5. Oktober 2023Peter Pionke
Festival „FRAGILE“ lockte Künstler aus der ganzen Welt an
Zwölf Tage lang (20.09. – 01.10.) standen Perspektiven der Nachhaltigkeit im Wuppertaler Schauspielhaus und zukünftigen Pina Bausch Zentrum im Mittelpunkt. Paralell gab es ein umfassendes „Humus“-Begleitprogramm von der Fahrradreparaturwerkstatt der „Mirker Schrauba“ bis zum Insektenhotelbau und Upcycling.
Rund 90 internationale Künstlerinnen und Künstler aus der ganzen Welt waren zu Gast in Wuppertal – u.a. aus Frankreich, Argentinien, Italien, Mali, Kamerun, von der Elfenbeinküste, Togo, Ruanda, Spanien, Chile, Belgien und Deutschland. Auf unterschiedliche Weise haben sie Themen der ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit reflektiert.
Das Schauspielhaus und der Vorplatz wurden in ein großes Forum verwandelt. Viele Menschen haben über Werte, Perspektiven und Fragen der globalen Verantwortung diskutiert. Zum Abschluss des Festivals FRAGILE wurde der Apfelbaum aus der Aktion 7.000 Setzlinge von „Performance 4 Future“ am Schauspielhaus gepflanzt.
Bettina Milz zieht positive Bilanz
Bettina Milz, Leiterin der Vorlaufphase des Pina Bausch Zentrums, zeigt sich sehr zufrieden: „Wir haben ein großartiges und generationsübergreifendes Publikum erreicht, volle Vormittagsvorstellungen mit sehr diversen jungen Menschen, unterschiedlichste Schülergruppen, u.a. von den Berufskollegen und den JEKITS-Klassen der Musikschule. 15 junge Menschen von der Pina Bausch-Gesamtschule haben als ‚Young Change Watchers‘ alle Produktionen begleitet, die Publikums-Nachgespräche hervorragend moderiert und ihre Eindrücke in Bildern und Kollagen dokumentiert.‘‘
Ausgewählt wurden die Stücke von einer Jury mit Mitgliedern von ‚Fridays for Future Wuppertal‘, den Kuratoren Melanie Zimmermann, Tobias Staab und Bettina Milz. Programm Zero – Klimaneutrale Kunst- und Kulturprojekte der Kulturstiftung des Bundes förderte das Festival. Außerdem die Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
Die Resonanz war sehr positiv und teilweise auch sehr emotional. So etwa, wenn die ganz jungen Tänzerinnen und Tänzer der „Compagnie Dumanlé“ aus Abidjan mit „Sacred Forest“ auf dem Vorplatz in einem sechs Meter hohen Zirkusgerüst die Geschichte eines bedrohten heiligen Waldes mit Urban Dance, Zirkus und Akrobatik vor vielen begeisterten Menschen erzählten.
Die Schönheit der Wälder und ihre Bedeutung für unser Leben waren auch beim „Audiowalk :hearing the unknown“ von „studio s:o:m“ im Barmer Wald erfahrbar. Die Eröffnungsproduktion von Michèle Noiret aus Belgien hat kongenial Tanz und Film zu einer Hommage an die fragile Eigenart der Insekten verbunden.
Inspiration von der Djenné-Moschee in Mali
Das riesige gestrickten Korallenriff von „Maraña“ in „Organismo“ der Choreografin Paula Riquelme Orbenes hat alle Generationen mit CircusDance begeistert. In der afro-futuristischen Produktion „PL3MONS“ der jungen belgischen Kompanie um Younes van der Broeck und Ramos Sama bevölkern außerirdische, parasitäre Kreaturen eine Welt der Zukunft und finden in Plastik einen Wirt, um auf der Erde Verwüstung und Zerstörung anzurichten.
Die Pina Bausch Fellow Aïda Colmenero Dïaz und der kamerunische Bio-Architekt Angel Fulla reflektieren in Kolochi Baw die Konstruktion großer baulicher Errungenschaften der Menschheit, inspiriert durch die Geschichte des Baus der Djenné-Moschee in Mali, das größte Lehmgebäude im sudanesisch-sahelischen Baustil.
Der Austausch und das Forum zum Thema Nachhaltigkeit wurden intensiv genutzt. Mit dem Pavillon Symbiosen von „raumlaborberlin“, u.a. ausgezeichnet mit dem Goldenen Löwen der Biennale Venedig 2021, wurde das Areal vor dem Schauspielhaus endlich wieder belebt.
Mit Unterstützung der AWG Abfallwirtschaftsgesellschaft Wuppertal haben rund 20 internationale Akteure aus Kunst und Architektur einen Pavillon aus weggeworfenem Holz vom Sperrmüll gebaut. Zentral war bei diesen Punkten die Frage: Was ist Ressource, was ist Müll, wie gehen wir mit Werten um?
Spannende Workshops in der „Grunchy Villa“
In der „Grunchy Villa“ fanden Workshops, Vor- und Nachgespräche statt, es wurden die Stühle der Vielfalt bemalt und Taschen aus alten Planen upgecycelt. Susann Tonne hat Altkleider zu großen bunten Sitzkissen verwandelt – der Webrahmen bestand aus alten Fahrradspeichen.
Dr. Holger Kreft von den „Scientists4Future“ hat Nachhaltigkeit bei einer Reise nach Jerusalem spielerisch erkundet. Auch die eingerichtete Food-Sharing-Station und die Kleidertauschbörse wurden von vielen Menschen genutzt. Nicht konnte mit den Wuppertaler DJanes Miss Mush Mush und Greta ausgiebig getanzt werden.
Im „Community Space“ gab es ein Filmprogramm und Materialien des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie zum Reflektieren, Inspirieren und Entspannen. Mit Videoinstallationen wurden die Projekte Vintage Tanz von Annika Kompart und „Letters from Wuppertal“, die Dokumentation eines Tanzrauschen-Workshops mit der Choreografin Jo Parkes präsentiert.
Das Pina Bausch Zentrum soll ein zeitgenössischer, zur breiten Teilhabe einladender, ganztags offener Ort mit einem hohen Anspruch an Nachhaltigkeit werden.
Die Nachhaltigkeitsstrategie wird in Kooperation mit dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie und dem Szenografie-Bund entwickelt. Die Veranstalter sehen „FRAGILE – for young changemakers“ als wichtigen Schritt auf dem Weg – für junge Menschen und alle Generationen. Das nächste Festival wird im September 2024 stattfinden.
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