9. August 2024

„Meister“ Pröpper: Gefeiert, bejubelt und ausgepfiffen

Er hat „Kult-Status“. Wuppertals Ex-Fußball-Star Günter „Meister“ Pröpper genießt einen bundesweiten Bekanntheitsgrad. Als wir ihn zuletzt in einem Bericht zum Sponsoren-Abend des Wuppertaler SV erwähnten, wurde dieser Online-Artikel 45.000 mal angeklickt. Doch was ist es, dass den heute 82jährigen zu einer lebenden Legende werden ließ? Er erlebte Höhen und Tiefen, wurde einst auf Schultern getragen, am Ende aber auch gnadenlos ausgepfiffen

Zwei Legenden unterwegs auf der Nordbahntrasse: Günter Pröpper (r.) mit Schwimm-Star Peter Nocke – © Kurt Keil

Legenden haben meist wie in Sagen einen wahren Kern, der fantastisch ausgeschmückt wird. Im seinem Fall gibt es noch viele lebende Zeitzeugen, die Fakten sind noch nachprüfbar. Günter Pröpper war es, der mit seinen Toren den Wuppertaler Fußball und seinem WSV deutschlandweit in aller Munde brachte.

In den drei Jahren der Erstklassigkeit stellte der WSV mit Günter Pröpper einen der besten Stürmer dieser Zeit. Er war nicht filigran, hatte aber einen schier unglaublichen Torriecher mit starkem Schuss und starken Kopfball, den er in allen Lagen einzusetzen wußte

Der Top-Torjäger, der für 39.000 DM zu haben war

Dabei debütierte Pröpper in der Bundesliga erst als Dreißigjähriger. Er kam  für 39.000 DM (knapp 20.000 Euro) 27jährig vom Liga-Konkurrenten Rot-Weis Essen, wo er als Stürmer unter Trainer Kuno Klötzer nur noch in den Schlussminuten Kurzeinsätze hatte, dabei aber viele Treffer erzielte. Der einst von Bundestrainer Sepp Herberger verschmähte Wuppertaler Trainer Horst Buhtz (Herberger hatte Fritz Walter den Vorzug gegeben) holte ihn an die Wupper.

Legenden unter sich: (v.l.) Ex-Trorjäger Günter Pröpper mit Erfolgs-Coach Udo Lattek und dem Wuppertaler Unternhemer Bernd Bernd Bigge bei der Veranstaltung „WupperTALK“ in der Hako Event Arena -© Paul Coon

Mit ihm als Torjäger kam der größte Erfolg der Vereinsgeschichte. Pröpper schoss im Aufstiegsjahr 1971/72  zweiundfünfzig  der 111 Tore. Trainer Horst Buhtz führte die Mannschaft in der Saison 1972/73 am Ende bis auf Platz vier der Bundesliga.

Günter Pröpper wurde mit 21 Toren drittbester Ligatorjäger hinter Gerd Müller und  (36 Tore) und Jupp Heynckes (28). Der WSV erreichte mit ihm den UEFA-Pokal, schied aber hier gegen den polnischen Vertreter Ruch Chorzow (Königshütte) bereits in der ersten Runde aus.

Vier Wochen lang war der WSV Bundesliga-Zweiter

Ein Bericht aus dieser Zeit beschreibt die damalige Stimmung, als Aufsteiger WSV am 12. Spieltag mit einem 1:0 Sieg über Eintracht Frankfurt auf Platz drei aufrückte, während die titelambitionierten Hessen auf Rang 12 abrutschten: „..Ich hatte mir Platz 7 bis 12 ausgerechnet“, erklärt WSV-Trainer Buhtz: „Dass wir den Sprung nicht gleich im ersten Anlauf schafften, hat auch sein Gutes. So konnten wir in Ruhe reifen. Meine Mannschaft, die mir blind vertraut und sich blind versteht, spielt rationellen Fußball. Da gibt es keine Abnutzung.“

Günter Pröpper im Juli als Ehrengast beim Sponsorentreffen im Stadion am Zoo – © Siegfried Jähne

Der Wuppertaler Coach sah keinen Grund, warum der Höhenflug seiner Truppe enden sollte. Vom 25. bis zum 29. Spieltag belegte der WSV in der Bundesliga sogar vier Wochen lang hinter Bayern München den zweiten Tabellenplatz.

WSV-Absturz schneller als erwartet

Der Absturz sollte schneller als gedacht kommen. Die Mannschaft hatte ihren Zenit überschritten. Buhtz-Kritiker verübelten ihm fehlende Vorbereitung auf die zweite und dritte Spielzeit sowie seine Abwesenheit bei der WM 1974. Der Abstieg konnte im zweiten Jahr auch erst am letzten Spieltag durch ein 2:2 in Stuttgart vermieden werden.

WSV schlug Bayern München vor über 40.000 Zuschauern mit  3:1

Die dritte Saison begann mit einem Paukenschlag: Am 21. September 1974 schlug das Buhtz-Team vor über 40.000 Zuschauern im Zoo-Stadion Bayern München mit 3:1 Toren. München war mit Franz Beckenbauer, Sepp Maier, Katsche Schwarzenbeck, Uli Hoeneß und Gerd Müller angetreten. Nach dieser Sensation lief  aber nichts mehr beim Wuppertaler SV. Trainer Buhtz wurde im November 1974 entlassen und durch den Ungarn Janos Bedl ersetzt.

Günter Pröpper (l.) Peter Nocke studieren eine Info-Tafel an der Nordbahntrasse – © Kurt Keil

Dieser startete in Wuppertal mit sechs Pleiten und 2:16 Toren. Sein Team hatte nur noch einmal gewinnen können, und zwar mit 2:0 Toren gegen Schlusslicht Tennis Borussia Berlin. Der Abstieg des WSV aus der Bundesliga mit nur zwei Siegen und 12 Punkten war nicht mehr zu verhindern. Die Fans zeigten sich entsetzt, ließen ihrem Unmut freien Lauf und pfiffen das Team gnadenlos aus.

Günter Pröpper erlebte nach nach eigenen Angaben damit die schwersten Stunden seiner Laufbahn. Er, der in 87 Bundesliga-Einsätze 39 mal erfolgreich war, mußte sich erst einmal krank schreiben lassen. Sein letztes Profispiel bestritt er dann am 9. Juni 1979 in der 2. Liga Nord. 182 mal war er beim  Wuppertaler SV eingesetzt worden, dann wurde er mit einem Abschiedsspiel gegen eine DFB-Auswahl geehrt.

Das war ein Privileg, das bis dahin nur Nationalspielern zuteil wurde. Netzer, Overath und der 2022 verstorbene Nationaltorwart Fahrian waren damals im Zoo Stadion dabei. Pröpper galt als ein Sportsmann aus dem Bilderbuch. In seiner Bundesliga-Karriere kassierte er nur eine Verwarnung, mit einer Roten Karte vom Platz gestellt wurde er nie.

Günter Pröpper (l.) hatte sich aus Anlass seines 75. Geburtstages als Alternative zu  Geschenken eine Spende für WUPPERTAL HILFT! gewünscht. Es kamen stolze 750 € zusammen. Hier bei der symbolischen Scheckübergabe an Stefan Mageney, 1. Vorsitzender des Charity-Vereins – © Jochen Classen

Acht Kinder im Hause Pröpper, der Vater war im Krieg gefallen

Günter Pröppers Beliebtheit kommt nicht von ungefähr. Zurückhaltung und  Bescheidenheit zeichneten ihn stets aus. „Man sollte nie vergessen, wo man herkommt“, sagte er uns. Er stammt aus einer Familie mit acht Kindern. Sein Vater kehrte nicht aus dem 2 Weltkrieg zurück.

In seiner Heimatstadt Dorsten begann mit 14 Jahren eine Lehre in einem Bergwerk. Wenn man mit ihm über seine zehn aktiven Jahre als Fußballer beim WSV spricht, redet er gerne von den „Technikern“ wie Manni Reichert, Dieter Lömm, Emil Meisen, Bernd Hermes, Herbert Stöckl oder Gustl Jung, die – wie er bescheiden sagt –  seine, die Meister-Pröpper-Tore, erst möglich machten.

Günter Pröpper ist dem WSV bis heute stark verbunden, erinnert sich noch gern an seine aktive Zeit: „Wir haben früher nur einen Bruchteil vom dem verdient, was die Spieler heute bekommen“, sagt er ohne jede Spur von Neid. „Viele von uns haben noch halbtags gearbeitet. Deshalb konnte auch nicht so intensiv trainiert werden. Und Trikot-Tausch gab es auch nicht. Wehe, wenn nach dem Spiel ein Trikot gefehlt hat, dann gab es Riesenärger mit dem Zeugwart. Wir hatten doch nur zwei oder drei komplette Trikot-Sätze.“

Günter Pröpper mit einer Ausgabe der STADTZEITUNG, als des Magazin noch kein reines Online-Medium war – © Jochen Classen

Der „Familien-Mensch“ Pröpper lebt heute mit Partnerin Helga Preiss in einer schmucken Elberfelder Eigentumswohnung. Er hat seine Lebensgefährtin einst an der Bushaltestelle kennenglernt – auch das ist symptomatisch für seine bescheiden Lebensweise. Günter Pröpper war zweimal verheiratet, hat vier Kinder und ist dreifacher Großvater. Sohn Carstens hat als einziger seine Fußball-Leidenschaft, Carsten Pröpper spielte eins beim WSV, BVL 08 und FC  Remscheid sowie beim FC St. Pauli. Eine beachtliche Karriere, aber so richtig in die Fußstapfen seines berühmten Vaters treten konnte er nie.

Bei den Spielen seines WSV ist Günter Pröpper bis heute immer ein gern gesehener Gast – bei den älteren Fans sowieso, aber auch bei den jungen. Der tadellose Sportsmann geniesst Generationen übergreifend großen Respekt. Im Stadion begrüßt ihn regelmässig das WSV-Maskottchen, das „Pröppi“ heisst. Was für ein Zufall!

Günter Pröpper (r.) mit Ex-WSV-Spieler Kevin Rodrigues-Pires bei einer Hallenfußball-Stadtmeisterschaft – © Jochen Classen

Dass Wuppertals Oberbürgermeister Uwe Schneidewind vor zwei Jahren zur 80. Geburtstagfeier des großen Sohnes dieser Stadt nicht erschienen war, hatte den Jubilar weniger geärgert, als seine viele treuen WSV-Fans. Unvergessen ist, wie die Stadt Wuppertal einst spektakuläre und plakative Eigen- und Imagewerbung mit ihrem Fußball-Idol und Ausnahme-Torjäger machte: Ein dreibeiniger Meister Pröpper saß auf einem Königs-Thron – was für eine Huldigung!

Text: SIEGFRIED JÄHNE

 

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