2. März 2025

Dr. Hans Günter Wachtmann denkt europäisch-fernöstlich

„Update“ heißt unsere Serie, in der Matthias Dohmen, Journalist, Dozent und Historiker, Persönlichkeiten aus dem Bergischen Land vorstellt. Menschen, die ihm etwas bedeuten. Diesmal steht Hans Günter Wachtmann im Fokus.

Dr. Hans Günter Wachtmann hat auch noch mit 93 Jahren viele Pläne – © Dr. Matthias Dohmen

Manche Protagonisten kennt man gut, andere weniger. Ob bekannt oder weniger bekannt: Wer ihre Portraits liest, möchte vermutlich die eine oder den anderen persönlich kennenlernen oder kennengelernt haben. Bisher hat der Journalist und Autor Dr. Matthias Dohmen an gleicher Stelle Uwe Blass, Dorothea Brandt, Karin Brehm, Herbert Bungard, Klaus Burandt, Christine Flunkert, Uwe Flunkert, Peter Klassen, Heidemarie Koch, Werner Kleine, Johannes Nattland, Josa Oehme, Hans Werner Otto, Willfried Penner, Reiner Rhefus, Klaus Saalmann, Erika Schneider, Ingrid Schuh, Hermann Schulz, Klaus Schumann, Wolfgang Suchner, Klaus Waller, Michael Walter und Wolf von Wedel Parlow vorgestellt.

Am heutigen Montag (03.03.) wird er 93 und gibt nicht auf. Sitzt am Schreibtisch oder im Sessel, schaut in ein Buch oder auf das Foto, das seine verstorbene Frau zeigt, denkt nach, zieht Bilanz und blickt … nach vorn. Auch wenn sich sein Leben stark verändert hat, seit er das eigene Haus verlassen, in zwei Zimmer der Seniorenwohnanlage Am Springer Bach gezogen und sein Auto verschenkt hat.

Über seinen Lebenslauf hat er ein Wort von Augustinus gesetzt: „Die Zeiten sind nicht leer und rollen ohne Wirkung nicht durch unser Leben; seltsame Dinge schaffen sie in der Seele. Siehe, so kamen sie und gingen sie, Tag um Tag, und kommend und gehend streuten sie in meine Seele neue Bilder und neues Erinnern …“

Hans Günter Wachtmanns Werke schmücken die Wände in seinem Wohnzimmer – © Dr. Matthias Dohmen

Geboren wurde Dr. Hans Günter Wachtmann am 6. März 1932 in Iserlohn als zweites Kind des Diakons Friedrich Wilhelm Wachtmann und seiner Ehefrau Magdalene Wachtmann geb. Strohm, die als Krankenschwester tätig war. Die ersten Jahre verbrachte er in Mönchengladbach-Rheydt. Wegen zunehmender Fliegerangriffe der Alliierten 1943 Umzug in den Teutoburger Wald, dort 1952 Abitur in Bielefeld. Studium der Kunstgeschichte, Archäologie und Philosophie in Münster, Freiburg, London, München und wieder Münster, wo er 1960 promoviert wird. Nach einem zweijährigen Volontariat an der Kunsthalle Bremen der für ihn und die Stadt glückliche Sprung nach Wuppertal, ans Von-der-Heydt-Museum mit den Stationen Werkvertrag, Assistent, Kustos und Oberkustos.

Lehrauftrag an der Gesamthochschule Wuppertal

Gegen Ende dieser Dienstzeit erscheint im Westermann-Verlag ein kleines und sehr instruktives Werk von ihm, „Von der Heydt-Museum Wuppertal“, 130 Seiten und zahlreiche Reproduktionen, das man getrost als Einführung in die Kunstgeschichte anhand der Gemälde, Zeichnungen und Objekte lesen kann, die am Turmhof ausgestellt sind oder im Depot ruhen. Bis 1984 – um an dieser Stelle die Vita abzurunden – Lehrauftrag an der Pädagogischen Hochschule und späteren Gesamthochschule Wuppertal, der heutigen BU, 1981 Mitglied im Instrumental-Verein, ein Jahr später die erste Japan-Reise, 1994 Ausscheiden aus dem Museumsdienst, aber noch Übernahme des Ausstellungsauftrages „Else Lasker-Schüler“ sowie zwei Bücher, auf die wir noch erwähnen werden.

Verheiratet war er mit Haidje, die von 1994 bis 2004 Rektorin der evangelischen Grundschule Dieckerhoffstraße und von 1998 bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Schuldienst Moderatorin für die Fachgebiete Entwicklung von Schulprogrammen und Evaluation von Schule und Unterricht war.

Hans Günter Wachtmann mit einem Foto aus vergangenen Zeiten – © Dr. Matthias Dohmen

Und er hält noch regelmäßig Vorträge in der Freimaurerloge, deren Mitglied er ist. „Wie wir Deutsche wurden“ heißt einer von ihnen, „Fernöstliches Denken heute – Weiterleben des Konfuzianismus“ ein anderer. In dem Beitrag über „des Deutschen Vaterland“ zitiert Wachtmann Heinrich von Kleist und Ernst Moritz Arndt, befasst sich mit der Entwicklung der deutschen Sprache, beschäftigt sich intensiv mit den Wenden, einer in Deutschland lebenden slawischstämmigen Gruppierung, die Theodor Fontane sehr wertschätzte, rekapituliert das Aufkommen der Renaissance und des Humanismus sowie das Aufkommen der Begriffe von Volk und Nation, die gewichtigen Beiträge von Karl Marx und Friedrich Engels zur politischen Theorie bis zur „Epoche großer Katastrophen“ von 1866 bis 1945.

„Skulptur im alten Japan“

Die Deutsche Nationalbibliothek listet elf selbständige Veröffentlichungen Wachtmanns auf, darunter „Daisen-in“ aus dem Jahr 2000. Leider fehlt in der Übersicht sein leicht zu googelndes Buch „Skulptur im alten Japan“, das 2006 im Münchner Iudicium-Verlag erschien. Eine Art „opus magnum“ ist das von ihm und Ingrid von Kruse verfasste und im renommierten Hirmer-Verlag erschienene reich bebilderte Buch „Daisen-in. Ein Zen-Tempel des 16. Jahrhunderts in Kyôto“, das heute leider nur noch antiquarisch zu erwerben ist.

Wenn er eine Quersumme seines Lebens ziehen sollte, dann wäre es ein Plädoyer für die Achtung „fremder“ Kulturen und Religionen. Zu den Schätzen, die Wachtmann auf beengtem Raum noch verwahrt, gehört ein unveröffentlichter und von ihm verfasster 15-seitiger Bericht über eine gut vierzehntägige Reise von Museumsfachleuten aus der UdSSR 1961 durch die alte Bundesrepublik, die offenbar für beide Seiten sehr ergiebig und vielfach überraschend war. „Dona nobis pacem“ lautete Hans Günter Wachtmanns Weihnachtswunsch 2024 an Freunde, Verwandte und Weggefährten.

Text: Dr. Matthias Dohmen

 

 

 

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