17. Juli 2023Peter Pionke
Der berühmte Autodesigner Erich Bitter ist tot
Gentleman Erich Bitter hatte noch bis ins hohe Alter Vollgas gegeben. Hinter ihm liegt ein spannendes, bewegtes Leben auf der Überholspur. Der gebürtige Schwelmer war Rad-Profi, Automobilrennfahrer, Auto-Designer, Unternehmer, Dressurreiter, Skifahrer, Marathonläufer und Maler.
Der erfolgreiche Autodesigner Erich Bitter legte auch privat einige „Boxenstopps“ hin. Er war viermal verheiratet. Mit Gisela, Ehefrau Nummer vier, war er glücklich am Ziel angekommen.
Sein Vater besaß mehrere Fahrrad-Geschäfte. Irgendwann saß Erich selbst auf dem Sattel und trat noch als Amateur so erfolgreich in die Pedale, dass er die Schule nach der Mittleren Reife verließ, um Rad-Profi zu werden.
Mit 21 Jahren war er der jüngste deutsche Berufsradrennfahrer. Als „Wasserträger“ verhalf er deutschen Rad-Legenden wie Hennes Junkermann und Klaus Bugdahl zu Siegen.
Das reichte dem ehrgeizigen Erich auf Dauer aber nicht: „Ich musste immer dafür sorgen, dass der Hennes genug zu trinken hatte. Notfalls musste ich ihm sogar meine eigene Wasserflasche geben. 1958 habe ich dann wegen eines Herzschadens meine Rad-Karriere beendet. Ich muss ehrlicherweise auch zugeben, dass es für ganz vorne nicht gereicht hat“, erklärte er einmal.
Fahrrad-Lenker mit Lenkrad getauscht
Erich Bitter vertauschte den Fahrrad-Lenker mit dem Auto-Lenkrad und setzte in Zukunft auf PS. Er fuhr von 1959 bis 1968 sehr erfolgreich Automobil-Rundstrecken- und Langstreckenrennen. Er saß u.a. hinter dem Gaspedal von Saab, Volvo, Porsche, Ferrari, Jaguar, Lamborghini, Mercedes, Opel und Abarth.
1965 raste er mit seinem Abarth bei der deutschen Rundstreckenmeisterschaft sogar auf Platz drei. Das war die Sonnenseite seiner Karriere als Autorennfahrer. Aber Erich Bitter benötigte bei drei schweren Unfällen auch die volle Unterstützung seines Schutzengels.
Sein dritter Crash war besonders dramatisch. Beim 1.000-km-Rennen 1969 auf dem Nürburgring prallte auf der berüchtigten Nordschleife im Streckenabschnitt am Brünnchen in die Leitplanken und wurde von dort mit seinem Renner mehrere Meter hoch gegen einen Baum geschleudert.
Nach dritten Renn-Unfall war Schluss
Sein Flitzer fing sofort Feuer. Erich Bitter überlebte den Unfall. Aber er verstand das als Wink des Schicksals und wollte sein Glück nicht weiter herausfordern. Er stieg aus dem Rennsport aus.
Schnelle Autos mit vielen Pferdestärke blieben aber weiterhin seine große Leidenschaft. Sein neuer Auto-Job war aber wesentlich ungefährlicher, dafür aber mindestens genauso spektakulär.
Erich Bitter trat fortan als Autodesigner ausf Gaspedal. Promis wie die Ski-Stars Rosi Mittermaier, Christian Neureuther oder Bernhard Russi und Sänger Howard Carpendale („Hello Again“) fuhren und fahren auf seine gestylten und frisierten Karrossen ab.
Auch die Wuppertaler Beerdigungs-Unternehmerin Barbara Neusel-Munkenbeck und Ehemann Friedrich gönnten sich ein Auto aus der Bitter-Schmiede – einen umgestylten Bitter-Mokka.
Es gibt weltweit rund 1.500 original „Bitter“
Rund 1.500 original ‚Bitters‘ hat Erich Bitter in seiner Karriere als Autodesigner geschaffen. Teilweise ließ er seine „Rohlinge“ sogar aus Australien einfliegen..
Der geniale Autobauer und Freund der Familie Porsche gestaltete fast ausschließlich Autos aus dem Hause Opel um – eigentlich ja nicht die ganz große Traummarke der Fans schneller, edler Automobile.
Erich Bitter erklärte das einmal so: „Ich habe mit Opel einen ganz tollen Deal abgeschlossen. Ich darf jedes Modell so umgestalten, wie ich es möchte. Das wäre bei keiner anderen Automarke möglich. So konnte ich auch mein Erfolgs-Modell Bitter-Insignia gestalten.“
In der Autobranche genoss Erich Bitter einen exzellenten Ruf. 2013 wurde er von „Autobild“ bei der Wahl „Das goldene Klassik-Lenkrad“ in der Kategorie „Person des Jahres“ nominiert.
Howard Carpendale gratulierte zum 85. Geburtstag
2018 feierte er mit vielen Freunden, seiner Gisela und seinen drei Töchtern den 85. Geburtstag im Schwelmer Hotel Fritz am Brunnen. Besonders freute sich Erich Bitter über die Glückwünsche und das Kompliment von Howard Carpendale. „Howie hat zu mir gesagt: ‚Ich habe immer gedacht, ich wäre älter als Du, aber das ist ja gar nicht der Fall. Da hast Du Dich aber gut gehalten“, erzählte Erich Bitter hinterher sichtbar stolz.
Erich Bitter hat bis zuletzt nicht im Traum daran, wegen seines Alters mehrere Gänge zurück zu schalten oder sogar eine Vollbremsung hinzulegen..Er war ein gefragter Auto-Experte und auch Berater des Elektro-Auto-Entwicklers „e.GO-Mobile“ in Aachen.
Erich Bitter hatte bis zuletzt noch viele Pläne. Sein Lebensmotto lautete nämlich: „Wenn man keine Pläne mehr hat, ist man alt.“ Viele Menschen, nicht nur Auto-Freaks, werden Gentleman Erich Bitter vermissen. Die von ihm geschaffenen, handverlesenen Bitter-Cars sind aber sein Vermächtnis.
Text: Peter Pionke
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