26. August 2024

„Tango Argentino“: Show mit Welt-Stars in der Stadthalle

Einer der Höhepunkte der europäischen Tango-Tanz-Szene ist der alljährliche „Ball Tango Agentino“ in der Historischen Stadthalle Wuppertal. Er gehört seit 1998 zu den größten Tango-Kultur-Veranstaltungen seiner Art in Europa. Am 21. September steigt dieses Event zum 25. Mal.

Tango auf höchstem Niveau: Alejandra Heredia & Mariano Otero in der Historischen Stadthalle – © Arnd Jockisch
Die Jubiläumsveranstaltung im großen Ballsaal verspricht einmal mehr Tanzkunst auf höchstem Niveau. Geboten werden Workshops – Konzert – Tanz – Shows (mit zwei Tanzflächen) sowie ein großen Buffet.

Mit Evira Lambo & Michael Nadtochi kommt eines der gefragtesten Tanzpaare der Welt mit Ihrer Show.  Aus Zürich reisen Eugenia & Yanick an.  Bruna Lavaroni & Franco Lus sind mit der Empfehlung eines „Baltic Open Cup-Siegers“ dabei. Daneben im Programm auch DANCER Frank Obregón als Ehrengast.

Für internationale musikalische Klasse steht nicht nur das renommierte „Orquestra Típica Libertango“.  Eine fröhliche und frische Atmosphäre, in der das Feiern, der Tanz und die Interaktion mit dem Publikum im Vordergrund steht, garantiert das argentinische Tango-Trio Milonguero Teixido-Siccardi-Di Pietro, bestehend aus dem Gitarristen, Komponisten und Arrangeur Jose Teixidó, dem Pianisten, Komponisten und Sänger Mariano Siccardi und dem Kontrabassisten Facundo Di Pietro. Ihre Interpretation des Tangos ist rhythmisch, tanzbar und authentisch.

Auch DJ Greg Dremerville (großer Saal / klassisch) und DJ VJ Isabella & Ivan Harlan („Tango Flavour Lounge“ zweiter Saal / Neo Tango) werden wieder zur Unterhaltung beitragen.

Carsten Heveling: „Tango macht etwas mit Menschen“

Ein Beiprogramm ab Freitag steigt im Café Ada bzw.im Café Tango:  Markus Frick (So. im Café Ada / klassisch) César Spengler (So. im Café Ada / klassisch) Ina Greiner (Fr. im Café Tango / klassisch) Luis „El Jefe“ Rodriguez (Fr. im Café Tango / klassisch & modern).
Belen Giachello & Diego „El Pajaro“ Riemer – © Bettina Roeder-Rojahn

Mit dem „Mut der Unwissenheit“ hat  der in Wuppertal beheimatete Carsten Heveling 1998 den Tango-Ball begonnen. Heute hebt er  hervor, das Tango Menschen aller sozialen Schichten in Harmonie zusammenbringe. „Die Leute freuen sich wie verrückt“ in unserer Stadthalle zu sein, die als Veranstaltungsort ja eher untypisch ist, denkt man an die Ursprünge.

Beim Tango sprechen die Körper miteinander

Tango wurde nicht nur der Tanz des Jahres (2010), die Unesco hat ihn sogar zum Weltkulturerbe ernannt. Das erste Wuppertaler Tango Festival fand im Rahmen des 25jährigen Bühnenjubiläums des Tanztheaters Pina Bausch statt, „Wuppertal ist eine Tango-Stadt“, so hatte es einst die nach Hannover abgewanderte Kulturdezernentin, die Sozialwissenschaftlerin Maries Drevermann, treffend formuliert.

Damit  und reihte sich Wuppertal ein in Hochburgen wie Paris und Berlin. Und in der Tat gibt es hier bei uns eine kleine aber feine Tango-Szene, die auf ihre Art Ihresgleichen sucht. Zu den Keimzellen gehören das Café Ada, Café Tango sowie die Tanzschule Estudio de Tango, alle in Elberfeld.

Anmutig und erotisch zugleich: Yulia Yukhina & Filippo Avignonesi beim Tango in der Historischen Stadthalle – © Michael Pohl

Wesentliche Impulse von Pina Bausch

Pina Bausch war es, von der wesentliche Impulse ausgingen, als sie Tete Rusconi und damit den „Tango Argentino“ nach Wuppertal brachte. Sie hatte ihn, den großen „Milonguero“, einst in Buenos Aires kennengelernt. „Milonguero“ bedeutet so viel wie absoluter Meister seines Fachs und Vertreter einer besonderen Stilrichtung des Umarmungs-Tangos.

Dazu muss man wissen, dass nicht zuletzt durch die Musik der Beatles, die in den 1960er Jahren auch Argentinien erreichte, die Tangokultur bei Jugendlichen an Popularität einbüßte und die nicht mehr wirtschaftlichen, großen Orchester verschwinden ließ.

Geboren in „verruchten Spelunken“

Mit der Wiederbelebung des Tango 1980 kehrten ältere Milongueros, die die Tango Salons „Milongas“ noch kannten, in die Szene zurück. Der nur ein halbes Jahr nach Pina Bausch im Jahr 2010 verstorbene Tete Rusconi war ein echter „Porteño“.

Das Orchestra tipica OTRA mit Bandeneons – © V. Beushausen

Dieser Name leitet sich ab vom spanischen „del Puerto“ bzw. „que vive en el puerto“ und wird benutzt, um eine Person, die in einer Hafenstadt lebt, zu bezeichnen. „Porteño“, also ein Mann aus der Hafenklasse von Buenos Aires, der den Tango noch so tanzte, wie er im 19. Jahrhundert auf den Straßen und in „verruchten Spelunken“ von italienischen Einwanderern getanzt wurde.

Um 1880 wurde der Tango in den Elendsquartieren der Stadt geboren. Er war die Musik und der Tanz mittelloser Einwanderer und Glückssucher aus Europa und aller Welt, verarmter Gauchos, Gauner und Dirnen. Mit ihnen kam ihre Musik: Afrikanische Rhythmik, kubanischer Habanera, italienische Oper, spanische Gitarren-Virtuosität, franzöische Varietémusik, osteuropäische Fiedeln.

Oberklassen-Reisende brachten den Tanz um 1910 mit nach Paris. Als er dort begeistert aufgenommen wurde, fand plötzlich auch die argentinische Oberschicht das Vergnügen der Unterschichten salonfähig. Jenen inzwischen weltbekannten Tango-Tänzer Tete Rusconi traf in Wuppertal auch Carsten Heveling.

Das beeindruckende Tango-Paar Anna Yarigo & José Vazques in der Stadthalle – © V. Beushausen

Heveling hatte in Mainz Mode-Design studiert und war bei den Wuppertaler Bühnen Kostüm-Assistent. Heveling war fasziniert von der Aura dieses Mannes und vor allem von der den Tango prägenden wehmütigen Musik, die ihm bis dahin fremd war.

Kein Abtanzen fester Schrittfolgen

Carsten Heveling hatte den Tango bis zu diesem Zeitpunkt eher als den europäischen Standarttanz der Tanzschulen wahrgenommen, der mit diesem Tanz allerdings wenig gemein hat. Beim Tango Argentino hat keiner eine Rose quer im Mund, es gibt auch nicht das Abtanzen fester Schrittfolgen, es gibt keine feste Choreographie; jeder Schritt wird neu bestimmt und improvisiert. Verschiedene Schrittelemente können in beliebiger Weise miteinander kombiniert werden.

Der deutsche Beitrag zum internationalen Erfolg des Tangos war eine „rheinländische Quetsche“, die nach dem Krefelder Musikalienhändler Heinrich Band den Namen Bandoneon bekam, welche dieser 1848 erfunden hatte. Und genau diese Bandoneons haben es Carsten Heveling angetan. Er hat sie zu seinem Beruf gemacht.

Carsten Heveling ist nach eigenen Angaben einer von zwei Experten, die außerhalb von Argentinien 142-diatonisch-rheinische Bandoneons stimmen und reparieren können. Seine internationalen Kunden lassen ihn auch durch die Welt reisen, weil solcherlei Instrumente des hohen Wertes wegen nur selten einfach so mit der Post geschickt werden.

Yulia Yukhina & Filippo Avignonesi wurden in der randvollen Historischen Stadthalle begeistert gefeiert – © Christian Reimann

Mann führt, Frau folgt: Doppeldeutige Nähe – Ist es Erotik?

Carsten Heveling  sagt: „Tango beginne schlicht mit einer aufrechten Haltung, einer Richtungsentscheidung, einer körperlichen Entschlossenheit mit einer Abstand haltenden doppeldeutigen Nähe. Ist es Erotik? Nein, widerspricht Heveling: „Es ist weit mehr, es ist eine Verzierung dessen“.

Die klare Rollenverteilung beim Tanzen: Der Mann führt, die Frau folgt. Man schweigt, denn beim Tango sprechen die Körper miteinander. Andere haben gesagt: „Der Tango ist ein trauriger Gedanke, den man tanzen kann.“ (Komponist Enriqure Santos Discépolo). In Buenos Aires, der Weltstadt des Tangos, war Carsten Heveling, Organisator des „Ball Tango Agentino“,  indessen noch nie.

Text: Siegfried Jähne

 

Link zur Webseite „Tango – Tango“:

https://tango-tango.de/

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