7. Dezember 2023Peter Pionke
Karibische Vibes im Sunshine-State Florida
Wie viele unterschiedliche Vibes dieses Land einfach hat. Gerade eben noch sind wir in Memphis und New Orleans gewesen, haben uns von der Musikgeschichte mitreißen lassen, und schon wenige Kilometer später fühlt es sich nach Karibik und Mojitos mit ordentlich Rum an.
Auf dem Weg durch Florida schlafen wir in Pensacola, einfach, weil es dort günstig ist, fahren morgens an den Strand und frühstücken in einem Diner eine riesige Portion Pancakes und Waffeln inklusive Kaffee-Flatrate, die ich ausnutze und mich danach ein wenig schwummerig fühle, weil ich eigentlich kein Koffein vertrage.
In Lenas & Jans Reiseblog „reisen-ist.jetzt – Unterwegs ist da, wo wir sind“ finden Sie noch viel mehr Fotos, Infos und Impressionen:
Dafür aber nennt die Kellnerin mich ständig „Honey“ und allein das ist es wert. Abseits der Highways fahren wir an der Küste entlang, endlos lange und meist einsame Strände begleiten uns, das Wasser ist türkisblau und hin und wieder tauchen kleinen Städte mit pastellfarbenen Villen auf, die wir zügig durchqueren.
Auf diese Weise landen wir in Sankt Petersburg, mit jedem Kilometer Richtung Süden wird es wärmer, und wir sind froh, dass im Salvador Dali-Museum die Klimaanlange auf Hochtouren läuft. Das Museum, das die weltweit zweitgrößte Sammlung mit Werken des Künstlers zeigt, ist mehr als sehenswert.
Und wir verbringen ein paar schöne Stunden hier, nehmen an einer kostenlosen Führung teil und sehen schließlich die Zusammenhänge zwischen seinen Werken und seinem Leben, so wie es sein soll.
Den Abend verbringen wir am Meer, kurz vor dem Sonnenuntergang. In einer Bar gibt es ein kühles Bier, warmen Sand an den Füßen, Meeresrauschen, einen kitschig geschmückten Weihnachtsbaum und Weihnachtslieder.
Die ganze Mischung ist so ungewöhnlich und seltsam, dass ich lange nicht weiß, ob sie mir gefällt oder eher nicht. Auf dem Weg zurück zu unserem Motel sehen wir Pelikane, die in der einsetzenden Dämmerung nach Fischen tauchen.
Wie fast jeden Tag stehen wir auch am nächsten Morgen früh auf. Diesmal machen wir uns auf den Weg zum „Kennedy Space Center“, bei dem man uns gesagt hat, dass wir dafür am besten einen kompletten Tag einplanen sollten.
Erst als wir ankommen, verstehe ich warum: Das Center ist wie ein riesiger Freizeitpark, überall gibt es interaktive Erlebnisse, Shows, Vorführungen und Filme und ich kann nur sagen, dass es jeden Cent wert ist.
Denn da sind nicht nur die zahlreichen, detailgetreuen Nachbildungen von Raketen, Raumfähren und Landungsfahrzeugen – auch einige Originale haben es in das Museum geschafft. Wie etwa die Landekapsel einer Apollo-Mission, eine Rakete des Weltraumunternehmens Space X und natürlich das Spaceshuttle Atlantis.
Und dessen Präsentation – mit Musik aus den 60er-Jahren in der Wartehalle, einem ersten Film zur geschichtlichen Einordnung, einem zweiten Film über die Konstruktionsphase, einem dritten Film, der eigentlich nur aus Pathos besteht, und einer riesigen Leinwand, auf der erst Sterne zu sehen sind und die dann plötzlich transparent wird und das Shuttle enthüllt – ist so gewaltig, dass ich nicht nur am ganzen Körper Gänsehaut habe, sondern mir in diesem Moment leidenschaftlich wünsche, Amerikaner zu sein.
Warum können wir Deutschen das eigentlich nicht? Mal so richtig stolz auf etwas sein und uns selbst zu geiler Musik feiern bis vor lauter Rührung Tränen fließen.
Den Kopf voller Eindrücke liege ich abends im Bett und wäre gerne Mitarbeiter bei der NASA – doch am nächsten Tag mit viel Zeit und ohne Pläne durch Miami schlendern zu können ist auch nicht verkehrt.
Wir schauen uns das Wynwood Art District mit seinen vielen Murals an und laufen den kompletten Ocean Drive ab, mit den Art Deco-Häusern und weiteren Bauten aus den unterschiedlichsten Epochen, der insgesamt auf eine erfrischende Art so wirkt, als sei die Zeit hier stehengeblieben.
Später stehen wir im Stau, während die Sonne die Skyline der Stadt mit ihren zahllosen Hochhäusern in ein mystisch-goldenes Licht taucht. Magic City hat man Miami früher auch genannt, weil die Dinge sich hier von einem Jahr aufs andere so sehr verändert haben, dass die Stadt auf Touristen beim nächsten Besuch wie ausgewechselt wirkte.
Ein bisschen Stress haben wir, als wir unseren Mietwagen tauschen wollen. Wirklich aufregend ist die Geschichte nicht, aber ich erzähle sie trotzdem kurz: Die Miete unseres Wagens läuft ab und wir haben beschlossen, für die verbleibenden Tage bei einem anderen, günstigeren Anbieter noch mal ein Auto zu mieten, weil wir so bis zum Ende unseres Urlaubs mobil sein können.
Nur ist dieser leider nur auf dem Papier günstiger – vor Ort denken die Mitarbeiter sich seltsame Versicherungen aus, die wir angeblich brauchen und die den Preis schließlich verdoppeln würden.
Weil wir darauf keine Lust haben, versuchen wir stattdessen den Wagen zu verlängern, den wir bereits haben. Was aber gar nicht so leicht ist, weil auch noch ausgerechnet Thanksgiving ist und die meisten Vermietungen geschlossen sind.
Am Ende landen wir am Flughafen, wo wir Erfolg haben, und als wir noch einmal bei der ursprünglich ausgesuchten Vermietung vorbeifahren, um mitzuteilen, dass wir das Auto doch nicht brauchen, sagt man uns leicht säuerlich, man habe eh schon alles gecancelt. Fazit: keine Ahnung, vermutlich selbst schuld, irgendwie.
Viel besser ist unsere anschließende Fahrt auf die Keys. Das Wetter ist schön, wir stoppen bei ein paar Pelikanen, ein Ort, an dem man eigentlich anhält, um Fische zu füttern, aber das mit den Vögeln gefällt uns viel besser, vor allem, weil die sich viel Mühe geben, den Touristen den Fisch abzujagen, die sich ihrerseits eher wenig Mühe geben, das zu verhindern.
Die Keys, Key West, um genau zu sein, sind einfach nur der Hammer. So hatte ich mir Venice in Kalifornien vorgestellt. Unser Gastgeber ist angenehm bekloppt und gibt uns allerlei Tipps für Restaurants und Bars, von denen wir natürlich nur einen Bruchteil schaffen.
Die ganze Atmosphäre ist irgendwie energetisch, die Häuser top gepflegt – ganz ehrlich habe ich noch nirgendwo so hübsch zurechtgemachte Häuser und Gärten gesehen – die Menschen adrett und alles wirkt wie eine Kulisse, bleibt dabei jedoch lebendig und zugänglich.
Ein Stück Key Lime Pie auf die Hand, ein Farmers Market am Pier, auf dem die Einwohner – die nebenbei gesagt in den 1980er-Jahren zunächst ihre Unabhängigkeit und anschließend Amerika sogar den Krieg erklärt haben. Ich kann es selbst nicht glauben, aber Google lügt nicht – ihre selbstgemachten Kekse verkaufen.
Herausragend ist der Besuch im Hemingway Museum, jenem Haus, in dem der Schriftsteller um 1930 herum einige Jahre verbracht und einige seiner bedeutendsten Werke geschrieben hat.
Während uns Hemingway auf Kuba, dem nächsten Ziel unserer Reise, noch einmal begegnen wird, schauen wir uns am letzten Tag in Florida noch die Everglades an. Wir sehen unzählige Vögel, Schildkröten und Alligatoren und sind beeindruckt von der Vielfältigkeit der Landschaft und den unterschiedlichen Vegetationszonen.
Bislang bestanden die Everglades für mich in meiner Vorstellung vor allem aus Wasser und Grasland, das hat sich nach diesem Besuch geändert. Und weil wir am nächsten Tag nach Kuba fliegen, schauen wir auf der Rückfahrt im Auto endlich einmal in den Reiseführer.
Was das Geld und die Preise betrifft, sind wir anschließend sehr verwirrt – und tatsächlich ist das Thema durchaus kompliziert (dazu im nächsten Blogbeitrag mehr) – was darin endet, dass wir verstehen, dass ausreichend Bargeld mitzunehmen eine kluge Sache wäre.
Doch leider ist Samstag und wir fliegen am Sonntag, die Banken haben zu, weshalb wir schließlich vor einem Bankautomaten stehen und eine Art seltsames, aber erfolgreiches Bingo spielen, bis unsere Karten nichts mehr hergeben. „Ich nehme die Visa für 300. Versuch du es mal mit der Mastercard und 500.“
Noch ein Wort zu Amerika, ein Minifazit vielleicht. Was für ein wilder Ritt. Die Städte wie Los Angeles und Memphis enttäuschend, nur mit Geld kann man hier in eine hübsche Parallelwelt abtauchen, die Armut erschreckend, der soziale Abstieg nur einen Bürgersteig entfernt. Die Landschaft hingegen aber so schön, dass man darüber verzweifeln könnte.
Die Weiten endlos, die Berge atemberaubend, unberührtes, ursprüngliches Land, von Menschen noch nicht geformt. Die Vibes im Südosten hingegen, in New Orleans und Florida, ansteckend und mitreißend, karibisch-sonnig und entspannt. Das hier ist nicht ein Land, es sind viele.
Alle zusammengepfercht auf einem Kontinent, sich aneinanderreibend, ein wunderschönes Land, eine Nation, groß und stolz und gleichzeitig kaum zu ertragen, wenn man an ihrer Sollbruchstelle steht, die sich zwischen einzigartiger Natur und schartigen Städten immer deutlicher abzeichnet.
Jan Filipzik
09. Dezember 2023
In Lenas & Jans Reiseblog „reisen-ist.jetzt – Unterwegs ist da, wo wir sind“ finden Sie noch viel mehr Fotos, Infos und Impressionen:
Weiter mit:
Kommentare
Neuen Kommentar verfassen