9. Mai 2022Peter Pionke
Jahreshauptversammlung: Wohin führt der Weg des WSV?
Siegfried Jähne hat sich mit dem für Finanzen zuständigem Vorstandsmitglied Dr. Jochen Leonhardt über seine Einschätzungen unterhalten.
Dr. Jochen Leonhardt wurde vor ziemlich genau einem Jahr zusammen mit Peter Neururer und Thomas Richter in den WSV-Vorstand berufen. Leonhardt ist ausgewiesener Finanzfachmann.
Das neue Team mit der sportlichen Leitung von Stephan Küsters und Trainer Björn Mehnert steht für die Architektur des WSV-Erfolges, der in der Regionalliga aktuell immerhin Platz drei anvisiert.
DS: Dr. Leonhardt, welche Bilanz ziehen Sie nach dem ersten Jahr im WSV-Vorstand?
Dr. Jochen Leonhardt: „Ich glaube, wir können mit dem Erreichten zufrieden sein. Wir hatten eine sportlich erfolgreiche Saison, waren sogar zeitweise Tabellenführer und müssen uns am Ende nur Essen und Münster geschlagen geben. Es ist gelungen, im Verein wieder professionelle Strukturen zu etablieren. Leider war die Zuschauer-Resonanz nicht immer zufriedenstellend, aber das ist nicht nur Corona und dem schlechten Witterungsbedingungen geschuldet. Dass da mehr drin ist, haben wir beim Spiel gegen Rot-Weiss Essen gesehen, als wir fast 12.000 Zuschauer begrüßen durften. Es braucht Zeit, um unserer längerfristigen Ziele zu erreichen.“
DS: Solange die Einnahmen aus dem Spielbetrieb nicht reichen, hängt die Existenz des Verein wesentlich vom Sponsoring ab. Es geht ja auch darum gehen, dass Anker-Sponsor Friedhelm Runge auf Dauer nicht allein die Hauptlast tragen kann. Wie gestalten sich die Kontakte zur Wuppertaler Wirtschaft, die nicht ohne Stolz sagen kann, in einigen Bereich Weltmarktführer zu sein. Konnte in dieser Richtung deutlich gemacht werden, wie wichtig ein ranghoher Fußballverein für die Infrastruktur einer Stadt und damit auch für die heimischen Unternehmen ist?
Dr. Jochen Leonhardt: „Viele wichtige Wuppertaler sind bei uns bereits wieder an Bord. Allerdings müssen wir erreichen, dass wir als Verein auch ein attrakttiver Netzwerkpartner sind, um deren Sponsoren-Beiträge angemessen aufzustocken. Und es müssen noch weitere Unternehmen dazukommen. Peter Neururer und Daniel Grebe haben im Marketing eine sehr gute Arbeit gemacht. Wir sind auf einem guten Weg.“
DS: Der Verein kann endlich wieder eine Präsenz-Mitgliederversammlung ausrichten, die ja zuletzt mehrfach verschoben werden musste. Es stehen Wahlen und Satzungsänderungen auf der Tagesordnung. Wie steht es eigentlich mit der auf der letzten JHV beschlossenen Ausgründung der Fußball-Lizenzabteilung. Welche Botschaft haben Sie für die Mitgliederversammlung?
Dr. Jochen Leonhardt: „Man muss wissen, dass wir zwei Insolvenz-Verfahren hinter uns haben, eine drittes würde der Verein kaum überleben. Es geht jetzt um eine Risiko-Trennung, der Hauptverein soll vor den Risiken des Profibetriebes geschützt werden. Deshalb hat der Vorstand nach dem Abschluss des letzten Insolvenz-Verfahrens nunmehr die notwendigen Vorbereitungen zur Ausgründung intensiviert. Ein Weg, den andere Vereine inzwischen erfolgreich beschritten haben. Wir hoffen, dass sich in dieser Spielbetriebs GmbH namhafte Wuppertaler Firmen, unter anderem die Firmen unseres Hauptsponsors Friedhelm Runge und auch viele andere Wuppertaler Unternehmen einbringen.“
DS: Was ist bei den Wahlen zu erwarten? Sind Überraschungen denkbar?
Dr. Jochen Leonhardt: „Alle Positionen stehen zur Wahl, insbesondere die der Verwaltungsratsmitglieder, die dann ihrerseits den Vorstand zu benennen haben. Die Satzung sieht hier 13 Mitglieder vor, es gibt einen Antrag, das Gremium auf neun Mitglieder zu reduzieren, um eine effizientere Handlungsfähigkeit zu erreichen. 15 Persönlichkeiten stellen sich am Sonntag zur Wahl. Überraschungen sind bei Jahreshauptversammlungen nie auszuschließen. Zu bedenken ist, dass der Verein seine letzte Präsenzversammlung coronabedingt zuletzt vor drei Jahren im April 2019 hatte.“
DS: Wenn der Vorstand bestätigt wird, wo wird es neue Akzente geben?
Dr. Jochen Leonhardt: „Es geht vordringlich um Kontinuität. Wir denken aber daran, unsere Spiele künftig anders, nämlich zielgenauer zu vermarkten. Eine Zuschauerzahl um die 1.000 deckt nicht einmal die Kosten für notwendige Begleitmassnahmen und ist damit auf Dauer unakzeptabel.“
DS: Wohin geht die Reise des WSV?
Dr. Jochen Leonhardt: „Natürlich streben wir den Aufstieg in die dritte Liga an. Hierzu bedarf es indessen noch zahlreicher neuer Rahmenbedingungen. Die Schaffung einer tragbaren Finanzierungsbasis gehört hier ebenso dazu, wie etwa eine Rasenheizung im Stadion, die Spielausfälle im Winter vermeiden wird. Aktuell denken wir jetzt aber zuerst an die Reise nach Duisburg am 21. Mai, wo wir das Pokalfinale gewinnen möchten, um dann wieder im DFB-Pokal gegen höchst attraktive Gegner angreifen zu können. Da setzen wir auf unser treues Publikum, das uns in den letzten Jahren immer eine wichtige Stütze war.“
DS: Vielen Dank für das offene, interessante Gespräch
Das Interview führte Siegfried Jähne
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