30. Mai 2022

Prof. Dr. Hartmut Gülker: Ein Leben für das Herz

Sein Name steht für die Themen rund um das Herz. Professor Dr. Hartmut Gülker baute aus Münster kommend ab Ende 1989 in den Städtischen Kliniken der Stadt Wuppertal ein Herzzentrum auf. Das erste dieser Art, damals ein absolutes Novum für Wuppertal. In diesen Tagen feierte Gülker, von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, sein 50jähriges Arztjubiläum.

Herzspezialist Prof. Dr. Hartmut Gülker – © Siegfried Jähne

Für uns ist das beeindruckende Jubiläum Grund genug, dem weit über die Grenzen der Stadt bekannten und renommierten Medizinmann einen Besuch abzustatten.

Wir treffen Gülker in seinem Barmer Haus, wo sich etliche versandfertige Kartons stapeln. Der Inhalt: „Stents“, also medizinische Implantate zum Offenhalten von Gefässen für den Nahen Osten. Es geht ihm immer noch um praktische Hilfen ebenso wie um einen know-how Transfer in Regionen, in denen sich die kardiovaskuläre Medizin aus politischen und ökonomischen Gründen nur langsam weiterentwickelt.

Dabei sind ihm die Durchführung internationaler Workshops im Bereich der innterventionellen Kardiovaskulären Medizin und der Herzchirurgie besondere Anliegen, das er in der Geschäftsführung der Cardiomed CCS GmbH + Co KG Wuppertal betreibt, ohne eigene Gewinnabsichten, wie er ausdrücklich betont. Daneben ist er in Zusammenarbeit mit dem Bundesgesundheitsministerium Berlin und dem Ministerium für Gesundheit in Bagdad Mitorganisator der „preferred partnership“ Deutschland – Irak im Gesundheitswesen.

Hilferuf aus Bagdad

Ein im Internet verbreiteter Hilfe-Rundruf aus Bagdad sollte ihn erstmals 2003 direkt nach Ende des ersten Irak-Krieges in diesen Teil der Welt führen. Ein Irakischer Kollege, den er aus Mainz kannte, suchte Unterstützung. Und Prof. Dr. Hartmut Gülker, Arzt aus Leidenschaft, fühlte sich angesprochen. Obwohl er in Bagdad nach dem Golfkrieg eine bedenkliche Sicherheitslage vorfand, faszinierte ihn die dortige Welt.

Die Urkunde der Ärztekammer Nordrhein

In der Unterstützung beim Wiederaufbau der Kardiovaskulären Medizin im Irak in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Gesundheit in Bagdad fand er eine Aufgabe, die ihm nach mehr als 20 Jahren Erfahrung als Direktor der kardiologischen Abteilung des Herzzentrums in Wuppertal ganz neue, für ihn sinnvolle Perspektiven bot. Daneben beriet er international Regierungen und Forschungseinrichtungen. Aufgaben, die aufgrund von Corona allerdings vollständig zum Erliegen kamen, jetzt aber wieder anlaufen.

Sein Bewegungsradius, aber auch sein Denkradius haben sich seither deutlich verändert. Er sieht die Welt inzwischen mit anderen Augen. Er sieht, wie die USA den Irak als wohlhabenden „Golfstaat“ zerstört haben, danach aber aus seiner Sicht zum Aufbau demokratischer Strukturen nicht wirklich beitrugen, weil die Beseitigung einer zerstörerischen Korruption und die Befriedung ganz inhomogener gesellschaftlicher Gruppen kein wirkliches Ziel darstellten, während die eigenen Interessen in ganz andere Richtung zielten: Öl.

Prof. Gülker kann nicht vergessen, wie zahllose amerikanischen Öltransporter Richtung Rotes Meer fuhren und zu Ramschpreisen das Öl über Jahre aus dem Irak abtransportierten. Und er sah die Zerstörung des syrischen Aleppo, für ihn eine der schönsten Städte der Welt, durch dass von Russland unterstützte Assad-Regime.

Prof. Gülker vor einem Gemälde seiner Familie – © Siegfried Jähne

Er beobachtet, wie Israelis in Syrien – augenscheinlich in Absprache mit den russischen Besatzern – immer wieder bombardieren. Die Bilder sind im Ergebnis identisch mit denen, die jetzt jeden Tag aus der Ukraine kommen. Um diese Angriffe ungestört fortsetzen zu können, nimmt Israel offensichtlich an derzeitigen Sanktionen gegen Russland nicht teil. „Was ich mit eigenen Augen über fast zwei Jahrzehnte gesehen habe, kommt im Deutschen Fernsehen nur rudimentär vor. Es ist der Grund, warum ich seit vielen Jahren Jahren keine Tagesschau mehr anschaue“.

Schlechte Noten für Politik

Kein gutes Zeugnis mag er auch den deutschen Regierungen ausstellen. „Merkel, Schröder, Steinmeier und Gabriel waren doch alle immer wieder in Moskau oder sonst wo mit Putin zusammen. und sie wollen nicht gesehen haben, nicht einmal das Gefühl gehabt haben, das Putin nicht vertrauenswürdig ist? “ Das glaubt er nicht. Und wenn er sich die extreme Energieabhängigkeit ansehe, fehlten ihm erst recht die Worte.

Und auch das deutsche Gesundheitswesen sei ambulant und stationär dringend reformbedürftig. Der notwendige nahtlose stationär-ambulante Übergang komme nicht voran, weil mächtige Interessenvertreter sich gegenseitig blockierten. Während Medizin immer teurer wird (siehe Krankenkassen – Bilanzen), werde die Qualität der Leistungen trotzdem nicht besser.

Gleichzeitig schreite die Kommerzialisierung voran. Auch in  Wuppertal könne man das sehr gut beobachten. Es gehe nur noch um Rendite-Ziele, die gar nicht mehr erreicht werden könnten. Und das  – so Prof. Gülker – trotz aller z.T. aggressiver Aktionen – der Mediziner spricht da von Massen-Entlassung von Chefärzten, Mehr-Abrechnungen über sog. Privat-Kliniken, Einrichtung von Abteilungen ohne Abstimmung mit dem Land NRW. Am Ende bliebe nur noch der Verkauf an ausländische Investoren.

Prof. Dr. Hartmut Gülker, ein Mediziner voller Tatendrang – © Siegfried Jähne

Vom neuen Gesundheitsminister Karl Lauterbach erwartet Hartmut Gülker nicht viel, weil ihm jede eigene praktische Erfahrung im deutschen Gesundheitswesen fehle. „Er hat seine wissenschaftliche Ausbildung in den USA gemacht und war nie als Arzt tätig“. Mit diesem Hintergrund weiss man nicht, worum es geht. Das Thema eigne sich ausserdem nicht für Talk-Shows.

Für Hobbys keine Zeit

Und wie gestaltet der Jubilar seinen Alltag heute? Was ist sein Rezept für sein langes Berufsleben? Hartmut Gülker ist in einer kardiologischen Fachpraxis in Wuppertal tätig und betreut hier noch regelmäßig seine Patienten. Und dies wolle er auch in den nächsten fünf Jahren so halten. Veränderungen an sich selber erlebe er dabei vor allem darin, dass er häufig schon instinktiv und beim ersten Augenschein Diagnosen stellen könne.

Zeit für Hobbies habe er nie gehabt. Aber ihm fehle auch nichts, weil er in seinem Beruf immer voll aufgegangen sei. Seine vier Kinder haben ihm inzwischen neun Enkelkinder geschenkt, drei weitere seien noch zu erwarten. Aber – so Hartmut Gülker- Enkelkinder gehören einem nicht.

Und wie geht er selbst mit dem Thema Tod um. Prof. Dr. Hartmut Gülker: „An den Tod denke ich jeden Tag meines Lebens.  Ich bin ohne Eltern aufgewachsen, dann ist das so, das man immer nach Toten sucht. So hat die Vorstellung des eigenen Todes für mich gar nichts Fremdes. Das permanente Todes-Erlebnis hat vielmehr auch meine Berufs-Entscheidung bestimmt.“ Beeindruckende Worte eines erfolgreichen Mediziners, der ein Leben für das Herz führt.

Das Gespräch führte Siegfried Jähne

 

 

Kommentare

Neuen Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert