5. November 2023Peter Pionke
Peter Maffay unterstützt Ahmad Jawed bei Hilfs-Projekt

Wer jetzt glaubt, Ahmad Jawed (56) würde von der Musik leben, der liegt daneben: Der gebürtige Afghane mit deutschem Pass ist im Hauptberuf Straßenbahnfahrer bei der Ruhrbahn.
Vor 41 Jahren ist Ahmad Jawed ist mit seinen Eltern und seinen sechs Geschwistern aus Afghanistan aus politschen Gründen geflüchtet. Die Rote Armee der UdSSR war in dem asiatischen einmarschiert. Sein Vater war Politiker und wurde verfolgt. Da blieb nur ein Ausweg.
Der Sänger und Gitarrist entschloss sich, in seiner neuen Heimat zunächst einmal einen Beruf mit gesicherten Einkommen zu erlernen. Seit 31 Jahren sitzt er nun in Essen an den Schalthebeln von Straßen- und U-Bahnen.
Die Musik blieb auch in Deutschland seine große Leidenschaft. Ahmed Jawed ist im Prinzip Autodidakt: „Ich hatte zwar ein paar Gitarrenstunden. Das Meiste habe ich mir selbst beigebracht. Aber ganz ohne Talent wäre das natürlich auch nicht gegangen“, erklärt der sympathische Vollblut-Musiker. Nichtsdestotrotz hat er sich damit selbst eine beeindruckende Perfektion als Sänger und Gitarrist erarbeitet.

Davon konnten sich auch die Gäste des angesagten Netzwerktreffens „STADTGESPRÄCHE ruhr“ in Essen überzeugen. Hier trat Ahmad Jawed mit seiner Tochter Sabiha auf, um auf das traurige Schicksal von Musikern in seiner ehemaligen Heimat Afghanistan aufmerksam zu machen. Doch davon später.
Früher war der Sänger und Gitarrist musikalisch sehr breit aufgestellt, performte Rock, Pop, oder Folk – und machte sogar einen kurzen Tripp in die Welt des Schlagers.
Doch die Machtübernahme der fundamentalischen Taliban in Afghanistan 2021 war ein Wendepunkt in seinem Leben. Seither macht er nur noch afghanische Musik – als Hilferuf, als Protest, aus Solidarität.
„In Afghanistan ist Musik jeglicher Art seither verboten. Instrumente eingezogen und auf öffentlichen Plätzen verbrannt. Wer heimlich zuhause Musik macht und dabei ertappt wird, erhält dafür auf der Strasse vor aller Augen 100 Peitschenhiebe „, schildert Ahmad Jawed den traurigen Alltag in dem von Islamisten regierten Land, die sich ganz streng an die 1.500 Jahre alten Gesetze der Scharia halten. In Afghanistan herrschen Trostlosigkeit, Stille und Hoffnungslosigkeit.
Dass TV-Sender einfach abeschaltet wurden, Mädchen und Frauen so gut wie keine Rechte mehr besitzen und auch nicht mehr zur Schule gehen oder die Universität besuchen dürfen, ist hinlänglich bekannt. Vom tragischen Schicksal von Musikerinnen und Musikern weiss in der breiten Öffentlichkeit kaum Jemand. Das will Ahmad Jawed mit aller Macht ändern.
„Meine Künstler-Kollegen haben absolutes Berufsverbot und dürfen auch keinen anderen Job annehmen. Ist gibt keinerlei sozialer Absicherung. Die meisten Musiker leben auf der Straße und müssen sich mit Betteln über Wasser halten“, zeichnet Ahmad Jawed ein düsteres, aber realistisches Bild.

Über die sozialen Medien wie WhatsApp, Facebook oder Instagram hält er Kontakt mit einigen Musikern in Afghanistan. Seither trommelt der Musiker, unterstützt von Ehefrau Tina, mit der er seit 41 Jahren liiert und seit seit 36 Jahren verheiratet ist, für die Unterstützung der Musiker in seiner asiatischen Ex-Heimat.
Zur Seite steht ihm dabei auch sein alter Freund Peter Maffay (74), den er 1994 nach einem Konzert in Dortmund kennenlernte. Ahmad Jawed: „Meine Frau war schon immer großer Maffay-Fan. Deswegen sind wir auch in erster Line nach Dortmund gefahren. Ich wollte dann unbedingt ein Foto mit ihm. Nach dem Konzert habe ich mich in die Katakomben der Westfalenhalle geschlichen und ihn dort auch getroffen. Ich erklärte ihm, dass ich auch Musiker sei und er fragte mich freundlich, woher ich stammen würde. ‚Aus Afghanistan‘, sagte ich. Zu meiner grossen Überraschung hat er mir seine Telefonnummer aufgeschrieben und gesagt: ‚Wenn Du mal in München bist, rufe mich an, dann gehen wir einen Kaffee trinken‘.“
Eigentlich zu schön, um wahr zu sein. Aber der Musiker aus Essen nahm den Rock-Star, der für seine soziale Ader bekannt ist und auch schon sehr lange Menschen in Afghanistan unterstützt, beim Wort. „Als ich mal wieder in München war, habe ich ihn angerufen und wir waren zusammen einen Kaffee trinken. Seither sind wir big Friends“, erklärt Ahmad Jawed nicht ohne Stolz.
Der Musiker war zuletzt vor acht Jahren in Afghanistan, als die Welt dort noch ganz anders aussah. Er hatte gerade den Maffay-Klassiker „So bist Du“ als Cover-Version in afghanischer Sprache veröffentlicht und stellte ihn in seiner ehemaligen Heimat vor. Ein großer Erfolg. Ahmad Jawed gab Interviews, hatte Fernseh-Auftritte. Am meisten freute er sich aber über das dicke Lob seines großen Idols Peter Maffay.

Der Wahl-Essener war sich auch total sicher, dass er sich auch bei seinem Afghanistan Hilfs-Projekt felsenfest auf die Unterstützung seines Freundes verlassen kann. Deshalb hatte Ahmad Jawed beim Event „STADTGESPRÄCHE ruhr“ auch eine blaue Yamaha-Gitarre von Peter Maffay im Gepäck.
Als der Essener Musiker den Rock-Star nämlich um Hilfe für die Musiker in Afghanistan bat, signierte dieser prompt die edle Akustik-Gitarre und stellte sie für eine Versteigerung zugunsten der Not leidenden afghanischen Kollegen zur Verfügung.
Stolze 6.000 Euro brachte das gute Stück bei der Charity-Auktion am Ende ein. Geld, mit dem Ahmad Jawed viel Gutes tun kann. „Mit nur 50 Euro ist eine fünfköpfige Familie in Afghanistan in der Lage, sich einen Monat lang zu ernähren“, rechnet Ahmad Jawed vor.
Er und seine Mitstreiter haben schon das Charity-Projekt im Blick: „Our Voice is our Answer“ – eine Benefiz-Gala am 12. November (siehe unten), bei der Musiker mit afghanischen Wurzeln aus ganz Deutschland ohne Gage auf der Bühne stehen, um Geld für die arbeitslosen Musiker-Kollegen einzuspielen.
„Die Verteilung der Gelder an die Betroffenen ist in einem Land mit mittelalterlichen Strukturen kompliziert. Aber wir haben da unseren sicheren Mittel und Wege. Und ich kann garantieren, dass jeder einzelne Cent bei denjenigen ankommt, die das Geld dringend benötigen“, versichert Ahmad Jawed.
Wie sich seine Fahrgäste der Essener U-Bahn auf ihn verlassen können, bringt der Musiker mit den zwei völlig unterschiedlichen Laufbahnen sicher auch noch so manche Aktion zugunsten Not leidender Kollegen in Afghanistan auf die Schiene.
Text Peter Pionke

Hier können Sie spenden:
Afghanistan-Hilfe – Our Voice is our Answer – Ahmad Jawed
IBAN: DE13 3607 0024 0567 8487 00
Link zum Video des Songs „Faryad“ – Peter Maffay & Ahmad Jawed & Shabana:
https://youtu.be/CmWUFYgeS78?si=0Qntwak-EpiY0qEE
„Unsere Stimme ist unsere Antwort!“
Eine weitere Charity-Veranstaltung mit dem Titel „Our voice is our answer!“ (Unsere Stimme ist unsere Antwort!) für die afghanischen Musiker ist am Sonntag (12.11.) fest terminiert.
Auf der Bühne im „Le Palais Festsaal“ in Essen stehen dann Musiker aus Deutschland, den Niederlanden und den USA.
Termin:
„Our voice is our answer!“
Charity-Festival
Sonntag – 12.11.2023 – 14 Uhr
Le Palais Festsaal – Gladbacher Str. 12 – 45141 Essen
Die Künstler:
Ahmad Jawed aus Essen: https://youtu.be/4sJA4FPJdy8
Mustafa Sufi aus Frankfurt: https://youtu.be/t3j-PawONoA
Maschall Ander aus Bielefeld: https://youtu.be/bDS_qMrD8fI
Ahmad Parwez aus Holland: https://youtu.be/QBbu-CEMeo0
Ramsha Shifa aus der USA: https://youtu.be/vlB59YmKJdo
Gästezahl: 120 – Eintrittspreis: 50 €
Der gesamte Erlös von 6.000 € wird für die Musiker in Afghanistan und ihren Familien gespendet.
Der Ablauf:
14-16 Uhr: Afghanischen Songs, die durch akustische afghanische Instrumente begleitet werden
16-18 Uhr: Buffet mit einem afghanischen 4-Gänge Menü inklusive Getränke
18-21 Uhr: Livemusik
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