9. August 2024Peter Pionke
Jürgen Hardt als ‚Tagespraktikant‘ im Caritas-Altenzentrum
Von 7.30 Uhr bis zum Mittag begleitete Jürgen Hardt das Team der Etage „Theresa“ mit 33 Bewohnern.„Haben Sie jemals etwas Positives über ein Altenheim gehört?“ Mit dieser durchaus ernstgemeinten Frage begrüßte der Wohnbereichsleiter Peter Franke seinen Gast aus der Politik. Damit war bereits ein herausforderndes Thema rund um die Pflege angesprochen.
Oft genug prägen Vorurteile die Lage in der Stationären Altenpflege die Sicht von außen. So entsteht dann oft ein dunkles Bild, was die Attraktivität des Pflegeberufs angeht. Massiver Personalmangel ist jedoch einer der Hauptgründe für die angespannte Situation in vielen Pflegeeinrichtungen.
Die Stimmung, die Jürgen Hardt bei Bewohnern und Beschäftigten wahrnahm, vermittelte jedoch einen deutlich positiveren Eindruck. Das Altenheim verfügt überwiegend über Einzelzimmer für die alten und hilfebedürftigen Menschen. Eingespielte Teamarbeit erlaubt es den Pflegerinnen und Pflegern, die Betreuung der ihnen Anvertrauten gut zu bewältigen. Doch auch hier ist der Zeitmangel spürbar.
Hoher Zeitaufwand für Planung und Dokumentation
„Für die Planung und Dokumentation der Arbeit muss viel Zeit aufgewendet werden“, so Franke zu Hardt. Der Politiker ließ sich die Arbeitsschritte am Bildschirm erläutern. Ein neues, noch stärker digitalisiertes Erfassungssystem soll hier im Alltag Entlastung bringen, denn die Pflegerinnen und Pfleger verbringen am besten ihre Zeit bei den Bewohnern und nicht vor dem PC-Monitor-Bildschirm.
„Bürokratieabbau muss bei der Pflege weiter oben ansetzen, etwa beim Nebeneinander von Medizinischem Dienst der Kassen und der Heimaufsicht durch den Staat. Offenbar gibt es hier Überschneidungen und Doppeltaufwand, der reduziert werden könnte.“ So ein erstes Fazit zum Thema Bürokratie.
Weiterer Schwerpunkt des Tagespraktikums von Jürgen Hardt war die Situation des Personals. „Mit Blick auf die Tarifverträge lässt sich das Vorurteil, Pflegeberufe seien schlecht bezahlt, nicht aufrechterhalten. Da haben der Gesetzgeber und die Tarifpartner deutliche Schritte nach vorne gemacht. Doch nur wer auch die passende innere Einstellung und Hinwendung zum Menschen mitbringt, wird auch für sich selbst die nötige Berufszufriedenheit finden“, resümiert Jürgen Hardt. „Mehr gesellschaftliche Anerkennung und Akzeptanz wären eine klare Rückendeckung für junge Menschen, diese Berufswahl ins Auge zu fassen. Und: An Schulen muss auch mehr über Pflegeberufe informiert werden.“
Seniorinnen und Senioren kommen heute später ins Altersheim
Beim Mittagessen mit Inka Cramer, Leiterin des Caritas-Altenzentrum Augustinusstift, Dr. Wolfgang Kues, stellv. Vorsitzender des Caritasverbands Wuppertal/Solingen e. V., standen die politischen Rahmenbedingungen im Mittelpunkt. Jenseits der allgegenwärtigen Frage nach der Finanzierung guter Pflege angesichts knapper Kassen und der aktuellen Debatte über ein Pflegeberufegesetz sprachen Inka Cramer, Dr. Wolfgang Kues und Jürgen Hardt auch über die Veränderungen in der Bewohnerstruktur von Altenheimen: Die Gäste kommen grundsätzlich später als in früheren Jahrzehnten. Einerseits bleiben sie länger als früher in ihrer häuslichen Umgebung, was gewünscht ist, andererseits ist die Eingewöhnung in der stationären Einrichtung dadurch schwieriger.
Und nicht selten geht der späte Umzug mit einer vorangehenden Überlastung der Familienangehörigen einher. „Der an sich gute Grundsatz ‚häuslich vor stationär‘ darf nicht dazu führen, dass der richtige Zeitpunkt für die Übersiedelung in ein Altenheim verpasst wird“, meint Jürgen Hardt.
Eine Form der Betreuung zuhause lebender Pflegebedürftiger wird in Form der Tagespflege auch im Augustinusstift praktiziert. „Wenn die Gäste bei uns sind, haben pflegende Angehörige, die ja nicht selten selbst auch schon alt sind, Pause vom Alltagsstress. Und wer tagsüber bei uns ist, bleibt aktiv und hat soziale Kontakte auch außerhalb der eigenen vier Wände“, erklärt sagt Tanja Hoegen, die diesen Bereich im Altenpflegezentrum verantwortet.
Am Ende des spannenden, aber auch anstrengenden Tages in der Pflege bleibt Jürgen Hardt der wichtige und richtige Satz von Peter Franke gut in Erinnerung: „Wer ins Altenheim kommt, muss nicht seine Persönlichkeit aufgeben.“ Achtung und Respekt sind Schlüsselbegriffe in der Altenpflege, die von der großen Mehrzahl der vielen hunderttausend Pflegerinnen und Pflegern täglich mit Leben erfüllt werden.
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