4. Juni 2024

Pflege-Experte Michael Wessel: „Messen ohne jedes Maß“

Pflege-Experte Michael Wessel, Inhaber von Pflege Wessel, schlägt Alarm! Das neue Gesundheits-Versorgungsstärkungsgesetz vom 22. Mai sieht folgendes vor: Die Budgetierung der ärztlichen Honorare bei Hausärzten fällt künftig weg. Zudem gibt es weitere Reformen in der hausärztlichen Vergütung und das Versprechen, Bürokratieaufwand im Bereich der ärztlich verordneten Leistungen abzubauen.

Michael Wessel, Inhaber von Pflege Wessel und Initiator der Kampagne „Pflege am Limit“ – © Pflege Wessel

Das bedeute, so Michael Wessel: Hausärzte bekommen mehr Geld für Behandlungen, weil die Budgetdeckelung abgeschafft wird. Somit wird ein Anreiz geschaffen, mehr Patienten zu behandeln und zusätzliche Termine anzubieten. Außerdem gibt es Extra-Prämien für Hausbesuche und Sprechzeiten am Wochenende. Und durch das Verringern des Bürokratieaufwandes soll es mehr Zeit für die Patienten geben.

Michael Wessel, Initiator der Kampagne „Pflege am Limit“, erklärt: „Das alles wird Ärzte und Patienten wahrscheinlich freuen. Doch was genau zeigt es der Pflegebranche, genauer: den privat geführten Ambulanten Pflegediensten? Richtig! Für niedergelassene Ärzte ist Geld da, für die Pflegebranche nicht. Gehen wir der Reihe nach, denn jeder einzelne Punkt lässt sich übertragen: Die Budgetdeckelung, die von den Unternehmen seit Jahren kritisiert wird, weil sie Wirtschaftlichkeit und adäquate Versorgung von Patienten immens erschwert, bleibt unverändert bestehen. Daraus folgt, dass auch kein Anreiz geschaffen wird, mehr Patienten zu versorgen. Im Gegenteil: Zahlreiche Anfragen pflegebedürftiger Menschen müssen schon jetzt aus betriebswirtschaftlichen Gründen abgelehnt werden. Extra-Prämien für Hausbesuche und Sprechzeiten am Wochenende? Das wäre schön. Sind aber in der Pflege selbstverständlich nicht vorgesehen seitens der Politik.“

Michael Wessel argumentiert weiter: „Schlimmer noch: Erbringt ein Pflegedienst mehrere vom Arzt verordnete Leistungen zum selben Zeitpunkt an einem Patienten, wird nur die teuerste bezahlt. Alle weiteren sind unbezahlter Service seitens des ambulanten Dienstes. Die Pflegedienste sind also weit davon entfernt, dass sie – wie die Ärzte – ihre ‚gesamte Arbeitszeit auch bezahlt bekommen‘, wie sich Hausärzteverband-Chef Markus Beier zufrieden mit dem neuen Gesetz gegenüber der BILD-Zeitung äußerte. Von dem Bürokratieaufwand ganz zu schweigen. Denn der wächst und wächst in der Pflegebranche. Die Dokumentationspflicht beispielsweise nimmt mittlerweile genauso viel oder sogar mehr Zeit in Anspruch, als der Dienst am Patienten.“

Claudia Weber, Cura Ambulante Pflege und Pflegeberatung GmbH & Co.KG in Köln – © Cura Ambulante Pflege und Pflegeberatung

Fragen, die sich förmlich aufdrängen: Was also stellt pflegebedürftige Patienten schlechter im Vergleich zu Patienten von Hausärzten? Und was genau stellt Pflegedienste schlechter als Ärzte? Leisten nicht beide Berufsgruppen täglich die wichtigste Arbeit überhaupt in der Gesellschaft? Nämlich den Dienst für die Gesundheit der Menschen und für bestmögliche Unterstützung derjenigen, die auf Hilfe angewiesen sind? Und wieso dürfen Ärzte Geld mit ihrer Tätigkeit verdienen, das Image der Pflegedienste aber wird immer wieder beschädigt durch einige wenige, die mit krimineller Energie das Sozialsystem abzocken?

Michael Wessel, Inhaber Pflege Wessel in Wuppertal, hat Anfang dieses Jahres mit „Pflege am Limit“ eine Kampagne gestartet, um Politik und Gesellschaft auf die Missstände in der Finanzierung der Pflege und die weiterhin rollende Insolvenzwelle aufmerksam zu machen. Bundesweit haben sich Unternehmer angeschlossen, gemeinsam einen Brandbrief an die Landes- und Bundespolitik geschickt. Mit konkreten Forderungen.

Die wichtigste: Das Anheben der Deckelung der Pflegegrade, also der Budgetdeckel. „Das neue Gesetz hat uns gezeigt, dass es offenbar doch möglich ist, Dinge zu ändern und Reformen anzustoßen. Bei der Pflege allerdings fehlt dieser politische Wille leider völlig“, sagt Michael Wessel. „Warum bleibt ausgerechnet die Pflege auf der Strecke? Wir arbeiten ebenso in der Mitte der Gesellschaft, das muss auch gleichermaßen honoriert werden“, fordert Claudia Weber, Cura Ambulante Pflege und Pflegeberatung GmbH & Co.KG in Köln.

Michael Wessel trägt seinen Standpunkt bei einem Meeting der Kampagne „Pflege am Limit“ vor – © Pflege Wessel

„Pflegedienste stehen aufgrund zu geringer Vergütungen im Verhältnis zu hohen Löhnen vor dem Aus, aber eine Reform muss laut Gesundheitsminister Lauterbach bis zur nächsten Legislaturperiode warten. Die Auswirkungen wird die gesamte Gesellschaft bitter zu spüren bekommen“, klare Worte von Claudia Weber. „Weshalb derart eklatant mit zweierlei Maß gemessen wird, ist niemandem mehr zu erklären. Vielmehr ist es wohl nur noch als Messen ohne jedes Maß anzusehen“, sagt Michael Wessel und fügt hinzu: „Die nächste Legislaturperiode werden viele Pflegedienste nicht mehr erleben.“

Link zur Webseite der Kampagne „Pflege am Limit“:

http://www.pflege-am-limit.de

 

Über Pflege Wessel

Seit 28 Jahren haben Versorgung, Pflege und Betreuung von Menschen oberste Priorität, sind Mission und Expertise des mehr als 280 Mitarbeiter starken Unternehmens.

Der Pflegedienst Wessel mit Standort in Wuppertal bietet fünf Pflege-Wohngemeinschaften für Personen mit Demenz-Erkrankungen in Wuppertal und sieben selbstbestimmte Wohngemeinschaften für Menschen mit schwerer mehrfacher Behinderung in Wuppertal, Haan, Wermelskirchen, Dülmen und Remscheid (Intravitam Wessel). Ein ambulanter Fahrdienst sowie 24-Stunden-Assistenzen und Verhinderungspflege gehören ebenfalls zum Angebot.

Die Aufgabe: Menschen in ihrer spezifischen Lebenssituation ein liebevolles und behütetes Zuhause zu geben oder sie in ihrem eigenen Zuhause bestmöglich zu pflegen, zu betreuen und zu unterstützen. Das Betreuungskonzept umfasst derzeit sowohl Pflege- und betreute Wohngemeinschaften als auch Service-Wohneinheiten – als Brücke zwischen dem eigenen häuslichen Umfeld und stationären Einrichtungen.

 

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