3. August 2024

Werner Kreiskott: Training stärkt Selbstbewusstsein der Kids

Werner Kreiskott hat als Mensch und Sportler alle Höhen und Tiefen erlebt. Er weiß nur zu gut: Wer austeilt, muss auch einstecken können. Nach Niederschlägen ist er immer wieder aufgestanden. Und er hat es geschafft, als ungeschlagener WBU-Weltmeister und IBF-Europameister die Box-Bühne zu verlassen. Damit erfüllte er seiner Ehefrau Olga einen Herzenswunsch. Seine Erfahrungen und Werte gibt er jetzt an Kinder und Jugendliche weiter.

Box-Trainer Wener Kreiskott legt großen Wert auf Diszipin und Fairness seiner jungen Schützlinge, aber auch der Spaß kommt bei seinem Training nicht zu kurz – © Fight Club Wuppertal

Werner Kreiskott (45) hat seine Boxhandschuhe auf dem Höhepunkt seiner Karriere an den berühmten Nagel gehängt. Den möglicherweise  einen Kampf zu viel, der vielen seiner Sportskameraden zum Verhängnis wurde, hat er sich ganz bewusst erspart. Aus Vernunft und aus Verantwortungsbewusstsein gegenüber seiner Familie. Werner Kreiskott und seine Ehefrau Olga, eine Juristin, sind Eltern von zwei Kindern: Jakub (5) und Kaja (3). Fünftes Familienmitglied ist Hund Bam Bam.

Werner Kreiskott weiß aus eigener Erfahrung, wie wichtig es ist, einen starken, verlässlichen Menschen wie seine Ehefrau Olga an seiner Seite zu haben. Deswegen liegen ihm besonders Kinder  und Jugendliche am Herzen – auch oder gerade Jungen und Mädchen aus sozial schwierigen Familienverhältnissen. Ihnen möchte er Werte wie Ehrlichkeit, Fleiß, Zuverlässigkeit und Fairness vermitteln.

Treuer Begleiter des Caritas Kinder-und Jugendhospizdienstes Bergisch Land

Seit Jahren begleitet Werner Kreiskott den ambulanten Kinder-und Jugendhospizdienst Bergisch Land Caritas Wuppertal/Solingen e.V. Dieser  betreut aktuell 47 Kinder, die lebenslimitiert erkrankt sind und zu Hause palliativ behandelt werden. Es ist für Werner Kreiskott eine Herzensangelegenheit, diesen engagierten christlichen Dienst zu unterstützen.

So war es für ihn auch in diesem Jahr wieder eine Ehrensache, am „Tag der Kinderhospizarbeit“ (10.02.) seine Solidarität mit diesen besonderen Kindern zu zeigen. Der Box-Champ mit dem großen Herzen hat offensichtlich ein Händchen dafür, den bemitleidenswerten Kids seine Box-Welt bei einem ganz besonderen Trainingstag nahe zu bringen. Der schöne Lohn für die tolle Aktion: Die Kinder hatten sichtlich Spaß.

Werner Kreiskott beim spielerischen Box-Training mit zwei Kindern am „Tag der Kinderhospizarbeit“ – © Caritas Bergisch Land e.V.

Wir haben uns mit Werner Kreiskott über seine Berufung als Kinder- und Jugend-Box-Trainer und vieles mehr unterhalten.

DS: Sie haben doch sicher schon im Kindesalter mit dem Kampftraining begonnen?

Werner Kreiskott: „Ob Sie es glauben oder nicht: Ich habe mit dem Kickboxen erst im Alter von 18 oder 19 Jahren angefangen.“

DS: Welche Sportart haben Sie denn vorher ausgeübt?

Werner Kreiskott: „Ich habe bis zu meinem 25. Lebensjahr Fußball gespielt. Ich war Vorstopper in der Jugend u.a.  beim SV Bayer Wuppertal und später bei den Senioren beim VfB Schwelm, BV85 Wuppertal und NK Zagreb Wuppertal. Und dann irgendwann ging beides zusammen nicht mehr. 2003 habe ich mich dann fürs Kickboxen und Boxen entschieden und mit dem Fußball aufgehört.“

DS: Als Vorstopper, einer Position, die es im heutigen Fußball eigentlich gar nicht mehr gibt, mussten Sie sicher auch manchmal kräftig hinlangen. Aber der Weg vom Fußball bis hin Boxen Mann gegen Mann ist da noch ganz schön weit. Wie sind Sie im Ring gelandet?

Werner Kreiskott: „Es ist schon verrückt, wie ich überhaupt zum Kampfsport gekommen bin. Ich war mit ein paar Freunden bei einer Boxveranstaltung. Bei einem Fight war ein Kämpfer ausgefallen. Und ich wurde per Zufall scherzhaft gefragt, ob ich nicht einspringen wolle. Und ich sagte mir, warum eigentlich nicht. Ich hatte keinerlei Box-Erfahrung und ich habe den Kamp trotzdem gewonnen. Der Trainer kam anschließend auf mich zu und fragte, ob ich nicht mal zum Training kommen wollte. Ich ging hin und blieb. So fing alles an.“

Werner Kreiskott verliess den Box-Ring mehrfach als Weltmeister © privat

DS: Was hat Sie so sehr am Box-Training fasziniert?

Werner Kreiskott: „Ich bin schon immer eher der Einzelkämpfer gewesen und das hat mich auch so am Kickboxen oder Boxen fasziniert. Zudem ist das Boxtraining für mich das beste Training, was man überhaupt absolvieren kann, weil dabei fast alle Muskelpartien des Körpers effektiv trainiert werden Egal ob als Hobbysportler oder als Kämpfer. Es macht dich top fit.“

DS: Haben Sie denn mehr aus Gründen der Fitness dieses knochenharte Training auf sich genommen oder war für Sie von vornherein klar, dass Sie irgendwann einmal für einen echten Fight  in den Ring steigen würden?

Werner Kreiskott: „Ich bin ja schon ohne jegliches Boxtraining für einen echten Kampf in den Ring gestiegen. Ich hatte da noch nicht einmal gegen einen Sandsack oder eine Boxbirne geschlagen. Als der damalige Trainer dann zu mir sagte: ‚Du hast wirklich Potenzial, komme doch mal beim Training vorbei‘, war für mich bereits klar, dass ich eine Laufbahn als Kämpfer einschlagen wollte.“

DS: Was fasziniert Sie so sehr an der Trainingsarbeit mit Kindern und Jugendlichen?

Werner Kreiskott: „Mich fasziniert und motiviert besonders, dass ich den Kindern und Jugendlichen neben dem eigentlichen Box-Training parallel auch in anderen Lebensabschnitten zur Seite stehen und ihnen damit helfen kann. Die Kids wissen, dass sie mit allen Problemen zu mir kommen können und sie tun dies auch. Das Training stärkt die Kids ganz oft auch in anderen Alltagssituationen.“

Ein Herz und eine Seele: Werner Kreiskott mit seiner Ehefrau Olga – © privat

DS: Wie alt müssen die Kinder mindestens sein, um bei Ihnen trainieren zu können?

Werner Kreiskott: „Grundsätzlich sollten sie mindestens  6 Jahre alt sein. Es kommt aber im Einzelfall darauf an, wie weit das Kind zu dem Zeitpunkt wirklich ist, motorisch, aber auch psychisch. Die entscheidende Frage ist: Kann es sich schon längere Zeit konzentrieren, Vorgaben umsetzen und auch  körperlich mithalten?“

DS: Wie muss man sich ein solches Kids-Box-Training vorstellen?

Werner Kreiskott: „Wir variieren das Training immer etwas. Es kommt oft darauf an, wie viele Kinder gerade beim Training dabei sind. Sind weniger Kids da, kann man mehr Pratzen-Training machen (Pratze ist der übergroße, gepolsterte Handschuh, den der Boxtrainer trägt, auf der der trainierende Boxer dann einschlägt). Oder man macht alternativ auch einmal eine kurze Sparringseinheit. Alles aber natürlich weitaus geschützter und weniger intensiv als bei den älteren Kindern und Jugendlichen. Grundsätzlich sind die Trainingseinheiten bei den Kindern, Jugendlichen, Frauen und Männer ähnlich: Aufwärmen, Partnerarbeit und dann Boxsacktraining. Beim Kindertraining (6-10 Jahre) bauen wir jedoch mehr spielerische Elemente ein. Beispielsweise findet  hier das Aufwärmen immer im Rahmen von Spielen statt – wie ‚Feuer – Wasser – Sturm‘.“

DS: Sie selbst haben es in Ihrer Karriere bis zum Box-Weltmeister gebracht. Spielt Ihre Erfolgsgeschichte aus Ihrer Sicht bei der Entscheidung der Kinder und Jugendlichen eine wesentliche Rolle, sich fürs Training ganz gezielt  in Ihrem Fight Club anzumelden?

Werner Kreiskott: „Ganz klar, das wird sicher ein Aspekt sein! Ich glaube aber auch, dass meine Person und meine Persönlichkeit besonders für die Eltern der Kinder und Jugendlichen eine große Rolle spielen. Sie können sich ja darauf verlassen, dass ich auch außerhalb des Trainings immer für ihre Kids und Jugendlichen da bin. Sie wissen einfach, dass ich so bin wie ich bin. Immer direkt und geradeaus. Ich sage in jeder Situation, was ich denke. Und das verstehen auch die Kids. Wenn ich ihnen   bei bestimmten Aktionen erkläre, dass das der falsche Weg ist und man so ganz schnell abstürzen kann, dann nehmen sie das ernst. Vermutlich ernster, als bei manch anderem Trainer.“

Werner Kreiskott im Kreise seiner Trainings-Kids. Die Arbeit bereitet ihm einen Riesen-Spaß – © Fight Club Wuppertal

DS: Nahezu alle Sportvereine haben große Nachwuchsprobleme, weil die heutigen Kids lieber mit dem Smartphone herumdaddeln als sich zu bewegen. Wie schaffen Sie es, die Kinder vom Computer und von den Ballerspielen wegzulocken?

Werner Kreiskott: „Natürlich kriegt man nicht alle Kids überzeugt, aber ich glaube, dass selbst die Kleinen merken, dass ihnen Boxtraining etwas bringt, wenn sie es erst einmal ausprobiert haben. Sie werden ‚stärker‘. Aber im Sinne von mutiger und selbstbewusster. Sie glauben einfach mehr an sich.“

DS: Welche Voraussetzung muss ein Kind oder ein Jugendlicher mitbringen, um bei Ihnen trainieren zu können?

Werner Kreiskott: „Eigentlich gar keine! Nur Lust und Spaß. Mir ist vor allem wichtig, dass ich merke, dass sie nicht von den Eltern zum Training gezwungen werden.“

DS: Für sicher nicht wenige Familien ist es sicher ein Problem, den monatlichen Mitglieds-Beitrag für das Box-Training ihrer Kids aufzubringen. Wie gehen Sie damit um?

Werner Kreiskott: „Also dieses Thema steht immer wieder bei uns in Diskussionen. Ich bin einer der günstigsten Anbieter, wenn man die Preise der Kindertrainings in diesem Sportbereich vergleicht. Man darf aber nicht unterschätzen, wie anstrengend das Training mit beispielsweise 40 kleinen Kindern ist. Das ist doppelt so anstrengend, als wenn man mit Erwachsenen arbeitet. Man muss mehr erklären, braucht starke Nerven und man muss wesentlich geduldiger sein. Ich bin nach dem Kindertraining immer völlig ‚platt‘ (Haha). Ohne meine Co-Trainer wäre das auch gar nicht möglich. Ich muss aber ganz klar sagen: Für Preise, die einige Konkurrenten fürs Kindertraining verlangen, würde ich mich schämen. Es sind schließlich Kinder. Ich denke da eher als Vater und weniger als Geschäftsmann. Bei uns steht die Liebe zum Sport im Vordergrund!“

Hat alles im Blick: Trainer Werner Kreiskott beim Kinder-Sparring – © Fight Club Wuppertal

DS: Für Sie besitzt das Boxtraining nach eigenen Worten auch eine sehr starke soziale Komponente. Haben Sie ein besonderes Konzept, das mögliche Aggressionen kanalisiert und die Gefahr begrenzt, dass jemand seine durch das harte Box-Training erworbenen Fähigkeiten dazu nutzt, sich wahllos auf der Straße herum zu prügeln?

Werner  Kreiskott: „In meiner Sprache sage ich mal so: Ich mache immer wieder ganz klare Ansagen an die Kids und Jugendlichen, damit Sie auch genau wissen, dass ich vieles davon erfahre, was etwa auf dem Schulhof oder dem Bolzplatz passiert. Wuppertal und Umgebung sind überschaubar. Erst letzte Woche kam das Thema Mobbing auf. Und daran war auch einer meiner Jungs  beteiligt. Was das Mobbing angeht, bin ich hochgradig allergisch!“

DS: Wie steuern Sie Sie in solchen Fällen dagegen?

Werner Kreiskott: „Es spielt bei uns keine Rolle, welche Religion, Hautfarbe, Geschlecht oder Einschränkung jemand hat. Ich will meinen Leuten vermitteln, dass es einfacher ist, miteinander zu leben als gegeneinander. Ein Jugendlicher meinte vor kurzem, er müsste meine klare Ansage nicht ernstnehmen. Er ist sofort aus der Trainingsgruppe geflogen und konnte nach Hause gehen. Bei Kindern kommt so etwas so gut wie nie vor und die würde ich auch nicht allein aus der Halle lassen. Der Betreffende bekam mit auf den Weg, dass ich ein Gespräch mit seinen Eltern führen möchte. Dieses fand  dann auch statt. Es ist mir sehr wichtig, mein Handeln auch den Erziehungsberechtigten zu erklären. Wir müssen nicht alle die besten Freunde sein, aber keiner hat es verdient, aufgrund von Aussehen oder Lebensweise respektlos behandelt zu werden. Unser unmissverständliches Motto lautet: Helfe immer den Schwachen!“

Box-Weltmeister Werner Kreiskott (r.) schaut immer genau hin, wenn seine jungen Schützlinge im Ring die Fäuse fliegen lassen – © Fight Club Wuppertal

DS: Wie hoch ist der Anteil derjenigen, für die Box-Training eher eine Art Fitness-Training ist und die sich im besten Fall nur besser selbst verteidigen können wollen? Und wie viele haben wirklich den festen Plan, für Kämpfe in den Ring zu steigen?

Werner Kreiskott: „Etwa 50 Prozent der Jugendlichen trainieren, um wirklich Kämpfe zu bestreiten. Aber auch die anderen sind herzlich bekommen und kommen auch voll auf ihre Kosten. Sie gewinnen auf jeden Fall etwas Wichtiges für ihr Leben dazu: Sie sind topfit, haben mehr Selbstbewusstsein, können sich in Notsituationen selbst verteidigen oder sich für andere, schwächere Menschen stark machen.“

DS: Wie ist das Geschlechter-Verhältnis bei Ihren Schützlingen, die Sie trainieren?

Werner Kreiskott: „Beim Kindertraining sind rund 20 Prozent Mädchen, bei den Jugendlichen liegt der Anteil der Teilnehmerinnen bei ca. 40 Prozent.“

DS: Letzte Frage: Worauf – im Zusammenhang mit Box-Training mit Kindern und Jugendlichen – sind Sie besonders stolz?

Werner Kreiskott: „Wenn mich beispielsweise Eltern, Lehrer oder Betreuer aus Jugendeinrichtungen spontan in der Halle anrufen und mir berichten, dass die Kinder  – egal ob es jetzt der Mobber oder das Mobbing-Opfer war – sich positiv verändert und weiter entwickelt haben. Ein solcher Anruf macht mich einfach glücklich.“

DS: Vielen Dank für das sehr offene, ehrliche und informative Gespräch. 

Das Interview führte Peter Pionke

Hält sich natürlich auch selbst fit: Werner Kreiskott beim Training in seinem Fight Club – © Dirk Sengotta

Erfolge von Werner Kreiskott

Thaiboxen / K1

Deutscher Amateurmeister Muay Thai 2004

Deutscher Meister I.K.B.O. Thaiboxen 2006

Europameister I.K.B.O. Thaiboxen 2007

Europameister I.K.B.O. Kickboxen 2007

Europameister W.C.O. Kickboxen 2007

Weltmeister I.K.B.O. Kickboxen 2008

Profiboxen

Europameister WBU Profiboxen 2014

Europameister IBF Profiboxen 2014

Interkontinentale Meister WBU Profiboxen 2015

Weltmeister WBU 2015

Weltmeister WBU 2016/2017

Internationaler Champion WBF 2016/2017

 

Fight Club Wuppertal 

Friedrich-Ebert-Strasse 149 – 42117 Wuppertal

 

Link zur Webseite des „Fight Club Wuppertal“

http://www.fightclub-wuppertal.de

Link zum „Ambulanten Kinder-und Jugendhospizdienst Bergisch Land Caritas Wuppertal/Solingen e.V.“:

https://www.caritas-wsg.de/hilfe-angebote/hospiz/ambulante-hospizdienste/

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