17. August 2024

Zentraler Kinderarzt-Notdienst: Eine „kranke“ Entscheidung?

Auch das Gesundheitssystem krankt offenbar immer mehr an Bürokratie und Entscheidungen, die niemand mehr nachvollziehen kann. Eine dieser Entscheidungen ist die der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, den Kinder- und Jugendärztlichen Notdienst für ganz Wuppertal in einer Praxis der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) am  Helios Klinikum zu zentralisieren.

Der Jugend- und Kinderärztliche Notdienst ist seit dem 1. April zentralisiert. Betroffene Ärzte, Eltern und auch Politiker kritisieren das neue System scharf – © Pixabay

Das bedeutet: Kinderärztinnen und Kinderärzte dürfen ihren Notdienst nicht mehr in ihrer eigenen Praxis anbieten.Gegen diese Regelung, die seit dem 1. April in Kraft ist, laufen besorgte Eltern Sturm. Die Wuppertalerin Alexandra Carcavelou startete mit anderen betroffenen Eltern eine Petition, weil sie die Entscheidung der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein für willkürlich, falsch und irgendwie „krank“ hält.

Unterstützung erhalten die Eltern von betroffenen Kinderärzten und von der CDU-Fraktion Wuppertal. Deren Vorsitzender Michael Wessel vertritt eine klare Meinung: „Hier wurde ein seit vielen Jahren funktionierendes Notdienst-System abgeschafft und durch eine nicht funktionierende Regelung ersetzt. Man folgt damit einer fehlgeleiteten politischen Agenda zur Krankenhausreform, die ausschließlich die Konzentration von Klinikstandorten vorsieht.“

Die Nachteile liegen auf der Hand

In einem rund 30 Minuten langen Podcast begründet die betroffene Mutter Alexandra Carcavelou im Detail, welche Nachteile die Abschaffung der Notdienste in den jeweiligen Kinderarztpraxen für kranke Kids und ihre Eltern hat. Der Podcast kann auf den Social-Media-Plattformen und auf der Webseite der CDU-Fraktion Wuppertal abgerufen werden.

Die Nachteile liegen auf der Hand: Der Notdienst findet jetzt zentral in den Räumlichkeiten einer Tochtergesellschaft der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein im Komplex des Helios Klinikums in Barmen statt. Die insgesamt 34 Wuppertaler Kinderärztinnen und Kinderärzte, die sich den Notdienst teilen, dürfen ihr bewährtes und vertrautes Praxis-Personal nicht mitbringen, sondern müssen mit zwei von der Kassenärztlichen Vereinigung beschäftigen medizinischen Fachangestellten (MFA) in Teilzeit und vier Aushilfen als Unterstützung die kranken Kinder behandeln.

In ihren Kinderarzt-Praxen sind sie es gewohnt, mit Arzthelferinnen Hand in Hand zusammen zu arbeiten, die für den ganz speziellen Umgang mit kleinen, jungen Patienten sensibilisiert und geschult sind. Die Praxen an sich sind in der Regel kindgerecht eingerichtet, mit Spielecken, verschiedenen  Beschäftigungsmöglichkeiten und ohne triste, sterile Räumlichkeiten.

Michael Wessel, engagierter Fraktionsvorsitzender der CDU-Wuppertal – © Pflege Wessel

Sicher auch alles andere als ein Vorteil der Zentralisierung: Es gibt beim zentralen  kinderärztlichen Notdienst keine Möglichkeit, vorab telefonisch Termine zu vereinbaren, sodass lange Wartezeiten programmiert sind.

Michael Wessel: „Ich kann verstehen, dass die Notaufnahmen der Kliniken entlastet werden sollen, weil sie zu oft von Menschen aufgesucht werden, die gar keine Notfälle sind. Aber das ist der völlig falsche Weg. Wenn besorgte Eltern und ihre unruhig werdenden, kranken Kinder stundenlang auf die Behandlung warten müssen, besteht doch die Gefahr, dass sie völlig genervt die kinderärztliche Notdienst-Praxis verlassen und stattdessen eine Tür weiter in Notfall-Aufnahme des Helios-Klinikums gehen. Die Regelung ist weder vernünftig noch wirtschaftlich sinnvoll.“

Das sehen nicht nur Michael Wessel und betroffenen Eltern so, sondern auch die Wuppertaler Kinderärzte Dr. Hendrik von Fintel und Dr. Stefan Giertz, die sich zum Gedankenaustausch und einer ersten Bilanz mit Vertretern der CDU-Fraktion an einen Tisch gesetzt haben.

Betroffene Mediziner kritisieren das System

Dr. Hendrik von Fintel kritisiert die enge Personalsituation und verweist auf einen Tag im Mai, an dem die zentrale kinderärztlich Notdienstpraxis komplett geschlossen werden musste, weil sich Arzthelferinnen krank gemeldet hatten: „Das ist zu wenig, um einen kurzfristigen Personalausfall zu kompensieren. Eine solche Situation hat es vor der Zentralisierung in 30 Jahren Kindernotdienst in Wuppertal nicht gegeben.“ Klare Worte!

Die CDU-Fraktion bittet weitere Kinderärztinnen und Kinderärzte, sich zu melden, um über ihre Erfahrungen mit der Zentralisierung des kinder- und jugendärztlichen  Notdienstes zu berichten. Michael Wessel: „Ich kann ja verstehen, dass man eine solche zentrale Regelung einmal ausprobieren wollte, aber wenn man erkennt, dass dieses System für Eltern, Kinder, Ärzte und medizinisches Personal keinerlei Vorteile, sondern im Gegenteil nur Nachteile bringt, muss man zum alten, bewährten System zurückkehren.“

Eltern übergeben Petition

Aber die Entscheider der Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein scheinen nicht einmal daran zu denken. Dennoch hofft Michael Wessel darauf, einmal alle Beteiligen und Betroffenen an einen Tisch zu bekommen – auch Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein.

Neuester Stad: Am 28.8. übergeben die Eltern der KV Nordrhein eine Petition samt Michael Wessels Anschreiben.

Text Peter Pionke

 

Link zur Webseite der CDU-Fraktion Wuppertal:

https://www.cdu-fraktion-wuppertal.de/

 

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