12. Oktober 2024

Gegen Ghana: Tolle Länderspielatmosphäre an der Wupper

"Wir wissen nicht wirklich, was uns gehen Ghana erwarten wird", sagte U20-Trainer Hannes Wolf vor dem U20-Länderspiel im Wuppertaler Stadion am Zoo. Von den sechs Freundschaftsspielen hatte sein Team 2024 schon fünf gewonnen. Gegen diesen „unbekannten Gegner“ machte der DFB-Nachwuchs beim 5:0-Erfolg vor 3.394 Zuschauern alles richtig

Die Startelf der Deutschen U20-Nationalmannschaft gegen Ghana: (oben v.l.) Seimen – Quarshie – Ansah – Klemens – Weiper – Kemlein – (unten v.l.) Krattenmacher – Eitschberger – Ullrich – Baldé – Bischof – © Jochen Classen

Ein gutes Gefühl, welches sich auch bei den Wuppertaler Verantwortlichen einstellen sollte. Die bislang letzten Fußball-Länderspiele in Wuppertal fanden 2013 sowie 2008 mit späteren Weltmeistern von 2014 statt, als Toni Kroos, Mats Hummels, Mesut Özil und Sami Khedira hier einliefen.

Zum 100. Stadion-Jubiläum hatte die Stadt den Rasen aufwendig saniert und konnte das neue Schmuckstück als Gastgeber der Slowenen bei der diesjährigen Europameisterschaft bereits der Aufmerksamkeit einer größeren Öffentlichkeit widmen und sich für größere Aufgaben empfehlen.

Die Manuel Neuers und Toni Kroose von morgen

Welch ein Juwel sich im Stadion nach dem feierlichen Abspielen der National-Hymnen abspielte, konnte man erst bei näherer Betrachtung wirklich erkennen, als der DFB- Sportdirektor für Nachwuchs, Training und Entwicklung, Trainer Hannes Wolf, seine Aufstellung benannte.

Riesentalent Nelson Weiper (Nr. 9) vom FSV Mainz 05 erzielte per Kopf das 2:0 gegen Ghana – © Jochen Classen

Der Dortmunder Wolf, Jahrgang 1981, selbst schon eine Ikone im deutschen Fußball, führte in den Jahren 2014 bis 2016 den Nachwuchs von Borussia Dortmund zu drei deutschen Jugend-Meisterschaften und danach 2017 die Profimannschaft des VfB Stuttgart zur 2.-Liga-Meisterschaft und zum Wiederaufstieg in die 1. Bundesliga.

Seit  der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 in Russland fungiert Wolf bei ARD und Sky als Fußball-Experte. Klar, dass er auch aktuell beim DFB und dem Nagelsmann-Team eine wichtige Rolle spielt, betreut er doch den so wichtigen Nachwuchs, das Fundament für Deutschlands A-Kader, also die Manuel Neuers und Toni Kroose von morgen.

Auch ohne „Neu-Star“ Paul Wanner ein Genuss

Zwar fehlte mit dem 18jährigen Deutsch-Österreicher für Bundesligist 1: FC Heidenheim spielende Paul Wanner der auffälligste Akteur des Teams, weil dieses Juwel kurzfristig in die U21 berufen wurde. Der Marktwert des vom FC Bayern ausgeliehen (!) Mittelfeld-Strategen wird inzwischen mit 15 Mio. Euro angegeben. Aktuell bemühen sich auch die Österreicher um die Gunst Wanners, könnte er doch wegen seines Zwei-Staaten-Status auch für die Nationalmannschaft des Alpenlandes auflaufen.

Hannes Wolf, Ex-Bundesliga-Trainer und jetzt u.a. verantwortlich für die Deutsche U20-Nationalmannschaft – © Jochen Classen

Dies als Blitzlicht rund um das Spiel gegen Ghana. Aber auch ohne Wanner bekamen die Zuschauer einiges geboten. Das mit hochkarätigen Nachwuchs-Talenten gespickte Team zeigte ein tolles und schnelles Kombinationsspiel. Der mit einem Marktwert von 2 Mio. gehandelte Paderborner Ilyas Ansah eröffnete den Torreigen bereits in der 2. Minute und war auch in der 32. beim 3:0 mit einem Nachschuss erfolgreich.

Millionen-Werte auf Wuppertals heiligem Rasen

Der mit 5 Mio. € gehandelte Mainzer Stürmer Nelson Felix Patrick Weiper hatte den zweiten Treffer, Tom Bischof (Marktwert 3,5 Mio. €) von der TSG Hoffenheim kurz vor der Pause den vierten Treffer markiert. Tor Nummer fünf in der zweiten Spielhälfte ging auf das Konto des eingewechselten, für den FC Augsburg spielenden Mert Kömür (Marktwert 2 Mio. €). Dank zweier Treffern von Nelson Weiper und einem Tor von Mert Kömür hatte hatte sich das deutscher Team schon zuletzt beim Länderspiel in Ahlen mit 3:1 gegen Polen durchgesetzt.

Zu gerne hätte man im Stadion auch den Stuttgarter Reserve-Torwart Dennis Seimen in Aktion erlebt, der beim deutschen Vizemeister VfB Stuttgart soeben erst einen Fünf-Jahresvertrag bis 2029 unterschrieb. Doch Dennis Seinen blieb an diesem Abend mangels gefährlicher gegnerischen Aktionen so gut wie arbeitslos.

Niederlage hin, Niederlage her – die ghanaischen Fans feierten ihre Mannschaft trotz der fünf Gegentore von der ersten bis zur letzten Minute – total beeindruckend – © Jochen Classen

Afrikaner wurden entzaubert

Deutschland schaltete im zweiten Spielabschnitt nach der 4:0-Führung einige Gänge zurück. Schon in der ersten Spielhälfte hatte das deutsche Team die Afrikaner entzaubert. Man sah tolle Kombinationen und blitzschnelle Aktionen der Gastgeber. Hier im Wuppertaler Stadion wurden die Klassenunterschiede zu den Afrikanern mehr als deutlich.

Chef-Trainer Wolf hatte seinen Respekt vor den Ghanaern vor der Begegnung so ausgedrückt: „Ghana ist ein starker Gegner, mit dem wir uns gerne messen. Spiele gegen nicht-europäische Teams sind für uns besonders reizvoll. Diese Länderspiele sind eine gute Gelegenheit für die jungen Spieler, internationale Erfahrung zu sammeln, wovon sie langfristig profitieren werden.“

Zeigte auch eine starke Partie: Fabio Baldé (l.) vom Hamburger SV – © Jochen Classen

Während die Ghanaer in der aktuellen Fußball-Weltrangliste den 70. Platz belegen, rangiert Deutschland (Stand September 2024) immerhin auf dem 13. Platz. Die Gäste waren mit Informationen zu ihren Spielern eher zurückhaltend  („Not announced by Ghana“ ), aber es ließ sich doch ermitteln, dass die meisten ihrer Spieler tatsächlich nur in der Premier League Ghanas spielen.

In Deutschland abgeschoben: Torwart Yakubu Seed

Einer ihrer besten, Torwart Yakubu Saeed (Marktwert 50.000 €) ist Kapitän von Berekum Chelsea. Ihn begleitet aber auch eine deutsche Geschichte, er lebte nämlich vor seiner Abschiebung noch im westfälischen Greven, genauer in Reckenfeld. Er lebt nach einem Bericht der Westfälische Nachrichten (10/11.05.2020) heute in einem Slum der ghanaeschen Stadt Kumasi.

Zweikampfstark: Maurice Krattenmacher (r.) vom Zweitligisten SSV Ulm 1846 – © Jochen Classen

Nach örtlichen Medienberichten hatte man ihn vor vier Jahr ins Grevener Sozialamt bestellt. Als er dort mit seinem Betreuer Hubert Höflich auftauchte, kam die Polizei aus den Nebenzimmern und nahm ihn fest. Man habe Solidaritätsbekundungen in seiner Unterkunft vermeiden wollen, hieß es in dem Bericht der westfälischen Gazette.

40 Euro erhielt er vom deutschen Staat für seinen Neuanfang. „Mein Vater wurde in der Hauptstadt Abidjan im Krieg erschossen“, wird Yakubu Saeed zitiert, der sich als Waise 2015 auf den Weg nach Europa machte und zuletzt bei DHL einer Beschäftigung nachging, „Ich habe keine Familie – nicht in Ghana und auch nicht an der Elfenbeinküste“, klagte er.

Mitleid mit den Ghanaern, wegen fehlender Stollenschuhe

Im Spiel auf dem gepflegten Wuppertaler Rasen hatten die Ghanaer keine Chance. Die kamen weder mit dem Gegner noch mit den rutschigen Platzverhältnissen zurecht. Der deutsche Chef-Coach Wolf: „Heute war Ghana mit uns überfordert. Mir tat es ein bisschen Leid mit dem nassen Platz, weil die keine Stollenschuhe hatten – das war rutschig“.

Ungeachtet dieser Umstände, die einen im modernen Fußball doch fassungslos zurücklassen, konnte sich das zuletzt nicht gerade verwöhnte Wuppertaler Fußball-Publikum an dem Geschehen erfreuen. Den beiden jungen Stadionsprecher des WSV, Sam Burth und Jonas, war die Begeisterung anzumerken, als sie in der Schlussphase zu einer LaOla-Welle animierten. Spaß hatten aber auch die zahlreichen anwesenden Afrikaner, die während des gesamten Spieles mit Trommeln für eine tolle Atmosphäre sorgten.

Mert Kömür (r.) vom FC Augsburg sorgte mit seinem Treffer für den 5:0-Endstand – © Jochen Classen

Alle waren, den Eindruck konnte man gewinnen, sehr zufrieden mit den Abläufen. Der DFB spendete 500 Euro für Soziale Zwecke in Ghana. Der mit der Organisation betraute Benni Groenke meinte zu uns: „Dieser Rasen ist spitze, es liegt zwar nicht in meiner Macht, aber diesen Spielort kann ich nur weiter empfehlen.“

Rekord von 9.800 Besuchern „knapp“ verfehlt

Auch Sportamts-Leiterin Alexandra Szlagowski, die sich nicht nur um Oberbürgermeister Dr. Scheidewind gekümmert hatte, sondern auch um die gesamte Veranstaltung einmal mehr rührig bemüht war. konnte zufrieden sein. Allein mit der Zuschauerzahl haderte sie. „Ich hatte mehr als die knapp 4.000 erhofft. Aber hier hat wohl auch das regnerische Wetter eine Rolle gespielt. Ihr Ziel war es eigentlich, den Regensburger DFB-U20-Rekord von 9.800 Zuschauern zu brechen. Aber was nicht ist, kann ja noch werden…

Text: Siegfried Jähne 

Lars Stindl, Ex-Nationalspieler und Ex-Profi bei Hannover 96, Borussia Mönchengladbach, Karlsruher SC und jetzt Co-Trainer der U20-Nationalmannschaft, beim Interview mit einer WDR-Reporterin – © Jochen Classen

U20-Länderspiel

Deutschland – Ghana 5:0 (4:0)

Aufstellung Deutschland:

Dennis Seimen (VfB Stuttgart) – Julian Eitschberger (Rot-Weiß Essen) 69. Nnamidi Collins (Eintracht Frankfurt) – Pascal Klemens (Hertha BSC) – Joshua Quarshie (Fortuna Düsseldorf) – Lukas Ullrich (Borussia Mönchengladbach) 46. Elias Baum (SV Elversberg) – Aljoscha Keimlein (1. FC Union Berlin) 46. Mert Kömür (FC Augsburg) – Fabio Baldé (Hamburger SV) – Tom Bischof (TSG Hoffenheim) 83. Julian Pauli (1. FC Köln) – Maurice Krattenmacher (SSV Ulm 1846) – Ilyas Ansah (SC Paderborn 07) 46. Damian Downs (1. FC Köln) – Nelson Weiper (FSV Mainz 05) 69. Anton Kade (FC Basel)

Tore: 1:0 Ansah (02.) – 2:0 Weiper (13.) – 3:0 Ansah (32.) – 4:0 Bischof (44.) – 5:0 Kömür (79.)

Trainer: Hannes Wolf – Co-Trainer Lars Stindl

Zuschauer: 3.394

Stadion: Stadion am Zoo

Die Autogramme der DFB-Nachwuchsspieler waren bei den Fans hochbegehrt – © Siegfried Jähne

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