19. August 2023Peter Pionke
Runge: Bin in Wuppertal geboren und werde hier auch sterben
Ohne ihm gäbe es in der Bergischen Metropole einen sportlichen Leuchtturm wie den Wuppertaler SV (WSV) schon lange nicht mehr. Und doch war der engagierte Hauptsponsor der „Blau-Roten“ nie ganz unumstritten. „Sonnengott“ nannte ihn noch jüngst ein Kritiker.
„Hier bin ich geboren und laufe durch die Straßen, kenn die Gesichter, jedes Haus und jeden Laden..“ singt Peter Fox, einer der gegenwärtig erfolgreichsten deutschsprachigen Popstars in seinem Hit „Haus am See“, in dem er hinzufügt „Ich muss mal weg, kenn jede Taube hier beim Namen…“
Auch Friedhelm Runge zog es mal in die Fremde ohne aber sein Wuppertal, das stets Ankerplatz war, wirklich zu verlassen. Wie hätte er, der frühere Azubi zum technischen Kaufmann bei der Gebrüder Happich GmbH in Wuppertal und spätere Student der Wuppertaler Maschinenbauschule sowie Uni Bochum (Betriebswirtschaft) mit dem Abschluss eines Diplom-Kaufmannes, es sonst mit seinem Unternehmen EMKA zu einem „Weltmarktführer“ bringen können, mit einer Firma, in der er 1972 als achter Mitarbeiter einstieg?
Weltmarktführer mit über 350 Mio. € Umsatz
Mit 2.100 Mitarbeitern bedient sein Unternehmen EMKA heute über 36.000 Kunden in 60 Ländern. 2022 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von über 350 Millionen Euro. Das Gesamtsortiment umfasst 30.000 Artikel, die an elf Fertigungsstandorten in Deutschland, Frankreich, England, Spanien, Bosnien, Serbien, China, Indonesien und Indien entwickelt, gefertigt, veredelt und montiert werden.
Es geht um Verschlüsse, Scharniere und Dichtungen, die in Schalt- und Steuerungsschränken für Elektronik und Elektrotechnik zum Einsatz kommen. Friedhelm Runge leitet das Familienunternehmen EMKA GRUPPE und ist als eine der bedeutenden Führungspersönlichkeiten im „Who is Who der deutschen Familienunternehmen“, so von „Die Deutsche Wirtschaft“, das multimediale Debatten- und Infotmationsportal für Entscheider aus Mittelstand , Industire und Familienunternehmen, gelistet. Bereits zum fünften Mal in Folge verlieh die „Wirtschaftswoche“ EMKA außerdem das Qualitätssiegel „Weltmarktführer 2023“.
Zukunftsorientiert hat Runge 2021 alle Anteile seiner Firma aufgekauft, um einer Fremdbestimmung eine Absage zu erteilen und freie Hand zu bekommen. Etwa zeitgleich hat er für den WSV mit Zustimmung der Mitgliederversammlung beim Amtsgericht eine Spielbetriebs-GmbH ins Handelsregister eintragen lassen.
Ziel ist eine Teil-Auslagerung, mit der zur Sicherung des Vereines auch neue finanzielle Quellen erschlossen werden sollen. Der Hauptverein soll damit auch vor den Risiken des Profibetriebes geschützt werden. Die Rede ist hier von der 50+1-Prozent-Regel, die besagt, dass die Mehrheit der Anteile (also mindestens 51 Prozent) auch bei einer Ausgliederung der Profifußball-Abteilung in eine Kapitalgesellschaft beim Mutterverein liegen muss. So soll der vereinsprägende Charakter erhalten bleiben und der Einfluss von Investoren begrenzt werden.
Eine Einladung an Wuppertaler, denen die Stadt nicht egal ist
Die Firma EMKA Beschlagteile GmbH & Co. KG wird sich hier massgeblich einbringen, um die Zukunft der WSV-Fußballabteilung auf diese Weise auch längerfristig zu sichern. Friedhelm Runge lädt alle ein, denen die Zukunft des Traditionsvereins Wuppertaler SV nicht egal ist, sich an diesem für die Bergischen Metropole so wichtigen Projekt zu beteiligen.
Der Verein brauche dringend breitere Schultern und sucht weitere Unternehmen, die sich diesem Anliegen nicht verschließen. Die Gründung der WSV-Spielbetriebes GmbH steht nach der Eintragung im Handelsregister unmittelbar bevor. Friedhelm Runge: „Es bedarf nur noch einer Unterschrift“.
Derweil ist die sportliche Leitung des WSV mit dem neuen Sportchef Gaetano Manno, Cheftrainer Hüzeyfe Dogan sowie Co-Trainer Andy Steinmann, Torwarttrainer Rene’ Grabowski und Teammanager Dirk Schneider sehr gut aufgestellt. Und mit Sven Steup hat zudem die Geschäftsstelle einen engagierten, professionellen neuen Kopf bekommen. Das Ziel 2023/24 ist eindeutig. Friedhelm Runge: „Was soll ich denn erzählen? Dass wir Zweiter oder Dritter werden wollen? Nein! Wir wollen Erster werden. Aber das werden zehn andere Mannschaften auch versuchen.“
Verwaltungsrat: Wieder ein Rücktritt zur Unzeit
Die Mannschaft ist mit vier spektakuläre Siegen in die neue Regionalliga-Saison gestartet und peilt den Aufstieg in die 3. Liga an. Just zu diesem Zeitpunkt meldete sich aktuell Verwaltungsratsmitglied Norbert Müller mit seinen Rücktritt zu Wort.
Ausdrücklich erklärte Müller aber, dass sein Entschluss, den Verwaltungsrat zu verlassen, „nicht durch unseren Hauptsponsor bedingt sei“, wohl aber mit fehlender Professionalität innerhalb des Gremiums, dem – so Norbert Müller – in der Mitgestaltung der rechtlichen Aufteilung des Vereins fachliche Kompetenz fehle. Nicht zuletzt betonte Müller, dass er im Gegensatz zu anderen Verwaltungsratsmitgliedern ein anderes Verständnis von demokratischen Abläufen habe.
Turbulenzen im Verwaltungsrat haben beim WSV indessen schon Tradition. Rücktritte, Macht- und Richtungskämpfe bestimmen seit 2013 das Bild und wurden schon vor Gericht ausgetragen. Dabei ging es für einige Mitglieder des Gremiums u.a. auch im die Frage der vermeintlichen Abhängigkeit des Vereins von Sponsor und Mäzen Friedhelm Runge.
Als Unternehmer muss man ins Risiko gehen! Erfolg nicht garantiert
Was sagt Friedhelm Runge seinen Kritikern? „Natürlich habe ich Verständnis. Fußball hat sehr viel mit Emotionen zu tun, da sind abweichende Meinungen nur selbstverständlich“. Er sei Unternehmer, ein Unternehmer müssen ins Risiko gehen, ohne gleich den Erfolg programmieren zu können.
Friedhelm Runge: „Zeige mir ein Verein im bezahlen Fussball, der nicht von Sponsoren abhängig ist…“Vieles hänge aber auch damit zusammen, dass man in seiner Position nicht alles aussprechen darf und nicht mit jedem diskutieren könne. Ein kleines Beispiel: Als der ambitionierte WSV im Vorjahr einen klassischen Fehlstart hinlegte, der dem Tabellenzweiten am Schluss den Aufstieg gekostet habe, musste der zuvor erfolgreiche Trainer Björn Mehnert gehen.
Das galt in Teilen der Öffentlichkeit als Undankbarkeit und Foul gegen einen verdienten Trainer. Und darüber gab es einmal mehr heftige Diskussionen. Die entscheidende Frage sei aber: Macht es Sinn und kann man es gegenüber dem Verein verantworten, an einem Trainer festzuhalten, gegen den sich hinter den Kulissen inzwischen die gesamte Mannschaft ausgesprochen habe?
Ein grossangelegte Konzept sei früh gescheitert und musste aus Friedhelm Runges Sichtweise neu aufgesetzt werden, was dann ja auch geschah, nicht zur Freude aller. Aus dem Vorstand schied z.B. Peter Neururer auf eigenem Wunsch aus und für Stephan Küsters musste ein neuer sportlicher Leiter gefunden werden. Außerdem stand die Neu-Organsisation der Geschäftsstelle an.
WSV mit unbewältigter Vergangenheit
Auch Sponsor Friedhelm Runge, der nach seiner Präsidentschaft von 1991 bis 2013 im Verein offiziell keine Position mehr bekleidet, sieht heute noch Defizite und dringenden Handlungsbedarf in der Führung und im öffentlichem Aufritt. Das habe viel mit Historie zu tun und sei in schwierigen Zeiten entstanden, als dem Verein die Insolvenz drohte.
Neben dem Ex-Wuppertaler und heute in Dresden ansässigen Steuer-und Wirtschaftsexperten Dr. Jochen Leonhardt sowie dem früheren Torwart des Vereins, Thomas Richter, sind im Vorstand noch drei Positionen offen und zu besetzen. Der Verwaltungsrat wurde einst mit zwölf Personen aufgestellt. In Friedhelm Runges Augen ist dieses Gremium damit zu groß und damit in seiner Handlungsfreiheit stark eingeschränkt.
Dies alles zu ändern bzw. neu zu bestimmen, wäre indessen Aufgabe von Vorstand und Verwaltungsrat. Derweil hat der Verwaltungsratsvorsitzende Ralf Dasberg die Komplettierung seines Gremiums zur Aufgabe Konflikte sind dabei nicht auszuschliessen.
Gut für Wuppertal ist gut für den WSV
„Was der Stadt gut tut, tut auch dem WSV gut“, so die Devise von Friedhelm Runge, die in dem neuen Vereins- Slogan „Zusammen aus’m Tal“ Ausdruck finden soll. Unter dieser Prämisse sieht er auch die hier im Tal 2031 geplante Bundesgartenschau, von der er neuen Auftrieb für Wuppertal erhofft.
Da der Zoo einer der Mittelpunkte sein wird, dürften auch im Zoo-Viertel die Fragen zum Parkraum neu zu bewerten sein. So könnte mit einem Parkhaus auch für Veranstaltungen im Stadion und damit des WSV ein wichtiger Zukunftsbaustein geschaffen werden.
„Dach für Nord“ -Verantwortung für Nachkommen
Eine weiteres, dringendes Anliegen ist Friedhelm Runge die Überdachung der Nordtribüne. Unter der Überschrift „Dach für Nord“ gab es einst eine WSV-Fan-Initiative, die inzwischen aber wohl eingeschlafen ist.
Hier sieht der engagierte Unterstützer „seines“ WSV heute mehr denn je dringenden Handlungsbedarf, deren Lösungsansätze er gerne unterstützen würde. Damit die treuesten Fans des Vereins nicht weiterhin buchstäblich im Regen stehen müssen, wäre er heute gern bereit, jede Initiativen in dieser Richtung zu fördern.
Bleibt die Frage, warum engagiert sich Friedhelm Runge trotz seines inzwischen hohem Alters und oft unsachlichen Anfeindungen immer noch? Seine Antwort: „Wuppertal ist meine Heimatstadt. Wir sind alle verantwortlich dafür, was aus unserer Stadt wird. Wir tragen alle Verantwortung für die Zukunft unserer Nachkommen“, sagt er.
Da kommt das träumerische Lied von Peter Fox wieder in den Sinn, der in dem Song aus 2008 „Haus am See“ im Schlussrefrain singt: „Und am Ende der Strasse steht ein Haus am See, ich habe 20 Kinder, Orangenblätter liegen auf dem Weg, meine Frau ist schön, mh. Alle komm’n vorbei…“.
Der eingefleischte Wuppertaler Friedhelm Runge nennt ein schmuckes Eigenheim, nicht am See, sondern in der Nähe des Wuppertaler Toelleturms sein eigen, seine Frau Marita ist eine beeindruckende Persönlichkeit, wohl 24 Fußballspieler werden von ihm finanziert, an Kontakten fehlt es ihm nicht, Nur die Orangenblätter sucht man noch vergebens…
Text: SIEGFRIED JÄHNE
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