31. Januar 2025

Jürgen Hardt: Wir brauchen Reform der Flüchtlingspolitik

Jürgen Hardt sitzt seit 2009 im Bundestag. Und das möchte der CDU-Politiker auch nach der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar. Da tritt der 61jährige erneut im Wahlkreis Wuppertal II (Solingen, Remscheid, Wuppertal) an. In der laufenden Legislaturperiode ist Jürgen Hardt außenpolitischer Sprecher der Union. Außerdem gehört er dem Fraktionsvorstand an.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Jürgen Hardt tritt am 23. Februar erneut als Kandidat an – © Tobias Koch

Der Wahl-Wuppertaler Jürgen Hardt wurde in Hofheim am Taunus geboren. Nach dem Abitur verpflichtete er sich als Zeitsoldat. Bei der Marine wurde er zum Offizier ausgebildet. Bis heute ist er Oberleutnant zur See der Reserve. Nach der Bundeswehrzeit schloss ein Studium der Volkswirtschaftslehre in Heidelberg und Köln als Diplomvolkswirt ab. Beim Wuppertaler Unternehmen Vorwerk Autotec war er Leitender Angestellter u.a. als Leiter der Unternehmenskommunikation.

Bei der Wahl am 23. Februar tritt der erfahrene Bundespolitiker erneut gegen Ingo Schäfer (SPD) an, gegen den er 2021 (27,6 zu 32,6 Prozent) verloren hat. Jetzt kommt es zur Neuauflage.

Mit Jürgen Hardt haben wir ein umfassendes Interview geführt  – wie mit allen anderen Wuppertaler Bundestagskandidaten.

DS: Kurz, aber heftig – hätten Sie sich lieber einen längeren Wahlkampf als nur rund 50 Tage gewünscht?

Jürgen Hardt: „Nein, wir, die CDU, waren gut vorbereitet. Wir hatten unser neues Grundsatzprogramm schon im Frühjahr des letzten Jahres vorgestellt. Wir wissen sehr genau, was sich in Deutschland ändern muss.“

DS: Wie groß ist Ihre Sorge, dass es in der Schlussphase ein noch härterer, sogar schmutziger Wahlkampf wird?

Jürgen Hardt: „Ich spüre deutlich, dass das Klima rauer wird und der Ton sich verschärft. Das bedaure ich, denn es sollte um die Sache gehen. Polemik und persönliche Angriffe lehne ich ab – sie zeugen für mich eher von Schwäche. In den letzten vier Wahlkämpfen, die ich im Bergischen erlebt habe, war der Umgang stets fair. Daran sollten wir auch diesmal festhalten.“

DS: Hands aufs Herz: Trauen Sie Bundeskanzler Scholz noch eine große Aufholjagd zu?

Jürgen Hardt: „Nein, und ich bin überzeugt, dass nur ein Politikwechsel den Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland wirklich hilft.“

Jürgen Hardt und Parteikollege Norbert Röttgen mit Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel – © Deutscher Bundestag

DS: Wie wollen Sie der Politik-Müdigkeit und den Verlust der Glaubwürdigkeit in weiten Teilen der Bevölkerung begegnen?

Jürgen Hardt: „Mit guter Politik, mit einer Politik, die verlässlich ist – für die Bürgerinnen und Bürger ebenso wie für unsere Wirtschaft. Veränderung muss spürbar sein. Eine Regierung wird daran gemessen, ob es dem Land und den Menschen am Ende ihrer Amtszeit besser geht. Nach der Ampel ist das Gegenteil der Fall. Wenn wir zeigen, dass es anders geht und dass es den Menschen wieder besser gehen kann, wird auch das Vertrauen in die Politik zurückkehren.“

DS: AfD und DSW sind auf den Sozial Media-Kanälen sehr präsent. YouTube beispielsweise wird von diesen Parteien regelrecht dominiert: Dort wird hemmungslos indoktriniert, werden Statements aus Talkshows und Bundestagssitzungen sinnverfälscht so zusammengeschnitten, dass ein völlig anderer Eindruck entsteht. Warum haben die etablierten Parteien der Mitte diesen Trend verschlafen oder einfach das Feld, auf dem gerade viele junge Menschen unterwegs sind, kampflos den Extremen überlassen?

Jürgen Hardt: „Auch wir sind bereits auf den sozialen Medien gut aufgestellt, aber ich stimme Ihnen zu – es gibt noch Verbesserungsmöglichkeiten. Für uns zählt jedoch Qualität statt Quantität. Die Inhalte müssen stimmen: Ich kommentiere nicht jeden Unsinn, sondern nur dann, wenn es fundiert und relevant ist. Zudem müssen wir stärker darauf hinweisen, wie viele Fake-News kursieren. Das wird eine wichtige Aufgabe der nächsten Bundesregierung – hoffentlich mit unserer Beteiligung.“

DS: Es häufig bemängelt, dass viele der heutigen Politikerinnen und Politiker keinen „normalen“ Beruf mehr erlernt haben, sondern gleich nach Schule und Uni eine Politikerkarriere eingeschlagen haben und sich so gar nicht mehr in die Lebensverhältnisse eines Normalbürgers hinein fühlen können. Wie stehen Sie dazu?

Jürgen Hardt: „Nach meinem Abitur habe ich die Offizierslaufbahn bei der Marine eingeschlagen und bin Marineoffizier. Anschließend habe ich Volkswirtschaft studiert und als Diplom-Volkswirt abgeschlossen. Ich habe vor und nach meiner Tätigkeit in der Politik lange Jahre als Leiter der Unternehmenskommunikation bei Vorwerk gearbeitet. Diese vielseitige Erfahrung bringe ich in meine Arbeit als Bundestagsabgeordneter ein.“

Der Bundestagsabgeordnete Jürgen Hardt (l.) stellte in der Junior Uni gemeinsam mit Junior Uni-Fachkoordinator Dr. Stefan Hellhake Elefantenzahnpasta her – und hatte sichtlich Spaß dabei – © Foto: Nadine Zilliges

DS: Heutzutage als Politiker unterwegs zu sein, ist ja nicht unbedingt Vergnügungssteuer pflichtig. Man ist Anfeindungen und Beleidigungen ausgesetzt wie noch nie. Welchen Anteil haben Ihrer Meinung nach die Parteien an Rändern rechts und links an dieser Entwicklung?

Jürgen Hardt: „Ich bin froh, dass ich selten direkt angegriffen wurde – weder verbal noch physisch. Aber ich weiß, dass es vielen anderen anders ergeht. Das Büro meines Wuppertaler Kollegen Helge Lindh wurde bereits mehrfach attackiert – das ist schrecklich und absolut inakzeptabel. Ich glaube, dass sich tatsächlicher viel geändert hat, im Bundestag erlebe ich das ja tagtäglich aus den Reihen der AfD, die unflätig dazwischenrufen und sich nicht an die Regeln im Hohe Hause halten. Das färbt natürlich auf ihre Anhänger ab. Hinzu kommt die Anonymität im Internet, die es leichter macht, ungefiltert seine Meinung zu äußern. Grundsätzlich ist es gut, dass digitale Medien diesen Austausch ermöglichen – und die meisten Menschen tun dies respektvoll und wertschätzend. Doch Beleidigungen, Angriffe und Anfeindungen nehmen zu. Das müssen wir ernst nehmen und entschiedener dagegen vorgehen.“

DS: Wie sehr überzeugt sind Sie von Kernthemen mit denen Ihre Partei in den Wahlkampf gezogen ist?

Jürgen Hardt: „Sehr. Vor allem die Wirtschaftspolitik steht für mich im Mittelpunkt. Die deutsche Wirtschaft braucht dringend neuen Schwung – und das geht nur mit verlässlichen Rahmenbedingungen. Wir haben dafür viele konkrete Vorschläge: eine Senkung der Unternehmenssteuern, weniger Bürokratie (z. B. die Aussetzung des Lieferkettengesetzes) und günstigere Energiepreise. Denn eines ist klar: Geht es unserer Wirtschaft gut, profitieren wir alle. „Wirtschaft ist nicht alles, aber ohne Wirtschaft ist alles nichts.“

DS: Wie begrüßen oder bedauern Sie es, dass die illegale Migration doch noch zum Hauptwahlkampfthema geworden ist?

Jürgen Hardt: „Ich verstehe das gut – überall wird darüber gesprochen, und es ist ein zentrales Thema. Jedes Mal, wenn ein schreckliches Attentat wie in Solingen, Mannheim, Magdeburg oder Aschaffenburg geschieht, fragen wir uns, ob es hätte verhindert werden können. Hätten Polizei und Behörden besser zusammengearbeitet und konsequenter gehandelt, wäre das vielleicht möglich gewesen. Deshalb brauchen wir eine Reform der Flüchtlingspolitik – immer mit dem Grundkonsens, dass Menschen in Not bei uns Schutz finden und willkommen sind. Gleichzeitig dürfen wir andere dringende Themen nicht vernachlässigen, etwa die Wirtschaftspolitik und den Klimaschutz. Und als Außenpolitiker ist es mir besonders wichtig, dass Deutschland geopolitisch handlungsfähiger wird – mit einer klugen Strategie für unsere nationalen Interessen und mehr Verantwortung in Europa und der Welt.“

MdB Jürgen Hardt (r.) bei seiner Tageshospitanz im Caritas-Altenzentrum Augustinusstift mit Dr. Wolfgang Kues und Inka Cramer (Caritas) – © Jürgen Hardt

DS: Klimawandel hin – Klimawandel her! Das von Kanzler Scholz versprochene „Grüne Wirtschaftswunder“ ist nachweislich ausgeblieben. Wie wird sich das vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Probleme in den nächsten Jahren auf die Akzeptanz grüner Politik auswirken?

Jürgen Hardt: „Wie bereits erwähnt, besorgt mich, dass andere wichtige Themen in den Hintergrund geraten – besonders die Klimapolitik. Durch die vielen internationalen Konflikte und die aktuelle Debatte über die Flüchtlingspolitik rückt sie zunehmend in den Hintergrund. Das ist gefährlich, denn der Klimawandel bleibt eine der größten Herausforderungen unserer Zeit, die wir entschlossen angehen müssen.“

DS: Falls Sie wiedergewählt werden: Was dürfen die Wuppertaler Bürger und die Bürger der Bergischen Region von Ihnen in den nächsten – vermutlich – vier Jahren erwarten?

Jürgen Hardt: „Wie ich bereits erwähnt habe: Oberste Priorität hat für mich, die deutsche Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Das ist entscheidend für die Bürgerinnen und Bürger, denn Arbeitsplätze sichern Wohlstand – und damit auch die Sozial- und Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden. In unserer Region stehen einige Unternehmen vor ernsten wirtschaftlichen Problemen, teils sogar vor Insolvenzen. Dadurch sind hunderte Arbeitsplätze in Gefahr – und das dürfen wir nicht hinnehmen.“

DS: Welche Koalition wünschen Sie sich?

Jürgen Hardt: „Eine Wahl ist kein Wunschkonzert – am Ende entscheidet der Wähler. Wir können nur hoffen, dass das Ergebnis eine gute und verantwortungsvolle Politik ermöglicht. Grundsätzlich bin ich bereit, mit allen demokratischen Parteien zusammenzuarbeiten. Eine Zusammenarbeit mit der AfD, BSW und den Linken schließe ich aus.“

DS: Was muss aus Ihrer Sicht passieren, dass die Parteien der Mitte auch 2029 noch die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler stellen können?

Jürgen Hardt: „Wenn die neue Bundesregierung – hoffentlich mit CDU-Beteiligung – gute Politik für die Menschen in Deutschland macht, stehen unsere Chancen gut.“

DS: Vielen Dank für das offene, informative Gespräch.

Das Interview führte PETER PIONKE

 

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