23. August 2022Peter Pionke
Roberta Bieling: Man muss mit Kindern über den Krieg reden
Die gebürtige Bochumerin ist Mutter von drei Töchtern. Auch Zuhause spielt der Ukraine-Krieg, der die ganze Welt erschüttert, in den Gesprächen eine große Rolle.
Wir haben uns im Rahmen unserer Interview-Reihe „Hand aufs herz“ mit der beliebten RTL-Moderatorin unterhalten, wie sehr der Krieg in Europa den Fernseh-Alltag beeinflusst und auch viele andere Themen angesprochen.
DS: Der Krieg in er Ukraine überschattet derzeit alles. Auch beruflich spielt er eine Hauptrolle. Wie schaffen Sie es, die grausamen Bilder nicht zu nah an sich herankommen zu lassen?
Roberta Bieling: „Das ist ja für uns alle wichtig. Im normalen Alltag versuche ich, mich abzulenken, weil ja niemandem damit geholfen ist, wenn sich hier bei uns alle Menschen Sorgen machen, Angst haben, dass sich der Krieg ausweitet oder die schlimmen Verluste betrauern, die die Menschen in der Ukraine jetzt verschmerzen müssen. Natürlich ist das alles schrecklich und es ist wichtig, mit Spenden und Unterkünften zu helfen, auch mit Demonstrationen und Aufklärung. Aber das Leben hier in Deutschland geht ja trotzdem weiter und deswegen sollten wir kein schlechtes Gewissen haben, sondern lieber schauen, dass wir helfen können, soweit uns das von hier aus möglich ist.“
DS: Sie haben jetzt zum Teil Interviewpartner, wie Rüstungs-Experten, Militärstrategen, Politikwissenschaftler und Friedensforscher, mit denen Sie bisher nie oder nur ganz selten zu tun hatten. Wie bereiten Sie sich auf diese Gespräche vor?
Roberta Bieling: „Wenn ich den Gast tatsächlich noch nicht kenne, informiere ich mich erstmal über ihn. Dabei erfährt man ja meistens nicht nur viel über die Person selbst, sondern auch über ihr Spezialgebiet. Das ist immer spannend. Außerdem sind die Interviewpartner auch fast immer schon vor dem Gespräch im Studio, so dass wir Zeit haben, uns kennenzulernen und inhaltliche Fragen zu klären. Vor allem bin ich aber auch der Meinung, dass wir ja Experten in unsere Sendungen einladen, weil wir selbst keine sind und auch nicht sein müssen. Natürlich kenne ich mich in Rüstungsfragen nicht so gut aus wie ein Militärstratege, aber genau deshalb ist er ja auch da.“
DS: Sie sind selbst Mutter von drei Mädchen. Thematisieren Sie den Krieg und das Leid vieler Kinder und Jugendlicher in der Ukraine auch zuhause?
Roberta Bieling: „Das kann und sollte man seinen Kindern nicht verheimlichen. Denn in der Schule ist es sowieso Thema: Da finde ich es wichtig, die Kinder zuhause darauf vorzubereiten. Unsere Nachbarn haben gleich zu Beginn des Krieges eine junge ukrainische Frau und ihre kleine Tochter bei sich aufgenommen. Wir haben alle zusammen ein großes Paket mit Spielsachen und Klamotten für sie gemacht und sie zu uns eingeladen. Ich denke, es hilft den Kindern, wenn sie aktiv werden können und nicht einfach nur mitansehen, was da passiert.“
DS: Sie haben sich selbst eine 14tägige Instagram-Abstinenz auferlegt. Was war der Grund dafür?
Roberta Bieling: „Das habe ich gar nicht bewusst gemacht. Alles, was ich hätte posten können, ob mein Geburtstag oder der Feierabendkaffee oder das Outfit aus der letzten Sendung, schien mir so belanglos angesichts dieser schrecklichen Schicksalsschläge, die die Menschen in der Ukraine erleiden müssen. Das fand ich unpassend. Irgendwann habe ich dann aber auch gemerkt, dass viele auch wieder Lust auf etwas Ablenkung haben. Das Leben geht ja um uns herum glücklicherweise weiter. Und das eben auch auf Instagram.“
DS: Wie lenken Sie sich von Bildern, die Tod, Zerstörung und pure Verzweiflung zeigen, ab?
Roberta Bieling: „Während der Sendung muss ich manchmal weggucken und unterhalte mich mit den Kollegen im Studio, um manche Dinge gar nicht so genau mitzubekommen. Wenn man sich auf dieses Leid emotional einlässt, kann man ja nicht mehr distanziert darüber berichten.“
DS: Du haben Ihre Fernsehlaufbahn mit einem Volontariat in Essen gestartet. Hattest Sie schon damals schon den Traum, Karriere als TV-Moderatorin zu machen, die bei einem erfolgreichen Sender wie RTL regelmässig auf dem Bildschirm auftaucht?
Roberta Bieling: „Nein, das hätte ich nie gedacht und ehrlich gesagt, habe ich mir das auch nie gewünscht. Ich hatte in der Schule und an der Uni panische Angst, vor vielen Menschen zu sprechen oder ein Referat zu halten. Das ging gar nicht. Als der damalige Redaktionsleiter von RTL-Punkt 6 mich fragte, ob ich moderieren wolle, habe ich gedacht, der spinnt. Aber ich wusste auch, wie viele Kollegen jahrelang Klinken putzen, um so einen Job zu bekommen. Ich habe ihn praktisch auf dem Silbertablett serviert bekommen. Und ich hatte das Gefühl, dass es nicht in Ordnung wäre, diese Chance einfach wegzuwerfen. Ich habe dann Moderationstraining bekommen und trotzdem bis zum Abend vor meiner ersten Sendung nicht daran geglaubt, dass ich das wirklich machen würde. An dem Morgen vor der ersten Sendung habe ich in der Maske so sehr gezittert, dass die Kollegin mich kaum schminken konnte. Und ich war auch gar nicht gut. Aber das war mir egal. Ich hatte meine Angst besiegt und das war das einzige, was mir an diesem Morgen wichtig war.“
DS: Inwieweit hilft es Ihnen jetzt, dass Sie auch jahrelang als Reporterin hinter der Kamera gearbeitet und draußen eigene TV-Beiträge von Lifestyle bis hin zu Gerichtsreportagen produziert haben?
Roberta Bieling: „Das ist mir total wichtig. Ich habe als Kameraassistentin schwere Lichtkoffer und Tontaschen geschleppt, bin als Volontärin bei gestressten Fußballspielern abgeblitzt, habe stundenlang bei Banküberfällen vor der Filiale gewartet oder versucht, Schauspielern etwas möglichst Privates zu entlocken. Dadurch weiß ich, unter welchen Bedingungen unsere Beiträge entstehen, wie anstrengend das oft für die Kollegen vor Ort ist und vor allem weiß ich, wovon ich rede. Das gibt Sicherheit. “
DS: Wie sehr hat sich die Arbeit beim Fernsehen und als TV-Journalistin in den letzten 10 bis 15 Jahren verändert?
Roberta Bieling: „Alles ist schneller geworden. Für eine Live-Übertragung muss man nicht mehr mit einem riesigen LKW anreisen. Es reicht ein kleiner Rucksack. Die meisten Kameras sind viel kleiner und leichter. Das ist oft angenehmer und man kann die Bilder schneller überspielen und schneiden. Die Herausforderung ist dabei natürlich, bei dieser Geschwindigkeit die Qualität nicht aus den Augen zu verlieren.“
DS: Ihr Gesicht taucht nicht nur auf dem Bildschirm, sondern auch auf oder in Magazinen wie die „GALA“ auf. Können Sie eigentlich noch Brötchen holen gehen, ohne angesprochen zu werden?
Roberta Bieling: „Das ist kein Problem. Ich merke zwar oft, dass mich Leute erkennen, aber angesprochen werde ich nicht ständig. Und wenn, dann ist das immer total nett, dann fragt jemand, ob ich das wirklich bin oder ob wir ein Foto zusammen machen. Ich finde es zwar immer noch komisch, dass jemand mit mir ein Bild möchte, aber die Leute sind immer sehr freundlich!“
DS: Fast alle TV-Moderatorinnen oder -Moderatoren sind bei Instragram, Twitter oder Facebook präsent. Warum ist es wichtig, über Social Media in Kontakt mit seiner „Fan-Gemeinde“ zu bleiben?
Roberta Bieling: „Ich glaube, viele Zuschauer freuen sich, wenn sie uns auch mal außerhalb des Studios sehen oder erfahren, was wir nach der Sendung so machen. Und es ist ja so einfach, ihnen das zu ermöglichen.“
DS: Ist Social Media so etwas wie die gute, alte Fan-Post, die früher mühsam bearbeitet und beantwortet musste?
Roberta Bieling: „Ja, ganz genau. Nur dass man da auch Fotos und Videos zeigen kann und die sagen ja oft mehr, als ein langer Antwortbrief.“
DS: Hat eine Ihrer Töchter vielleicht Ambitionen, in Ihre Fußstapfen zu treten?
Robert Bieling: „Das glaube ich nicht. Sie finden es zwar immer spannend, wenn ich von der Arbeit erzähle. Aber sie haben eigene Interessen, und das ist auch gut so. Meine große Tochter hat mal zu mir gesagt: ‚Es ist ja immer toll, wenn ich mal mit zu deiner Arbeiten kommen darf, aber das einzig Nervige ist, dass Deine Kollegen immer fragen: Willst du auch mal Moderatorin werden, wie die Mama?’“
DS: Viele Frauen beneiden Sie sicher, weil Sie in jeder Sendung andere schicke Klamotten anhaben. Die Sachen stammen vermutlich aus dem RTL-Kleider-Fundus. Repräsentieren die Outfits, die Sie auf dem Schirm tragen überhaupt Ihrem Modestil, Ihrem persönlichen Geschmack?
Roberta Bielingb: „Ja und nein. Viele Sachen, die ich in der Sendung trage, hätte ich zuhause nicht im Kleiderschrank, weil ich privat nur selten schicke Hosenanzüge oder Kleider trage. Da bin ich eher in Jeans unterwegs. Aber ich ziehe auch in der Sendung nur Klamotten an, die mir wirklich gefallen. Und meine Kollegen aus dem Styling haben da auch immer eine tolle Auswahl.“
DS: Welche Hobby betreiben Sie in Ihrer Freizeit?
Roberta Bieling: „Ich habe keine Zeit für Hobbies. Wenn ich von der Arbeit komme, dreht sich alles um meine drei Töchter. Abends freue ich mich, mal in Ruhe mit meinem Mann zu reden oder wir treffen Freunde. Zu sowas wie Sport komme ich nur selten und dann schaffe ich kaum mehr als die 7 Minuten App auf meinem Handy. Aber so ist es eben und irgendwann wird es wieder anders sein. Man sollte sich mit Sport nicht stressen. Auch nicht mit dem, den man NICHT macht.“
DS: Last but not least: Welche Ziele und Träumehaben Sie noch beruflich? Vielleicht einmal Nachfolgerin von News-Anchorman Peter Kloeppel zu werden?
Roberta Bieling: „Ich hätte im Traum nicht gedacht, dass ich beruflich mal da hin komme, wo ich heute bin. Mein Ziel? Diesen tollen, spannenden, manchmal stressigen, manchmal lustigen Job mit großartigen Kollegen so gut zu machen wie ich kann. Wenn sich daraus ein weiterer Schritt ergibt – wunderbar. Wenn nicht, bin ich auch so glücklich.“
DS: Vielen Dank für das ehrliche, offene und spannende Gespräch.
Das Interview führte Peter Pionke
VITA ROBERTA BIELING
Robert Bieling wurde am 27.02.1975 in Bochum geboren. Nach dem Abitur studierte sie an der Ruhr-Uni Bochum Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften. Anschließend absolvierte sie ein Volontariat bei CNC-RTL in Essen. Danach produzierte Robert Bieling Gerichts- und Lifestyle-TV-Beiträge für das RTL-Mittagsmagazin „Punkt 12“.
Im Jahr 2000 wechselte sie zu RTL nach Köln und moderierte ab 2003 als Anchorwoman die News-Sendung von RTL II. Bis 2015 war Roberta Bieling neben Wolfram Kons Hauptmoderatorin der RTL-Morgenmagazine „Punkt 6“ und „Punkt 9“, die 2013 in „Gutern Morgen Deutschland“ umgetauft wurden.
Seit 2006 moderiert Robert Bieling als festes Mitglied des Teams von „Punkt 12“ das beliebte Mittagsmagazin eine Woche im Monat. Seit 2015 ist sie auch Chefin vom Dienst (CvD) der Sendung.
Im März 2022 übernahm sie die Moderation der Neuauflagen der Sendungen „Punkt 6“, „Punkt 7“ und „Punkt 8“.
Roberta Bieling ist mit Martin Gradl, Chefredakteur RTL-Magazine, verheiratet. Sie ist Mutter von drei Töchtern.
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