16. April 2025

Heinz Strunk: „Ich bin mit meinem Namen nicht so glücklich“

Heinz Strunk ist ein vielseitiges und tiefgründiges künstlerisches Genie. Er sieht sich als Schriftsteller, Musiker und Schauspieler. Heinz Strunk schrieb Roman-Bestseller wie "Fleisch ist mein Gemüse" oder "Der Goldene Handschuh. Für Amazon Prime produzierte er die TV-Serie "Last Exit Schinkenstraße". Aktuell ist er mit seinem neuesten Werk "Zauberberg 2" erfolgreich unterwegs.

Heinz Strunk, der erfolgreiche Schriftsteller, Musiker, Schauspieler und vieles mehr – © Dennis Dirksen

Warum Heinz Strunk (62)  kein Politiker werden wollte, obwohl er für die PARTEI als Kandidat für den Ersten Bürgermeister der Hansestadt Hamburg antrat, warum er mit seinem Künstlernamen nicht mehr so glücklich ist, und warum er lieber untertreibt, statt übertreibt, das erfahren Sie hier im großen Heinz-Strunk-Gespräch in unserer Interview-Reihe „HAND AUFS HERZ“:

DS: Schriftsteller, Musiker, Hörspielproduzent, Satiriker, Schauspieler, Drehbuchautor, Regisseur. All diese Berufsbezeichnungen passen auf keine Visitenkarte. Wie würden Sie sich selbst bezeichnen?

Heinz Strunk: „Diese Aufzählung ist mir fast schon peinlich. Das klingt so, als ob man vieles kann, aber nichts so richtig gut. Einige Projekte waren temporäre Tätigkeiten. Beispielsweise die als Hörspielproduzent. Das habe ich seit Jahren nicht mehr gemacht. Ich würde mich als Schriftsteller, Musiker und Schauspieler bezeichnen.“

DS: Sie heißen eigentlich Mathias Halfpape, wie sind Sie zu Ihrem Künstlernamen oder Pseudonym Heinz Strunk gekommen? Mit ihrem Geburtsnamen hätte Sie bei ihren Talenten doch sicher auch so Karriere gemacht?

Heinz Strunk: „Im Nachhinein glaube ich auch, dass ich mit meinem Geburtsnamen Mathias Halfpape eine erfolgreiche Karriere hätte machen können. Der Künstlername Heinz Strunk ist im Zusammenhang mit meiner Produktion –„Spaß mit Heinz“ -entstanden. Ehrlich gesagt bin ich mit dem Namen Heinz Strunk nicht mehr ganz glücklich. Er klingt eher so nach Comedy-Kunstfigur oder nach einem Ruhrgebietskumpel. Aber jetzt kann und will ich den Namen auch nicht mehr ändern und muss eben mit ihm leben. Immerhin ist er inzwischen doch zu einer Marke geworden.“

DS: Sie kennen auch die Schattenseiten des Lebens. Sie haben vier Jahre lang Ihre Mutter gepflegt und selbst mehrere Jahre unter starken Depressionen gelitten. Wie sehr hat Sie das geprägt und Ihren Blick auf die Welt verändert?

Heinz Strunk: „Ich bin vom Wesen her keine rheinische Frohnatur. Und dass ich meine schwer kranke Mutter pflegen musste, hat es mir nicht leichter gemacht. Jeder Mensch hat seinen Wesenskern. Meiner ist nun einmal eher melancholisch und meine Sicht auf die Welt auch. Mir wird auch immer wieder mal vorgeworfen, dass meine Figuren düster seien. Dann frage ich mich immer, mit welchen Filtern diese Menschen, von Instagram & Co. geprägt, die Welt sehen. Ich versuche, die Menschen und die Welt objektiv abzubilden. Ehe ich übertreibe, untertreibe ich da lieber.“

Heinz Strunk ist derzeit mit seinem Roman „Zauberberg 2“ auf Lesereise – © Dennis Dirksen

DS: Was fasziniert Sie so sehr an Spielautomaten, eine Leidenschaft, die man eher nicht bei einem Schöngeist und Intellektuellen wie Ihnen vermutet?

Heinz Strunk: „Das war vielleicht so eine gewöhnliche, fast primitive Seite an mir. Ich hatte eben eine große Affinität zu Geldspielautomaten. Aber das ist mittlerweile Jahre her. Jetzt zwinge ich mich dazu, maximal dreimal im Jahr ein Spielcasino zu besuchen.“

DS: Sie waren bis 2011 auch als Politiker unterwegs – u.a. für die PARTEI und als Kandidat für das Amt des Ersten Bürgermeisters der Stadt Hamburg. War das eher Protest oder wollten Sie ernsthaft in die Politik einsteigen?

Heinz Strunk: „Ich wollte nie Politiker werden. Ich habe zwei Reden für die PARTEI gehalten. Und auch die Kandidatur für das Amt des Ersten Bürgermeisters in Hamburg war eher ein Gag.“

DS: Fühlen Sie sich denn heute von einer der etablierten Parteien vertreten?

Heinz Strunk: „Ich fühle mich bei keiner Partei mehr gut aufgehoben. Das eine finde ich bei der einen Partei okay, das andere bei der anderen. Aber wirklich überzeugen kann mich mit ihrem Programm keine der etablierten Parteien mehr.“

DS: Und jetzt zu Ihrem literarischen Schaffen. Ein großer Meilenstein in Ihrer Karriere war 2004 Ihr Roman-Bestseller „Fleisch ist mein Gemüse“, in dem Sie Ihre Erlebnisse als Tanzmusiker verarbeiten. Die Story gibt es auch als Hörspiel, als Kinofilm und als Theaterstück. Mit welchen Gefühlen schauen Sie darauf zurück?

Heinz Strunk: „Dieser Roman war wirklich mein Durchbruch. Eine totale Überraschung. Auch der Verlag hat nicht an einen solchen Erfolg geglaubt. Deshalb gibt es – „Fleisch ist mein Gemüse“ – auch gar nicht als Hardcover, sondern nur als Taschenbuch.“

DS: Auch ihr Roman „Der Goldene Handschuh“ über den berüchtigten Frauenmörder Fritz Honka wurde verfilmt. Die Hamburger Kneipe „Der Goldene Handschuh“ war Honkas Stammlokal, in dem Sie später auch oft Gast waren. Hat Sie dort der Geist von Fritz Honka vereinnahmt und inspiriert?

Heinz Strunk: „Der Geist von Fritz Honka hat mich nicht vereinnahmt. Aber natürlich war der Frauenmörder oft Thema an der Theke im ,Goldenen Handschuh‘ und hat mich letztlich auf die Idee gebracht, das Buch zu schreiben. Heute gehe ich so gut wie gar nicht mehr in das Kult-Lokal. Man hat dort keine Ruhe mehr, weil die Kneipe zu einem Touristen-Hotspot geworden ist.“

Mehrere Romane von Heinz Strunk wurden inzwischen sogar verfilmt – © Dennis Dirksen

DS: Ihr neuester Roman heißt „Zauberberg 2“. Sind Sie ein Fan von Thomas Mann als Schriftsteller oder hat Sie besonders seine Romanfigur Hans Castorp berührt?

Heinz Strunk: „Mich haben schon immer die Bücher von Thomas Mann interessiert. Und natürlich fand ich gerade die Figur und Persönlichkeit von Hans Castorp sehr spannend. Deshalb hatte ich beschlossen, meine eigene Fassung des –  „Zauberbergs“ – zu schreiben.“

DS: Ihr Hans Castorp heißt Jonas Heidbrink. Wie viel von Jonas Heidbrink steckt in Ihnen oder findet sich in Ihrer Persönlichkeit wieder?

Heinz Strunk: „Natürlich ist Jonas Heidbrink mein Hans Castorp. Er ist nur viel jünger als das Original. Er sollte eben kein ‚alter weißer Mann‘ sein. Und selbstverständlich spiegeln sich mein Leben, meine Erlebnisse und meine Erfahrungen in der Figur wider. Ich gebe da schon eine Menge von mir preis.“

DS: Ist Ihr Roman so eine Art psychische Reha-Maßnahme, indem sie darin Ihre eigenen Erfahrungen und Ängste aus der Zeit, in der Sie an schweren Depressionen litten, verarbeiten?

Heinz Strunk. „Das kann man schon so sehen. Depressionen sind ja nichts, was man von heute auf morgen so einfach abstreift und hinter sich lässt. Das verfolgt einen im Prinzip das ganze Leben lang.“

DS: Sie spannen mit Ihrem künstlerischen Schaffen in unterschiedlichsten Genres einen Riesenbogen. Worauf sind Sie besonders stolz?

Heinz Strunk: „Ich hatte zum Glück bei allem, was ich gemacht habe, relativ viel Erfolg. Und das war schon eine riesige Bandbreite. Besonders stolz bin ich darauf, dass ich inzwischen als Schriftsteller ernst genommen werde – vom Publikum, aber auch von den Kritikern. Und ich glaube auch, dass ich in der von mir entwickelten sechsteiligen TV-Serie -„Last Exit Schinkenstraße“- (Amazon Prime) eine ganz gute Rolle als Schauspieler abgeliefert habe.“

DS: Sie haben jede Menge Preise eingesackt: „Wilhelm Raabe-Literaturpreis“, „Die Goldene Kamera“, Longlist zum Deutschen Buchpreis“ für „Es ist immer so schön mit Dir“ und „Ein Sommer in Niendorf“ – um nur einige zu nennen. Was bedeuten Ihnen solche Auszeichnungen?

Heinz Strunk: „Darüber freue ich mich und sehe darin eine Bestätigung meiner künstlerischen Arbeit.“

DS: Wenn man sich die Liste Ihrer Projekte anschaut, bekommt man das Gefühl, dass Sie rund um die Uhr arbeiten. Wie entspannen Sie eigentlich?

Heinz Strunk: „Der Eindruck trügt. Ich arbeite sehr strukturiert und produziere nie etwas für die Tonne, indem ich Ideen, an denen ich gearbeitet habe, einfach so verwerfe. Ich arbeite dann weiter daran, bis das Ergebnis aus meiner Sicht gut genug ist. Das erspart viel Zeit. Meine Arbeit ist im Prinzip meine Entspannung. Wenn Sie wissen wollen, ob ich irgendwelche Hobbys habe? Habe ich nicht. Niemand aus meinem Bekanntenkreis hat ein sogenanntes Hobby.“

DS: Sie werden im Mai 63 Jahre alt, gehen also auf das Rentenalter zu. Haben Sie sich eine berufliche und künstlerische Deadline gesetzt?

Heinz Strunk: „Eine Deadline gibt es für mich nicht. Ich arbeite so lange, bis ich von der Stange falle.“

DS: Woran arbeiten Sie aktuell?

Heinz Strunk: „Ehrlich gesagt an nichts. Es gibt zurzeit kein Projekt, da ich sehr gut vorgearbeitet habe. Ich habe das Glück, dass alle Bücher, die in diesem Jahr noch erscheinen, schon fertig sind – wie z.B. mein Erzählungsband, der im August erscheint: – „Kein Geld, kein Glück, kein Sprit“ – oder das Bilderbuch –„Graf Fauchi auf der Suche nach dem verschwundenen Gebiss“-. Und nächstes Jahr erscheint mein neuer Roman –„Memories of Heidelberg“-. Auch der ist schon fertig. Ich mache ca. 60 Live-Auftritte im Jahr, wie die Lesungen für mein Buch „Zauberberg 2“. Aber das ist für mich kein Stress, sondern macht mir nur Spaß.“

DS: Vielen Dank für das offene und spannende Gespräch.

Das Interview führte PETER PIONKE

Der erfolgreiche Künstler Heinz Strunk kennt auch die Schattenseiten des Lebens – © Dennis Dirksen

VITA HEINZ STRUNK

Heinz Strunk wurde am 17. Mai 1962 als Mathias Halfpape in Bad Bevensen  (Niedersachsen) geboren. Seinen Künstlernamen Heinz Strunk träg er seit 1992. Er entstand im Zusammenhang mit seiner CD-Produktion „Spaß mit Heinz“. Er wuchs im Hamburger Stadtteil Langenbek auf. Seine alleinerziehende Mutter Margarethe war Privatlehrerin für Klavier und Blockflöte. Seinen Vater, einen Historiker mit SS-Vergangenheit, lernte Mathias alias Heinz erst im Alter von 15 Jahren kennen. Da war die SS-Mitgliedschaft seines Vaters noch nicht bekannt.

Als er 12 Jahre alt war, wurde bei seiner  Mutter Margarethe eine sogenannte schizoaffektive Psychose diagnostiziert. Die Folge: Mehrere Psychiatrie-Aufenthalte und ein Selbstmordversuch. Von da an war Margarethe Halfpape bettlägerig. Mathias pflegte seine Mutter vier Jahre lang bis zu ihrem Tod mit 73 Jahren.

Während seiner Schulzeit lernte er im Musikunterricht Querflöte und Saxophon spielen. Als 18jähriger bekam er schwere Depressionen, an den er sechs Jahre litt. 1983 machte er sein Abitur auf dem Gymnasium und bestand die Aufnahmeprüfung an einer Musikhochschule.

1983 wurde Mathias Halfpape Mitglied der Neue Deutsche Welle (NDW)-Band „Täglich Morde“. Es folgten musikalische Ausflüge mit der Michy-Reincke-Band und der Sängerin Anja Krenz. Von 1995 bis 1997 war er Musiker in der Tanzkapelle „Tiffany’s“. 1992 nahm er die CD „Spaß mit Heinz“ auf. Als Folge daraus wurde aus Mathias Halfpape schließlich Heinz Strunk.

Danach ging es in seiner Karriere Schlag auf Schlag: 2004 veröffentlichte er seinen legendären Roman „Fleisch ist mein Gemüse“, in dem er seine Erlebnisse als Musiker in einer mittelmäßigen Tanz-Combo beschrieb. Das Werk entwickelte sich zu einem Riesenerfolg. Es wurde zur Vorlage der Operette „Phoenix“. Außerdem gibt es „Fleisch ist mein Gemüse“ als Hörspielfassung, als Kino-Film (Regie Christian Görlitz) und als Bühnenstück, das am 19. Januar 2010 im Kleinen Schauspielhaus der Wuppertaler Bühnen uraufgeführt wurde.

„Zauberberg 2“ – Heinz Strunk – Rowohlt-Verlag – 288 Seiten – ISBN-10: 3498007119 – ISBN-13: 978-3498007119

2008 erblickte Heinz Strunks Roman „Die Zunge Europas“  das Licht der Öffentlichkeit. 2017 folgte der Roman „Der Goldene Handschuh“ über den Serien-Frauenmörder Fritz Honka, der Stammgast in der St. Pauli-Kneipe „Der Goldene Handschuh“ war. Der Roman wurde zur Vorlage des gleichnamigen Kinofilms (Regie Fatih Akin).

2017 kam sein Roman „Jürgen – heut wird gelebt“ heraus. Auch dieser wurde verfilmt (Regie Lars Jessen). Heinz Strunk übernahm eine der Hauptrollen und spielte an Seite von Charly Hübner (u.a. „Polizeiruf 110“ und „Lindenberg mach Dein Ding“). Der Streifen erhielt die „Goldene Kamera“ als bester deutscher Fernsehfilm.

2022 erschien sein Roman „Ein Sommer in Niendorf“, der es auf Platz 1 der Spiegel-Bestseller-Liste schaffte.

Für Aufsehen und Anerkennung sorgte auch die von ihm entwickelte, sechsteilige TV-Serie „Last Exit Schinkenstraße“ über zwei arbeitslose Tanzmusiker auf Mallorca, die bei Amazon Prime ausgestrahlt wurde. In den Hauptrollen Heinz Strunk höchstpersönlich und Marc Hosemann.

Aktuell ist Heinz Strunk mit seinem neuesten Roman „Zauberberg 2“ in Anlehnung an Thomas Mann berühmten Werk „Der Zauberberg“ auf Lese-Reise.

Alle künstlerischen Werke von Heinz Strunk hier aufzuzählen würde den Rahmen sprengen. Er ist ledig und hat keine Kinder – und auch keine Hobbys.

Weitere Infos unter: 

https://salonknallenfalls.de/

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