2. Oktober 2022Peter Pionke
Nach Regelverstoß: BHC mit Wut im Bauch nach Erlangen
Die Aufarbeitung sei inzwischen aber abgeschlossen, die Vorbereitung auf die nächste Partie im vollen Gange. Am Donnerstag (06.10.2022 – 19.05 Uhr – Arena Nürnberger Versicherung) sind die Löwen beim HC Erlangen zu Gast.
Ein kurzer Rückblick: In Stuttgart stand es wenige Sekunden vor dem Ende 26:26, als gegen TVB-Spielmacher Egon Hanusz ein Stürmerfoul gepfiffen wurde, das den BHC in Ballbesitz brachte. Kurz darauf ertönte das Signal zur Auszeit, das durch die Betätigung des Buzzers durch TVB-Trainer Michael Schweikardt ausgelöst wurde.
Die Unparteiischen entschieden nach Rücksprache mit dem Technischen Delegierten auf Auszeit und somit auch Ballbesitz für Stuttgart. „Es gibt keine zwei Meinungen, was diese Entscheidung betrifft“, sagt Naji. „Wir haben darüber gesprochen und es hinter uns gelassen. Es ist eine Situation, die wir nicht mehr ändern können.“
Trainer Jamal Naji:“Wir müssen uns an die eigene Nase fassen“
So ärgerlich ein Punktverlust auf diese Art und Weise auch ist, steht für Naji und das Team fest: „Wir müssen uns an die eigene Nase fassen, weil wir es überhaupt zugelassen haben, es zu dieser Szene kommen zu lassen. Dass am Schluss einiges schief lief, weiß jeder. Aber wenn wir uns nicht zwölf wirklich schwache Angriffsminuten in der zweiten Halbzeit geleistet hätten, wäre es nie dazu gekommen.“
Unter dem Strich bleibt natürlich dennoch eine Niederlage, die Frustration und Wut auslöst. „Das war auch im Training zu merken. Da war eine hohe Intensität drin. Wir versuchen die Wut positiv für uns gegen Erlangen zu nutzen“, sagt der Coach, der die nächste Aufgabe als ähnliche Herausforderung wie die bei den Schwaben betrachtet. „Die Erlanger verfügen über eine wahnsinnig hohe Breite und sind in der Lage, ohne Substanzverlust zu wechseln“, nennt er eine der größten Stärken des Gegners.
Die Vorbereitung sei in diesem Fall nicht einfach, weil der HCE zudem sehr variabel agieren kann. Unter anderem mit Antonio Metzner verfügt das Team über zweikampfstarke Spieler, hat aber gleichzeitig zum Beispiel in Simon Jeppsson auch Handballer, die einfache Rückraum-Tore erzielen können.
„Außerdem agieren sie oft clever, weil sie wissen, wann sie mal liegen bleiben, oder sich mal ins Gesicht fassen müssen“, sagt der BHC-Coach, der trotz allem zuversichtlich ist, auch Schwächen beim Gegner ausgemacht zu haben. „Die werden wir angreifen.“
Gerne würde der Jamal Naji noch einmal eine solche erste Halbzeit wie in Stuttgart sehen. Mit einem 17:12-Vorsprung waren die Löwen in die Kabine gegangen. „Das war die bisher beste Hälfte in dieser Saison – der Ballfluss war herausragend. Es ist einfach schade, dass wir uns dafür nicht belohnen konnten.“
Am Donnerstag soll es mit nahezu unverändertem Personal gelingen. Isak Persson könnte nach überstandener Mandelentzündung wieder in den Kader rücken, dafür wird Tom Bergner ausfallen. Der Kreisläufer ist krank geworden. Der Rest des Kaders, der in Stuttgart auf der Platte stand, tritt die Reise nach Nürnberg an.
Schiedsrichter brachten BHC um mindestens einen Punkt
Eine umstrittener Pfiff entschied zwar die finale Situation zwischen dem TVB Stuttgart und dem Bergischen HC, doch zuvor hatten die Löwen alle Chancen, die Bundesliga-Partie zu ihren Gunsten zu entscheiden. Ein klarer Regelverstoß. Warum dieser kein juristisches Nachspiel hat, lesen Sie weiter unten.
Nach einer starken ersten Halbzeit kam die Mannschaft schwächer aus der Kabine, erkämpfte sich in der Schlussphase aber doch noch eine Siegmöglichkeit. Die jedoch blieb ungenutzt, so dass der BHC mit 26:27 (17:12) verlor. Zum zweiten Mal besiegelte der letzte Wurf des Gegners wenige Sekunden vor Schluss eine BHC-Niederlage.
Danach hatte es in der ersten Halbzeit noch nicht ausgesehen. Der BHC präsentierte sich in guter Form und ging nach einem 2:4-Rückstand souverän in Führung. Für Stabilität sorgte von Anfang an Torhüter Christopher Rudeck, der bis zum Schluss viel wegnahm und mit einer Fangquote von 42,5 Prozent auch sein ebenfalls starkes Gegenüber Silvio Heinevetter (35,3) in den Schatten stellte.
Im Angriff lief für die Bergischen vieles rund, Djibril M’Bengue erzielte bei angezeigtem Zeitspiel den 15:9-Vorsprung aus dem Rückraum, Frederik Ladefoged hatte vom Kreis vor der Pause eine perfekte Ausbeute.
Der 17:12-Halbzeitvorsprung, der zwischendurch sogar sechs Tore betragen hatte, war komfortabel, aber keinesfalls sicher. Das stellten die Stuttgarter mit Beginn der zweiten Hälfte unter Beweis. Sie kamen schnell wieder in Schlagdistanz und nutzten eine insbesondere offensiv schwache Phase, um zunächst auf 19:21 zu verkürzen und dann sogar zum 22:22 auszugleichen.
Die Löwen hingegen fanden nicht nur kaum noch gute Lösungen im Positionsangriff, sie vergaben auch sehr viele freie Bälle gegen Heinevetter, zwischendurch aber auch gegen Miljan Vujovic.
BHC-Coach Jamal Naji griff beim Zwei-Tore-Rückstand kurz vor dem Ende zum taktischen Mittel des siebten Feldspielers. Das ging auf. Ladefoged, Lukas Stutzke und Yannick Fraatz erzielten die Treffer auf dem Weg zum 25:25. Bei noch fünf Minuten auf der Uhr überschlugen sich die Ereignisse.
Treffer von Noah Beyer zurückgepfiffen
Bei einem Gegenstoß zur möglichen Führung war der Stuttgarter Torhüter Endstation. Ein scheinbarer Treffer von Noah Beyer wurde zurückgepfiffen, weil er im Kreis abgesprungen sein soll. Trotzdem egalisierte Beyer nach Jerome Müllers 26:25 erneut. Nachdem Stutzke bei einem offensiven Zweikampf keinen Freiwurf zugesprochen bekommen hatte, schien der letzte Angriff der Partie nun den Schwaben zu gehören.
Was dann passierte, war zumindest umstritten. Gegen die Stuttgarter wurde ein Stürmerfoul gepfiffen, doch statt Wechsel des Ballbesitzes entschieden die Unparteiischen auf eine Auszeit für den TVB. Das Buzzer-Signal, das seit dieser Saison unmittelbar mit Betätigung ertönt, war allerdings nicht zu hören.
Nach längeren Diskussionen blieben die Schwaben im Angriff, spielten diesen stark aus trafen durch Adam Lönn zum 27:26-Endstand. Mit 4:10 Punkten belegt der BHC Platz 11 in der Handball-Bundesliga.
Stimmen zum Spiel
Jamal Naji: „Wir spielen eine sehr gute erste Halbzeit, haben dann aber 15 Minuten in der zweiten, in der gar nichts funktioniert. Durch eine gute Moral kommen wir noch mal heran, haben in einer Eins-gegen-Null-Situation sogar die Möglichkeit in Führung zu gehen. Den Rest der Geschichte hat dann jeder miterlebt.“
Michael Schweickardt: „Bei uns war es genau anders herum. Wir hatten Probleme in der ersten Halbzeit, haben uns dann aber merklich gesteigert und insgesamt nur neun Gegentreffer in der zweiten Hälfte kassiert. Das ist ein guter Wert für uns. Vorne sind wir kämpferisch reingekommen und hatten eine Leistungssteigerung von Max Häfner, die uns geholfen hat. Auch das Comeback von Ivan Sliskovic war sehr wichtig. Die letzte Situation will ich unkommentiert lassen.“
Jörg Föste: „Es war die dritte Niederlage mit einem Tor – das ist für den Augenblick extrem ernüchternd. Vor allem vor dem Hintergrund, dass bis zur 40. Minute so viel gepasst hat: Torhüterleistung, Deckungsarbeit, konzentrierte Angriffe. Dann haben wir die Linie verloren und Stuttgart den Weg ins Spiel geebnet. Zum Schluss war es so unglücklich, wie es nur laufen kann.“
TVB Stuttgart – Bergischer HC 27:26 (12:17)
TVB Stuttgart: Heinevetter, Vujovic – Pfattheicher (6/4), Lönn (6), Sliskovic (4), Zieker (3), Häfner (3), Müller (2), Forstbauer (2), Bergendahl (1), Hanusz, Röthlisberger, Fernandez, Nicolaus, Serrano, Schöttle. Trainer: Michael Schweikardt
Bergischer HC: Rudeck, Johannesson; Beyer (2), Nothdurft (1), Stutzke (4), Weck, Arnesson (2), Babak (3), Ladefoged (6), Nikolaisen, Begner, Schönningsen (2), M’Bengue (2), Gunnarsson (2), Fraatz (2). Trainer: Jamal Naji
Kein Einspruch wegen des Regelverstoßes
die krasse Fehlentscheidung des Schiedsrichtergespanns Köppl/Regner und des Technischen Delegierten Andler in der Schlussphase des Handball-Bundesligaspiels TVB Stuttgart gegen den Bergischen HC wird kein juristisches Nachspiel haben.
Der Grund: Vor Ort wurde vor der Versiegelung des Spielberichtes von Seiten des BHC versäumt, einen Einspruch gegen die Wertung des Spiels einzulegen. Nur mit diesem Vermerk im Spielbericht wäre ein Protest binnen 72 Stunden nach Spielende möglich gewesen.
Dabei wäre eine Neuansetzung unausweichlich gewesen. Beim Stand von 26:26 unmittelbar vor Spielende hatte TVB-Trainer Schweikardt den Auszeit-Buzzer betätigt, obwohl der Bergische HC in Ballbesitz war.
Statt regelkonform auf Disqualifikation für Schweikardt und Siebenmeter-Strafwurf für den Bergischen HC zu entscheiden, gaben Regner und Andler Auszeit und Ballbesitz für Stuttgart. In der Restspielzeit fiel noch das 27:26 für Stuttgart.
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