29. November 2024Peter Pionke
Friedhelm Runge: Bin im Tal geboren und sterbe auch hier…
Er nahm mit seinem Engagement für Wuppertal eine herausragende Sonderrolle ein. War er noch bis vor kurzem ständiger Besucher der WSV-Spiele, so hatte er sich zuletzt eher rar gemacht. Gesundheitliche Gründe standen im Vordergrund, sicher aber auch ein Stück Resignation, weil er sich in seiner Stadt allein gelassen fühlen musste. Noch 2021 hatte er alle Anteile seiner Firma aufgekauft, um einer Fremdbestimmung eine Absage zu erteilen und freie Hand zu bekommen. Sicher auch, um den Verein seines Herzens nach seinen Vorstellungen weiter unterstützen und mit prägen zu können.
Breitere Schultern vergeblich gesucht
Etwa zeitgleich hat er für den WSV mit Zustimmung der Mitgliederversammlung beim Amtsgericht eine Spielbetriebs-GmbH ins Handelsregister eintragen lassen. Ziel war eine Teil-Auslagerung, mit der zur Sicherung des Vereines auch neue finanzielle Quellen erschlossen werden sollten. Die Firma EMKA Beschlagteile GmbH & Co. KG werde sich hier maßgeblich einbringen, um die Zukunft der WSV-Fußballabteilung auf diese Weise auch längerfristig zur sichern, hieß es.
Friedhelm Runge lud alle ein, denen die Zukunft unserer Stadt nicht egal sein könne, sich an diesem für Wuppertal so wichtigen Projekt zu beteiligen. Der Verein brauche dringend breitere Schultern und sucht weitere Unternehmen, die sich diesem Anliegen nicht verschließen. Die Gründung der WSV-Spielbetriebes GmbH stehe nach der Eintragung im Handelsregister unmittelbar bevor. Friedhelm Runge: „Es bedarf nur noch einer Unterschrift“. Die erhofften Beteiligungen anderer Unternehmer blieben indessen aus.
Runge merkte man die Enttäuschung an
So merkte man Friedhelm Runge seine große Enttäuschung an, als er noch beim „Netzwerkabend“ am 21. Februar diese Jahres im Barmer Bahnhof einen erneuten Eintritt in den WSV-Vorstand als mögliche, aber auch nur allerletzte Option bezeichnete. Friedhelm Runge redete vielmehr Tacheles: „Als ich den WSV vor gut drei Jahren vor der Insolvenz rettete, tat ich das in der Hoffnung, das neue zukunftsgerichtete Strukturen etabliert würden. Doch passiert ist in dieser Richtung nicht viel, um nicht zu sagen gar nichts“.
Er beklagte im Gespräch mit der STADTZEITUNG, dass für die Ausgaben alle, für die Einnahmen nur wenige zuständig seien. Ankersponsor Friedhelm Runge hatte mit seiner Firma EMKA schon im Vorfeld angekündigt, sein Engagement deutlich zurückschrauben zu wollen, was dann ja auch geschah. Immerhin hat er damit beim WSV bis dahin nicht gekannten Aktivitäten ausgelöst, die dem Verein heute zugute kommen könnten.
Bleibt die Frage, warum engagierte sich Friedhelm Runge trotz seines hohem Alters und trotz oft auch unsachlichen Anfeindungen immer noch? „Wuppertal ist meine Heimatstadt. Wir sind alle verantwortlich dafür, was aus unserer Stadt wird. Wir tragen alle Verantwortung für die Zukunft unserer Nachkommen“, sagt er uns.
„Was dem WSV gut tut, tut auch der Stadt gut“
Bis zuletzt war Runge von seinen Ideen überzeugt: „Was dem WSV gut tut, tut auch der Stadt gut“, so die Devise von Friedhelm Runge, die in dem neuen Vereins Slogan „Zusammen aus’m Tal“ Ausdruck finden sollte. Unter dieser Prämisse sah er auch die hier im Tal 2031 geplante Bundesgartenschau, von der er neuen Auftrieb für Wuppertal erhoffte.
Da der Zoo einer der Mittelpunkte sein wird, dürften auch im Zoo-Viertel die Fragen zum Parkraum neu zu bewerten sein. So könnte mit einem Parkhaus auch für Veranstaltungen im Stadion und damit des WSV ein wichtiger Zukunftsbaustein geschaffen werden.
Eine weiteres, dringendes Anliegen war Friedhelm Runge die Überdachung der Nordtribüne. Unter der Überschrift „Ein Dach für Nord“ gab es einst eine WSV-Fan-Initiative. Hier sah er noch dringenden Handlungsbedarf, deren Lösungsansätze er gerne unterstützen wollte, damit die treuesten Fans des Vereins nicht weiterhin buchstäblich im Regen stehen müssten und zeigte Bereitschaft, jede Initiativen in dieser Richtung zu fördern.
Friedhelm Runge, in der Welt zu Hause
Auch wenn er seinen Ankerplatz in Wuppertal hatte, Friedhelm Runge war in der Welt zu Hause. Wie hätte er, der frühere Azubi zum technischen Kaufmann bei der Gebrüder Happich GmbH in Wuppertal und spätere Student der Wuppertaler Maschinenbauschule sowie Uni Bochum (Betriebswirtschaft) mit dem Abschluss eines Diplom-Kaufmannes, es sonst mit seinem Unternehmen zu einem „Weltmarktführer“ bringen können, in einer Firma, in der er 1972 als achter Mitarbeiter einstieg?
Weltmarktführer mit über 350 Mio. € Umsatz
Mit 2.100 Mitarbeitern bedient sein Unternehmen EMKA heute über 36.000 Kunden in 60 Ländern. 2022 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von über 350 Millionen Euro. Das Gesamtsortiment umfasst 30.000 Artikel, die an elf Fertigungsstandorten in Deutschland, Frankreich, England, Spanien, Bosnien, Serbien, China, Indonesien und Indien entwickelt, gefertigt, veredelt und montiert werden.
Es geht um Verschlüsse, Scharniere und Dichtungen, die in Schalt- und Steuerungsschränken für Elektronik und Elektrotechnik zum Einsatz kommen. Friedhelm Runge leitete das Familienunternehmen EMKA GRUPPE und wurde als eine der bedeutenden Führungspersönlichkeiten im „Who is Who der deutschen Familienunternehmen“, von „Die Deutsche Wirtschaft“ gelistet. Zum fünften Mal in Folge verlieh die „Wirtschaftswoche“ EMKA außerdem das Qualitätssiegel „Weltmarktführer 2023“.
Mit Runge stellte sich der Erfolg ein
Mit Hauptsponsor und Finanzier Friedhelm Runge stellte sich beim WSV 1991 der Erfolg ein, auch wenn ihm der ganz große Erfolg am Ende versagt blieb. Unvergessen das Spiel am 29. Januar 2008 in der ausverkauften Schalker Veltins-Arena, als der WSV im Achtelfinale des DFB-Pokal gegen Bundesliga-Spitzenreiter Bayern München vor 61.482 Zuschauern zur Pause ein 2:2 hielt, am Rande einer Sensation stand, am Ende aber mit 2:5 verlor und den Einzug ins Viertelfinale des DFB-Pokals verpasste. Es war das größte Spiel in der Vereinsgeschichte.
Gegen Bayern München, das größte Spiel der Vereinsgeschichte
51jährig hatte Runge die Nachfolger von Dieter Buchmüller angetreten, dessen Amtszeit eher glücklos verlaufen war. Runge war von 1991 bis 2013 Vereinspräsident, bekleidete aber danach im Verein offiziell keine Position mehr. Wohl auch, weil er bei den Rot-Blauen nie ganz unumstritten war. „Sonnengott“ nannte ihn noch jüngst ein Kritiker. Was aber sagte er ihnen? „Natürlich habe ich Verständnis. Fußball hat sehr viel mit Emotionen zu tun, da sind abweichende Meinungen nur selbstverständlich“. Er sei Unternehmer, und Unternehmer müssten ins Risiko gehen, ohne gleich den Erfolg programmieren zu können. „Zeige mir einen Verein im bezahlen Fußball, der nicht von Sponsoren abhängig ist…“
Ungewisse WSV-Zukunft
Einer seiner langjährigsten Weggefährten ist Dr. Jochen Leonhardt, das beim WSV für Finanzen zuständige Vorstandsmitglied. Er machte sich sofort auf die Fahrt von Dresden nach Wuppertal, als ihn die Todes-Nachricht ereilte. „Friedhelm war zwar zuletzt krank, aber wir alle haben mit seinem so plötzlichen Ableben nicht gerechnet. Ich bin sehr traurig, mein Mitgefühl gehört auch seiner Familie.!“
Für den Verwaltungsrat äußerte sich auf Nachfrage Eckhard Osberghaus. „Wir verlieren den grössten Freund und Unterstützer. Für sein überragendes Engagement werden wir ihm immer dankbar sein“. Offen bleibt zur Stunde, wie es beim WSV ohne diese große Persönlichkeit, die Friedhelm Runge sicher war, weitergehen wird.
Text: Siegfried Jähne
Der Wuppertaler SV trauert um Friedhelm Runge
Große Trauer beim Fußball-Regionalligisten Wuppertaler SV. Friedhelm Runge ist tot!. Der langjährige Präsident und Mäzen starb in der Nacht zu Freitag (29.11.) im Alter von 85 Jahren. Wie das Sport-Magazin „RevierSport“ berichtet, hat ein Sprecher der Firma EMKA, die Friedhelm Runge als kreativer, zielstrebiger, sozialkompetenter Unternehmer zum Weltmarktführer entwickelt hat, den Tod des Firmen-Chefs bestätigt.
Nach seinem Rücktritt als Präsident hatte sich Friedhelm Runge einige Jahre aus dem Umfeld des Wuppertaler Traditionsvereins zurückgezogen. Als sein Herzensverein dann aber finanziell am Abgrund stand, ließ er sich nicht lange bitten. Ohne offiziell ein Amt zu übernehmen, unterstützte Friedhelm Runge den WSV mit einem siebenstelligen Betrag pro Saison.
Vor der laufenden Saison entschied er sich dann aber, sein Engagement um rund 50 Prozent zu reduzieren, auch weil er – so war zu hören – mit der sportlichen und finanziellen Entwicklung seines Wuppertaler SV nicht mehr ganz zufrieden war.
Saß Friedhelm Runge früher bei jedem WSV-Spiel auf der Tribüne, blieb sein Platz in dieser Saison leer – für immer – das ist seit heute traurige Realität. Unser Mitgefühl gilt seiner Familie, seinen Freunden und seinen Mitarbeitern.
Lesen Sie in Kürze an gleicher Stelle einen persönlichen Nachruf unseres Redakteurs Siegfried Jähne, der Friedhelm Runge über viele Jahre begleitet hat. (pp)
Weiter mit:
Kommentare
Neuen Kommentar verfassen