5. September 2023Peter Pionke
Lena Lichterbeck & Jan Filipzik: Eine Woche in Hongkong
„Könntest du dich mal kurz aufs Bett setzen, dann kann ich mich hier vorbei … und wenn wir jetzt noch den Rucksack ein Stück zur Seite … dann bekommen wir auch die Tür einigermaßen auf …“ Ja, unser Zimmer in Hongkong ist klein. Sehr klein sogar, vielleicht fünf Quadratmeter inklusive Bad und Dusche.
Es passt gerade so ein schmales Doppelbett hinein, das allerdings viel zu kurz ist, so dass ich mit meinen Füßen permanent an die Wand stoße und die Beine nur ausstrecken kann, wenn ich sie an der Wand vorbei auf den Rucksack lege. Aber wir sind ja auch nicht zum Liegen hier, sondern um die Stadt zu erkunden – und wie sich das gehört, werden wir in den kommenden Tagen, bis auf die meist eher kurzen Nächte, unsere Zeit komplett unterwegs verbringen.
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Nach 24 Stunden Anreise aus Bali mit fast zehn Stunden Aufenthalt in Singapur, sind wir beide ganz schön platt. Da macht es das nicht besser, dass unser kleines Zimmer zwar recht sauber, aber dafür wirklich seltsam gelegen ist. Im sechsten Stock eines Hochhauses über einem riesigen und unübersichtlichen Foodcourt – wobei alles davon schon bessere Zeiten gesehen hat.
Das Treppenhaus stinkt bestialisch und Kakerlaken flitzen über die Stufen, so dass wir immer, wenn es möglich ist, lieber den Aufzug nehmen. Draußen schlägt uns heiße, schwüle Luft entgegen und schon nach kurzer Zeit steht uns ein dicker Schweißfilm auf der Haut.
Jetzt aber genug gemeckert und beschwert, auf geht es hinein in die Stadt: Und die erinnert uns in den ersten Momenten ein wenig an Singapur. Allerdings ist sie viel belebter und lebendiger und an manchen Stellen eben auch dreckiger und kaputter. Doch schon nach kurzer Zeit wird uns klar, wie verdammt cool es hier einfach nur ist.
Am ersten Tag fahren wir mit der Tram hinauf auf den Peak, den höchsten Berg Hongkongs. Von hier hat man eine fantastische Aussicht auf die unzähligen Hochhäuser, die schmal und ewig lang in den Himmel ragen – etwas, das in dieser Form für mich einmalig ist.
Wir schlendern durch die verschiedenen Viertel, alte und neue Bebauung steht dicht nebeneinander, und besorgen uns nach einigen erfolglosen Anläufen eine lokale SIM-Karte. Die sind nämlich tatsächlich fast überall ausverkauft und erst im siebten oder achten Supermarkt haben wir Erfolg.
Eine Umstellung sind definitiv die Preise. Von Bali kommend, erscheint uns in Hongkong alles irrsinnig teuer – und letztlich ist es das irgendwie auch. Für ein einfaches Abendessen werden schnell dreißig oder vierzig Euro fällig, die frische Kokosnuss kostet hier sieben Euro statt einem, das Fitnessstudio nimmt uns pro Person 25 anstatt sieben Euro ab.
Dafür hat die Stadt aber auch einiges zu bieten und es tut wirklich gut, nach der ganzen entspannten Zeit am Meer und am Pool, die wir größtenteils mit Nichtstun verbracht haben, endlich wieder richtig unterwegs zu sein und uns Dinge anzuschauen. Wir besuchen die zufällig gerade stattfindende Tattoo Convention, wo die Preise aber dermaßen heftig sind, dass wir darauf verzichten, uns auch aus Hongkong ein gestochenes Andenken mitzunehmen.
Spannend ist auch die ehemalige Polizeistation mit Gefängnis, die vor wenigen Jahren in einen Ort für Kunst und Kultur umgewandelt worden ist. Hier gibt es Ausstellungen und Cafés und jede Menge über die Geschichte und die Unterbringung der Häftlinge zu lernen.
Interessant ist, dass fast die komplette Stadt aus drei Ebenen besteht. Es gibt natürlich das Straßenniveau – dann aber auch noch die zahlreichen Tunnel und U-Bahnstationen, die unterirdisch so miteinander verbunden sind, dass man gefühlt kilometerweit gehen kann, ohne das Tageslicht zu sehen.
Noch ein wenig abgefahrener ist die dritte Ebene, die über der Straße. Denn fast das komplette Zentrum von Hongkong gibt es auch noch eine Ebene höher – mit Brücken, Malls, Fußgängerwegen und Ladenzeilen. Oft sind die Übergänge fließend. Eben noch sind wir über eine Brücke gelaufen, schon stehen wir inmitten einer Mall, nur um von hier aus zur U-Bahn zu gelangen. Wer möchte, kann sich tatsächlich einen großen Teil der Stadt anschauen, ohne jemals eine Straße zu überqueren.
Da wir wie angekündigt nach Hongkong erst einmal eine einmonatige Alkoholpause einlegen werden, lassen wir es an einem Abend noch einmal so richtig krachen. Wir ziehen von Bar zu Bar, trinken uns durch verschiedene Cocktails, unterhalten uns lange mit einer Kellnerin, die uns viele Geschichten aus ihrer Familie erzählt, gehen weiter und trinken einen Flaming Lamborghini – einen extrem starken und brennenden Cocktail, den ich das erste und letzte Mal getrunken habe, als ich vor 15 Jahren schon einmal in Hongkong gewesen bin und den ich seitdem immer noch einmal trinken wollte.
Danach bin ich ziemlich fertig. Der Abend endet in einer Bar bei uns um die Ecke, wo wir noch mehr trinken und uns ewig lange mit einem einheimischen Paar unterhalten, das mit uns in das Leben dieser Stadt eintaucht und sich auch vor politischen Themen nicht scheut.
Am nächsten Tag habe ich den Kater meines Lebens, bin bis mindestens mittags noch betrunken – und weil Geschichte sich nun einmal wiederholt, besuchen wir die Chi Lin Nunnery. Genau so ist es vor 15 Jahren auch gewesen, mit genau so einem heftigen Kater, weil ich am Abend davor genau so einen Flaming Lamborghini und noch einiges mehr getrunken habe.
Dieser Tag zählt zugegeben nicht zu unseren produktivsten, wir sind früh wieder zurück, legen uns ins Bett und schauen Serie, bis es unseren Köpfen wieder besser geht.
Unter den ganzen Sehenswürdigkeiten und Erlebnissen gibt es ein paar, die absolut herausstechen: Da ist zum Beispiel das kostenlose Hongkong Museum of Art mit einer Sonderausstellung, bei der man am Anfang ein paar Fragen zu seinen Vorlieben beantwortet und erfährt, welcher von vier Kunst-Persönlichkeitstypen man ist.
Anschließend kann man durch die Ausstellung schlendern, wo die passende Kunst zu genau diesen vier Richtungen ausgestellt ist. Noch ein bisschen cooler ist das etwas abseits gelegene M+ Museum, ein Museum für visuelle und digitale Kunst, in dem wir fast einen ganzen Tag verbringen.
Allein das Gebäude ist architektonisch ein Highlight, dazu kommen die unterschiedlichen Ausstellungen, wie der dunkle Raum mit den riesigen gepunkteten Bällen, in dem wir uns ein wenig so fühlen wie Alice im Wunderland.
Ein tierischer Höhepunkt ist die ehemalige Baumwollmühle „The Mills“, heute ein Wahrzeichen mit vielen kleinen Manufakturen und Startups, wobei sich ganz viel hier um Vierbeiner dreht, die – im Gegensatz zu vielen anderen Orten in der Stadt – hier willkommen und entsprechend zahlreich anzutreffen sind.
Eher sparen kann man sich hingegen den am Meer gelegenen Ort Sai Kung, zu dem wir etwa eine Stunde mit dem lokalen Bus fahren. An den Wochenenden suchen hier die Einheimischen eine Auszeit von der Hektik der Stadt und tummeln sich in den zahlreichen Restaurants und Bars an der Promenade und am Hafen – unter der Woche hingegen ist es sehr leer und wenig spektakulär, zumal der Strand selbst auch eher etwas trostlos ist.
Am letzten Abend genießen wir schließlich noch die große Lichtshow am Fluss im Zentrum der Stadt, mit Blick auf die erleuchtete Skyline. Die Show findet täglich um 20 Uhr statt und hat aufgrund ihrer Größe, wohl auch schon einen Eintrag ins Guinness Buch der Rekorde bekommen.
Dann ist unsere Zeit in Hongkong auch schon wieder vorbei und es folgt ein Land, auf das ich wahnsinnig gespannt bin, weil ich noch so überhaupt keine Vorstellung davon habe, wie es sein wird: Südkorea. Nach nur vier Stunden Flug kommen wir in Seoul an – und irgendwie ist es hier anders.
Es dauert ein bisschen bis mir klar wird, dass es die Jahreszeit ist. Es ist deutlich kühler und angenehmer, die Luftfeuchtigkeit ist geringer und in manchen Momenten sieht man sogar schon die ersten Ausläufer des Herbstes durchblitzen. Eine Jahreszeit, die ich fast vergessen hatte.
Am ersten Abend kaufen wir uns im Supermarkt ein paar Sandwiches, die sich als belegt mit Kartoffelsalat, Ei und Marmelade herausstellen. Ich hatte schon gehört, dass die Koreaner teils seltsame Vorlieben haben, was das Essen betrifft – und ich bin wirklich neugierig, was uns die kommenden vier Wochen in diesem Land erwartet. Vor allem auch abseits des Essens natürlich.
Jan Filipzik
03. September 2023
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