16. September 2024

Da werden Erinnerungen an ruhmreiche Zeiten wieder wach

Allein der Name „Schalke 04“ löst im Fußball-Deutschland Emotionen aus. Tradition und Nostalgie treffen aufeinander, wenn am kommenden Freitag Abend im Wuppertaler Stadion am Zoo die U-23 der Schalker „Knappen“ um 19:30 Uhr gegen den WSV ihre Visitenkarte abgibt. Zwei Traditionsvereine mit langer, aber auch ganz unterschiedlicher Vergangenheit, treffen aufeinander.

Trainer René Klingbeil hofft gegen FC Schalke 04 U23 auf Tore von Stürmer Timo Bornemann – © Jochen Classen

Anders als bei sentimental gestimmten Fußball-Fans ist für die meisten aktuellen Akteure allerdings die Vergangenheit weniger wichtig, als die reale Gegenwart. Während bei Schalke II nach vier Niederlagen in Folge und Rang 17 bereits von Krise die Rede ist, hat man beim WSV nach desolatem Start jetzt nach vier erfolgreichen Begegnungen in der Regionalliga West wieder Oberwasser.

Siege in Düsseldorf, gegen Spitzenreiter Köln und auch das Remis zuletzt in Wiedenbrück zeigen Wirkung und brachten mit Rang 10 einen Platz im Mittelfeld der Tabelle.

Schalker sprechen von „Krise“

WSV-Trainer Rene Klingbeil mahnt indessen zur Vorsicht. „Dieser Gegner ist nicht ausrechenbar, er wird gerade bei uns auf Rehabilitation hoffen“. Schalkes Cheftrainer Jakob Fimpel hat zuletzt betont, den Abwärtstrend seiner Mannschaft in Wuppertal stoppen zu wollen. Er, der bei der letzten Niederlage gegen die Gladbacher schon eine deutliche Leistungssteigerung erkennen wollte, steht inzwischen unter heftigen Beschuss: „Kein Konzept, kein System, nur blindes Herumlaufen“, so das harte Urteil, zu lesen in  Gelsenkirchener Medien.

„Mit dem Messer zwischen den Zähnen“

„Die Schalker haben in dieser Spielzeit schon 24 gelbe Karten (Verwarnungen) gesehen und werden mit dem Messer zwischen den Zähnen auflaufen“, so die martialische Formulierung des WSV-Trainers René Klingbeil. Er kann indessen auf positive Resonanz verweisen. Sein Lazarett hat sich inzwischen gelichtet. Mindestens 23 der insgesamt 29 Akteure stehen ihm wieder zur Verfügung.

Torhüter Michael Luyumbala (l.) bei seiner Vorstellung. Neben ihm WSV-Sportdirektor Gaetano Manno – © Max Schleicher

Der FC Schalke 04 war in den vergangenen Jahren bekannt für seine wirklich starke Jugendarbeit. Manuel Neuer, Julian Draxler oder Leroy Sané kamen alle aus der Knappen-Schmiede in die erste Mannschaft. Dort legten sie den Grundstein für ihre internationalen Top-Karrieren. Ein Blick auf die aktuelle  Mannschaftsaufstellung der Schalker II zeigt etwas von einem „Durchlauferhitzer“.

Gerade hier haben sich junge Fußballer aus aller Welt gefunden, die auf den Durchbruch in die erste Garnitur hoffen und auf das Rampenlicht in der zweiten Bundesliga, wo die Gelsenkirchener Profis nach ihrem Abstieg aus der 1. Bundesliga aktuell allerdings nur noch den 13. Rang belegen.

Triumphe und grandiose Siege – Schalkes Mythos lebt

Schalkes Mythos lebt. Wer heute in der Gelsenkirchener Veltins-Arena ein Spiel der „Knappen“ anschaut, wird mit visuellen Eindrücken und Klängen eindrucksvoll auf die ruhmreiche Vergangenheit des siebenfachen Deutschen Meisters eingestimmt. Auf Schalke wurden unglaubliche Triumphe und grandiose Siege gefeiert, aber auch im Wechsel etlichen Skandalen erlebt. „Schalker wird man nicht, Schalker ist man“, sagen die eingefleischten Fans.

Die Legenden vom Bergbau aus einer längst vergangenen Zeit faszinieren hier immer noch eine bestimmte, nostalgische Fan-Gruppe. „Stehe auf, wenn du ein Schalker bis“, so der Ruf bei den Heimspielen in der Veltins-Arena, dem die meisten der immer noch rund 60.000 Zuschauer dann auch folgen – wohlgemerkt in der 2. Bundesliga.

Doch was ist in der Realität von Schalkes Bergmann-Image heute noch geblieben? Ein Blick auf die aktuelle Mannschaftsaufstellung der zweiten Schalker Vertretung, der U-23 zeigt, dass sich hier junge Fußballer aus aller Welt gefunden haben, die auf den Durchbruch hoffen und von einer Karriere in der Bundesliga träumen.

WSV-Cheftrainer René Klingbeil, der seine Mannschaft wieder zurück in die Erfolgsspur geführt hat – © Jochen Classen

Einer von den Top-Talenten des FC Schalke 04 ist der 21jährige deutsche U-19-Nationalspieler Verthomy Boboy in der Abwehr. Die ganz große Karriere bei den Königsblauen blieb ihm wohl auch deshalb bislang verwehrt, weil er schon als 19-Jähriger insgesamt sieben Spiele wegen Rotsperren nicht bestreiten durfte.

Zu den herausragenden Akteuren der Schalker Zweitvertretung gehörte auch der malische Nationalspieler Ibrahim Cisse (20), der aufgrund seiner Teilnahme mit der malischen Nationalmannschaft an den olympischen Spielen in Paris die Saisonvorbereitung bei den Schalkern verpasste, aber dennoch nach überzeugenden Trainingsleistungen in dieser Saison schon in der Schalker Stammformation der 2. Bundesliga auftauchte. Als Innenverteidiger erzielte er sogar den 1:0-Führungstreffer beim 1. FC Nürnberg – sein erstes Tor in einem Pflichtspiel für die Profimannschaft der Schalker.

„Kult-Kicker“ als Co-Trainer

Sehr zu beachten ist auch der Holländer Nelson Amadin, der es als Mittelfeldspieler bei Schalke in 43 Spielen auf zwölf Tore gebracht hat oder Sturmführer Niklas Castell (22), der in 63 Regionaliga-Spielen immerhin 15 Tore erzielte. Einen Namen hat auch der aus dem Kosovo stammende U-21-Nationalspieler Bieron Krasniqi (22), der mit dem ehemaligen deutschen U-18 Nationalspieler Tim Albutat (31) im Mittelfeld die Fäden zieht.

Aus dem „Ruhr-Pott“ aber  stammen hier nur noch ganz wenige. Einer von ihnen ist Willi Landgraf (56), seines Zeichens Trainer-Assistent und Nachwuchstrainer. Er galt aufgrund seiner robusten Spielweise, seines Charakters, seiner Herkunft und seiner Aussprache als typischer „Ruhrpott-Kicker“. Das Zitat „Jung, ich komm aus Bottrop, da wirsse getötet, wenne datt inne Muckibude machs“, wird dem 508-fachen Zweitligaspieler (u.a. für Rot-Weiß Essen, FC Homburg und Alemannia Aachen) zugeschrieben.

Neuzugang Niek Munsters (Nr. 11) zeigt gute Ansätze, verfügt aber noch über enormes Steigerungspotential – © Jochen Classen

Mit neun Platzverweisen hält Willi Landgraf zwar einen zweifelhaften Rekord. Der gerade einmal 1,66 m große Kicker kam im Herbst seiner Karriere zum FC Schalke 04 und bereicherte dort die U23 mit seiner Erfahrung und seinem Spielwitz. Auf Anhieb wurde er zum Publikumsliebling. Er gilt heute als „Kult-Schalker“, ähnlich wie Marc Wilmots, den  man einst „Kampfschwein“ nannte und der heute Sportdirektor des Zweitligisten FC Schalke 04 ist.

Willi Landgraf wird man in seiner jetzigen Co-Trainerrolle der Zweitvertretung aus Gelsenkirchen-Schalke sicher auch am Freitagabend am Spielfeldrand im Stadion am Zoo kaum übersehen oder besser, kaum überhören können.

Kaum übersehen wird man auch WSV-Torhüter Michael Luyambula (25). Er hat den starken Kristian Wozniak abgelöst. „Mit Luyambula hat sich unsere Erfolgsserie eröffnet“, konstatiert Coach Klingbeil. Von den bisherigen 14 Gegentoren ging in den letzten drei Spielen nur eines auf sein Konto.

Ein Ergebnis, das für WSV-Sportdirektor Gaetano Manno nicht überraschend kommt, war doch der 1,90 m große, in Neumünster geborene Keeper, in der Oberliga Westfalen von 23 Spielen sieben Mal ohne Gegentor geblieben. In seiner Laufbahn hat er bereits einige Stationen hinter sich. So auch in England, wo er als Torwart schon wegen der härteren Spielart einige Herausforderungen meistern mußte.

Mit Torwart Luyambula begann die WSV-Erfolgsserie

Michael Luyambula stellte sich vor dem Schalke Spiel den Fragen der Journalisten und zeigte sich hier sehr dankbar und bescheiden. Sein Verhältnis zum Torwart-Kollegen Krystian Wozniak beschreibt er als kameradschaftlich und respektvoll. Aktuell pendelt er von seinem Wohnort in der Nähe von Dortmund an die Wupper, wo er sich augenscheinlich sehr wohl fühlt.

Die WSV-Fans hoffen, dass es auch nach dem Spiel gegen den FC Schalke 94 U23 solche Jubelbilder gibt – © Jochen Classen

Auf unsere Frage, ob er Wuppertal schon kennenlernen konnte: „Ja ein wenig, wir waren mit der Mannschaft bereits im Barmer Schwebodrom“. Hier kann man bekanntlich mit allen Sinnen in die Geschichte der Schwebebahn eintauchen. Sein Tipp gegen Schalke: „Wir gewinnen 2:0“, gab er sich optimistisch.

Welt-Kindertag als Event und Chance

Am Freitag (20.09.) ist der 70. Weltkindertag, der Tag an dem auf die Rechte und Bedürfnisse von Kindern in aller Welt aufmerksam gemacht wird. Es spricht für die Weitsichtigkeit des neuen WSV-Managements, dass man dieses Ereignis mit speziellen Attraktionen aufgreift, die ab 17:30 Uhr auf dem Vorplatz des Stadions am Zoo starten.

Einladungen gingen an alle Wuppertaler Schulen. Schüler hatten schon im Vorverkauf ermäßigten Eintritt. Laut Pressesprecher Max Schleicher wurden im Vorverkauf für das Schalke-Spiel bereits rund 1.500 Karten abgesetzt. Das weckt Hoffnung auf eine ansehnliche Kulisse.

Text: Siegfried Jähne

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