung, für die die Kölner Keupstraße Pate gestanden haben könnte. So steht immer dringlicher die Frage im Raum, was heute unter einer „deutschen Gesellschaft“ zu verstehen ist, wie sie Richard Wagner in seinem Werk porträtiert.
Ein besonderes Unterfangen in Pandemiezeiten ist die Anzahl der Beteiligten, die mit maximal 80 Personen auf der Bühne und 70 Personen im Graben endlich wieder ein ergreifendes Opernerlebnis schaffen.
Live-Projektionen von drei Kameras greifen vielfache Perspektiven auf und lassen die Figuren im Zusammenspiel sternförmig agieren. Dadurch verdichtet sich die Handlung und ein intensivier Blick ins Innenleben der Akteure wird möglich.
Der Regisseur Nuran David Calis wurde als Sohn armenisch-jüdischer Einwanderer aus der Türkei in Bielefeld geboren und spiegelt biografisch auch Tannhäusers Existenz zwischen mehreren Welten wider. Er arbeitet als Regisseur, Theater- und Drehbuchautor.
2008 kam sein erster Spielfilm ›Meine Mutter, mein Bruder und ich!‹ in die Kinos, 2010 verfilmte er für das ZDF Frank Wedekinds „Frühlings Erwachen“ und 2012 Georg Büchners „Woyzeck“.
Großes Aufsehen erregte seine Arbeit „Die Lücke – Ein Stück Keupstraße“ am Schauspiel Köln, die er anlässlich des 10. Jahrestages des Nagelbombenanschlages in der Kölner Keupstraße zusammen mit Anwohnern und Betroffenen entwickelte. Wuppertals „Tannhäuser“ ist seine erste abendfüllende Operninszenierung.
Bei den meisten Hauptpartien handelt es sich um Rollendebüts. Der weltweit gefragte Tenor Norbert Ernst gibt erstmals Tannhäuser, Guido Jentjens ist als Landgraf zu erleben und die US-Amerikanerin Julie Adams steht kurz nach ihrem Europadebüt erstmals als Elisabeth auf der Bühne.
Die Britin Allison Cook rundet als Venus das Gästeensemble ab. Alle weiteren Rollen werden aus dem Wuppertaler Opernsensemble gestellt, u. a. mit Simon Sticker als Wolfram von Eschenbach.
In Form eines Sängerkriegs auf der Wartburg erzählt Richard Wagners Oper „Tannhäuser“ vom gescheiterten Versuch der Wiedereingliederung eines rebellischen Außenseiters in die Gesellschaft. Gleich zweimal entfernt sich der Titelheld aus seinem sozialen Umfeld. Im sexuell aufgeladenen Milieu der Venus wird er nicht heimisch. Und die moralischen Schranken seiner eigenen Szene machen eine erfolgreiche Rückkehr in diese und zu Elisabeth unmöglich. Da bleibt ihm nur die Flucht in die Religion.
Zwei Gesellschaften existieren nebeneinander, aber berühren sich wie parallele Geraden erst in der Unendlichkeit. Die Träumerei von einem anderen, gemeinsamen Leben zersplittert und am Ende bleiben die Hauptfiguren allein. Da verhallt im Hier und Heute auch jedes göttliche Machtwort unerhört.
Termine:
„Tannhäuser“
Romantische Oper in drei Akten von Richard Wagner. In deutscher Sprache mit Übertiteln.
Premiere: So. 6. März 2022, 18 Uhr, Opernhaus
Weitere Termine:
Freitag – 11. März 2022 – 18 Uhr – Opernhaus
Sonntag – 27. März 2022 – 18 Uhr – Opernhaus
Samstag – 30. April 2022 – 18 Uhr – Opernhaus
Sonntag – 26. Juni 2022 – 18 Uhr – Opernhaus
Weitere Informationen unter oper-wuppertal.de/tannhauser
Künstlerisches Team:
Musikalische Leitung: Patrick Hahn
Inszenierung: Nuran David Calis
Bühne: Anne Ehrlich
Kostüme: Anna Sünkel
Choreografie: Matteo Marziano Graziano
Chor: Ulrich Zippelius
Dramaturgie: Marc von Reth
Besetzung:
Hermann, Landgraf von Thüringen: Guido Jentjens
Tannhäuser: Norbert Ernst
Wolfram von Eschenbach: Simon Stricker
Walther von der Vogelweide: Sangmin Jeon
Biterolf: Sebastian Campione
Heinrich der Schreiber: Mark Bowman-Hester
Reinmar von Zweter: Timothy Edlin
Elisabeth, Nichte des Landgrafen: Julie Adams
Venus: Allison Cook
Ein junger Hirt: Knabensolist der Chorakademie Dortmund
Edelknaben: Kinderchor der Wuppertaler Bühnen
Opernchor der Wuppertaler Bühnen
Extrachor der Wuppertaler Bühnen
Statisterie der Wuppertaler Bühnen
Sinfonieorchester Wuppertal
Die Informationen zu unseren Corona-Schutzmaßnahmen werden laufen aktualisiert. Sie finden sie unter wuppertaler-buehnen.de/corona
Tickethotline: +49 202 563 7666
KulturKarte, Kirchplatz 1, Wuppertal
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