15. März 2023Peter Pionke
Lena & Jan auf Weltreise: Erwartungen
So etwas gehört dann wohl auch mal zu einer Weltreise dazu. Während vor meinem Fenster der wunderschön gewundene Nam Ou-Fluss vorbeifließt und sich das Sonnenlicht auf seiner Oberfläche spiegelt, tue ich was? Richtig, ich liege erkältet und mit Fieber im Bett, versuche zu lesen, döse immer wieder ein, werde nur kurz wach, um dann wieder in den nächsten etwas verwirrenden Traum zu gleiten – toll.
Aber was soll ich machen? Nachdem ich bereits zu Beginn unserer Reise ein paar Mal leicht erkältet war, hat es mich dieses Mal nun etwas heftiger erwischt und ich bin gezwungen, einen Gang zurückzuschalten, um meinem Körper die benötigte Ruhe zu gönnen und schnell wieder auf die Beine zu kommen.
Auch wenn ich es mir nicht gewünscht habe und definitiv andere Vorstellungen von unserem Aufenthalt im laotischen Nong Khiaw hatte, versuche ich doch das Beste daraus zu machen, ohne mir die Stimmung verderben zu lassen. Denn sind wir mal ehrlich, was hätte ich dadurch gewonnen? Ich würde mich nicht nur körperlich schlecht fühlen, sondern meine Laune wäre zusätzlich auch noch im Keller. Kein guter Plan.
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Damit sind wir bei einem wichtigen Thema, denn Erwartungen und der Umgang mit ihnen, sind ein zentraler Punkt beim Reisen. Ich glaube, wir haben in einem vorherigen Beitrag schon mal kurz drüber geschrieben, dass die Dinge, die man sich ausgemalt hat, selten auch genauso eintreten.
Meist weichen Erwartungen und Realität mehr oder weniger stark voneinander ab: Der Strand sieht anders aus als auf den zuvor angeschauten Bildern, der köstlich und gesund aussehende Salat entpuppt sich als ein in Glutamat getränkter Reinfall, die auf der Karte eingezeichnete kleine Bar, gibt es nicht mehr, oder Du liegst eben krank im Bett, anstatt mit dem Kajak über den Fluss zu paddeln…
Es geht also darum, mit diesen kleinen Enttäuschungen umzugehen, ohne dass einem der Spaß und die gute Stimmung verdorben wird, denn das würde alles noch viel schlimmer machen.
Mit den gemachten Erfahrungen unserer ersten zwei Monate auf Reisen und der daraus gewonnenen Erkenntnis, dass immer alles etwas anders kommt als gedacht, haben wir uns vor mittlerweile knapp zwei Wochen auf den Weg von Thailand nach Laos gemacht.
Von Pai im Norden Thailands, mit dem Minivan zurück nach Chiang Mai und weiter zu einer Zwischenübernachtung nach Chiang Rai. Einem etwas trostlosen Ort, in dem der eine oder andere Mittfünfziger Tourist seit Längerem gestrandet zu sein scheint, über seinem Bier mit glasigem Blick in Gedanken versunken, ohne recht zu wissen, wie es weitergehen soll.
Zum Glück haben wir an diese Stadt auch keine großen Erwartungen und werden eher noch positiv überrascht als wir am nächsten Morgen einen kurzen Ausflug zum weißen Tempel Wat Rong Khun machen, der völlig anders aussieht als alles, was wir zuvor schon an Tempeln in Asien gesehen haben – und das waren wirklich einige.
Wie der Name sagt, völlig in Weiß gehalten, kuriose Figuren und Formen über und über verziert mit kleinen Spiegeln. Und im Inneren – wo wir leider keine Bilder machen dürfen – finden sich, neben einer zugegebenermaßen erwartbaren Buddha-Figur, auch Wand-Malereien in die kleine Spongebobs, Spidermans oder auch Minions integriert sind – das hätten wir wirklich nicht erwartet und ich frage mich noch immer, was mir das sagen wollte, aber manches sollte man vielleicht auch nicht zu sehr hinterfragen.
Anschließend geht es direkt mit dem lokalen Bus inklusive krähendem Hahn, der als Paket vom Busfahrer ausgeliefert wird, von Chiang Rai bis an die laotische Grenze. In die Stadt Ban Houayxay. Direkt am Mekong gelegen, absolut idyllisch. Und hier muss ich sagen, zeigt sich auch die positive Seite davon, wenn Dinge nicht den Erwartungen entsprechen.
Denn auch, wenn die Realität häufig nicht an die eigenen Vorstellungen heranreicht, gibt es auch genau diese Momente, in denen man so wahnsinnig positiv überrascht wird und alles noch so viel besser ist als zuvor ausgemalt. Genauso war der erste Blick auf den Mekong an diesem Abend in Ban Houayxay: Die Sonne langsam untergehend, viel Grün, Ruhe und ein Gefühl, genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.
Umso mehr freue ich mich danach auf unsere zweitägige Tour mit dem Longboat über den Mekong nach Luang Prabang. Entspannt den Fluss entlangfahren, perfekter Blick auf die Landschaft und den Flusslauf, ein paar Gleichgesinnte, mit denen man sich austauscht, tolle Fotomotive – so die Theorie bzw. mein inneres Bild.
Tja und genau das ist dann wieder so ein Augenblick, in dem Erwartung und Realität nicht so recht zusammenfinden wollen. Nachdem wir relativ früh am Bootssteg ankommen und uns brav auf die uns zugewiesenen Plätze setzen (die aus alten Autositzen bestehen, welche zu Dreier- und Viererbänken auf Holzlatten zusammengeschraubt wurden), dauert es noch knapp 1,5 Stunden bis wir wirklich ablegen.
Grund sind die Massen an Menschen, die auf dieses Boot strömen und sich nach einiger Zeit mehr oder weniger wahllos und durcheinander ihre Sitzplätze suchen. Ab einem bestimmten Zeitpunkt reicht der Stauraum im Boden für die vielen großen Rucksäcke nicht mehr aus und es wird angefangen, diese im hinteren Teil bei den Maschinen zu verstauen – alles wirkt ein wenig chaotisch, teilweise überfordert.
Wir mittendrin, seit über einer Stunde auf unseren Autositzen verharrend, Ausblick leider nicht vorhanden, da die Reling genau auf Kopfhöhe verläuft und den Blick nach draußen weitgehend versperrt. Und dann gesellt sich noch eine sehr aufgedrehte Gruppe englischsprachiger Studenten um uns herum, die das Ganze wie eine Klassenfahrt wirken lassen und mein inneres Bild spätestens jetzt auf allen Ebenen zerstören.
Aber auch hier lerne ich, mich mit den Gegebenheiten zu arrangieren und das Beste aus der nicht ganz optimalen Situation zu machen. Immerhin schmeckt das Essen bei unserem abendlichen Zwischenstopp in Pak Beng dafür umso besser und ich freue mich sehr auf das Bett, bevor es am nächsten Morgen mit dem Boot weitergeht – Ziel: Luang Prabang.
Gerade erst an unserem Zielort angekommen, wird es kurz sehr aufregend, denn unser schwer be- oder auch überladenes Tuktuk (acht Personen plus Gepäck), verliert plötzlich während der Fahrt das linke Hinterrad, woraufhin es einen kräftigen Schlag gibt, der uns alle durchschüttelt und wir danach abrupt zum Stehen kommen.
Zum Glück hat sich niemand etwas getan und obwohl dem Tuktuk auch noch das Vorderrad abgebrochen ist, hat der Fahrer es irgendwie geschafft, uns von der Hauptstraße weg, in einen kleinen Weg zu lenken, wo das Gefährt nur Zentimeter neben einem Graben stehen bleibt.
Die Moped-Fahrerin, die er bei diesem Manöver leicht tuschiert hat, kommt zum Glück auch mit dem Schrecken davon. Es hätte also auch viel, viel schlimmer ausgehen können. Nach diesem kleinen Schock, sind wir dann doch sehr froh als wir endlich richtig in der Stadt ankommen und die entspannte Stimmung auf uns wirken lassen können.
Wir fühlen uns auf Anhieb wohl und freuen uns, auch hier so nah am Mekong zu sein. Das saftig grüne Flussufer und der stetig dahinfließende Wasserstrom, haben irgendwie eine faszinierende Wirkung auf mich. Ich fühle mich sofort damit verbunden und könnte stundenlang einfach nur dort sitzen und aufs Wasser schauen, mir vorstellen, wie die Menschen vor hunderten von Jahren schon hier mit ihren Booten entlanggefahren sind.
Dabei wird mir wieder einmal bewusst, wie gerne ich am Wasser bin. Und so genießen wir unsere Tage in Luang Prabang mit viel Ruhe und Gelassenheit. Die Stadt erkunden, ihr Flair auf uns wirken lassen, das sehr französisch ist – leider geprägt durch die koloniale Vergangenheit – über Nachtmärkte und Food Courts streifen, Bambus-Brücken passieren und mit dem Roller raus zu einem wunderschönen Wasserfall fahren.
An diesem Ort hätten wir auch problemlos noch einige Tage länger verbringen können, denn es hat alles gepasst. Eben ein Fall, in dem die Erwartungen mindestens getroffen, wenn nicht sogar um einiges übertroffen wurden.
Und doch zieht es uns irgendwann weiter. Ein gutes Stück weiter hoch in den Norden, wo es noch grüner und vor allem sehr viel hügeliger sein soll. Auf nach Nong Khiaw. Ich bin gespannt, wie weit – mal abgesehen von meiner eingangs erwähnten Erkältung – oder nah Erwartung und Realität dort insgesamt voneinander entfernt liegen, in dem Wissen, dass es am Ende egal ist und es nur darauf ankommt, wie ich mich entscheide damit umzugehen.
Lena Lichterbeck
12. März 202
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