5. Juni 2022Peter Pionke
Bruder Dirk bei TalTalk: „Der Letzte kriegt alles“
Der Eintrittspreis 29 Euro. Rund 76 Gäste füllten den Konzertsaal am Barmer Werth. Ein wichtiger Beitrag für Kunst, Kultur und Events in Barmen wurde es allemal.
Lange war die 1801 gegründete Concordia Gesellschaft ein sehr exklusiver Kreis. Inzwischen sieht man das nicht mehr so eng und öffnet seine Tore auch für Gäste, die man dann gerne für sich gewinnen möchte. Beim „TalTalk“ war der Anspruch mit Anlehnung an bekannte Fernseh-Talk-Dhows relativ hoch.
Oberbürgermeister Professor Dr. Uwe Schneidewind übte auf das interessierte Publikum angesichts der prekären, politischen Stadtentwicklung besondere Zugkraft aus. Nach dem Bruch des schwarz-grünen Ratsbündnisses in Wuppertal sowie dem Zerwürfnis mit Stadtdirektor Dr. Slawig wartete man auf Erhellendes.
Immerhin war der städtische Haushalt soeben noch in Frage gestellt worden und schon jetzt sind etliche Projekte bis mindestens 2027 verschoben worden.
Pikante Nachfrage verkniffen
Der aus Köln stammende Uwe Schneidewind zeigte sich optimistisch und sprach mit des ihm eigenen Lächeln von einem Veränderungsprozess und Gesprächsangeboten in alle Richtungen. “Nur gemeinsam könne man die Probleme bewältigen“, so Wuppertaler OB.
Zum Ausscheiden von Stadtkämmerer wiederholte er bekannte Positionen, wonach es ihm wichtig war, die Personalie frühzeitig zu klären und nicht ihn den nächsten Kommunal-Wahlkampf 2025 hereinzutragen. Dafür gab es für den scheidenden Slawig vom Stadtoberhaupt viel Lob und Anerkennung.
Pikante Nachfragen, etwa zum Thema der abwertenden Äußerungen des Oberbürgermeisters zur CDU (Anmerkung: „Schwindsüchtige Partei“) vermied das als Moderator fungierende Concordia-Direktoriumsmitglied Michael Schmidt-Russnak. Die Frage an den ehemaligen Chef des Wuppertal-Instituts und heutigen „OB“ Richtung Werdegang und Erwartung beantwortete er, alles sei für ihn im Grunde folgerichtig.
Kritik an seinem hier und da kritisierten Kommunikationsverhalten sei für ihn auch dem Umstand geschuldet, dass er nicht wie sein Vorgänger in dieser Stadt dicht verwurzelt sei, dafür aber überregionale Vernetzungen pflege.
Sehr positiv und zufrieden äußerte sich der Oberbürgermeister zur Abstimmung für die Bundesgartenschau 2031. Er stellte die große überregionale Bedeutung des Projektes für Wuppertal heraus, die sehr viel Energie ziehen werde, aber perspektivisch positive Emotionen auf den Weg bringen und ganz neue Netzwerke entstehen lassen werde.
Die Finanzierung sei, soweit man dies über eine so lange Strecke sagen könne, wohl kalkuliert und müsste sicher ein. Von 70 Millionen € Kosten gehe man aus, wovon die Hälfte vom Land getragen würden. Bei seiner konservativen Hochrechnung sind 1,8 Mio. Besucher kalkuliert, theoretisch denkbar seien aber auch 3. Mio,, was die Bilanz nur verbessern könne.
Hängebrücke keineswegs in trockenen Tüchern
BUGA Geschäftsführer Holger Bramsiepe zeigte seine Freude über den, wenn auch äußerst knappen Erfolg. Er ging auf das große Entwicklungspotential ein, welches es noch gebe. Es sei keineswegs so, dass die Planungen schon abgeschlossen sind, sondern die Bürger hätten noch viele Möglichkeiten, bei der Gestaltung mitzuwirken. Die eigentliche Arbeit gehe erst jetzt los.
Das gesamte Konzept würde in den kommenden Jahren in einem umfassenden Planungs- und Beteiligungsprozess qualifiziert und ausgearbeitet. Viele Detailfragen seien daher heute noch nicht zu beantworten. Auf der anderen Seite ist das Konzept durchaus offen für Ideen, Anregungen und Kritik.
Selbst die geplante, vielleicht weltweit längste Hängebrücke, das eigentliche touristische Magnet, sei keineswegs in trockenen Tüchern. Es komme jetzt darauf an, Vertrauen aufzubauen und die Bürger in die zukunftsweisenden Ideen einzubinden und zu gewinnen.
Für den kulturellen Teil stand das Duo Concordia mit Alexander Breitenbach am Klavier und Mufai Feng am Cello, die ihre eher klassische und tragende Musik gekonnt in Szene setzten.
Schauspielerin Silvia Munzón López, in Deutschland geboren und aufgewachsene Spaniern, berichtete von ihrer Arbeit und ihren Erfahrungen. Ihre Liebe zur Schauspielerei wurde auch hier in Wuppertal geweckt. Heute arbeitet Sie nicht nur bei den Wuppertaler Bühnen sondern an vielen Projekten, auch als Sprecherin in Hörspielen.
Eine Kostprobe Ihres Repertoires gab sie mit kleinen Lesehäppchen aus der Prosa von Baudelaire. Er verfolgte die Idee einer Poetik ohne Rhythmus und Reim, was einer Absage an die traditionelle Definition der Poetik gleichkam.
Christus Statue für Beyenburg
Erheiterung, aber auch Nachdenklichkeit erzeugte Bruder Dirk, der letzte Ordensbruder des Kreuzherren-Ordens in Wuppertal Beyenburg. Mit lachendem Gesicht wünschte er sich für seien Stadtteil eine Christus Statue, ähnlich der am Zuckerhut von Rio de Janeiro, die ihre schützende Hand über Beyenburg erheben solle.
Bruder Dirk erzählte spannend und unterhaltsam von seinem aufregendem Leben sowie seinen Einschätzungen, von seinen Pilgern und von der Flutkatastrophe, die Beyenburg vor einem Jahr überraschte. Bruder Dirk war es, der nachts mit seinen Glocken die Bewohner alarmierte.
Die große Solidarität in der Stadtgemeinde war für ihn das schönste Erlebnis, der Rückzug der gleichen Personen nach überstandener Krise das enttäuschendste. Er verkündete auch den plötzlichen Tod des erst 46jährigen Arne Aust, Oberstabsfeldwebel und fleißiger Helfer bei den Aufräumarbeiten nach dem Hochwasser in Beyenburg.
„Nach der Flutwelle erfasst Beyenburg jetzt eine Trauerwelle“, sagt Bruder Dirk. Zur schwindenden Zahl der Gläubigen bemerkte Bruder Dirk: „Der Letzte kriegt alles!“
Text Siegfried Jähne
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