13. Juni 2024

Michael Wessel: „Die Zeit der Debatten ist längst vorbei“

Nach dem Brandbrief an die Bundesregierung bietet das Bündnis „Pflege am Limit“ Unterstützung bei der Finanzreform in der Pflege an. Die Zeit drängt, die finanzielle Not wächst. Anfang des Jahres hat Michael Wessel, Inhaber Pflege Wessel, die Kampagne „Pflege am Limit“ gestartet, nachdem er seit dem Sommer 2022 vor der aktuellen finanziellen Notlage in der Pflegebranche gewarnt hatte.

Das Bündnis „Pflege am Limit“: Links Initiator Michael Wessel, Inhaber von Pflege Wessel in Wuppertal – © Pflege Wessel

„Leider haben die meisten Unternehmen erst Ende 2023, nach bundesweit mehr als 800 Insolvenzen und Betriebsaufgaben, gemerkt, dass sie vielleicht auch bald vor dem Aus stehen“, sagt Michael Wessel. „Und dass man Konkurrenzdenken über Bord werfen muss, um gemeinsam Forderungen an die Politik zu stellen.“

Das Bündnis „Pflege am Limit“ hat deshalb im April einen Brandbrief an die Landes- und Bundespolitik geschickt. Und antwortet nun auf die jüngsten Äußerungen der Bundesregierung in den Medien.

Bundeskanzler Olaf Scholz rudert zurück. Denn Gesundheitsminister Karl Lauterbach hatte sich zwar überrascht gezeigt ob der stark gestiegenen Zahl pflegebedürftiger Menschen, dennoch einer Pflegereform eine Absage für diese Legislaturperiode erteilt. Aus der Pflegebranche wurden Forderungen nach seinem Rücktritt laut (Quelle: „care konkret“, Ausgabe 23 vom 7.6.2024). Scholz lässt sich in der „Thüringer Allgemeinen“ mit der Aussage zitieren: „Wir wollen uns nicht vor der Debatte drücken.“

Claudia Weber, Cura Ambulante Pflege und Pflegeberatung GmbH & Co.KG in Köln – © Cura Ambulante Pflege

„Die Zeit der Debatten ist längst vorbei, selbst für konkretes Handeln ist es schon fünf nach zwölf“, erklärt Michael Wessel. „Pflegedienste stehen aufgrund zu geringer Vergütungen im Verhältnis zu hohen Löhnen vor dem Aus, aber eine Reform muss laut Gesundheitsminister Lauterbach bis zur nächsten Legislaturperiode warten. Die Auswirkungen wird die gesamte Gesellschaft bitter zu spüren bekommen“, sagt Claudia Weber, Cura Ambulante Pflege und Pflegeberatung GmbH & Co.KG in Köln.

Schon jetzt lehnen Pflegedienste aus betriebswirtschaftlichen Gründen die Versorgung von Patienten ab – weil sie sonst draufzahlen. „Das ist absolut irre, wo wir angekommen sind. Es gibt immer mehr Pflegebedürftige und die Pflegedienste können sich deren Versorgung nicht leisten“, fasst Wessel zusammen.

Eine Diskussion um weiter steigende Löhne für Pflegekräfte sei seit Einführung der Tarifbindung im Herbst 2022 obsolet. „5.000 Euro brutto plus Dienstwagen zur privaten Nutzung für eine Pflegedienstleitung halte ich nicht für unterbezahlt“, sagt Wessel. Ebenso die geforderten Weiterbildungen und Qualifikationen für Pflegekräfte seien kontraproduktiv. „Das führt lediglich dazu, dass sie kaum noch ein Unternehmen beschäftigen kann, denn die Löhne sind nicht finanzierbar“, sagt Sascha Jung, Pflegebetriebe Jung GmbH aus Wesel.

Michael Wessel trägt seinen Standpunkt beim engagierten Gedankenaustausch am „Runden Tisch“ – © Pflege Wessel

„In unserem Brandbrief haben wir auch an Bundesgesundheitsminister Lauterbach und an Bundeskanzler Scholz die dringlichsten Forderungen geschickt. Vor allem muss die Deckelung der Pflegegrade deutlich angehoben werden“, erklärt Michael Wessel und fügt hinzu: „Das neue Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz vom 22. Mai zeigt doch, dass Geld da ist. Damit fällt nämlich die Budgetierung der ärztlichen Honorare für Hausärzte weg. Warum also werden die Deckelbeträge in der Pflege nicht endlich angehoben? Und warum werden nicht endlich alle vom Arzt verordneten Leistungen, die der Pflegedienst erbringt, auch bezahlt?“

Diese Fragen richtet das Bündnis „Pflege am Limit“ direkt an Olaf Scholz. „Die Zeit drängt, die Unternehmerseite zu hören und zu begreifen, dass die hoch qualifizierten und hoch bezahlten Pflegekräfte demnächst keine Arbeitgeber mehr haben werden. Wir stehen für persönliche Gespräche zur Verfügung und erklären der Politik gern, welche gesetzlichen Änderungen schnellstmöglich umgesetzt werden müssen“, sagt Wessel.

www.pflege-am-limit.de

 

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