19. August 2024

WSV: Der Ruf nach klaren Ansagen wird immer lauter

Es klang schon sehr mutig (oder gar zynisch?), als jetzt nach dem 1:4 verlorenem  Paderborn-Heimspiel über Lautsprecher die sentimentale WSV-Hymne getrillert wurde: “Du wirst niemals untergeh‘n mein WSV Weil wir fest zusammensteh’n mein WSV Du bist der Weg, du bist das Ziel Du bist alles was ich will…"

Symbolisch für den ganzen WSV: Riccardo Grym nach der zweiten Heimspielniederlage hintereinander am Boden – © Jochen Classen

Fakt ist indessen, dass man an diesem ansonsten schönen Sonntag-Nachmittag gegen den ebenfalls noch sieglosen Tabellenletzten trotz Aktivierung von Jugendgruppen nur noch 1.560 Besucher zählen durfte. Die Fans unterstützten die Mannschaft  trotz einiger Pfiffe über weite Strecken des Spieles lautstark, werden sich aber am Schluss eher die Frage gestellt haben: „Wohin gehst Du WSV?“

Cheftrainer René Klingbeil brachte nach dem neuerlichen Debakel auf den Punkt: „Wir sind jetzt auf dem 18. Tabellenplatz, tiefer kann es nicht mehr gehen“. Und er hatte damit wohl nur die diesjährige Saisonplatzierung in der Regionalliga-West im Auge.

Paderborn in allen Belangen überlegen

Klingbeil hatte noch vor dem Spiel doziert: “Wir wollen die Abstiegszone verlassen, wir müssen und werden diese Phase überstehen, mit sehr viel Leidenschaft und Mut.“ Auch wenn das Team zeitweise verunsichert wirkte, konnte man der Mannschaft diesmal mangelnden Kampfgeist nicht unbedingt vorwerfen. Aber der Gegner, die Reserve des Zweit-Bundesligisten, war dem WSV körperlich, läuferisch und auch spieltaktisch überlegen.

Auch bei diesem Paderborner  Treffer war WSV-Torhüter Wozniak (l.) machtlos, ebenso Wuppertals Kapitän Dams (r.) – © Jochen Classen

Die Paderborner hatte wenig Mühe, gegen den defensiv eingestellte Gastgeber schon früh in Führung zu gehen. Einen Freistoß des 19jährigen aktuellen U19 Nationalspielers Anton Bäuerle aus 20 m Entfernung konnte WSV-Keeper Wozniak noch abwehren, gegen den Nachschuss des aufgerückten Abwehr-Chefs Tim Böhmer (23), einem ehemaliger U17-Nationalspieler, war er dagegen machtlos.

Nach 20 Minuten stand es nach einem schweren Fehler der Wuppertaler 2:0, als der erst 17jährige Luis Engelns freistehend einköpfen konnte. Es war sein erstes Tor in der Regionalliga überhaupt.

Das 3:0 der im schicken lindgrünen Dreß angetretenen Gäste erzielte dann der 19jährige Spanier Joel Vega Zambrano, der in der 65. Spielminute Unsicherheiten in der WSV-Abwehr zum 3:0 ausnutzte. Das 4:0 machte dann Julius Langfeld, ehe WSV-Kapitän Niklas Damas in der 76. Minute noch den Ehrentreffer markieren konnte.

Torhüter Krystian Wozniak war noch einer der besten Wuppertaler und verhindete mit gute Paraden Schlimmeres – © Jochen Classen

Dummer Platzverweis legte den WSV erneut lahm

Dem ganzen Debakel war zum wiederholten Mal  eine spielentscheidende gelbrote Karte vorausgegangen, die sich Oguzhan Kefkir nach dem Seitenwechsel in der 59. einhandelte. Bereits gelb verwarnt, grätschte er im Mittelfeld ohne zwingende Not in seinen Gegenspieler hinein und brachte diesen zu Fall.

WSV-Trainer Klingbeil: „Ich mache Oguz keinen Vorwurf, er ist ehrgeizig und wollte den Ball. Mit ein bisschen Fingerspitzengefühl musste der Schiedsrichter nicht unbedingt die gelb-rote Karte zeigen. Es ist Pech. Er wird uns schmerzlich fehlen.“ Eine halbe Stunde Unterzahl also für den WSV, dem damit jede Hoffnung auf eine Ergebniskorrektur genommen war.

Trainer Klingbeil zählte einmal mehr auf, was alles noch fehlt, sein Resümee fast schon stereotyp: „Die ersten beiden Tore waren Geschenke, da waren wir bei dem Freistoß zu unachtsam. So baust du einen Gegner auf. Wir müssen mit der Wahrheit umgehen können.Wir müssen gucken, dass wir nach vorne kommen.“

Oguzhan Kefkir handelte sich eine dumme gelb-rote Karte ein und schwächte damit seine ohnehin verunsicherte Mannschaft – © Jochen Classen

Paderborns Coach Daniel Brinkmann war dagegen naturgemäß zufrieden, merkte indessen an, dass sein Team in Überzahl zu wenig Gier gezeigt habe und wollte noch mehr als die vier Tore seiner Mannschaft sehen: „Man hat in der Regionalliga selten die Möglichkeit, deutlich zu führen und in Überzahl zu spielen“, klagte Brinkmann.

Konsequenzen angekündigt, Trainer nicht in Frage gestellt

Hinter den Kulissen soll es derweil beim WSV bereits mächtig geknallt haben. Nach Informationen der „Rundschau“ habe der für die Mannschaft verantwortliche WSV-Sportchef Gaetano Manno (42) Konsequenzen angekündigt und über denkbare Vertragsauflösungen mit einigen Spielern gesprochen. Trainer René Klingbeil habe er Engagement bescheinigt und ihn nicht in Frage gestellt.

Lichtblicke gab es auch: So zeigten sich Torwart Kristian Wozniak mit guter Leistung und Kevin Hagemann besonders einsatzfreudig. Hagemann erhielt der für einen beherzten Torschuss noch in der Schlussphase Szenenapplaus. Hagemann in seiner Spielbewertung: „Wir bekommen die Gegentore einfach zu leicht und sind zu leichtsinnig“.

Lange Gesichter bei der Pressekonferenz nach dem Spiel: WSV-Trainer René Klingbeil (r.) und Stadionsprecher Jonas Pütz (M.). Selbst Gästetrainer Daniel Brinkmann (l.) schaut trotz des Auswärtserfolgs nicht sonderlich glücklich drein – © Jochen Classen.

Hoffnungen auf Besserungen darf man auf die fehlenden fünf Feldspieler setzen. Oktay Dal (28) soll mit dem Japaner Subaro Nishimura (21) die Abwehr verstärken, der Holländer Joel Munsters (22) mit Semir Saric das Mittelfeld und der 22jährige Argentinier Pedro Cejas (in 61 Spielen 35 Tore) den dringenden Bedarf im Sturm decken.

Derweil gibt es auch wieder positive Meldungen aus dem engagierten Management. Der Hildener Finanzdienstleister ÖKOWORLD wird die kommenden drei Jahre Förderer des Löwenstalls, der Nachwuchsabteilung des Wuppertaler Sportvereins. Mit Jonas Pütz wurde diesmal ein zweiter, hochtalentierter Stadionsprecher eingeführt, der danach auch die Pressekonferenz leitete.

Nicht nur Musikauswahl ist verbesserungswürdig

Ungeachtet dessen steht der WSV vor ganz schwierigen Zeiten. Nächsten Sonntag geht es zur Düsseldorfer Fortuna II, die nach vier Spieltagen mit vier Punkten immerhin auf Rang elf liegt und dann kommt am 30. August der noch ungeschlagene, starke Titelanwärter Fortuna Köln ins Stadion am Zoo. Bis dahin sollte bei den Bergischen einiges geklärt sein, nicht nur die zuletzt wenig überzeugende Musik-Auswahl im Stadion.

Text: Siegfried Jähne

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