15. Juli 2022Peter Pionke
Wuppertaler Sohn Johannes Rau kehrt nach NRW zurück
Ab jetzt bildet dessen umfangreiche Privatbibliothek das Kernstück eines mit Landes-, privaten und Universitätsmitteln ermöglichten Zentrums auf dem Campus der Bergischen Universität Wuppertal, das dieser Vision von Begegnung künftig Raum bietet.
Ehrengäste der heutigen Einweihung waren u. a. Hendrik Wüst, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, Christina Rau sowie die ehemalige Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft.
Als gelernter Verlagsbuchhändler und Geschäftsführer des Jugenddienst-Verlages hat sich Johannes Rau viele Jahre professionell mit Büchern befasst – eine Neigung, die er niemals ganz ablegte. Seine Sammlung umfasste rund 16.000 Bücher.
Mit seiner Wahl zum Bundespräsidenten im Jahr 1999 wanderten auch dessen Bücher in die Hauptstadt. Am Ende seiner Amtszeit entstand zunächst die von der Berliner Politik, Gesellschaft und Wirtschaft getragene Idee, die Sammlung im historischen Berliner „Schoeler-Schlösschen“, dem ältesten Haus des Berliner Stadtteils Wilmersdorf, zu präsentieren. Ungünstige Rahmenbedingungen verhinderten am Ende die Realisierung dieser Idee.
„Versöhnen statt spalten“: Von der Privatbibliothek zum Zentrum für Begegnung
Gemeinsam entschieden sich Düsseldorfer Staatskanzlei und Wuppertaler Hochschulleitung – maßgeblich unterstützt von Christina Rau – für eine Rückkehr der Rau’schen Privatbibliothek in seine Geburts- und Heimatstadt Wuppertal.
Für Uni-Rektor Prof. Lambert T. Koch eine klare Entscheidung: „Als Ort steht die Bergische Universität in ganz besonderer Weise für die Schaffenskraft, den Veränderungswillen und die Begeisterungsfähigkeit ihres Gründervaters – und für dessen gesellschaftliche Vision.“ Das Ziel: Die Bibliothek zum Kern eines Begegnungszentrums zu machen, in dem Gesellschaft, Politik und Wissenschaft miteinander ins Gespräch kommen.
Hendrik Wüst, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen: „Johannes Rau war ein herausragender Staatsmann und ein Vordenker, wenn es darum ging, Regionen im Umbruch neue Chancen zu eröffnen. Als Wissenschaftsminister hat er initiiert, dass die Landesregierung vor 50 Jahren die heutige Bergische Universität in Wuppertal gründete. Seitdem ist die Hochschule zu einem wunderbaren Beispiel für einen gelungenen Strukturwandel geworden, der immer auch unter Johannes Raus Motto ‚Versöhnen statt spalten‘ stand, mit dem er Nordrhein-Westfalen prägte. Auch das neue Johannes Rau-Zentrum hält dieses Erbe des Miteinanders und des Zusammenhalts lebendig. Es ist ein Ort der Begegnung und des Dialogs und ich freue mich, den Menschen in Nordrhein-Westfalen diesen besonderen Ort übergeben zu können.“
Lebendiger Ort für gesellschaftliche Diskussionen
Auch die Amtsvorgängerin von Hendrik Wüst, Hannelore Kraft, hatte sich in ihrer Rede anlässlich der symbolischen Grundsteinlegung im Januar 2016 einen „lebendigen Ort für gesellschaftliche Diskussionen“ gewünscht. Damals hatte auch Christina Rau ihrer Hoffnung Ausdruck verliehen, dass „durch die Bücher meines Mannes etwas von seinem Motto ‚Versöhnen statt Spalten‘ in die Diskurse einfließen, die im Johannes-Rau-Zentrum stattfinden werden.“
Künftig wird ein Teil der Privatbibliothek in der neuen Bibliothek präsentiert, die zugleich als Lesesaal und Tagungsraum nutzbar ist und im Auftrag des Bau- und Liegenschaftsbetriebs NRW vom Architekturbüro HKS-Architekten geplant und realisiert wurde. Eine Fläche von 256 Quadratmetern teilen sich ein großzügiges Foyer mit Empfangsbereich sowie die Bibliothek, unterteilt in 10 Themen-Nischen.
Die zugehörigen Vitrinen verdienen besondere Aufmerksamkeit: Sie gewähren den Blick auf viele der insgesamt mehr als 2.600 literarischen Raritäten mit Widmungen namhafter Persönlichkeiten u. a. aus Politik, Theologie, Geschichte, Kunst und Kultur, Literatur und von Weggefährten Raus.
Zwei Glasgänge mit insgesamt weiteren 65 Quadratmetern dienen als Verbindung zum Gästehaus der Universität und zu der benachbarten, bereits bestehenden Fachbibliothek 7 der Universitätsbibliothek, die für die nun übernommene Privatsammlung eigens einen Gesamtkatalog geschaffen hat. Die drei auf diese Weise verbundenen Gebäude mit parallel nutzbaren Räumlichkeiten bilden künftig gemeinsam das Johannes Rau-Zentrum.
Skulptur der Künstlerin Prof. Leunora Salihu
Eine Skulptur der Künstlerin Prof. Leunora Salihu vervollkommnet das neue architektonische Gesamtgefüge. Auf dem Vorplatz des Johannes Rau-Zentrums ist sie sichtbares Symbol der Begegnung, suggeriert Offenheit, Streben nach Mehr und Lebendigkeit. Zwei Formen begegnen sich auf einer gemeinsamen, leicht schräg angeordneten Spiegelachse.
Wie auch in der Wissenschaft wird hier mit Vernetzung, neuen Formaten, Ein- und Ausblicken sowie Öffnung gearbeitet. Auf diese Weise bietet die Skulptur Inspiration für Studierende wie Lehrende im gemeinsamen Austausch über Wissenschaft. Das Kunstwerk wurde durch eine großzügige Spende des Unternehmers und guten Freundes von Johannes Rau, Eberhard Robke, ermöglicht.
Die Kosten des mehrjährigen, nun beendeten Gesamtprojektes belaufen sich auf fast 5 Millionen Euro, wovon das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen mit rund 3,5 Millionen Euro den Löwenanteil trägt. Die Bergische Universität beteiligt sich mit fast 500.000 Euro.
Weitere 100.000 Euro investiert die Stadt Wuppertal. Gemeinsam mit großzügigen Spenden namhafter Wuppertaler Unternehmen – der Knipex-Werk C. Gustav Putsch KG, der Stadtsparkasse Wuppertal und der Vorwerk & Co. KG – gelang es schließlich, in der Schwebebahnstadt dem literarischen Nachlass und Lebenswerk eines ihrer wohl berühmtesten Söhne den Rahmen zu verleihen, der ihm gebührt.
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